„Krebs, da bin ich mir ziemlich sicher, diese Wucherungen an Ih-rem rechten Stimmband sind ganz sicher kein Ödem“ mit diesen Worten des Professors für Phoniatrie, wurde im Leben von Micha-el Hauser alles anders, obwohl er diesen Worten zunächst keinen Glauben schenken konnte und er sofort nachfragt: „Aber mein HNO-Arzt hat doch behauptet, bei mir lägen keinerlei Risikofakto-ren vor, ich rauche nicht, ich trinke keinen Alkohol und bin auch bei der Arbeit keine schädlichen chemischen Verbindungen aus-gesetzt, außer der normalen Umweltbelastung und er hat mich beruhigt, es sei nichts Ernstes“.
Doch der Professor beharrt auf seiner Meinung und vermittelt sei-nem Patienten umgehend einen Termin in der HNO-Uniklinik noch für denselben Tag, denn jeder Tag kann wichtig für die Behand-lung und Ihre mögliche Gesundung sein. Michael Hauser kann nichts mehr fragen oder sagen, obwohl er eigentlich nicht gerade auf den Kopf gefallen ist.
Er bedankt sich noch und fragt sich ins-geheim, soll man sich für eine solche Auskunft wirklich bedanken. Er verlässt die Praxis und sagt sich immer wieder, der muss sich irren, das kann doch nicht wahr sein, das ist ganz einfach falsch, der versteht vielleicht etwas von Sprach- oder Stimmtechnik, das ist bestimmt etwas ganz Harmloses, vielleicht hat er es nicht so genau gesehen, denn ich habe doch auch bei ihm sehr schnell einen Würgereiz bekommen und vielleicht ist das Foto, das er gemacht hat, von einer ungünstigen Stelle aufgenommen worden und verzerrt die Situation.
Langsam geht er zu seinem Auto, sehr langsam. Michael überlegt, „was und wie sage ich es meiner Frau Susanne, die wartet ja schon auf das Ergebnis, denn sie will ja auch wissen, welche Ü-bungen ich machen muss, um einer eventuellen Überbelastung der Stimmbänder entgegen zu wirken?“ Denn das war doch der eigentliche Grund für die Überweisung seines HNO-Arztes an die-sen Professor.
Soll er gleich mit der Tür ins Haus fallen oder gibt es eine harmlo-ser klingende Erklärung, denn es besteht ja durchaus die Möglich-keit, was heißt hier Möglichkeit, Michael ist sich ganz einfach fast sicher, dass der Professor sich irrt. Also ruft er Susanne und teilt ihr nur mit, dass der Professor noch weitere Untersuchungen für richtig erachte und er an der HNO-Klinik gleich einen Termin aus-gemacht habe und er fahre sofort dorthin. Susanne ist verwirrt, denn ihr ist nicht klar, warum das alles so eilig sein müsse, denn sie wollten doch am Nachmittag noch Einkaufen gehen. Doch Michael erinnert sie, wie schwierig es war, den heutigen Termin kurzfristig zu erhalten und dass er deshalb die Vermittlung von einem Kollegen zum anderen deshalb gerne wahrgenommen habe. Obwohl sie enttäuscht ist, akzeptiert sie letztlich die Entscheidung, aber gibt Michael den guten Rat, doch ein bisschen auf Eile zu drängen.
Michael sagt dies zu, obwohl er Zweifel hat, ob dies bei einem so kurzfristigen Termin überhaupt möglich ist. Obwohl er sich in der Universitätsstadt einigermaßen auskennt und ihm der Weg auch genau beschrieben wurde, hat er doch einige Schwierigkeiten die Klinik zu finden und dort sind alle Parkplätze belegt, nur etwas entfernt findet er einen Platz an einem Automat mit einer Höchst-parkdauer von einer Stunde, das wird sicher nicht reichen, aber er hat keine Lust weiter zu suchen und was bedeutet schon ein Buß-geld, wenn das eigene Leben vielleicht in die Brüche geht.
Im Sekretariat werden sofort seine Daten aufgenommen und er wird gebeten, im Wartezimmer Platz zu nehmen. Dort blättert er die alten und schon arg zerfledderten Zeitschriften durch, doch immer wieder gehen seine Gedanken zurück und er fragt sich, wie hat das alles angefangen und wann, hat er etwas versäumt oder nicht?
Als Berater, Seminarleiter und Trainer machte er gerade zu Beginn des Jahres viele Seminare und muss daher viel, laut und lange reden. Im Januar ist ihm aufgefallen, dass er heiser ist, aber das ist ja zu dieser Jahreszeit nichts Auffälliges, doch die Heiserkeit blieb, obwohl er sonst keine Anzeichen einer Erkältung oder Grippe hatte. Immer öfter musste er sich räuspern, so dass ihn Susanne bat, doch endlich mal zum Arzt zu gehen. Während des Seminars in Kassel, so erinnert er sich, wurde es dann schlimmer und so rief damals er seine Hausärztin, eine klassische Homöopathin, an und die ihm im Vorjahr geholfen hatte, erstmals seit vielen Jahren nahezu ohne Probleme durch die Heuschnupfenzeit zu kommen und zwar trotz des 4-wöchigen Wanderurlaubs in der kritischsten Phase. Er schilderte ihr sein Problem und da sie anschließend einige Wochen im Urlaub fuhr, nannte sie Michael ein entsprechendes Mittel und bat ihn, falls das nicht helfe, nach dem Urlaub in ihre Sprechstunde zu kommen oder evt. einen HNO-Arzt aufzusuchen. Zuerst vermeinte er eine Besserung zu verspüren, doch nach wenigen Tagen stellte sich das als Irrtum heraus.
