'Siddharta' - Zweiter Teil: "Kamala"

  • Ich bin jetzt im zweiten Teil und entweder habe ich mich an den Stil gewöhnt oder das Buch ist flüssiger zu lesen.
    Mir gefällt das Buch mittlerweile besser.
    Gegen Ende des Kapitels "Kamala" dachte ich zunächst, wie arrogant von Siddhartha davon auszugehen, dass Kamala sich auf ihn einlässt,
    doch er bezieht sich auf das was er bei den Samanas gelernt hat, nämlich Denken, Warten und Fasten, wobei ich Fasten hier im übertragenen Sinne sehen würde.
    Nach dem Motto:
    Ich habe meine Gedanken, um mir zu überlegen, wie ich ans Ziel kommen kann, ich habe die Geduld den langen Weg zu beschreiten und die Ausdauer Entbehrungen hinzunehmen.
    Davon sollte ich mir mal eine Scheibe abschneiden, ich bin eher der Typ:
    Ich will alles,gleich, jetzt, hier, sofort und das pronto, bitte :lache


    So später dann mehr, bin gespannt, ob er den Job als Schreiber bekommt.

  • also, mir fällt der zweite Teil auch viel leichter zu lesen.


    Siddharta verfällt in diesem Teil ja völlig den weltlichen Genüssen, oder?


    Die Liebesbeziehung zu Kamala, seine Tätigkeit als Kaufmann. Er trinkt, spielt und bindet sich an Reichtümer. Irgendwie verliert er sich selbst, erkennt dies zwar, betreibt aber dennoch alles sehr exzessiv und irgendwie selbstzerstörerisch.


    Also, das finde ich sehr interessant, denn damit hätte ich garnicht gerechnet :grin

  • Ja, diese Wendung kam wohl überraschend - aber andererseits auch wieder nicht. Schon im ersten Teil hat sich doch schon Siddhartas "Besessenheit", seine Neigung zu Extremen abgezeichnet. Was er auch tut, er tut es unmäßig. Erst Fasten, Abmagern bis aufs Skelett, Askese - nichts, was schön oder angenehm ist.


    Im zweiten Teil pendelt er völlig auf die andere Seite. Allerdings gefiel mir dieser Siddharta besser als der Asket. Nicht der spiel- und raffsüchtige Siddharta, aber der Liebhaber und Genießer alles Schönen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Ich weiß nicht, ob er das wirklich genießt.... Er wünscht sich, so zu sein, wie die "Kindermenschen" aber er spürt, dass ihm das nicht gelingen will, egal, wie sehr er sich bemüht und wie extrem er den weltlichen Dingen nacheifert, er schafft es einfach nicht.



    Zitat (in meinem Buch auf Seite 60 Mitte):


    "Alsdann kam ihm für eine Stunde zum Bewußtsein, daß er ein seltsames Leben führe, daß er da lauter Dinge tue, die bloß ein Spiel waren, daß er wohl heiter sei und zweilen Freude fühle, daß aber das eigentliche Leben dennoch an ihm vorbeifließe und ihn nicht berühre. Wie ein Ballspieler mit seinen Bällen spielt, so spielte er mit seinen Geschäften, mit den Menschen seiner Umgebung, sah ihnen zu, fand seinen Spaß an ihnen; mit dem Herzen, mit der Quelle seines Wesens war er nicht dabei.


    Und einigemal erschrak er ob solchen Gedanken und wünschte sich, es möge doch auch ihm gegeben sein, bei all dem kindlichen Tun des Tages mit Leidenschaft und mit dem Herzen beteiligt zu sein, wirklich zu leben, statt nur so als ein Zuschauer daneben zu stehen."

  • Ja, und wegen dieser Zweifel hat er dieses Leben auch wohl aufgegeben. Siddharta hat sich in ein Leben gestürzt, das er eigentlich schon hinter sich gelassen hatte. Wäre er bei seinem Vater geblieben, hätte er all das - Geld, Reichtum, Frauen - im Überfluss haben können.


