• @ Sternenkind: Jeder, der zu Deiner Lesung kommt, wird bewusst kommen, und nicht nur, weil da zufällig eine Lesung ist und man Zeit hat. Also werden die Leute auch nicht erwarten, dass es komisch/witzig/Was auch immer ist, sondern haben Interesse an Dir und Deiner Geschichte. Mach Dir nicht zuviel Gedanken, das wird schon. :knuddel1

  • Hallo Sternenkind,


    vor meiner ersten Lesung habe ich ähnliche Bedenken gehabt


    Zufällig traf ich einen Musiker, den ich vom Sport kenne (David Qualey, Vocal und Gitarre, füllt hier ein- bis zweimal im Jahr mit 3- 500 Zuhörern zwei Kirchen)


    Sein Rat:


    D U bringst den Leuten ein Geschenk, Sie wollen einen Abend erleben und tun alles, damit der Abend gelingt.
    Es wird schon werden!


    Iris und Tom und Ines
    Ja, die Musik muß passen und der Musiker muß schon ausreichend qualifiziert sein, Blasinstrumente solo gespielt (außer Flöten) eignen sich m E weniger


    andermann

    Alles kann, nichts muß
    Ein Lächeln kommt immer zurück

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  • Na, andermann,


    das sehe ich ein bisschen anders. Nicht der Autor macht den Lesern ein Geschenk, sondern umgekehrt.
    Der Leser hat sich trotz des kalten Wetters, des tollen Fernsehprogrammes und der eigenen Trägheit aufgerafft, um zu dir zu kommen. Die Zuhörer schenken ihre Zeit und ihr Geld. Das verdient Respekt. Der Autor hat somit die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass der Zuhörer einen entsprechenden Gegenwert für seine Zeit und sein Geld erhält.
    Lesungen sind ein Teil der Arbeit des Autoren und müssen so gut wie nur irgend möglich erledigt werden.

  • Natürlich Ines


    aber hat nicht jeder der etwas veranstaltet alles bestens vorbereitet?


    Was ich bzw David ausdrücken möchte(n):


    Zusätzlich zu der eigenen Vorbereitung können Leute, die etwas vortragen auf ein erhebliches Maß von Wohlwollen der Besucher rechnen.
    Dass dieses Wohlwollen nicht mißbraucht werden darf, klaro


    andermann

  • Zitat

    Original von Ines
    Nicht der Autor macht den Lesern ein Geschenk, sondern umgekehrt.
    Der Leser hat sich trotz des kalten Wetters, des tollen Fernsehprogrammes und der eigenen Trägheit aufgerafft, um zu dir zu kommen. Die Zuhörer schenken ihre Zeit und ihr Geld. Das verdient Respekt. Der Autor hat somit die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass der Zuhörer einen entsprechenden Gegenwert für seine Zeit und sein Geld erhält.
    Lesungen sind ein Teil der Arbeit des Autoren und müssen so gut wie nur irgend möglich erledigt werden.


    <unterschreib> :write

  • Ich finde, Ihr habt beide (Ines, andermann) irgendwie recht. Es ist nicht leicht, sich daran zu gewöhnen (gewöhnen sollte man sich daran eigentlich nie), daß die Leute kommen, um mich (also den vortragenden Autor) zu sehen. Man geht nicht zu einer Prüfung oder als Bittsteller irgendwohin, sondern ist der Grund dafür, daß umgekehrt die Menschen kommen. Insofern ist schon richtig, was andermann sagt: Man macht den Besuchern eine Art Geschenk. Sie wollen einen sehen, hören, erleben. Mal mehr, mal weniger, denn es gibt viele sehr unterschiedliche (und manchmal kaum verstehbare) Arten von Lesungsbesuchern.
    Natürlich sollte, muß man sein bestes geben. Andererseits finde ich nicht, daß man zum Entertainer mutieren muß, wenn man eigentlich ein nachdenklicher, eher publikumsscheuer Schreiberling ist, der am liebsten zuhause im Kämmerlein hockt und sich Satz für Satz herausquält. Man ist Autor, und kein Vortragskünstler. Und auch eine etwas seltsame Lesung, bei der ein vermeintlich misanthroper Autor wortkarg und scheinbar leicht abwesend seine Texte herunternuschelt kann etwas für sich haben. Denn es geht auch um Authentizität.
    Und, Ines: Lesungen gehören mitnichten unbedingt zum Tagesgeschäft des Autors. Ich kenne einige Schriftsteller, die überhaupt nicht lesen, die keinen Kontakt mit dem Publikum wünschen. Andererseits gibt es welche, die nur zu schreiben scheinen, um anschließend lesen zu können. Der etwas anstrengende, aber sehr nette und bei Lesungen absolut furiose Thomas R. P. Mielke gehört m.E. ein ganz kleines bißchen in diese Kategorie.

