'Das Vermächtnis der Eszter' - Kapitel 17 - ENDE

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  • Bis Seite 136 war ich mir nicht sicher, ob die drei Briefe echt sind oder nicht. Aber als er sagt: "Für alle Fälle habe ich die Briefe mitgebracht. Schließlich habe ich sie ja geschrieben.", da war mir klar, dass sie gefälscht sind.


    Wenn er tatsächlich geglaubt hätte, dass Eszter die Briefe kannte, hätte er sie nicht noch einmal mitbringen müssen. Schon gar nicht "für alle Fälle".


    Lajos Monolog auf Seite 143 über die Liebe, die Frauen seiner Ansicht nach für Männer aufbringen müssen ("Es genügt nicht, jemanden zu lieben. Man muss ihn mutig lieben. Man muss ihn so lieben, dass weder Diebe noch Pläne, noch Gesetze, himmlische oder irdische, etwas gegen diese Liebe ausrichten können..."): Das erinnert mich wieder an "Bekenntnisse eines Bürgers". Da hatte ich mich auch die ganze Zeit gefragt, wie Marais Frau beschaffen gewesen sein musste, dass sie dieses Leben all die Jahre mitgelebt hat. Vermutlich hat sie ihren Mann "mutig geliebt".


    Ja, und nun zum Ende der Geschichte: Versteht ihr das? Eszter gibt ihre Existenz auf, gibt widerstandslos alles, was sie hat, gibt ihr Leben auf für einen Mann, den sie längst als Schwindler entlarvt hat und von dem sie nichts mehr zu erwarten hat? War Lajos Rede denn so überzeugend? Ich finde nein. Ich habe kein Verständnis für ihre Entscheidung und insgesamt erscheint mir die Geschichte unglaubwürdig. :-(


    Ich bin gespannt auf euer Resümee.

  • Hallo!


    Ich bin jetzt auch durch, ich konnte das Buch eigentlich nicht mehr aus der Hand legen, da es sich ja sehr, sehr schön liest.


    Gleich vorweg: Ich bin beeindruckt von der wunderbaren Schreibweise des Sandor Marai. Der Mann verstand sein Handwerk!


    Allerdings haben sich meine Probleme mit der Story bis zum Schluss nicht aufgelöst. Ich nehme mal an, dass die zerstörerische Macht der Liebe gezeigt werden soll. Um nichts anderes geht es. Dies ist Marai auch vorzüglich gelungen. Im Endeffekt hat Eszter gar nichts mehr, und "Leben" hatte sie auch keins gehabt.


    Für mich ist das Ganze nach wie vor schwer nachvollziehbar. Vielleicht bin ich zu sehr Realist, vielleicht kann ich zu wenig die Vernunft ausschalten. Für mich ist es undenkbar, dass ich für einen Mann - der offensichtlich, und das hat Eszter auch erkannt - ein Gauner, ein Schaumredner, ein Betrüger ist - alles hergebe und alles liegen und stehen lasse und selbst nach 20 Jahren ihm auch noch das Haus gebe.


    Geglückt ist die Charakterbeschreibung der Nunu (als "gute Seele"), ebenfalls Eva und auch Eszter.
    Bei Lajos hatte ich auch mit der Beschreibung meine Probleme. Für mich ist er einfach ein "Kotzbrocken", in seinem Auftreten, wie er seine egoistischen Forderungen stellt. Für mich hat er weder Charisma noch Ausstrahlung.


    Fazit: Ich bin überzeugt von Marais Kunst zu Schreiben und ich werde sicherlich noch weitere Bücher von ihm lesen ("Die Glut" und "Himmel und Erde" hab ich auf meinem SUB), mit dieser Geschichte hier bin ich rein inhaltsmäßig nicht ganz zurecht gekommen. :-)

  • Zitat

    Original von Jersey
    Bei Lajos hatte ich auch mit der Beschreibung meine Probleme. Für mich ist er einfach ein "Kotzbrocken", in seinem Auftreten, wie er seine egoistischen Forderungen stellt. Für mich hat er weder Charisma noch Ausstrahlung.


    So geht es mir auch: Die wörtliche Rede von Lajos hat mich nicht überzeugt. Seine Tricks waren nicht raffiniert genug. Wer so plump zu betrügen versucht und so leicht ans Ziel kommt, der ist für mich nicht glaubwürdig.


    Und trotzdem hat das Buch mich gefesselt, was vor allem dem eleganten und gefälligen Stil von Sandor Marai zu verdanken ist.

  • Komisch, wir müssen jetzt wirklich unterschiedliche Bücher gelesen haben :wow


    Für mich ist nun das ganze Buch stimmig und sehr tief! Und bekommt wohl doch seine 8 Punkte :grin


    Also, das einzige was wirklich immer wahr war, und was dieses Buch zu etwas Besonderen macht, sind diese drei Briefe. Die hat Lajos geschrieben! Ansonsten hätte Nunu schon etwas dagegen gehalten, das könnt Ihr mir glauben.


