Die Wanderhure von Iny Lorentz

  • hallo babyjane :wave,


    das finde ich eine ganz interessante Sache:


    Zitat

    Die Protagonisten erscheinen mir entweder naiv oder dämlich und in meinem Kopf ist ein kleines Stimmchen, daß mir immer wieder sagt, das hättest du aber nicht mit dir machen lassen.


    denn ich glaube, aus der heutigen Sicht, als moderner Mensch, sieht man das vielleicht so aber damals war die Rolle der Frau noch ganz anders und die Menschen sind ohne Emanzipation und Gleichberechtigung groß geworden und natürlich entsprechend geprägt worden, so dass der Handlungsfreiraum, der uns heute gegeben ist, damals nicht möglich war.


    Die Angst vor Folter, Todesstrafe, vor allem die Angst vor Gott - man kam ja immer gleich ins Fegefeuer - das sind alles Ketten, die erst über hunderte von Jahren langsam gesprengt werden mussten, um heute sagen zu können, dass wir Frauen uns solche Dinge nicht mehr gefallen lassen würden.


    Ich halte Marie daher für eine sehr fortschrittliche und kluge Frau für ihre damalige Zeit und eigentlich auch für eine Person, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten, wie sie damals gegeben waren, sehr viel dazu beigetragen haben könnte, dass man heute als Frau alle Freiheiten genießen kann.

  • @ Mina
    Ja genau, aber ich bin halt so in meiner Rolle als *moderne* Frau gefangen, daß ich sowas nicht nachvollziehen kann...oder will??? :grin
    Darum lese ich ja eigentlich bewußt keine historischen Romane.


    Ich stehe ja noch ziemlich am Anfang... darum hoffe ich halt, daß sie sich ein wenig von diesem damals üblichen weiblichen Frauenbild wegentwickelt....

  • Zitat

    Ja genau, aber ich bin halt so in meiner Rolle als *moderne* Frau gefangen, daß ich sowas nicht nachvollziehen kann...oder will???


    :grin ist ja auch verständlich.


    Mir grausts bei dem Gedanken, wenn mich z. B. jemand verheiraten würde, ohne mich zu fragen :lache

  • Hallo BJ,


    eine Forderung, der sich jeder Autor historischer Romane stellen muss, ist es, die handelnden Personen ihrer entsprechenden Zeit nach auszuformen. Menschen des Mittelalters besaßen nun einmal ihre eigene und von uns sehr unterschiedliche Kultur. Hier zu versuchen, unsere eigenen Gedankenwelt in die Köpfe der Romanfiguren zu versetzen, würde kein befriedigendes Ergebnis bringen. Marie besitzt nun einmal nicht das Wissen und die Erfahrungen einer BabyJane, sondern muss ihr Leben nach ihrem eigenen Hintergrund gestalten.


    Die bedeutet jedoch nicht, dass sie nur duldend durch den Roman stolpern muss. Auch damals gab es Mittel und Möglichkeiten, sich gegen andere durchzusetzen. Wenn du den Roman weiterliest, wirst du merken, was ich meine.


    Die von den Eltern oder anderen arrangierten Ehen sind übrigens in einigen Gegenden auf unserem Planeten auch heute noch üblich. Es gab sie auch bei uns noch bis ins beginnende 20. Jahrhundert.


    Damit noch einen guten Rutsch ins Neue Jahr


    Herzliche Grüße


    Gheron :wave

  • Auch wenn ich jetzt hier gelyncht werde...
    Hab mir lange genug überlegt, ob ich Folgendes posten soll und jetzt muss es einfach sein:


    Bis auf den Namen der Protogonistin, der mir wirklich gefällt, halte ich "Die Wanderhure" für Schund.


    Keine PERSÖNLICHE Kritik, rein SACHLICH.


    Happy new year!



  • hallo Seestern :wave


    warum solltest Du gelyncht werden ? :hau :grin


    Fände es aber ganz interessant, wenn Du vielleicht schreiben könntest, was genau Dich so gestört hat und warum.

  • Zitat

    Original von Seestern
    Bis auf den Namen der Protogonistin, der mir wirklich gefällt, halte ich "Die Wanderhure" für Schund.
    Keine PERSÖNLICHE Kritik, rein SACHLICH.


