Charlize Theron, Christina Ricci, Bruce Dern u.a.
Buch und Regie: Patty Jenkins
USA/DE 2003
1989: Aileen Wuornos, geannnt Lee, eine Prostituierte, deren Arbeitsplatz die Highways rund um Daytona Beach sind, sitzt mit einem alten Revolver unter einer Brücke und wartet auf ein Wunder. Eigentlich will sie dieses von Sex und Gewalt bestimmte Leben auslöschen, aber in den Taschen ihrer ausgebeulten Jeans finden sich fünf Dollar vom letzten Freier, und sie will sich nicht erschießen, solange sie dieses Geld noch nicht versoffen hat. Völlig durchnässt taumelt sie in die nächste Bar, getrieben von dem Gedanken, wenn Gott noch etwas für sie bereithalte, müsse er sich beeilen.
Sie trifft Selby.
Selby ist ein Mädchen aus einer typischen Kleinbürgervorstadt in Ohio, das für eine Weile zu einer Tante geschickt wurde, weil die Eltern mit ihrer Homosexualität nicht klarkommen. Sie sucht Kontakt zu den örtlichen Prostituierten; in dem schmuddeligen Milieu und der brutalen Direktheit der Frauen vermutet sie eine Ehrlichkeit und einen Kitzel, die ihrem ebenso verlogenen wie behüteten Vorstadtdasein fehlen.
Zunächst weist Lee die "Lesbe" ab, doch dann verfällt sie dem Kindfrau-Charme des Mädchens, das eigentlich nur jemanden sucht, der sie durch ein "gefährliches" Leben, ein großes Abenteuer schützend begleitet. Und Lee, die selbst nie beschützt wurde, hungert danach, jemanden zu beschützen.
Einer ihrer Freier schlägt Lee nieder, fesselt und missbraucht sie, prahlt damit, sie zu töten. Es gelingt ihr, sich zu befreien, und sie erschießt den Kerl mit ihrem alten Revolver. Notwehr.
Lee beschließt, für Selby ein neues Leben zu beginnen, auszusteigen, doch ihre Vergangenheit, ihr zerrüttetes Dasein holen sie immer wieder ein. Als sie in der Not wieder anfängt anzuschaffen, ist der point of no return bereits überschritten: Erst Angst vor dem nächsten gewalttätigen Freier, dann eine sich zuziehende Schlinge, geknüpft aus Geldnot und verzweifeltem Hass, lassen sie eine Reihe von Männer töten.
1992 wird Aileen Wournos zum Tode verurteilt, 2002 auf eigenes Betreiben nach mehreren psychologischen Tests, die ihre Zurechnungsfähigkeit belegen sollen, durch die Giftspritze hingerichtet.
Ganz Amerika kennt die Daten zu dieser Geschichte, die Version, die das nationale Infotainment immer wieder in die ebenso prüden wie sensationsgeilen Vorstädte gepumpt hat: "Lesbische Nutte ermordet aus Habgier kaltblütig ihre ahnungslosen Kunden."
Eine Dokumentation (Das Leben und Sterben von Aileen Wuornos, Nicholas Broomfield, USA 2003) und ein vorangegangener Spielfilm konnten das Bild des "Monsters" nicht wirklich revidieren - auch Monster wird das nicht gelingen. Aber das ist auch nicht Patty Jenkins' Absicht.
Charlize Theron hat Golden Globe und Oscar mehr als verdient. Sie schlüpfte in die Haut der Mörderin, in ein von billigem, schmutzigem, schnellem Sex und kruder Gewalt durchtränktes Leben, und spiegelt das in Haltung, Miene und Sprache drastisch wider. Ihr gelingt allerdings nicht nur die Metamorphose, sondern dank Patty Jenkins luzidem Script und ihrer behutsamen Regie, der intensiven Bildführung von Steven Bernstein (Scary Movie 2) sowie der perfekten Montage von Arthur Coburn (Spiderman, Die Maske) und Jane Kurson (Beetlejuice) schafft Theron es, das Monströse an dieser Mörderin (denn das war Aileen Wournos am Ende tatsächlich geworden) einzuordnen in die alltägliche Gewalt und Verlogenheit in den USA, einer Ellenbogengesellschaft, wie sie gnadenloser kaum sein kann. Denn sie billigt den staatlichen Mord.
Es hat Kritik gehagelt: Theron sei die Falsche, weil sich schließlich das Bild der schönen Charlize ständig vor die hässliche Lee schieben und letzteres verstellen würde. Jenkins sei feige gewesen, habe nicht Stellung bezogen für oder gegen die Mörderin, für oder gegen die Todesstrafe, für oder gegen alles mögliche.
Was soll der Quatsch? Warum suchen Filmkritiker Ansatzpunkte für Verisse in dem, was ein Film gar nicht ausagen will? Warum verbieten sie bestimmten Schauspielern bestimmte Rollen, weil es nicht in ihre spießigen Hirne will, dass ein Brad Pitt (Kalifornia, Dominic Sena 1992) oder eine Charlize Theron nicht nur hübsch anzusehen sind, sondern ihren Beruf ernst nehmen?
Ein vielschichtiger Film, der das Leben am Rande und im Kern der US-Gesellschaft wie eine Zwiebel entblättert.