    Genossen hat er meiner Meinung aber die Beziehung zu Kamala, oder das Spazierengehen im Garten.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Zitat

    Original von Alice
    Im zweiten Teil pendelt er völlig auf die andere Seite. Allerdings gefiel mir dieser Siddharta besser als der Asket. Nicht der spiel- und raffsüchtige Siddharta, aber der Liebhaber und Genießer alles Schönen.


    :write


    Ich habe bei Wikipedia nach Sansara gesucht und wurde zu diesem Artikel geleitet.


    Samsara (Sanskrit, m., 88>0, saCsra, wörtl.: "beständiges Wandern") ist die Bezeichnung für den immer währenden Zyklus des Seins, den Kreislauf von Werden und Vergehen, im Kreislauf der Wiedergeburten.


    Dieser ewige Kreislauf wird in den östlichen Religionen (Hinduismus, Buddhismus und Jainismus) als leidvoll (vgl. Leiden) gewertet. Der Ausbruch aus diesem unheilvollen Kreislauf geschieht auf dem Wege des Loslassens von allen Bindungen, Begierden und Wunschvorstellungen sowie durch Erkenntnis. Erreicht wird der Zustand der "Erlöstheit" (und nach einigen Varianten der ewigen Glückseligkeit, vgl. Erlösung), den die Hindus Moksha und die Buddhisten Nirvana nennen.


    Nun ist Siddhartha wieder einen Schritt weiter auf dem Weg zur Erleuchtung, er hat sich dem Kreislauf entzogen und geht nun wieder seinen eigenen Weg.

  • Dabei frag ich mich ständig was wohl geschehen wäre, wenn Kamala ihn nicht ziehen gelassen hätte, ihn in ihrer Liebe vielleicht gefangen gehalten hätte. Wäre ihm das leben so überdrüßig geworden, hätte er sich dennoch dann entschieden Kamala zu verlassen?


    PS: Hatte er sie denn tatsächlich geliebt? Nein oder???

  • Ich sehe das auch so, daß er Kamala nicht wirklich liebte.


    Er sah sie eher als "Mittel zum Zweck".


    Die Frauen hatten bisher keinen Platz in seinem Leben, sie waren seinem Weg der inneren Erkenntnis wohl in seinen Augen nicht sehr dienlich...


    Nun aber öffnet er die Augen und spricht zu Kamala: "Du bist die erste Frau, zu welcher Siddhartha anders als mit niedergeschlagenen Augen redet. Nie mehr will ich meine Augen niederschlagen, wenn eine schöne Frau mir begegnet". S. 47


    Das er sich ausgerechnet Kamala aussuchte, erkläre ich mir eher mit seinem - hier auch schon angeklungenem - Streben nach Perfektion.


    Er möchte "Liebe von ihr lernen" (S. 48 ), wobei sich dies wohl eher auf die körperliche Liebe bezieht.


    Sie ist eine schöne Frau, eine Kurtisane, also erfahren in der Welt der körperlichen Liebe, die "dreißig oder vierzig verschiedene Spiele der Liebe" (Stellungen? :wow) kennt.


    Sie ist sozusagen "Expertin" für sein Anliegen, so daß ihre Auswahl aus Siddharthas Sicht nachvollziehbar erscheint.

  • Zitat

    Original von buttercup
    Samsara (Sanskrit, m., 88>0, saCsra, wörtl.: "beständiges Wandern") ist die Bezeichnung für den immer währenden Zyklus des Seins, den Kreislauf von Werden und Vergehen, im Kreislauf der Wiedergeburten.


    Dieser ewige Kreislauf wird in den östlichen Religionen (Hinduismus, Buddhismus und Jainismus) als leidvoll (vgl. Leiden) gewertet.


    Mir war dieses leidvolle in der ewigen Wiederkehr nicht präsent.


    Aber ich zitiere mal aus Kunderas "Unerträglichen Leichtigkeit des Seins", 1. und 2. Kapitel des Ersten Teiles:


    "Sagen wir also, daß der Gedanke der Ewigen Wiederkehr eine Perspektive bezeichnet, aus der die Dinge uns anders erscheinen, als wir sie kennen: sie erscheinen ohne den mildernden Umstand ihrer Vergänglichkeit....
    Wenn sich jede Sekunde unseres Lebens unendliche Male wiederholt, sind wir an die Ewigkeit genagelt wie Jesus Christus ans Kreuz. Eine schreckliche Vorstellung. In der Welt der Ewigkeit lastet auf jeder Geste die Schwere einer unerträglichen Verantwortung. Aus diesem Grund hat Nietzsche den Gedanken der Ewigen Wiederkehr "das schwerste Gewicht" genannt."