    An deiner Kritik ist nichts sachlich. Sie ist einfach nur nichtssagend.
    Deine persönliche Meinung steht dir natürlich frei, aber begründen können solltest du sie zumindest.


    :wave
    Kalypso


  • Hier wird keiner für seine Meinung gelyncht, aber begründen können solltest Du sie schon. Warum ist für die "Die Wanderhure" denn Schund? Was genau hat Dir daran nicht gefallen?

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • @ Gheron
    Danke für die lange Antwort.
    Ich bin jetzt auf Seite 290 und beginne zu verstehen, was du meinst.
    Allerdings finde ich es irgendwie auch immer toll, wenn Bücher in mir Gefühle auslösen, selbst wenn es negative und aggressive Gefühle sind. Ich weiß nicht, ob das nachvollziehbar ist....aber es ist so.


    EDIT: Bin fertig.... faszinierendes Buch. Also doch noch mal was Historisches, das mich fesseln konnte. Schön :)
    Und Marie entwickelt sich tatsächlich in vernünftigem Sinne weiter.


    @ Seestern
    Deine Meinung sei dir gelassen. Aber was genau meinst du? Definiere Schund.... :grin
    So kann mit deiner Rezi wohl niemand etwas anfangen....

  • Mir hat die "Wanderhure" sehr gut gefallen.
    Ich finde man merkt,daß die Autorin/Autoren sich sehr viel Mühe gemacht haben sich in Denkstruktur der Menschen im Mittelalter einzufinden.Das hat mich auch bei Dagmar Trodler "Waldgräfin" stark beeindruckt.
    Es gibt oft genug "historische" Romane in denen dies nicht der Fall ist und/oder die Sprache einfach nicht stimmt.
    Ich habe die "Wanderhure" in Rekordzeit verschlungen und kann sie auch nur als guten Schmöker weiterempfehlen.

  • Ich habe die Wanderhure über die Weihnachtstage gelesen.
    Es war ein schöner Schmöker, den man zwischendurch gut runterlesen konnte. Und trotz Vergewaltigung und so fand ich ihn nicht zu brutal. (Ich war wohl von "Tokio" noch abgehärtet, das ich davor gelesen habe)
    Bisher habe ich mir auch noch nie Gedanken über das Leben von Huren im Mittelalter gemacht, ich fand's daher interessant.


    Die Geschichte selbst war spannend, die Liebe kam nicht zu kurz. Und auch wenn einige Charaktere für meine Begriffe etwas arg überzeichnet waren und man schon ahnte, was auf sie zu kamen, war es für mich eine gute Geschichte. Ich glaube aber nicht, dass ich eine Fortsetzung lesen will. Es gab ein Happy End, da brauche ich keine weiteren konstruierten Schicksalsschläge mehr, die zweifelsohne auf Marie und Michel zukommen werden (sonst wäre der Folgeband ja langweilig).


    grüße von missmarple

    "Ein Archäologe ist der beste Ehemann, je älter eine Frau wird, um so mehr interessiert er sich für sie."
    Agatha Christie

  • Ich war eben in der Sauna und da saßen doch tatsächlich 2 Frauen und ein Kerl und haben die Wanderhure gelesen... fand ich so witzig, daß ich sie aufeinander aufmerksam gemacht habe.... :-] Alle waren begeistert... :-]

  • Zitat

    Original von missmarple
    Und auch wenn einige Charaktere für meine Begriffe etwas arg überzeichnet waren und man schon ahnte, was auf sie zu kamen, war es für mich eine gute Geschichte.


    :write
    Auch vieles von dem, was hier in diesem Thread sonst noch geschrieben wurde, kann ich unterschreiben (ich habe mir vorhin alle 18 Seiten des Threads durchgelesen).


