Liebe Administra,
Ich erinnere daran, daß ich oben schon mal nach dem Inhalt gefargt habe.
Die Sätze sind zu lang, Kommas fehlen. Das ist aber nicht der Punkt.
Was Dir passiert ist, ist, daß Du Dich an keiner Stelle entschieden hast, was für ein Charakter Deine Hauptfigur sein sollt.
Was ist er? Ein trauriger Mondsüchtiger? Ein Clown? Ein Schüchterner mit coolen Sprüchen? Alles zusammen ist er und damit - nichts.
Du bist nicht bei ihm, Du stehst meilenweit entfernt.
Dann die Erzählhaltung:
Im Grunde möchtest Du eine traurige Geschichte erzählen, mit einem Schuß Komik.
Tragisch-komisch.
Das ist etwas ziemlich Schwieriges.
Hinweise zum Komischen:
Komisch werden Sachverhalte, Geschehnisse in einer Erzählung nicht dadurch, daß man flotte-flapsige Sprache benutzt, um mal ein Beispiel herauszugreifen. Um komische Effekte zu erzielen, muß man sehr exakt arbeiten, da muß jedes Wort sitzen. Ein Wort zuviel und der Lacher ist tot.
Das passiert Dir immer wieder im Text. Da sind auch die laaaangen Sätze fehl am Platz.
Deine Liebe zum Wort führt auch zu wilden Wortschöpfungen: sozialgesellschaftlich.
W a s ist das? Sozialsozial? Gesellschaftlichgesellschaftlich?
Der Satz mit der inneren Stimme, die nach dem innerern Schweinehund tritt, ist künstlerisch schon fast wertvoll, allerdings anatomisch problematisch. Ich habe gelacht, als ich ihn las, aber ich habe aus den falschen Gründen gelacht.
Genau das darf bei einem Text, auch wenn er nur eine zugrundeliegende, halb verborgene komische Note haben soll, NIE passieren.
Ein Wort wie'brettern' andererseits ist so abgebraucht, daß man es schon gar nicht mehr benutzen kann.
Überhaupt muß man scharf aufpassen, wenn man Worte aus der Sprechsprache in den geschriebenen Text übernimmt.
Das sind Mittel
Mittel bedeutet, daß es einen Grund dafür geben muß, daß man sie einsetzt.
AnfängerInnen ist genau das oft nicht klar, sie schreiben drauflos, vom Hochgefühl überwältigt.
Überwältigt warst Du als Autor auch bei der Schlußszene:
Die Szene am Bahnsteig ist sehr innig gemeint, aber die guten Absichten helfen hier wenig. Die Ausarbeitung kommt nicht überzeugend, sondern fast fade. Es ist, so leid es mir tut, nicht mal schöner Kitsch geworden - auch eine hohe Kunst, nebenbei bemerkt.
Noch mal Lachtränen hat mir die namenlose Mülltonne gebracht. Du meintest 'anonym', ja?
Ich als Leserin wußte an jeder Stelle dieser 'Geschichte', was Du sagen willst, aber das enthebt Dich als Autor nicht der Pflicht, es mir zu sagen.
Deutlich, unmißverständlich.
Mit Kopf schreiben, bitte. Und immer dran denken, wie schwierig schreiben ist.