  • Schriftsteller, die keinen Kontakt mit dem Publikum wünschen. Meine Herren, wenn ich so was lese, dann frage ich mich, für wen sie eigentlich schreiben. Ich halte eine solche Haltung für nicht nur ausgesprochen hochmütig, sondern obendrein noch für verachtend. Schließlich lebt Autor ja von seinen Lesern. Deshalb halte ich es für eine Autorenpflicht, sich um die Leser auch zu bekümmern.


    Vielleicht liegt das ganze Geheimnis in der schlichten Wahrheit, die da besagt, man tue gut daran, sich selbst nicht ganz so wichtig zu nehmen.

  • Zitat

    Original von Tom - Hervorhebung von mir
    Andererseits gibt es welche, die nur zu schreiben scheinen, um anschließend lesen zu können. Der etwas anstrengende, aber sehr nette und bei Lesungen absolut furiose Thomas R. P. Mielke gehört m.E. ein ganz kleines bißchen in diese Kategorie.


    Und du, Tom, neigst gelegentlich ein klitzekleines bißchen zur Untertreibung.

  • Zitat

    Original von Ines
    Schließlich lebt Autor ja von seinen Lesern. Deshalb halte ich es für eine Autorenpflicht, sich um die Leser auch zu bekümmern.


    Das tut er bereits, indem er schreibt -- dazu muß er nicht auch noch den Entertainer geben.


    Zitat

    Vielleicht liegt das ganze Geheimnis in der schlichten Wahrheit, die da besagt, man tue gut daran, sich selbst nicht ganz so wichtig zu nehmen.


    Schön gesagt, aber m.A.n. unzutreffend.


    Manch einer, der gern und viele Lesungen bestreitet, nimmt sich wahnsinnig wichtig - Männlein wie Weiblein. Dies gilt vermehrt in Kreisen, die es (noch) nicht zu "richtigen" Veröffentlichungen gebracht haben, sich als unerkannte Literaten wähnen und darob zahllose Kränzlein von Lesungen im Kreise Gleichgesinnter abhalten.


    Aber das ist eine ganz andere Schiene der Kulturarbeit.

  • Iris und alle,


    ich spreche eigentlich die ganze Zeit von Lesungen, die für die meisten von uns zum professionellen Autor/innenalltag gehören. Lesungen, die man abhält und danach ein Honorar dafür erhält. Und ja, in diesem Falle sind wir Entertainer. Wir stellen unser Produkt vor - Buch und Autor - und die Leute zahlen dafür. Sie haben ein Recht darauf, gut unterhalten zu werden. Wie das geschieht, ist von Autor zu Autor anders. Der eine liest nur, der andere singt dazwischen, der dritte erzählt Schwänke aus seinem Leben. Klar, dass die eigene Befindlichkeit bei der Gestaltung eines solchen Abends mit einfließt. Sie wird ja sogar von den Lesern gewünscht.
    Und eben diese Lesungen sind ganz bestimmt nicht dazu gedacht, dem Autorenego ein paar zusätzliche Streicheleinheiten zu gewähren. Sie sind Arbeit. Und für mich eine Arbeit, die mir größtenteils Freude macht, die aber auch anstrengend ist. Das Publikum ist jederzeit gern bereit - so meine Erfahrung - Anstrengungen zu honorieren. Profilneurosen werden jedoch auch von ihnen kritisch gesehen. Zu Recht.

  • Muss mich jetzt hier auch mal zu Wort melden, da die Mama grade ein Fotoshooting hat (vielbeschäftigte Autorin eben) und daher keine Zeit, zu antworten.