    Obwohl ich historische Romane nicht besonders mag, lese ich doch ab und zu einen. Keiner hat mich auf so eine intensive Weise in eine andere Zeit entführt, wie "Die Wanderhure".
    Bis zu der Szene als Marie aus Konstanz gejagt wurde, habe ich immer wieder überlegt, ob ich das Buch weglege, stellenweise ging mir die Handlung doch zu sehr unter die Haut. Aber danach wurde es der Hummel sei dank ein wenig "ruhiger" und ich war sehr sehr froh, durchgehalten zu haben.
    Das einzige, das mir weniger gut gefallen hat, war die multiple Erzählperspektive (darüber gab's bei Literaturschock ja schon eine Diskussion), aber das ist nur meine persönliche Meinung und es gibt sicher viele LeserInnen, denen genau diese Erzählweise gefällt.
    Ansonsten ist das Buch wirklich klasse und ich habe es schon mehrmals ausgeliehen, demnächst werde ich es einer Cousine zum Geburtstag schenken. Mal sehen, wie es ihr gefällt :-) .


    ***
    Aeria

  • Mich hat z. B. gestört, dass ich so gut wie nichts über Mentalität, Kultur, Lebensweise.... der damaligen Zeit erfahren habe, sondern fast ausschließlich über Vergewaltigung, sexuellen Sadismus, Wundbehandlung im Intimbereich usw.


    Wenn ich "Die Wanderhure" mit den hist. Romanen eines Wolfram Fleischhauer vergleiche, komme ich einfach zu dem Schluss, dass zuerst genanntes Werk Schund ist.


    Sachlich genug?

  • Zitat

    Original von Seestern
    Mich hat z. B. gestört, dass ich so gut wie nichts über Mentalität, Kultur, Lebensweise.... der damaligen Zeit erfahren habe, sondern fast ausschließlich über Vergewaltigung, sexuellen Sadismus, Wundbehandlung im Intimbereich usw.


    Wenn ich "Die Wanderhure" mit den hist. Romanen eines Wolfram Fleischhauer vergleiche, komme ich einfach zu dem Schluss, dass zuerst genanntes Werk Schund ist.


    Sachlich genug?


    Nun, ich finde ja, dass nicht jeder historische Roman unbedingt immer vollgepackt sein muss mit Informationen über die damalige Zeit. Mich interessiert die Geschichte viel mehr als die Hintergrundinformation. Aber da ist jeder Leser anders. Viele mochten diesen Roman, wie ich auch, und wenn du ihn nicht magst, ist es deine Meinung darüber und die darf jeder haben. Aber ihn deshalb als Schund zu bezeichnen finde ich überzogen.

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • Zitat

    Original von Seestern
    Mich hat z. B. gestört, dass ich so gut wie nichts über Mentalität, Kultur, Lebensweise.... der damaligen Zeit erfahren habe, sondern fast ausschließlich über Vergewaltigung, sexuellen Sadismus, Wundbehandlung im Intimbereich usw.


    Echt? empfindest Du das so?
    Ich finde, dass eine ganze Menge der Mentalität, Kultur usw. rüberkommt. Eben spezialisiert auf das Leben einer Hure in dieser Zeit.


    Ich wusste vorher nichts darüber, dass man sich speziell zu kleiden und mit Bändern zu kennzeichnen hatte. Auch unterschiedliche "Kasten" innerhalb der Huren selbst (Pfennighuren usw.), das alles finde ich, sagt viel über die Mentalität und Lebens- u. Denkweise der gesamten Gesellschaft in dieser Zeit aus.

  • Zitat

    Original von Seestern
    Mich hat z. B. gestört, dass ich so gut wie nichts über Mentalität, Kultur, Lebensweise.... der damaligen Zeit erfahren habe, sondern fast ausschließlich über Vergewaltigung, sexuellen Sadismus, Wundbehandlung im Intimbereich usw.


    Ich muß jetzt echt mal überlegen, ob wir über das selbe Buch sprechen..... :wow

  • Für mich war das Buch / die Geschichte gerade deshalb interessant, weil sie vom tagtäglichen "echten" Leben erzählt.
    Das ist sehr wohl Kultur, Mentalität und Lebensweise - eben einer Wanderhure des 15. Jahrhunderts - was nach Klappentext etc. auch zu erwarten ist.


    Momo

    Momo


    Alles Wissen und alle Vermehrung unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondern mit einem Fragezeichen.
    -Hermann Hesse-