Man glaubt damals wirklich, dass Zwillinge sich eine Seele teilen. Zum Glück starben viele schon bei der Geburt, andere wurden danach umgebracht, denn sie galten als Unglücksboten.
'Die Silberschmiedin' - Kapitel 05 - 10
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Hallo ihr Lieben,
Kapitel 10 ist soeben ausgelesen worden und mein Senf folgt sogleich
Ich finde es gut, dass Eva endlich kapiert hat, dass sie David liebt. Aber dass sie gleich losrennt und ihn heiraten will, hat mich dann doch ziemlich überrascht. Ich hatte doch eher damit gerechnet, dass dieser Konflikt zwischen Mutter- Mattstedt- Eva noch bis zum Ende des Buches ausdiskutiert wird in Evas Kopf
Mattstedt hat mir leid getan. Und es war mal wieder sehr gewöhnungsbedürftig für mich Sätze zu lesen wie "Meinst du nicht, man kann auch ohne sich zu lieben glücklich miteinander werden?" (kein originaler Wortlaut!), denn in der heutigen Zeit ist das ja eher exotisch, im Gegensatz zu damals, als es kaum Liebesheiraten gab.Diese Kapitel haben mir allesamt gut bis sehr gut gefallen. Ines hält sich nicht mit ewig langen Beschreibungen von irgendetwas auf, sondern lässt die Personen viel kommunizieren, das gefällt mir und lässt sich zügig lesen. Bisher keine Längen *yippieh*
Frage: Warum will Mattstedt unbedingt wissen, woher David kommt, wenn er aber gleichzeitig behauptet, dass er ihn nicht danach beurteilen würde? Finde ich bisschen Quatsch, weil dann braucht man es ja auch nicht wissen, wenn es eigentlich unwichtig ist Aber vielleicht war dieser kleine Widerspruch ja gewollt.
Was ich auch komisch finde ist, dass Eva ständig mit sich selbst laut redet. (Also nicht laut im Sinne von schreien.) Und bevor Fragen kommen: Ja, auch ich rede manchmal mit mir selbst, aber selten laut und noch seltener oft. Ich finde, dass Eva es damit bisweilen etwas übertreibt. Hat sie keine Angst belauscht zu werden!?
Einmal sagte Eva sowas wie: "Ich will die werden, die ich bin." Ja, geneigten Lesern wird schon aufgefallen sein, dass das auch irgendwie ein Widerspruch ist, doch ich bin ziemlich sicher, das Ines diese absichtlich eingebaut hat. Nur finde ich, dass man hätte schreiben können "Ich will die werden, die ich in meinem Inneren bin." oder so, weil man ja nicht etwas werden kann, was man augenscheinlich schon ist. Aber man kann bestimmt etwas werden, das man nur innerlich ist und nach außen hin nicht.
Einige Wörter wie Schierin, Kux und Monstranz muss(te) ich nachschauen, aber das ist ja nicht schlimm, solange es nicht Überhand nimmt mit den Fremdwörtern (Naja, eine Monstranz ist sicher nicht für jeden ein Fremdwort, oder?)
Das wars fürs Erste.
LG
Angelcurse -
Hallo, Angelcurse,
boah, du hast dir ja ganz schön viele Gedanken gemacht.
Als Eva merkte, dass sie David liebt, musste sie rasch handeln. Die damalige Zeit erforderte dies so. Es gab keine langen Verlobungszeiten u.ä.
Du sprichst Mattstedts Zerrissenheit an. Warum will er wissen, woher David kommt, wenn er auf der anderen Seiten sagt, dass die Menschen nicht danach zu beurteilen sind. Das Gedankengut, den Menschen nach Handeln und Tun, nicht aber nach Herkunft zu beurteilen war ja noch brandneu. Es war im Kopf, aber noch nicht im Herzen. Außerdem, du hast es sicher schon selbst erlebt, sagt der Kopf manchmal etwas ganz anderes als das Herz.
Mattstedt war in diesem Fall ambivalent.Nein, nein, Angelcurse, Eva redet nicht die ganze Zeit mit sich selbst. Viele Gespräche finden in Gedanken statt. Aber manchmal ist so ein Selbstgespräch auch ein literarisches Mittel. Wie sonst soll der Leser von Evas Gedanken und Gefühlen erfahren?
Ich will die werden, die ich bin.