    Da ihr Buch autobiografisch ist, und ein sehr schwieriges Thema behandelt, kann ich mir kaum vorstellen, dass sie während der Lesung flotte Sprüche reißt ;-)


    Allerdings ist sie glaube ich unheimlich aufgeregt, schläft vermutlich jetzt schon nicht mehr durch und wird sich bestimmt über Eure Ratschläge sehr freuen!


    Das Hauptproblem besteht meines Erachtens gerade darin, dass es IHRE Biografie ist, aus der sie lesen wird.
    Sie muss quasi ihre Seele offenlegen, noch viel mehr, als man dies als Autor ohnehin immer muss...


    LG Sarah

  • Lesungen gehören für mich zwar nicht zum Autorenalltag, aber ich bin ja auch freiwillig eine "semiprofessionelle" Autorin. :grin
    Nicht daß ich nicht öfters mal auftreten wollte, aber ich bin den Buchhändlern zu teuer bzw. nicht prominent genug, Marburg ist verhältnismäßig klein, und Reisen ins nähere und fernere Umland machen Lesungen zu einer teuren Investition für mich.


    Ich möchte die Sache im einem Punkt differenzieren: Der Begriff "Unterhaltung" wird mir einfach zu pauschal verwendet. Jedes Publikum möchte sich auf andere Weise unterhalten; die einen unterhalten sich blendend, wo andere sich zu Tode langweilen, und was manche jubeln läßt, erregt bei andern Brechreiz -- wobei es hier, wie überall im Leben, Überschneidungen gibt.
    Bei einer Lesung von Ines Thorn erwarte ich einfach etwas anderes als bei Selim Özdogan -- dennoch kann beides bestens unterhalten.


    Im Idealfall nehmen die Zuschauer nicht nur viele Bücher und ein warmes Glücksgefühl mit, sondern auch Denkanstöße -- meiner Ansicht nach! Da die Menschen aber grundverschieden sind, nehmen sie auch von ganz unterschiedlichen Texten Denkanstöße an, insofern ist dieser Anspruch keine Abwertung der Unterhaltungsliteratur.

  • Seestern


    Daß das Buch autobiographisch ist, wissen wir. In den letzten Tagen wurde, glaube ich, nichts ausgelassen, um diesen Punkt im Eulengedächtnis zu verankern.


    Ich finde es schön, wie Du für Deine Mutter eintrittst.
    Aber ihr Buch ist schon gedruckt, oder? Damit ist der eigentliche Schritt schon getan.
    Also, Mut fassen und Ruhe bewahren.


    Iris


    schöner Beitrag :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Daß das Buch autobiographisch ist, wissen wir. In den letzten Tagen wurde, glaube ich, nichts ausgelassen, um diesen Punkt im Eulengedächtnis zu verankern..


    Oh...Sorry! War die letzten Tage nicht hier, sondern in der Schmollecke ;-)

  • Hallo, Ines.


    Es gibt Musiker, die niemals live auftreten und ausschließlich Studioalben abliefern, und es gibt Bands, die live sehr erfolgreich sind (z.B. die "Arctic Monkeys"), aber überhaupt keine Platten aufnehmen. Es ist dem Künstler überlassen, wie er seine Arbeit sieht und definiert. Wenn jemand keine Lesungen veranstalten will, dann macht er eben keine, Punkt, aus. Das Kunstwerk (Künstler eingeschlossen) besteht dann eben nur aus Publikationen. Viele Autoren haben Blogs, einige nehmen an Leserunden teil, geben Interviews. Andere nicht. Ich sehe nicht, was das mit Professionalität zu tun hat. Mag sein, daß es Leser gibt, die unbedingt den Kontakt zum Autor wünschen oder die "Person hinter dem Werk" entdecken möchten, aber erstens ist das eine sehr kleine Minderheit und zweitens sehe ich nicht, warum man als Autor dazu verpflichtet sein sollte, sich zur öffentlichen Person zu machen. Das Buch spricht für sich. Der hochgeehrte Thomas Pynchon ("Die Enden der Parabel", "Mason & Dixon") existiert überhaupt nicht als öffentliche Person, aber er hat nichtsdestotrotz eine große Fangemeinde.
    Ich habe Lesungen anfangs nicht gemocht, was auch daran liegt, daß ich selbst kaum zu Lesungen gehe, gegangen bin - ich fand das schlicht zu langweilig als kulturelle Veranstaltung, da bin ich lieber auf ein Konzert gegangen, ins Kino oder in die Kneipe. Auch bei Autoren, die ich wirklich sehr mag, habe ich nicht einmal in Erwägung gezogen, sie mir "live" anzusehen. Wozu auch? Ich mag ja die Bücher, der Typ dahinter ist mir eigentlich schnuppe. Und mit dieser Einstellung gehör(t)e ich eben zur Mehrheit der Leser.
    Daß sich meine Einstellung inzwischen ein bißchen gewandelt hat, liegt daran, daß ich viele Autoren kenne, deren Lesungen ich nach Möglichkeit besuche, um sozusagen die Südkurve zu besetzen. Als Lesender machen mir Lesungen großen Spaß. Aber tendentiell und im Vergleich zu anderen möglichen Aktivitäten finde ich Lesungen immer noch eher langweilig.