Daher entschloss er sich, einen Hals-Nasen-Ohren Facharzt aufzusuchen, ein nicht ganz einfaches Unterfangen, denn in seiner Heimatstadt gibt es nicht so viele Spezialisten und einigen hatten den Ruf unfreundlich zu sein, so meldete er sich in einer Gemeinschaftspraxis an, über die er bzw. Susanne Besseres gehört hatte.
Doch leider war der erste Besuch in der Praxis zwar nicht umsonst aber vergebens, denn kaum hatte Dr. Franke versucht, mit einem Stahlröhrchen in Michaels Rachen zu schauen, überfiel dieser ein heftiger Würgerreiz und der Arzt hatte alle Mühe, sich vor dem leichten Nässeschwall, der Michaels Mund explosionsartig verließ, zu schützen. Nach mehreren ähnlichen Versuchen brach der Arzt seine Bemühungen ab und schlug vor, dass Michael Thorsten am Mittwoch der kommenden Woche ins Krankenhaus kommen solle, denn dort könnte die Untersuchung mittels einer beweglichen Sonde durch die Nase erfolgen. Denn dort verfüge er als Belegarzt über die entsprechende Technik. Aber er sei sich sicher, dass der Grund für die Heiserkeit harmlos sei, denn für eine ernstere Erkrankung lägen keinerlei Risikofaktoren vor und die noch folgende Untersuchung diene nur der Sicherheit.
Michael schreckt aus seinen Gedanken auf, schaut auf die Uhr, jetzt wartet er schon über eine Stunde, wie lange das dauert, aber er ist ja froh, dass er heute noch den Termin erhalten hat, wieder versucht er, sich auf die Zeitschriften zu konzentrieren. Diesmal gelingt es ihm für einige Minuten
Dann endlich ist es soweit und ein Assistenzarzt untersucht ihn, wieder muss durch die Nase untersucht werden, wieder werden die gleichen Fragen zur Lebensweise gestellt, dann schickt in der Arzt zur Ultraschalluntersuchung. Auch hier heißt es wieder Warten, hier liegen aber nicht einmal alte Zeitschriften herum. Michael denkt nochmals an das Untersuchungsergebnis bei dem örtlichen HNO-Arzt, der bei seiner Untersuchung von einem Ödem am rechten Stimmband gesprochen hatte und dies auf eine Über- und evt. Falschbeanspruchung der Stimme bei den Vorträgen und Seminaren zurückgeführt hatte. Daher die Überweisung an den Phoniatrieprofessor, allerdings wollte dessen Sekretärin erst einen Termin in 3 Monaten zuteilen, doch da hatte sie nicht mit der Hartnäckigkeit und dem Verhandlungsgeschick seiner Frau Susanne gerechnet, die es dann auch schaffte, innerhalb von 10 Tagen den Termin zu erhalten. Michael hatte wegen seiner Heiserkeit bereits etwas Scheu, selbst zu telefonieren.
Endlich wird die Ultraschalluntersuchung durchgeführt, aber der untersuchende Arzt gibt keinen Kommentar dazu ab. Nach einigen Minuten erhält Michael den Bericht in einem verschlossenen Umschlag, den er dann im Sekretariat wieder abgibt. Und wieder warten, die Zeitschriften hat er nun alle durch. Endlich erbarmt sich der Assistenzarzt und erläutert das mögliche weitere Vorgehen, falls der Oberarzt den Krebsverdacht teilt. Irgendwie hat dieses Gespräch eigentlich nur den Sinn den Wartenden bei Laune zuhalten, denn was bringt eine wäre-würde-könnte-Unterhaltung. Na ja, es verkürzt beiden die Wartezeit.
Jetzt ist Michael gut 3 ½ in der Klinik, davon 15 min Untersuchung und der Rest Warten. Endlich kommt ein Oberarzt, um einen endgültigen Vorschlag zu machen, es scheint aber nicht der zu sein, den der Assistenzarzt erwartet hatte. Michael merkt dies, aber ihm ist es egal, er will endlich was wissen. Im Gegensatz zum Assistenzarzt stellt der Oberarzt – der Chefarzt ist in der Karwoche und in der Osterwoche in Urlaub – stellt der Oberarzt den Krebs als gegeben hin, erläutert nochmals das weitere Vorgehen und fordert Michael auf, baldmöglichst eine Gewebeprobe von den Wucherungen am Stimmband entnehmen zu lassen. Da Michael die Vermutung Krebs immer noch nicht glauben will, ist er wegen der Selbstverständlichkeit, wie in diesem Gespräch der Krebs bereits als feststehende Tatsache behandelt wird, mehr als nur leicht ungehalten und dann empfiehlt sich der Oberarzt als geeigneter Operateur, denn zum Operateur müsse man Vertrauen haben, doch genau dies fehlt dem Patienten. Der Oberarzt verabschiedet sich und schickt den Assistenzarzt Michael zur Chefsekretärin, die die Operationstermine festlegt. Dort sagt der Arzt, dass Oberarzt Müller die Operation durchführen wolle, die Chefsekretärin schaut etwas erstaunt drein, blättert in ihren Unterlagen und schlägt einen Termin mit einem anderen Oberarzt vor, denn solange bis der Chef wieder da ist, will Michael nicht warten, um zu erfahren, dass alles falscher Alarm war. Kurz fragt Michael noch nach der Qualifikation des vorgeschlagenen Arztes, aber da so eine Gewebeentnahme wohl keine schwierige OP darstellt, ist ihm die Antwort gar nicht wichtig.
Die Gewebeprobe beweist den Verdacht und Michael fragt sich, war das schon mien Leben oder habe ich noch eine Chance.