Joseph Roth, Hiob

  • Inhalt:


    Mendel Singer ist ein von Gott geprüfter Dulder, gläubiger Jude der in Ostgalizien ein bescheidenes Dasein als Lehrer fristet, bis ihn und seine Familie die Schicksalsschläge treffen. Der älteste Sohn muss und will zum russischen Militär, der zweite desertiert nach Amerika, die einzige Tocher lässt sich mit Kosaken ein, und der jüngste Sohn scheint unheilbar behindert. Und dieser Jüngste muss zurückgelassen werden, als die Eltern mit der Tocher nach Amerika fliehen, wo der emigrierte Sohn Sam ihnen ein behagliches Leben bereiten will. Doch wieder schlägt Jehova zu. Beide Söhne fallen im Ersten Weltkrieg, die Mutter stribt und die Tochter endet im Wahnsinn. Als auch Medel Singer zu verzweifeln droht und sich von Gott abwendet, geschieht das Wunder der Heilung. Aus dem behinderten Sohn ist ein begnadeter Komponist und Dirigent geworden, der nun seinen Vater zu sich nimmt.


    Autor:
    Joseph Roth (1894 - 1939), Sohn jüdischer Eltern in Ostgalizien geboren, studierte Philosophie und deutsche Literatur in Lemberg und Wien, kämpft im Ersten Weltkrieg. Ab 1918 arbeitet er als Journalist in Wien und Berlin. Er stirbt nur 45jährig in Paris.


    Meine Meinung:
    Trotz jahrelangen Empfehlungen von eigentlich allen Werken Roths habe ich nun erst zu meinem ersten Roth gegriffen und wurde sofort, schon nach den ersten Seiten, überzeugt.


    Mendel Singer - ein Gläubiger, ein Mitläufer, möchte gar nichts besonderes er- und ausleben, möchte in seinem Glauben leben mit sich und seiner Familie. Doch das Schicksal meint es anders - ähnlich wie in der alttestamentarischen Geschichte von Hiob - aber entgegen Hiob beginnt Mendel Singer zu zweifeln und zu hassen. Doch das Wunder wartet bereits, so wie es immer wartet. Durch Roths wunderschöne poetisch und einfach Sprache öffnet sich wie automatisch der wahre Kern des Buches mit all seiner Gefühls- und Gedankenwelt. Ein Meistwerk!

  • Hallo!


    Ich habe das Buch vor ca. einem Jahr gelesen, es ist mir aber doch noch sehr gegenwärtig.


    Die Charaktere sind ganz wunderbar beschrieben.
    Mendel Singer verkörpert für mich das Zitat der Bibel „Die Gesetze sind für den Menschen da und nicht die Menschen für die Gesetze.“ (im Sinn, wie es nicht gemeint ist).
    Demütig, blind, fast naiv folgt und erfüllt er alle Glaubensgrundsätze und Dogmen, ohne darüber nachzudenken. Seine Entscheidung, den jüngsten Sohn zurückzulassen, das „Sich-einreden“, dass es ihm bei den Nachbarn gut geht, dass man ansonsten nichts für ihn tun könnte, wird genial beschrieben.


    Ein Buch, das jetzt – Monate nachdem ich es gelesen habe – immer noch eine Gänsehaut hervorruft, ein ganz wunderbares Buch!!

  • Was für ein wunderschönes Buch!


    Man leidet wirklich mit Mendel Singer mit und will, eigentlich das ganze Buch, wissen, wie es Menuchim geht.
    Nachdem mir Radetzkymarsch so sehr gefallen hat, bin ich auf dieses Buch gekommen und habe es nie bereut.
    Joseph Roth schreibt einfach genial, warum habe ich die Bücher nicht schon früher gefunden...

  • Nachdem ich das beeindruckende Buch „Ostende“ von Volker Weidermann gelesen habe, dachte ich mir, ich könnte doch mal wieder ein Buch von Joseph Roth lesen.


    Roth, der fast vergessene Sprach-Virtuose, den man in hundert Jahren noch lesen kann. In der Weihnachtszeit bietet sich ein religiöses Thema an, das nicht unbedingt aus dem Neuen Testament sein muss. Also habe ich mir „Hiob“ ausgesucht. Dass der Mann schreiben konnte, wusste ich ja, schließlich hatte ich schon zwei Bücher von ihm gelesen. Dass mir aber die Tränen kamen, als ich das versöhnliche Ende gelesen habe, war dann doch recht seltsam, schließlich zeichnet sich dieses Finale von Anfang an ab.


    Joseph Roth war ein ganz Großer – mit ihm hätte ich gerne ein oder zwei Schnäpschen gebechert - in Paris, Ostende oder Brody.