Laila El Omari : Die englische Erbin

  • Das wird mir ja nun richtig unangenehm, die erste zu sein, die nicht reines Lob ausspricht. [und es ist gar nicht leicht, diesen Beitrag zu verfassen]


    An sich finde ich den Prozess, wie sich die beiden Protagonisten näher kennen lernen, überzeugend. Bis auf den ersten Kuss, der war mir wirklich zu früh.


    Vielleicht bin ich zu sensibel, aber ab der Stelle, an der Helena mit Mathew verheiratet wird, ging mir die Lesefreude verloren. Die Freude wäre ja auch gewesen, Helena durch ihr Leid zu begleiten um am Ende mitzuerleben, wie sich ihre Liebe doch noch erfüllt. Das war aber nicht der Fall, weil mir Alex nicht symphatisch war. Sein Verhalten war einfach zu egoistisch. Ihm ging es nur um sich. -Er konnte 6 Jahre lang in Freiheit leben und musste am Ende auch nur die Arme ausbreiten, um sie trotzdem zu bekommen. Was soll mir das sagen? Man(n) darf Frau schlecht behandeln und bekommt trotzdem, was er will?



    Ich lese nicht oft historische Romane, weil ich mich dabei immer frage, ob es tatsächlich sein muss, dass darin immer Frauen vergewaltigt werden.


    Ich frage mich wirklich, besitzen Männer so wenig Selbstbeherrschung? Sind diese "Ich konnte nicht anders" Szenen realistisch?



    Es tut mir leid, wenn ich etwas geschrieben habe, was Laila verletzt. Aber der Roman hat mich getroffen. Ich habe gestern Abend die "letzten" 500 Seiten gelesen und bin einfach nicht aus dem Weinen herausgekommen.



    JAss :keks

  • Hm. Ich kann Dein harsches Urteil nicht wirklich in diesem Ausmaße nachvollziehen und frage mich gerade, ob wir beide dieselbe englische Erbin gelesen haben. :wow

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    @ Wolke


    War das nun ein guter Urlaubslesetip oder nicht? :grin


    Batty, es war kein guter, es war ein superguter Lesetip und ich habe mich wirklich super gut unterhalten gefühlt. Leider hatte das Buch nur ca. 650 Seiten, die ich in einem Rutsch gelesen habe... :-)

  • Huhu,


    ich habe das Buch als erstes Buch in der neuen Wohnung gelesen und es klebte nahezu wie Kleister in den Händen :-] Es war für mich genau das richtige Buch zur richtigen Zeit. Ein Buch zum Lachen, Weinen, zum ganz weit weg träumen - halt alles, was ein gutes Buch ausmacht. Es war schön geschrieben, gut recherchiert, spannend zu lesen.


    Ich bin schon arg auf Laila´s Nachfolgewerk gespannt!!!


    Bibi

  • Zitat

    Original von Batcat
    Hm. Ich kann Dein harsches Urteil nicht wirklich in diesem Ausmaße nachvollziehen und frage mich gerade, ob wir beide dieselbe englische Erbin gelesen haben. :wow


    Bin ich denn wirklich die einzige, der die dargestellte Grausamkeit so nahe ging? :wow :-( :cry




    JAss :keks

  • Zitat

    Original von Batcat
    Hm. Ich kann Dein harsches Urteil nicht wirklich in diesem Ausmaße nachvollziehen und frage mich gerade, ob wir beide dieselbe englische Erbin gelesen haben. :wow


    :write


    Jass, ich denke mal, dass es viele viele Bücher gibt, in denen Frauen noch viel schlechter behandelt werden und habe die "frauenfeindlicheren" Teilchen in "Die englische Erbin" jetzt nicht als extrem furchtbar und keineswegs als zuviel empfunden. Frauen waren ja in der Zeit eher Menschen "zweiter Klasse", von Gleichberechtigung hat damals so gut wie niemand gesprochen, von daher wäre es völlig unrealistisch gewesen, wenn die liebe Laila jetzt eine Frau erschaffen hätte, die gleichberechtigt ist, die nicht geschlagen, nicht zwangsverheiratet wird.
    Als Frauenrechtlerin würde ich dieses Buch NEVER EVER auf den Index setzen lassen, da hab ich schon viel furchtbarere Dinge gelesen, die meistens leider sogar real waren. Im Gegenteil, ich würde "Die englische Erbin" empfehlen als Buch zum Abschalten, zum Träumen, Genießen.


    Bibi

  • Zitat

    Original von bibihexe76
    Im Gegenteil, ich würde "Die englische Erbin" empfehlen als Buch zum Abschalten, zum Träumen, Genießen.


    Bibi



    Was genau am dem Buch veranlasst bei dir Träume und Genuss?




    JAss :keks

  • @ Jass


    Hm... das passt jetzt nicht so wirklich in diesen Thread - aber Dein harsches Urteil über dieses Buch, in dem Szenen und Sitten vorkommen, die damals eben so waren (und heute glücklicherweise nicht mehr...), bringt mich zur Frage: Was liest Du eigentlich im Normalfall gerne?


