• Zitat

    Original von Seestern
    Klar, man spielt VOR den Kulissen, aber interessant ist ja gerade, WAS sich hinter den Kulissen so alles abspielt...Insofern würde ich persönlich keinen großen Bedeutungsunterschied der Wörter Kulisse und Fassade sehen.
    Auch der Vergleich mit den Kulissen einer Westernstadt sollte deutlich machen, dass die Menschen VOR den Kulissen heile Welt spielen, dahinter jedoch nur Leere herrscht.


    Ich stimme dennoch magali zu. Der (die?) einzige, der vor den Kulissen agiert, ist der Spaziergänger, die anderen befinden sich "dahinter". Du läßt den Spaziergänger diese Greuel hinter den Kulissen mutmaßen, und das ist beileibe nicht dasselbe wie Leere.
    Siehe auch:

    Zitat

    Meine Hauptfigur leidet und fügt Leid zu, GENAU das verbirgt sich hinter der Fassade (und zwar von vielen Menschen)


    Ich denke, du bringst schlichtweg diese beiden Metaphern durcheinander.



    Zitat

    Ich frage mich jetzt grade nur, wie ich sie hätte schreiben können, um das richtig zum Ausdruck zu bringen...


    Weniger bemüht, würde ich vorschlagen. Geschichten transportieren zwar Prämissen (triviale Geschichten eben Binsenweisheiten), aber wenn die Geschichte erkennbar zum Vehikel wird, dann wirkt es wie ein erhobener Zeigefinger, und der nervt. :grin


    Warum wird so furchtbar viel über besonders furchtbare Dinge sinniert? Offen gestanden, empfinde ich persönlich diese Haltung als zutiefst dekadent, und deshalb erschein mir der "Schwenk" am Schluß, daß auch der Spaziergänger gerne Leid zufügt, schlichtweg trivial.




    Edit: Hast du die PN im 42er-Forum bekommen? Technischer Admin bin dort ich, deshalb frage ich. :wave

  • Iris : Kann jetzt momentan noch nichts zu Deiner Kritik sagen, muss darüber erst in Ruhe nachdenken...


    Ob ich die PN gekriegt habe, weiß ich gar nicht, bin nicht dazu gekommen, nachzusehen...Aber falls es nicht geklappt hat, werde ich mich vertrauensvoll an Dich wenden... :wave

  • Seestern


    Achtung:


    Kulisse: sie trennt zwei Formen des 'Spiels', der 'Täuschung'.
    Was vorne passiert, wird hinten durch technische Mittel unterstützt.
    Wenn wir sagen: 'ich würde gern wissen, was hinter den Kulissen vorgeht'
    heißt das: ich will wissen, wie der Trick zustande kam.
    Vorne und hinten hängen zusammen, sind voneinander abhängig. Das eine geht nicht ohne das andere.
    Denk an Theater, an den Film. Da spielt sich viel hinter den Kulissen ab, das brauchen wir, damit es vorne überzeugend aussieht.
    Wenn sich dahinter nichts tut, hat man auch vorne nichts.


    Leere ist da auf keine Fall.


    Fassade:
    sie gibt vor, etwas zu sein. Was dahinter ist, steht im Gegensatz dazu.
    Das ist das, was Du beschreibst.
    Vorne Idylle, hinten Elend. Das eine soll das andere verbergen, es unterstützt es nicht. Ob hinter der rosa Fassade geschlagen oder ermordet wird, schert die Fassade nicht.
    Der Aufwand hinter den Kulissen aber ist ein anderer, je nach dem, welcher Aufwand vorne verlangt wird.



    Ewige Wiederkehr des Gleichen: ich fürchte, die Haltung der Hauptfigur in bezug auf den U-Bahnfahrer kann man nur moralisch werten. Damit ist die Figur aber aus dem Nihilismus-Zusammenhang raus.
    Auch daß sie anderen ihrerseits Leid zufügt als Reaktion auf das eigene Elend ist nicht unbedingt nihilistisch.