Angelcurse, dazu muss man ja erst einmal in Erfahrung bringen, wer man wirklich ist. Weißt du es von dir? Ich kenne mich nicht bis ins letzte Detail. Noch immer geschehen Dinge, mache ich Dinge, sage ich Dinge, von denen ich bis zu diesem Augenblick nichts wusste.
Im Jüdischen sagt man: Vom Vater die Knochen, von der Mutter das Blut, von Gott die Seele. Mit Seele sind auch Begabungen, Stärken und Schwächen gemeint. Eva ist ja noch sehr jung, sie ist noch kein fertiger Mensch. Woher soll sie wissen, was alles an hellen und dunklen Seiten in ihr steckt? Sie muss es herausfinden, muss die werden, die sie ist. Aber noch kennt sie sich nicht besonders gut. Verstehst du, was ich meine? -
Hallo Ines,
ich verstehe dich.
Ich frage mich nur immer, ob es mir gefällt, dass man mir sowas erst erklären muss, damit ich bestimmte Stellen eines Buches verstehen kann - oder ob ein gutes Buch sowas "von selbst" erklären sollte... das habe ich mich schon oft gefragt, auch bei anderen Leserunden (zum Beispiel bei der "Waldgräfin"), es hat auch explizit nix mit der "Silberschmiedin" zu tun.
Hey ihr alle - was meint ihr dazu?
Muss ein gutes Buch so geschrieben sein, dass eigentlich keine Fragen für einen selbst auftauchen, die nur der Autor selbst/ andere Leser beantworten können? Ich meine, dass man sich Fragen während des Lesens stellt ist schon klar und soll ja auch so sein - nur dass Fragen offen bleiben am Ende des Buches (oder auch während des Weiterlesens), muss das sein? Stört euch das?
Ich fühle mich dabei immer ein bisschen DOOF Also ich meine wenn andere Leser oder der Autor/die Autorin mir erst bestimmte Stellen erklären müssen. Autsch, mein EgoLG
Angelcurse -
Hallo, Angelcurse,
Iris hat zu deinen Fragen einen neuen Thread eröffnet. Ist es in Ordnung, wenn ich dort antworte?
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Zitat
Original von Ines
Hallo, Angelcurse,Iris hat zu deinen Fragen einen neuen Thread eröffnet. Ist es in Ordnung, wenn ich dort antworte?
Die BRD ist ein freies Land, oder?
Klaro. Ich hatte auch schon überlegt, ob ich daraus einen ganz neuen Thread mache, mich aber dagegen entschieden. Tja.
LG
Angelcurse -
So, hier meine Überlegungen zu den nächsten Kapiteln. Sehr eindringlich geschildert ist für mich, dass Eva eine gute Handwerkerin ist, aber ihr das kleine bisschen mehr zur Künstlerin fehlt. Ihre Arbeiten sind gut, aber es fehlt ihnen die Ausstrahlung.
"Von diesem Tag an verwandelten sich die meisten ihrer Arbeiten über Nacht von guten Handwerksstücken in Kunstwerke. Und ihr Name wurde in Leipzig ein Begriff. Die Silberschmiedin wurde sie genannt. Nicht irgendeine Silberschmiedin, sondern die."
Ein sehr schöner Absatz, aber auch traurig. Denn auch Eva ist hier nicht wirklich "Die" Silberschmiedin - die Kunstwerke hat David geschaffen -, ähnlich, wie auch Sybilla in der "Pelzhändlerin" den Platz einer anderen eingenommen hatte.
Ach ja, und das folgende fand ich ziemlich gruselig:
"Ich möchte Euch weinen sehen. Und Eure Tränen in Silber gießen. Ein Glockenspiel aus Euren gefrorenen Tränen möchte ich schaffen."Liebe Grüße
Solas
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Solas,
bei dieser Stelle ging es mir so, dass ich erst im Nachhinein das Übergriffige daran entdeckt habe. Im Grunde ist es wirklich gruselig.
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Zitat
Original von Ines
Solas,bei dieser Stelle ging es mir so, dass ich erst im Nachhinein das Übergriffige daran entdeckt habe. Im Grunde ist es wirklich gruselig.
Es ist beides, schön und gruselig, schrecklich schön.
Solas
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Schön und gruselig, ja, Solas, vielleicht ist es so.
Seit dem die Leserunde begonnen hat, denke ich wieder sehr gründlich über Eva und David nach. Erstaunlich ist, dass ich heute - nur ein Jahr nach dem Schreiben - einiges anders sehe. Auch und insbesondere diese Beziehung. Meine Meinung schwankt sehr, ändert sich beinahe täglich.
