'Siddharta' - Dritter Teil: "Am Flusse"

  • Dieser Abschnitt hat mich fasziniert. Endlich verstehe auch ich, warum dieses Buch ein Meisterwerk ist.


    Wunderschön, die Dialoge, die Beschreibungen... wie das Wesen des Flusses :anbet


    Siddhartas neuer Freund Vasudeva ist für mich der wahre Weise dieser Geschichte. Siddharta lernt so viel von ihm, mehr als in all den Jahren.


    Das Wiedersehen mit Kamala und ihr tragischer Tod war nur ein kleines Intermezzo, aber mit weitreichenden Folgen.
    Wieder muss Siddharta lernen: diesesmal scheitert er in seinen Bemühungen, seinem Sohn ein neues Leben mit einem nie gekannten Vater aufzuzwingen.


    Ich fand es nur folgerichtig, dass der junge Siddharta den alten verließ. Dass sein Sohn nur das wiederholte, was er selber getan hatte, auf diesen Gedanken kommt der alte Siddharta nicht.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • irgendwie empfinde ich jetzt dieses Extremleben, das er im zweiten Teil geführt hatte, als so eine Art Selbstreinigung.


    Er musste dieses Extrem leben, um zu wissen, was er NICHT will *g*


    Zitat (im 3. Teil auf S.81 Mitte):
    "Es ist gut", dachte er, "alles selbst zu kosten, was man zu wissen nötig hat. Daß Weltlust und Reichtum nicht von Gutem sind, habe ich schon als Kind gelernt. Gewußt habe ich es lange, erlebt habe ich es erst jetzt. Und nun weiß ich es, weiß es nicht nur mit dem Gedächtnis, sondern mti meinen Augen, mit meinem Herzen, mit meinem Magen. Wohl mir, daß ich es weiß!"


    Wie empfandet Ihr die Begegnung mit Govinda?


    Ich hatte das Gefühl, dass er auf Siddhartha fast verächtlich herabsieht. Ging Euch das auch so? Finde ich einen krassen Gegensatz dazu, wie sehr Govinda ihn damals verehrt hat.

  • Verächtlich? Das habe ich nicht so krass empfunden. Allerdings habe ich mich schon gewundert, dass sich Govinda so leichten Herzens wieder von Siddharta entfernte, nachdem sich herausgestellt hatte, dass dieser keine weitere Hilfe mehr brauchte.


    Überhaupt war die ganze Begegnung nach so langer Zeit von Seiten Govindas recht "unterkühlt". Die beiden hatten sich doch immerhin einmal sehr nahe gestanden.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Stimmt ich hab mich auch gewundert, dass sie einander fast schon fern standen:
    Allerdingst ist das wohl auch nachvollziehbar, immerhin gleibt Govinda ja auch tatsächlich den vll. einzig wahren Weg zu folgen und vielleicht ärgert er sich ja auch darüber, dass sich Siddartha geweigert hat diesen Weg auch einzuschlagen.
    Meint ihr Govinda weiß, dass er durch das bloße Folgen nicht erlöst werden kann? Ich hatte so die ganze Zeit das Gefühl Govinda sucht ein wenig Erlösung in der Erlösung anderer, weiß aber ganz genau dass er sie im FOLGEN nicht finden kann.

  • Zitat

    Original von Merlin
    Allerdingst ist das wohl auch nachvollziehbar, immerhin gleibt Govinda ja auch tatsächlich den vll. einzig wahren Weg zu folgen und vielleicht ärgert er sich ja auch darüber, dass sich Siddartha geweigert hat diesen Weg auch einzuschlagen.
    Meint ihr Govinda weiß, dass er durch das bloße Folgen nicht erlöst werden kann? Ich hatte so die ganze Zeit das Gefühl Govinda sucht ein wenig Erlösung in der Erlösung anderer, weiß aber ganz genau dass er sie im FOLGEN nicht finden kann.


    ich glaube, dass er zur Zeit der Begegnung am Fluss noch meint, die Erlösung im Folgen zu erlangen.


    Die Erkenntnis des wahren Weges kommt erst später.

  • Ich tat mich relativ schwer mit diesem dritten Teil und mußte auch erst ein paar Tage darüber nachdenken.


    Der Grund dafür ist, daß der Fluß (weiß vielleicht jemand, welcher Fluß konkret gemeint ist?) zum Träger aller Weisheit erkoren wird.


    Auch der Ratschlag, den Vesudeva Siddhartha, als er ihn wegen seines Sohnes um Hilfe bittet: Höre auf den Fluß!


    Hm?


    Das erschien mir zu abgehoben....


    Bin jetzt aber soweit, daß das "Hören auf den Fluß" eher im übertragenen Sinne zu werten ist.


    So ein Flußrauschen hat ja auch etwas Entspannendes, Wohltuendes. Vielleicht bekommt man seine Gedanken ja wirklich frei, wenn man eine Weile am Fluß verbringt? Es hilft vielleicht auch auf der Konzentration auf das Wesentliche, auf sich selbst.


    So daß der Ratschlag "höre auf den Fluß" wohl eher als "horche genau in dich hinein" zu verstehen ist?


    Bin mir noch noch ein wenig unschlüssig. :gruebel

  • das mit dem Fluss habe ich so verstanden, dass es nichts bringt, an etwas festzuhalten oder etwas zu erzwingen, sondern man sich besser dem natürlichen Gang der Dinge hingibt, da sich alles immer in jedem Moment ändert und gleichzeitig doch bestehen bleibt (also das Flussbett bleibt bestehen, der Fluss selbst ist einem ewigen Wandel ausgesetzt).