    Mit den vielen Akteuren meinte ich tatsächlich die Menschen hinter der Fassade, die allein dadurch, daß man sie im Vorübergehen streift, da sind. Gleichfalls die Mächte des Schicksals oder das Leben, die die Haupttfigur beim Nachdenken als Verursacher durchaus benennt.
    Das sind de facto allesamt kleine Energiezentren, von denen Impulse ausgehen, die in den Handlungsablauf wirken.
    Sie sind nicht so zurückgenommen, daß man sie als gleichförmig, unwesentlich, wertlos wahrnimmt. Das wuselt.
    Ich komme immer noch nicht ganz dahinter, wie das passiert, aber da ist ein Zuviel, das ablenkt.


    Und abschließend:
    so eine Sache wie die mit dem Sommermantel darf nicht passieren. In einem Kurztext gleich dreimal nicht.
    Alles muß eine Funktion haben, wäre die strenge Antwort.


    Ich sage mal vorsichtig: wenn Winter ist und die Hauptfigur einen Sommermantel trägt, ist das so auffällig, daß man beim Lesen auf eine Erklärung wartet.
    Bei solchen Dingen unbedingt aufpassen.


    Schreiben ist eine verflixt knifflige Angelegenheit.
    Ich hoffe, Du weißt, worauf Du Dich eingelassen hast. Graue Haare und Falten garantiert!
    Sag nicht, daß Dich keine gewarnt hätte! :grin

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von magali ()

  • magali : :knuddel1


    Nachdem ich jetzt lange drüber nachgedacht und Iris´ und Deine Kommentare so oft gelesen hab, dass ich sie auswendig aufsagen könnte, muss ich leider zugeben, dass ich die Begriffe "Fassade" und "Kulisse" falsch interpretiert habe...Mea culpa.
    Bin aber sehr froh, dass Ihr mich aufgeklärt habt! Ich habe irgendwie falsch konstruiert, deshalb kommt auch die Nihilismus- Idee nicht zum Tragen :bonk


    Zitat

    Schreiben ist eine verflixt knifflige Angelegenheit.
    Ich hoffe, Du weißt, worauf Du Dich eingelassen hast. Graue Haare und Falten garantiert!
    Sag nicht, daß Dich keine gewarnt hätte!.


    Einige haben mich schon eindringlich gewarnt...Aber leider ist das mit der Schreiberei keine bewusste Entscheidung...Ich will nicht nur schreiben, ich MUSS...Da bleibt mir gar nichts anderes übrig. Die grauen Haare, Falten, schlaflosen Nächte und grüblerischen Tage nehme ich dabei gern in Kauf! :wave

  • Öha!
    Okay, ich habe die Änderung zur Kenntnis genommen.
    Den Kern, das Nihilismus-Problem, kannst Du nur darstellen, wenn Du Dir klar machst, was g e n a u Nihilismus ist. Der Begriff umfaßt eine beträchtliche Bandbreite von Auffassungen. Selbst wenn Du die Einschränkung 'Nietzsche' schon vorgenommen hast.


    'Gott ist tot' allein ist nicht Nihilismus.


    Bessere nicht weiter an dem Text herum, er ist nicht zu 'retten'. Das Thema muß ganz anders dargestellt werden.


    Dein Text ist aber wertvoll, eben wegen der Fehler. Es ist kein Baby-Kram, was da passiert ist, es sind w i c h t i g e Fehler, nämlich die, aus denen man Wesentliches lernen kann.


    Bedeutung, Bedeutungsebenen, Metapherngebrauch, die Sache mit den Assoziationsebenen, innere Logik bei der Figurengestaltung. Gewichtung der agierenden Kräfte, die direkt handelnden und die indirekt einwirkenden.
    Du bist sozusagen mitten in die MeisterInnen-Klasse gestolpert.
    Schlag Dich mal tapfer weiter, aber vergiß die Tonleitern trotzdem nicht. Auch die müssen gründlich geübt werden. ;-)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus