Sturmfrei
Ich war sechzehn oder siebzehn Jahre alt, als meine Eltern den Fehler machten, übers Wochenende zu verreisen und meine Schwester (damals gerade vierzehn- oder fünfzehnjährig) und mich ohne Aufsicht zu Hause zu lassen.
Sobald der genaue Reisetermin feststand, teilte ich all meinen Freunden mit, ich würde an betreffendem Wochenende eine kleine Party geben.
Leider war ich blöd genug, auch Fußballspieler einzuladen, die am Abend meiner Party Mannschaftsweihnachtsfeier hatten. Was dazu führte, dass zu späterer Stunde eine halbe Fußballweihnachtsfeier bei mir einmarschierte.
Bis dahin war die Party ganz gemütlich verlaufen. Jetzt aber sah ich mich mit allerhand Problemen konfrontiert.
Die Tatsache, dass das Haus plötzlich voller Leute war, die ich kaum bis gar nicht kannte, hätte ich wahrscheinlich noch verkraftet, allerdings war der Bestand an alkoholischen Getränken dank der trinkfesten Fußballer ziemlich schnell vernichtet.
Zu meinem Pech entdeckte irgendein Alkohol- Spürhund die reichlich bestückte Hausbar meiner Eltern.
Eine Bestandsaufnahme am nächsten Tag zeigte, dass selbst die Flasche mit reinem Alkohol, den meine Eltern zum Desinfizieren benutzten, bis auf den letzten Tropfen leer war.
Aber zurück zur Party:
Der Kühlschrank wurde komplett geplündert, ebenso die Speisekammer und selbst vor der Gefriertruhe machten die Partygäste nicht Halt, schließlich kann Vanilleeis auch mit den Fingern aus dem Plastikbehälter gekratzt werden…
Irgendwann wurde mir alles zuviel (ganz nüchtern war ich auch nicht mehr) und ich beschloss, vor die Tür zu gehen um zu rauchen.
Zwar hätte ich auch drin rauchen können (das strikte Rauchverbot im Haus war mittlerweile aufgehoben, da es so ziemlich unmöglich ist, jemandem, der sich soviel Alkohol reingeschüttet hat, dass er seinen eigenen Namen nicht mehr weiß, zu erklären, er dürfe im Haus nicht rauchen), aber ich wollte Ruhe haben und ging deshalb vor die Haustür.
Wo ich auf eine meiner besten Freundinnen traf, die gerade leidenschaftlich mit meinem Exfreund knutschte, obwohl es noch keine Woche her war, dass ich ihr erzählt hatte, ich hinge immer noch an ihm.
Ich machte abrupt kehrt, ging wieder rein und knutschte zur Strafe mit einem Freund, von dem ich genau wusste, dass er seit längerem liiert war.
Das wiederum führte zu entrüsteten Reaktionen meiner Freundinnen, die mir zu Recht vorwarfen, mein Verhalten sei das Allerletzte, aber ich hatte die Schnauze voll und nahm besagten Freund kurzerhand mit auf mein Zimmer, das ich bis zum folgenden Nachmittag nicht mehr verließ.
Meine kleine Schwester musste also nach meinem spektakulären Abgang auf das Haus (samt Inventar) aufpassen, in dem sich ca. 50 Leute aufführten, als gäbe es kein Morgen mehr.
Am nächsten Tag war ich, nachdem ich es irgendwann geschafft hatte, mich aus dem Bett zu quälen, zu nichts anderem im Stande, als mich unten aufs Sofa zu legen, kläglich zu jammern, wie schlecht es mir ginge und meiner Schwester zuzusehen, die sich fieberhaft bemühte, bis zur Rückkehr unserer Eltern die gröbsten Spuren der vergangenen Nacht zu beseitigen.
Die Kotze, die in der Tanne direkt neben der Haustür festgefroren war, machte die ganze Sache auch nicht besser.
Zwei Tage später, als ich mich einigermaßen erholt hatte, beschloss ich, nie wieder eine Party zu geben.