    Ist Siddhartha nach seinem Abschied von Kamala und Kamaswami wirklich wieder frei?
    Wenn der Gedanke der Samsara weiterhin gilt, ist er mit allem was noch kommen mag, in sich gefangen...

  • • Vielleicht sollte ich mir auch mal ein wenig mehr Gedanken um meinen Weg machen? Einiges kann man so sicher intensiver erleben.
    • Mir hat Folgende Stelle bei den Kindermenschen sehr gut gefallen, der Kaufmann sagt zu Siddhartha, dass er vom Besitz anderer gelebt hat und Siddhartha antwortet in etwa: das mag schon sein, aber du als Kaufmann machst das auch.
    • Ferner fasziniert mich auch die Gelassenheit, mit der Siddhartha seine Geschäfte angeht. Er hat eine komplett andere Sichtweise hinsichtlich der Geschäfte als der Kaufmann. Siddhartha macht aus der verpatzten Geschäftsreise doch noch eine sehr angenehme Reise für sich selbst. Gratulation, Siddhartha.
    • Auch die Sprache bleibt weiterhin sehr schön. Mir gefallen vor allem die Aufzählungen am Anfang des Zweiten Teils: „Schön war der Mond und Gestirn, schön war Bach und Ufer, Wald und Fels, Ziege und…..“
    • Was ist Kindermensch? Alle anderen Menschen der Welt? Solche, die nicht auf der Such nach ihrem Weg sind?
    • Besitztum bedeutet nicht gleich Reichtum, in diesem Kapitel kommt deutlich heraus, dass Reichtum den Charakter verändern kann
    • Ist unser Siddhartha wohl in der Midlife-Crisis?

  • Zitat

    Original von Patricia_k34

    • Was ist Kindermensch? Solche, die nicht auf der Suche nach ihrem Weg sind?




    ja, so habe ich das auch verstanden.


    also Menschen, die noch garkein Bewusstsein ihrer selbst haben und daher noch in den "Kinderschuhen" stecken, was den Weg zur Erleuchtung angeht.

  • Und WIE Besitztum den Charakter verändern kann!
    Schließlich verliert Siddhartha doch vollkommen den Weg den er so lange folgte und ich weiß auch nicht so recht, ob man sagen kann, ob er das alles tat um Perfektion zu erreichen, wenn er das tatsächlich gemacht hätte, dann frage ich mich wie er sich dann so weit von dem entfernen konnte, woran er glaubte und später wieder glauben wird.
    Ich hatte so das Grfühl, als habe Siddhartha in der Stadteinen Irrweg eingeschlagen, der ihn nicht wirklich seinem Ziel nähergebracht hat, sondern ihm lediglich einige Erfahrungen einbrachte.
    Ich glaube irgendwie nicht so recht, dass er ohne diesen "zwischenstop" in der Stadt nicht auch die Erlösung gefunden hätte!

  • vielleicht ist es das Ding, dass man manchmal etwas tun muss, nur um danach zu wissen, was man NICHT möchte :gruebel


    Learning by doing sozusagen.


    Irgendwie bringen einen auch die Irrwege auf den richtigen Weg.

  • Stimmt, aber ohne diesen Irrweg, hätte er dann die Erlösung nicht auch irgendwann gefunden?


    Ich denke schon, immerhin zeigt uns das Buch Siddhartha doch eines ganz klar: Es gibt mehr als einen Weg erlösung zu finden, schließlich hat Buddha sie auch gefunden, nur auf eine andere Art und weise und vll. Hätt Siddhartha ohne diesen Umweg auch Erlösung gefunden, nur vll. nicht am Fluss. :write Ließe ja noch ein paar Möglichkeiten ein 2. Ende zu schreiben.... *gg*