    Ich verstehe auch das Ende, mir ist klar warum Eszter das Haus hergeben muss. Sie hat nun einmal die Pflicht, auch nach 20 Jahren, ihren Mut zu beweisen, und einen Schritt gehen, den sie eben nicht gewagt hat. Hier steckt eine sehr philosophische Betrachtungsweise dahinter.


    Zitat

    Du mußt wissen, daß die Menschen nicht nur durch das Wort, das Gelöbnis oder das Versprechen einander verbunden sind und daß ihre wahre Beziehung nicht von Gefühlen und Sympathien bestimmt ist. Es gibt ein anderes, härteres, strengeres Gesetz, das festlegt, wer wen angeht ... S. 140


    Also dieses Buch ist sehr viel tiefer als viele andere Bücher, die ich vorher gelesen habe, und die von den Medien zu hoch bewertet wurden.

  • Hallo!


    Eine Szene möchte ich auch noch aufgreifen, die ebenfalls meine absolute Antipathie Lajos gegenüber bestärkt:


    Zitat


    Bei diesem "klärenden" Gespräch mit Eszter meint er, jeder Mensch müsste sich während seines Lebens "Moral" aneignen. Moral hat man nicht bei der Geburt, Moral erwirbt man, und daraus entsteht dann sozusagen der Charakter. Er, Lajos, habe keine Moral, Eszter sei seine Moral, Eszter sei sein Charakter.


    Aber hallo? Welche Last bürdet er denn da bitte Eszter auf? Er hat schon recht, Moral eignet man sich an. Aber das ist ja wohl jedem seine Sache. Es ist ja wohl der einfachste Weg, nun Eszter damit zu behelligen. Soll das die Erklärung für sein Verhalten sein, die dann so weit führt, dass vielleicht Eszter an allem schuld ist? :wow


    naja, es ist ihm auch gelungen. Sind es die Schuldgefühle, die Eszter veranlassen, ihm auch noch das Haus zu geben? :wow

  • Hi Heidi!


    Na, aber in diesem Fall kann man ja doch das Schicksal beeinflussen, denk ich mal. Es muss doch für Eszter irgendwelche Beweggründe gegeben haben, ihm nun auch noch das Haus zu überlassen (obwohl, ich weiß, dass diese materiellen WErte für Eszter ja nur mehr Nebensächlichkeiten sind).


    Andererseits: sie ist alt, sie wird nicht mehr lange zu leben haben, sie sorgt noch dafür, dass für Nunu gesorgt wird. Was solls?


    Aber ich bleib' dabei: Für mich ist es nicht nachvollziehbar :cry

  • Schau mal, Jersey, was hat Ezster denn vom Leben?
    Hat sie die letzten 20 Jahre wirklich gelebt?
    Wer weiß was das Schicksal ihr bringt, hinaus in die Welt zu gehen und ... Sie weiß, dass sie von Lajos nicht zu erwarten hat, aber sie verlässt sich jetzt auf ihr Schicksal!

  • Aha, du meinst, sie überlässt jetzt - also ihre letzten Tage sozusagen - das Leben dem Schicksal! So hab ich es noch nicht gesehen. Jetzt hat sie ja wohl wirkich nichts mehr zu verlieren.


    Aber kommt diese Einsicht nicht reichlich spät? Müsste sie sich nicht grün und blau ärgern über ihr "vertanes" Leben? - Aber dazu ist sie wohl zu alt und weise. :-(

  • ... also bisher konnte ich noch den Verlauf der Geschichte noch glauben - aber nun geht es mir wie Jersey - nein Lajos hat mich nicht überzeugt - ich würde meine ruhige Insel , auf der ich die letzten 20 Jahre meine Wunden geheilt habe nicht hergeben ! ( liegt vielleicht auch daran, das ich ein Mann und das nur Frauen verstehen können siehe Seite 157 )


    ..anders als Jersey sehe Lajos nicht als kotzbrocken - nein er tut mir irgendwie leid - er hastet rastlos umher und ist zu keiner Liebe fähig, ständig auf der Suche irgendwo ein leck zu stopfen, ruhelos ...


    Eszter wurde als junge Frau gebrochen - die 20 Jahre hat sie Zeit gehabt sich zu erholen und nun stürtzt sie sich in's Ungewisse ... ich kann's nicht nachvollziehen ...


    Trotzdem habe ich es sehr gern gelesen ...
    Da ich dieses Buch auch in einem Literaturkreis lese (Besprechnung am 09.02.2006) - werde ich noch berichten was da den leuten aufgefallen ist.


    :write