glaubt ihr..?

  • Zitat

    Original von Nudelsuppe
    Nein. Nennen wir das mal "y": Sprache, Wissenschaft, Erscheinung der Dinge ist "y" - die Mittel, die wir zur Verfügung haben, um uns und unsere Welt zu beschreiben. Alles, was nicht "Fassbar" ist, ist "x" - das es geben muss, wenn Gödels Theorem stimmt. Immerhin sind wir jetzt schon fast bei Wittgenstein ; )


    Dann also: Glaube ist gleich y + x ?


    Sorry, ich glaub ich kapier das jetzt nicht so richtig...

  • Zitat

    Wissenschaft ist selbst Spiritualität -- denn höchste geistige Leistungen erreicht man nur im Zustand höchster Konzentration. Und genau das ist Spiritualität, nicht "irrationale" Bauchtanztrance.


    Iris, ich bezog mich auf diesen Satz von Dir. Und halte weiterhin aufrecht, daß es auf den Gegenstand der Konzentration ankommt, denn sonst wäre ja Wissenschaft gleich Religion.



    Muß ich als Jungeheglianerin, die an Habermas glaubt, nicht empiristisch sein? Oder als Angehörige der von Dir so kritisierten weiblichen Spezies?
    Nur so gefragt, ich liebe die Kategorisierungen, die Du den Leuten angedeihen läßt, denen Du im Gespräch begegnest. Bin höchst gespannt auf weitere Ideen über meine Persönlichkeit.


    Oryx  
    Regeln, die das menschliche Zusammenleben gestalten, findest Du in vielen Denksystemen, religiös oder nicht. 'Humanistische' abendländische Regeln sind da nichts Besonderes.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • magali ,


    du schreibst weiter oben (ich habe leider noch immer nicht gelernt, wie man im Thread zitiert), dass Glauben immer mit einem System verbunden ist.
    Wie aber ist es dann beim Glauben an die Schutzengel? Meines Wissens nach steht dort kein System dahinter. Entweder ich glaube, dass es Schutzengel gibt oder aber ich glaube es nicht. Auf mein Verhalten hat dieser Glaube oder Nichtglaube keinerlei Einfluss.

  • Zitat

    Original von magali
    Iris, ich bezog mich auf diesen Satz von Dir. Und halte weiterhin aufrecht, daß es auf den Gegenstand der Konzentration ankommt, denn sonst wäre ja Wissenschaft gleich Religion.


    Offen gestanden --- ist es in einigen Wissenschaften geradezu so: Theologei, Philosophie, Teilchenphysik ... ich hatte da schon sehr bewegende Gespräche mit "Betroffenen", die den Moment der Erkenntnis so empfanden als berührten sie etwas weit "Höheres", als kläre sich die Milchglasscheibe, an der man die Nase plattdrückt, für einen Augenblick.


    Und Menschen, die intensiv Meditation oder Kontemplation betreiben, schildern Ähnliches. Daß die Zeugnisse der Mystik anders klingen, liegt an ihrem poetischen, allegorischen Charakter.


    Zitat

    Muß ich als Jungeheglianerin, die an Habermas glaubt, nicht empiristisch sein? Oder als Angehörige der von Dir so kritisierten weiblichen Spezies?
    Bin höchst gespannt auf weitere Ideen über meine Persönlichkeit.


    Bleib sachlich, Magali. Was soll Geschlecht damit zu tun haben?

  • Zitat

    Original von Iris
    Offen gestanden --- ist es in einigen Wissenschaften geradezu so: Theologei, Philosophie, Teilchenphysik ... ich hatte da schon sehr bewegende Gespräche mit "Betroffenen", die den Moment der Erkenntnis so empfanden als berührten sie etwas weit "Höheres", als kläre sich die Milchglasscheibe, an der man die Nase plattdrückt, für einen Augenblick.


    also ehrlich: das klingt jetzt schon sehr esoterisch, oder?


    bo

  • Zitat

    Original von bogart
    also ehrlich: das klingt jetzt schon sehr esoterisch, oder?


    Ich weiß nicht, was du als "esoterisch" bezeichnest, aber wenn du jede Form von Siritualität (Geistigkeit) als "esoterisch" ansiehst, ist eine solche Erfahrung sicher sehr "esoterisch". :grin

  • Iris ,
    ich bezog mich auf diesen satz von Dir (7.II., 21:21)


    Zitat

    Aber mir fehlt der angeblich typisch weibliche Pragmatismus, das achselzuckend hinzunehmen und sich irgendwie einzurichten.


    Den hatte ich auf mich gemünzt, da ich selber ein Stückchen davor meine persönliche pragmatische Einstellung zu diesen Fragen hervorgehoben habe.


    Ines


    System will sagen, das gesamte Denkgebäude, das die christliche Kirche aufgebaut hat.
    Ausgangspunkt meinerseits ist, daß es ja gut und schön sein kann, daß es ein höheres Wesen gibt, aber wenn ich dieses Wesen nicht zu mir als Mensch in Beziehung setze, dann hat es keine Bedeutung, ob es das Wesen gibt.