    Alles fließt...sozusagen :grin


    Nachtrag: mal noch so ein paar Gedanken, die ich mir dazu mache:


    Der Mensch ist sozusagen das Flussbett (die Konstante), die Begebenheiten in seinem Leben der fließende Strom, der den Menschen durchfließt, wenn er nichts erzwingt oder an irgendetwas krampfhaft festhält. Erzwingt er jedoch etwas, würde sich der Fluss stauen und wäre im übertragenen Sinne der Mensch irgendwelchen (weltlichen) Blockaden ausgesetzt, die ihn daran hindern, das Wesentliche zu finden.

  • • Selbstmordgedanken, Reue wegen begangener Taten ? Das hättest du dir vielleicht mal früher überlege sollen, lieber Siddhartha.


    • Ach was, so ein „Zufall“, dass gerade Govinda vorbeikommt :wave


    • Umhalste er seine Mutter = ein interessanter Ausdruck :knuddel


    • Ho, wenn man so erfährt, dass man Papa geworden ist, fällt man wohl aus allen Wolken. Ein Mensch wird ihm genommen, ein anderer geschenkt.


    • Scheiterhaufen bauen, oh, wird Kamala wohl verbrannt.?


    • Mensch Siddhartha, lass doch den Jungen ziehen. Du bist damals doch auch aufgebrochen, um deinen Weg zu finden.

  • Hallo Patricia,


    Zitat

    Original von Patricia_k34
    • Selbstmordgedanken, Reue wegen begangener Taten ? Das hättest du dir vielleicht mal früher überlege sollen, lieber Siddhartha.


    Ja, er hadert ganz schön mit sich selbst.


    Jedoch gehören Irrwege sicherlich auch dazu, um den "Weg der Wege" zu finden.


    Auf Seite 64 meiner Ausgabe steht folgendes: " Langsam, wie die Feuchtigkeit in den absterbenden Baumstumpf dringt, ihn langsam füllt und faulen macht, war Welt und Trägheit in Siddharthas Seele gedrungen, langsam füllte sie seine Seele, machte sie schwer, machte sie müde, schläferte sie ein. Dafür waren seine Sinne lebendig geworden, viel hatten sie gelernt, viel erfahren."


    Nach diesem rein geistig orientierten Leben, daß Siddhartha bei den Bramanen und bei den Samanas führte, probierte er den Weg mit weltlichen Freuden aus. Er ist durch diese Erfahrung nicht ärmer, sondern eher reicher geworden...


    Zitat

    Original von Patricia_k34
    • Ho, wenn man so erfährt, dass man Papa geworden ist, fällt man wohl aus allen Wolken. Ein Mensch wird ihm genommen, ein anderer geschenkt.


    Da habe ich auch gestaunt, über die Nachricht, daß er Vater ist hat er irgendwie gar keine Reaktion gezeigt....
    Dein zweiter Satz gefällt mir, schöner Gedanke!



    Zitat

    Original von Patricia_k34
    • Scheiterhaufen bauen, oh, wird Kamala wohl verbrannt.?


    Ja, wird sie.
    Ich habe über Beerdigungsriten in Indien nicht viel gefunden. Aber eine Sache schon, die jetzt aber nicht unmittelbar zum Thema passt:


    Sati ist die rituelle Selbstverbrennung von Frauen, die in einigen indischen Religionsgemeinschaften vorkam. Nach dem Tod des Mannes konnte es geschehen, dass seine Witwe sich bei der Verbrennung des Leichnams mit auf den Scheiterhaufen warf. :wow Frauen, die Sati begingen, wurden im Anschluss in hohen Ehren gehalten und teilweise göttlich verehrt. Es gab jedoch nie eine Verpflichtung zum Sati.


    Die Witwenverbrennung wurde in Indien bereits 1829 von den englischen Kolonialherren verboten, durchgesetzt von der damaligen Bewegung um den Hindu-Reformer Ram Mohan Roy. Sie war jedoch noch bis ins 20. Jahrhundert allgemein üblich und scheint auch heutzutage noch vereinzelt vorzukommen. Laut indischem Gesetz ist aber jede direkte und indirekte Unterstützung zur Selbstverbrennung verboten, selbst die traditionelle Verherrlichung solcher Frauen wird geahndet. Quelle

  • Ich hatte die letzten Tage nicht soviel Zeit zum Lesen, bin jetzt aber wieder dabei.


    Ich fand diesen Teil sehr schön zu lesen, er plätscherte gemächlich dahin, eben wie ein Fluss.


    Zitat

    Original von Friderike


    So daß der Ratschlag "höre auf den Fluß" wohl eher als "horche genau in dich hinein" zu verstehen ist?


    Ich verstehe das auf jeden Fall so.


    Interessant fand ich auch, dass Siddhartha seinen Sohn nicht gehen lassen konnte, sondern es wieder zum letzten kommen lassen musste, nämlich dessen Flucht.Das ist ähnlich wie bei der Zeit in der Stadt, als er Reichtum und Luxus solange genoss, bis er dessen überdrüssig wurde, obwohl er schon vorher gemerkt hat, dass es nicht das "Richtige" für ihn ist.