    Natürlich sind in dem Buch auch Szenen drin, die aus heutiger Sicht nicht "political correct" sind. Aber um Authentizität zu gewährleisten, kann man so was nicht einfach komplett weglassen. Ich kann auch kein Buch übers Mittelalter schreiben und Hexenverbrennnung und wasweißichnoch für Scheußlichkeiten einfach völlig totschweigen. Oder keinen Krimi ohne Verbrechen. Nur, um ein paar Beispiele zu nennen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich denke, es ist eine Frage, unter welchem Blickwinkel ich das Buch gelesen habe. Ich sehe die englische Erbin als Liebesroman, so habe ich auch den Klappentext verstanden. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die Liebe der beiden.


    Nun war es aber so, dass einer der Liebenden durch seinen Egoismus eine Menge von dem verschuldet hat, was der andere erleiden musste. Daher gefiel mir die Liebe nicht. Ich hatte einfach nicht das Gefühl, dass sich Alex auch nur ansatzweise so sehr um diese Liebe bemüht hat, wie Helena.


    Ich habe also einen Liebesroman gelesen, in dem mir die Liebe nicht gefiel...



    Wie seht ihr denn diese Liebe?



    JAss :keks



    PS: Ich glaube übrigens nicht, dass Frauen in einem historischen Roman vergewaltigt und misshandelt werden müssen, damit er authentisch ist.

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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  • Zitat

    Original von JASS
    Vielleicht bin ich zu sensibel, aber ab der Stelle, an der Helena mit Mathew verheiratet wird, ging mir die Lesefreude verloren. Die Freude wäre ja auch gewesen, Helena durch ihr Leid zu begleiten um am Ende mitzuerleben, wie sich ihre Liebe doch noch erfüllt.


    Dann wäre es aber kein Liebesroman gewesen sondern eine Liebesschnulze und ich hätte es in die Ecke geschmissen, weil mir die Handlung zu sehr vorhersehbar gewesen wäre.


    Jass, ich habe ja auch einige kritische Punkte an Lailas Roman angemerkt. Des weiteren bin ich ein Sensibelchen, was Grausamkeit in Romanen angeht, d.h. ich lese niemals irgendwelche Romane über psychopathische Serienkiller etc.. Daher will ich mal zu dem Thema Gewalt in Lailas Roman Stellung nehmen.


    Laila hat nicht einfach einen Liebesroman geschrieben sondern einen Gesellschaftsroman. Dazu gehört es m. E. auch für die damalige Zeit typische Gesellschaftsprobleme aufzuzeigen, in diesem Fall Vernunftehe, bis hin zu den Ausblühungen von Gewalt in der Ehe. Sie hat die Gewaltszenen auch m. E. nicht in epischer Breite ausgewalzt sondern genau so viel geschrieben, daß der Leser einen Eindruck hat, der ausreichend ist, um in seinem Kopf die Tragweite des Ganzen bewußt werden zu lassen. Weitere Gewaltszenen in diesem Roman waren die Szenen im Gefängnis. Auch hier hat sie m. E. ein gutes Maß gefunden, viele der Grauen in einem Gefängnis zur damaligen Zeit nur angedeutet, aber so, daß dem Leser schon klar werden kann, welche Mißstände es gab.


    P.S.: natürlich müssen Frauen nicht in jedem historischen Roman vergewaltigt werden etc.. Alles eine Frage des Themas, das ein Autor behandeln will.

  • Hallo, Pelican, :wave


    bei deiner Aussage ist es aber unlogisch, welchen Teil meines Postings du zitierst. Denn der Teil:


    Zitat


    Die Freude wäre ja auch gewesen, Helena durch ihr Leid zu begleiten um am Ende mitzuerleben, wie sich ihre Liebe doch noch erfüllt.


    entspricht dem, was in dem Buch passiert. Ergo wäre der Roman nach deiner Aussage eine Schnulze.



    Es geht mir auch gar nicht darum, dass etwas Gewaltsames passiert. Ich habe in dem Teil mit dem Sensibelchen auch nicht geschrieben, dass ich mit der Gewalt Probleme habe.


    Zitat

    Die Freude wäre ja auch gewesen, Helena durch ihr Leid zu begleiten um am Ende mitzuerleben, wie sich ihre Liebe doch noch erfüllt. Das war aber nicht der Fall, weil mir Alex nicht symphatisch war. Sein Verhalten war einfach zu egoistisch. Ihm ging es nur um sich. -Er konnte 6 Jahre lang in Freiheit leben und musste am Ende auch nur die Arme ausbreiten, um sie trotzdem zu bekommen. Was soll mir das sagen? Man(n) darf Frau schlecht behandeln und bekommt trotzdem, was er will?


    Sondern ich gebe dem männlichen Hauptcharakter die Schuld an dem Leid, weshalb mich natürlich ihre Liebe zu ihm ärgert. Unter diesem Aspekt ärgert mich die Gewalt.