    Das ganze Denksystem, das 'christlicher Glaube' heißt, stellt diese Beziehung her, über Grundlagentexte - Pentateuch, Psalmen, Evangelien, Auslegungen, Handlungsanweisungen für den Alltag vermischt mit Traditionen aus den verschiedensten Bereichen plus neuentstanmdene Vorstellung aus dem Ganzen. Christlicher Glaube umfaßt ja mehr als die Kirchenorganisation. Eine 'Religion' ist nichts Totes, das lebt. Verändert sich, wächst, wuchert.


    Die Engelsvorstellung gründet in Alten Testament (um mal den christlichen Namen dafür zu nehmen).
    Schutzengel sind eine Ableitung, die eher auf Traditionen und kulturelle Vorstellungen zurückzuführen sind, aber glatt in das Gesamtsystem 'Christentum' eingebaut wurde und zwar in seinen katholischen Zweig. Bei den Protestanten irrlichtern sie auch früh herum, weil es einfach eine so schöne Vorstellung ist, daß Gott jemanden aussendet, der über jeden einzelnen Menschen wacht. (Hier haben wir wieder das 'kindliche', Kindsein, Beschützt werden wollen in einer feindlichen Welt)


    Der Islam kennt übrigens von Anfang an Engel, Boten wie Geistwesen, allerdings keine Schutzengel. Dort wird jeder Gläubige von zwei Engeln begleitet, einem, der die guten Taten und einem der die bösen Taten notiert.


    Ich sitze hier und schreibe über Engel, ich faß' es nicht.
    Dieses Forum!

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von magali ()

  • Zitat

    Original von magali
    Den hatte ich auf mich gemünzt, da ich selber ein Stückchen davor meine persönliche pragmatische Einstellung zu diesen Fragen hervorgehoben habe.


    Daß Frauen "von Natur aus" pragmatischer seien als Männer, ist allerdings ein Gemeinplatz. Da war der direkte Bezug eher einer Koinzidenz zuzuschreiben.


    Zitat

    Ausgangspunkt meinerseits ist, daß es ja gut und schön sein kann, daß es ein höheres Wesen gibt, aber wenn ich dieses Wesen nicht zu mir als Mensch in Beziehung setze, dann hat es keine Bedeutung, ob es das Wesen gibt.


    Und was ist mit dem so oft postulierten umgekehrten Fall?


    Nur als dummes, hinkendes Beispiel:
    Jemand kann natürlich sagen: "Ich will mit dem Staat nix zu schaffen haben!" und die Briefe vom Finanzamt ignorieren, weil sie schließlich von staatlichen Stellen kommen, mit denen man ja nichts zu schaffen haben will, sie stammten ja nicht vom Staat, dessen Existenz man einfach leugnet, sondern von einer Poststelle, die einfach automatisch, quasi nach Zufallsprinzip, so was verschicke.
    Naja, aber der Gerichtsvollzieher kommt dann eines Tages trotzdem und dann?


    Zitat

    Ich sitze hier und schreibe über Engel, ich faß' es nicht.
    Dieses Forum!


    ... setzt Scheren im Kopf außer Kraft! :lache

  • Iris


    was das Staats-Beispiel betrifft, so empfehle ich Dir eine Kaffeepause.
    Ich gestehe Dir zu, daß ein Staat zu gern ein höheres Wesen wäre, aber...
    beweisbar ist.


    Und den umgekehrten Fall und Gerichtsvollzieher: da mußt Du aufpassen, daß Du nicht in die typisch autoritäre Argumentation mit der Angst hineingerätst. Aus Furcht vor einer Strafe durch ein nicht beweisbares Wesen an dieses Wesen zu glauben?


    Was mich betrifft, so kann ich nur sagen, daß ich dann sagen muß: Pech gehabt. Shit happens.
    Gott wird den Satz schon kennen.


    Ines
    Wenn Schreiben über Engel mein Bestes ist, wag ich nicht, mir vorzustellen, was mein Schlimmstes wäre.


    Fein zitieren gelernt! :lache

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    was das Staats-Beispiel betrifft, so empfehle ich Dir eine Kaffeepause.


    Ich sagte doch: dumm und hinkend!


    Zitat

    Und den umgekehrten Fall und Gerichtsvollzieher: da mußt Du aufpassen, daß Du nicht in die typisch autoritäre Argumentation mit der Angst hineingerätst. Aus Furcht vor einer Strafe durch ein nicht beweisbares Wesen an dieses Wesen zu glauben?


    Ein Gerichtsvollzieher oder Steuerfahnder straft nicht -- er zieht nur die schuldige Gebühr ein. Strafen sprechen Gerichte aus (auch in solchen Fällen), aber die habe ich bewußt hier nicht herangezogen.