Heute glaube ich, dass Eva sich durch die Liebe zu David von ihrer Herkunft, den Ansprüchen ihrer Mutter, ihres Standes und nicht zuletzt von ihren eigenen Ansprüchen befreien wollte. Für sie war es eine Befreiung, sich Davids Zwängen zu unterwerfen, die jenseits ihrer willentlichen Kontrolle lagen. Ja, das klingt wie ein Widerspruch. Aber das ist es nicht, denn dadurch weicht Eva jeglicher Selbstverantwortung aus.
Beinahe scheint sie mir, als wäre sie Davids Gegenpart. David mit seiner Suche nach dem eigenen Platz um jeden Preis. Und Eva mit ihrer Flucht vor Verantwortung. Aber wahrscheinlich ist dies nur ein Aspekt der ganzen Beziehung. Schön und gruselig passt hier aber sehr gut. -
Zitat
Seit dem die Leserunde begonnen hat, denke ich wieder sehr gründlich über Eva und David nach. Erstaunlich ist, dass ich heute - nur ein Jahr nach dem Schreiben - einiges anders sehe. Auch und insbesondere diese Beziehung. Meine Meinung schwankt sehr, ändert sich beinahe täglich.
Ich finde es schön, wenn man sich auch nach Ende des Schreibens mit seinen Figuren beschäftigen kann und Neues an ihnen entdeckt. Inwiefern schwankt deine Meinung denn? Geht es um die „Schuldfrage“, darum, wie viel Anteil Eva an ihrem „Schicksal“ hatte, darum zu sehen, warum sie diese Beziehung gewählt und vielleicht auch „gebraucht“ hat? Die Beziehung der beiden hat viele Aspekte.
Liebe Grüße
Solas -
Solas,
ich dachte immer, Eva und David verbindet eine Liebesbeziehung. Vielleicht nicht unbedingt die der konventionellen Art, aber eben doch eine Liebe.
Inzwischen glaube ich daran nicht mehr. Ich denke, da haben zwei Menschen die Liebe nur gesucht, sie aber miteinander eben nicht gefunden. Was ist Liebe? Oder besser: Welches sind die Kennzeichen von Liebe?
Was muss eine/r fühlen, um zu wissen, das ist Liebe?
Wie ist der Zusammenhang zwischen Liebe und Identität?Auf alle diese Fragen habe ich natürlich keine perfekten Antworten, aber Zweifel sind halt geweckt, Gedanken kreisen...mal sehen, was daraus wird.
Hast du später auch über deine Figuren nachgedacht? Über das, was sie verbunden hat?
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Zitat
Original von Ines
Solas,ich dachte immer, Eva und David verbindet eine Liebesbeziehung. Vielleicht nicht unbedingt die der konventionellen Art, aber eben doch eine Liebe.
Inzwischen glaube ich daran nicht mehr. Ich denke, da haben zwei Menschen die Liebe nur gesucht, sie aber miteinander eben nicht gefunden.Würden Eva und David ihre Beziehung als Liebesbeziehung sehen?
Wenn ich eine Beziehung von außen betrachte und sie als schlecht für beide oder einen der "Liebenden" ansehe, ist es dann keine Liebe für die Betroffenen? Im Prinzip habe ich mir schon Antworten darauf gegeben: eine Liebe, die erniedrigt, ist keine für mich - trotzdem denke ich immer noch darüber nach. Was bringt Menschen dazu, sich quälen zu lassen und das als Liebe zu bezeichnen? Ok, psychologisch lässt sich das sicher erklären. Vielleicht stört mich einfach nur, dass ich kein anderes Wort dafür habe. Liebe wird als Liebe bezeichnet, ob gute oder schlechte.ZitatWas ist Liebe? Oder besser: Welches sind die Kennzeichen von Liebe?
Was muss eine/r fühlen, um zu wissen, das ist Liebe?Gute Frage, denn Liebe hat sich bei mir schon vollkommen unterschiedlich angefühlt.
Zitat
Wie ist der Zusammenhang zwischen Liebe und Identität?Da muss ich drüber nachdenken.
ZitatHast du später auch über deine Figuren nachgedacht? Über das, was sie verbunden hat?
Ja, das habe ich, und ich tue es immer noch.
Liebe Grüße
Solas