    Versteht ihr? Wenn er sozusagen ihr Retter aus dem Leid gewesen wäre, wäre es etwas anderes. Aber das war er nicht, dass hat er nichtmal versucht.



    Mich hat so getroffen, dass SIE SEINETWEGEN leiden musste. -Und dann bekommt er sie unverdientermaßen.



    Für mich sind das A und O einer Geschichte nun einmal die Charaktere. Und bisher hat auch noch niemand etwas gesagt, dass das Verhalten des Charakters in ein anderes Licht gerückt hätte.



    JAss :keks

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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  • Zitat

    Original von JASS



    entspricht dem, was in dem Buch passiert. Ergo wäre der Roman nach deiner Aussage eine Schnulze.


    Das entspricht nicht dem, was in dem Buch passiert, er begleitet sie schließlich nicht durch ihr Leid.



    Zitat

    Sondern ich gebe dem männlichen Hauptcharakter die Schuld an dem Leid, weshalb mich natürlich ihre Liebe zu ihm ärgert. Unter diesem Aspekt ärgert mich die Gewalt.


    Versteht ihr? Wenn er sozusagen ihr Retter aus dem Leid gewesen wäre, wäre es etwas anderes. Aber das war er nicht, dass hat er nichtmal versucht.


    Mich hat so getroffen, dass SIE SEINETWEGEN leiden musste. -Und dann bekommt er sie unverdientermaßen.


    Du meinst also, er hätte sich ihre Liebe verdienen müssen. Ich kann sehr gut damit Leben, daß er die Liebe nicht in dem Sinne verdient hat. Liebe ist in meinen Augen nichts, was man sich verdienen kann. Liebe heißt für micht nicht, daß die Person, die ich liebe, sich an meine Vorstellung anpassen muß, sondern, daß ich jemanden liebe, so wie er ist, d.h. auch inklusive seiner Schwächen.


    Alec ist nicht der Retter. Er ist nicht der Held. Er leidet an seiner Vergangenheit, hat deshalb auch deutliche soziale Schwächen und handelt deshalb auch zum Teil egoistisch. Deshalb kann er aber trotzdem von ihr geliebt werden.


    Zitat

    Für mich sind das A und O einer Geschichte nun einmal die Charaktere. Und bisher hat auch noch niemand etwas gesagt, dass das Verhalten des Charakters in ein anderes Licht gerückt hätte.


    Warum muß er in ein anderes Licht gerückt werden?

  • Zitat


    Das entspricht nicht dem, was in dem Buch passiert, er begleitet sie schließlich nicht durch ihr Leid.


    Ich rede von mir als Leser. :grin Meine Freude wäre es gewesen, sie durch ihr Leid zu begleiten und am Ende das Happy End zu sehen, WENN mir die Liebe gefallen hätte.



    Zitat

    Du meinst also, er hätte sich ihre Liebe verdienen müssen. Ich kann sehr gut damit Leben, daß er die Liebe nicht in dem Sinne verdient hat. Liebe ist in meinen Augen nichts, was man sich verdienen kann. Liebe heißt für micht nicht, daß die Person, die ich liebe, sich an meine Vorstellung anpassen muß, sondern, daß ich jemanden liebe, so wie er ist, d.h. auch inklusive seiner Schwächen.


    Ich rede nicht davon, dass sie ihn überhaupt liebt, das muss man sich nicht verdienen, nein.


    Es hat auch nichts mit anpassen zu tun. Aber wenn dich jemand verletzt, jemand Schuld an deinem Leid ist, jemand dich leiden lässt -oder deine Freunde, oder deine Verwandten. Und zwar in dem Ausmaß, in dem Helena leidet. Wie würdest du darüber denken?



    Zitat

    Alec ist nicht der Retter. Er ist nicht der Held. Er leidet an seiner Vergangenheit, hat deshalb auch deutliche soziale Schwächen und handelt deshalb auch zum Teil egoistisch. Deshalb kann er aber trotzdem von ihr geliebt werden.


    Er wird ja auch von ihr geliebt.
    Aber in meinen Augen ist es keine Liebe, den anderen leiden zu lassen.



    Liebe ist beidseitig. Aber was kam von seiner Seite?



    Zitat

    Warum muß er in ein anderes Licht gerückt werden?


    Er muss nicht. Aber es kann ja sein, dass jemand etwas sagt, dass meine Meinung über ihn verändert. :-)



    JAss :keks

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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  • Zitat

    Original von JASS


    Liebe ist beidseitig.


    Liebe ist am schönsten, wenn sie beidseitig ist und jeder auf den anderen eingeht, ihn respektiert und achtet. Aber es gibt eben auch alle anderen Formen der Liebe.


    Da fällt mir mal wieder der Trauspruch von unserer Hochzeit ein:


    Wer den anderen liebt,
    läßt ihn gelten,
    so wie er ist,
    wie er gewesen ist
    und wie er sein wird.