  • Tom,


    es geht überhaupt nicht darum, ob ein Autor Lesungen veranstaltet oder nicht. Solange "Publikumsscheu" nicht zur Attitüde wird, ist alles bestens; der eine mag, der andere nicht. Der eine hält es für Autorenalltag, der Schüchterne steht Höllenqualen aus. Nichts davon ist falsch oder gar schlecht.
    Wichtig ist mir nur, dass diejenigen, die Lesungen veranstalten, diese nicht als Plattform für Huldigungen missbrauchen.


    Trotzdem finde ich Künstler, die sich nicht für ihr Publikum interessieren, sehr suspekt. Ich zähle an dieser Stelle auch die Kritiker, Galeristen, Feuilletonisten und ähnliche Berufe zum Publikum. Wenn sich also der Künstler einen alten Quark für das interessiert, was das Publikum von seinen Werken hält, dann erscheint mir dies recht selbstverliebt und zeigt mir, dass das Werk ihm nicht wirklich am Herzen liegt. Das Werk wohlgemerkt.
    Weißt du, und das scheint mir für einen Künstler ganz wichtig zu sein: Das Werk muss ihm schon am Herzen liegen. Er sollte seine Begabung dazu verwenden, das Bestmögliche daraus zu machen. Und damit meine ich wiederum nicht, mainstreamkompatibel zu sein. Der Künstler hat sehr wohl das Recht, sich sein Publikum zu wünschen oder auch zu wählen, hat natürlich das Recht, gewisse Äußerungen zu missachten, die nichts mit seinem Denken, seinem Wunschpublikum und ähnlichem zu tun haben, aber eine generelle "ich-scheiß-auf-das-Publikum-Einstellung" kann ich nicht akzeptieren. Ich fühle mich dann als Publikum, als Leser, Verbraucher missachtet und benutzt. Schließlich zielt der Kerl ja auch meine Geldkatze.

  • Ines, das verstehe ich nicht. Es sind die Bücher, die Du bekommst, und für die Deine Geldkatze geschoren wird. Gute Bücher sind gute Bücher, schlechte sind schlechte, und es ist in diesem Zusammenhang völlig egal - mir jedenfalls -, was der Autor von seinem Publikum hält, ob sein Herzblut in den Büchern steckt, wie er die Welt sieht oder welche Farbe sein Pyjama hat. Ehrlich.

  • Natürlich sind es die CDS, die Theaterkarten, die Bücher, die mein Geld benötigen. Aber ich möchte ernst genommen werden, möchte als Leser, Hörer, Seher respektiert werden.
    Ich erwarte, dass sich der Autor, Musiker, Schauspieler müht.
    Ich erwarte natürlich nicht, dass sich der Künstler meine Meinung anhört oder auch nur danach fragt. Nein, das nicht.
    Aber es ist wichtig zu wissen, ob es gelingt, die Menschen zu erreichen, die ich erreichen möchte. Natürlich schreibe ich meine Romane auch für mich und für mein Konto. Aber eben nicht nur.


    Jetzt sind wir so offtopic, dass es sich eigentlich lohnen würde, einen neuen Thread aufzumachen. "Was hält der Autor von seinem Publikum? Was erwartet das Publikum vom Autor?"