    Schuld ist ein Filmdialog:

    Zitat

    Drew: We all know this deal is as certain as death and taxes.
    Joe: Death and taxes?
    Drew: Yes.
    Joe: Death and taxes?
    Drew: Yes.
    Joe: What an odd pairing...


    :lache

  • @ magali


    Zitat

    Original von magali
    Heike


    mein Einwand, wir befinden uns in der Diskussion Vor der Aufklärung bezog sich genau auf den Diskussionsstand im Therad zu einem bestimmtenm Zeitpunkt.


    Und zu eben diesem Zeitpunkt hatte ich darauf geantwortet.
    Wenn ich dch missverstanden haben sollte - vielleicht erklärst du mir einfach mal, was du mit dieser Bemerkung meintest?


    Zitat


    Ansonsten war ich es, die von vornherein sagte, daß eine Form von 'Religion' stets nur die andere ersetzt.


    Stimme ich dir ja auch zu :grin


    Zitat


    Man muß auch mit der Aufklärung aufpassen. 'Aufgeklärter' Absolutismus ist ein Hilfsbegriff und bedeutet mitnichten, daß ein Herrscher plötzlich liberal wird. Noch es den Untertanen gestattet.


    Vorsicht! Liberal und Aufklärung nicht gleichsetzen! Jetzt verstehe ich auch, warum du mich nicht verstehst. Das sind zwei unterschiedliche Paar Stiefel (wenn das eine auch u.a. Vorausetzungen für das andere schafft).


    Zitat


    Es heißt, daß sich Herrscher langsam an die Stelle Gottes setzen.


    Kann man so sehen, wenn man den sakralen Aspekt rauslässt :grin Ist heute ja nicht anders.


    Zitat


    Deswegen glauben sie trotzdem an ihn und verlangen es auch von ihren Untertanen.


    Insgesamt beschreibst du damit den Zustand des Ancien Régime. "Ich bin Gott, bzw. von Gott in diese Position eingesetzt und außerdem der Staat" (Stil Louis XIV.) "Ich bin der erste DIENER des Staates" (der alte Fritz). Letzterer herrschte natürlich abosultistisch (wie gesagt, aufgeklärt und liberal ist nicht das Gleiche), aber er hatte ein vollkommen anderes Selbstverständnis als Fürst. Und damit auch nicht die Notwendigkeit eines sakralen Königtums.
    Abgesehen davon muss man berücksichtigen, auf welche Bevölkerungsschichten die Aufklärung überhaupt einen Einfluss hatte. Und da landen wir bei einigen Adligen und vor allem dem gehobenen Bürgertum (das bei der Französischen Revolution mit Ballhausschwur und Nationalversammlung den Anstoß zum Umbruch gab - nicht zur Abschaffung der Kirche!). Für die Bauern sah die ganze Sache wieder ganz anders aus, und Glaube war selbstverständlich, wurde nicht in Frage gestellt. Ob Ancien Régime, Aufgeklärter Absolutismus, Napoleon oder 2. Republik, der einfache Mann glaubte, was der Fürst vorgab oder was "man eben so glaubte" (noch heute sind viele Dörfer streng nach Konfessionen getrennt, und wehe, man erscheint nicht in der Messe :grin).


    Zitat


    Die 'Aufklärung' stockte im Deutschen Reich denkerisch noch dazu ab ca. 1740.


    Magst du das weiter erläutern?


    Zitat


    Preußen als Staat ist nicht 'aufgeklärt'. Es ist ein restriktives, autoritäres Staatsgebilde von hoher Aggressivität.


    Das widerspricht dem aufgeklärten Absolutismus nicht (die Herrschaft des Wohlfahrtsausschusses - getreu nach den Ideen Rousseaus - war auch restriktiv, autorirtär und äußerst aggressiv und brutal).
    Es widerspricht einem "liberalen" Staat - aber der Liberalismus mit seinen Forderungen entwickelt sich erst in Folge der Französischen Revolution und damit einige Jahrzehnte nach Friedrich II. Und von liberaler Seite wurden Staaten, die restriktiv und autoritär waren, heftig kritisiert.


    Zitat


    zu sakral: natürlich sahen sich die Herrscher in Frankreich auch nach 1814 als christlich - sakral.


    Upps :yikes.
    Christlich darf man doch nicht mit sakral gleichsetzen ! :wow :wow



    Viele Grüße :wave
    Heike

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

    Rabenerbe/ Rabenbund - DSA-Fantasyromane - 2017/2018 bei Ulisses

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  • Zitat

    Original von Heike
    Wenn ich dch missverstanden haben sollte - vielleicht erklärst du mir einfach mal, was du mit dieser Bemerkung meintest?


    Vielleicht meinte Magali einfach meine platonisch-aristotelisch-scholastische Denke, die historisch gesehen "älter" ist als die "Aufklärung" und damit vor dieser liegt? :lache