Glühendheißer Asphalt, hitzeflirrende Häuserschluchten, Un-
mengen von Autos und LKWs auf den Straßen, rasende Fahrer,
eine Radarfalle blitzt auf, egal, schnell weiter, Zeit ist
Geld, was sind schon die paar Euro, quietschende Bremsen, ein
junger Mann auf einem Rennrad nahm dem Bus die Vorfahrt, er
interessiert sich nicht für das wilde Hupen hinter ihm, fährt
sofort weiter, schließlich ist er im Termingeschäft, seine
Kunden warten auf die Ware, er braucht diesen Kick, die Ge-
fahr lässt ihn das Leben erst so richtig genießen, dem Stau,
den er mit seinem riskanten Fahrmanöver verursacht hat, schenkt
er keinem Blick, er schlängelt sich zwischen den Wagen weiter,
wen wundert es da, dass die Autofahrer so schlecht auf diese
Verkehrsrowdys zu sprechen sind?
Sirenengeheul, ist das der Rettungswagen? Nein, die Feuerwehr,
ein Wespennest auf dem Gelände des Kindergartens muss ent-
fernt werden, es wurden schon mehrere der Kleinen gestochen,
die Hitze macht die Insekten agressiver als sie es sonst sind,
aufgeregt schwirren sie durch die Luft, wollen ihre Brut ver-
teiligen, doch ihre Tage sind gezählt.
Die Blumen auf der Fensterbank lassen die Köpfe hängen, gelb
sind ihre Blätter, sie wurden wohl schon lange nicht mehr ge-
gossen. Keiner kümmert sich darum, wird schon nichts passiert
sein, die Frau ist bestimmt im Urlaub, hat sie nicht gesagt,
sie will nach Österreich? Die Mülleimer auf der Straße quellen
über, wieso werden sie nicht geleert? Man schimpft auf die
Stadtreinigung, denn schon wurden einige Ratten gesichtet,
die fühlen sich wohl bei dem vielen Fressen, das sich vor
ihrer Nase stapelt, ein wahres Schlaraffenland ist das für die
kleinen Nager.
Die Sonne wird von den großen Fensterscheiben der Geschäfte
reflektiert, da, es steht schon wieder eines leer, der Inhaber
hat wohl die Miete nicht mehr bezahlen können, träge hängt
ein Plakat mit der Aufschrift „Räumungsverkauf“ davor, man
hat anscheinend vergessen, es abzunehmen, die einstige Pracht
ist dahin, welche Träume hatte der Mann bei der Eröffnung,
alles vorbei, nun ist er wieder einer von vielen Arbeitslosen,
dazu noch mit einer Menge Schulden am Hals, doch das Leben
auf der Einkaufsmeile geht weiter, Menschenmassen ziehen über
die für den Verkehr gesperrte Straße, Inlineskater und auch
Fahrradfahrer fahren Slalom zwischen ihnen, wer nicht schnell
genug zur Seite springt, hat Pech gehabt, Straßenmusikanten
flankieren den Asphalt, stehen vor den großen Einkaufshäusern,
spielen ihre Musik, doch nicht jedem gefällt diese, manch einer
ist genervt und lässt statt Geld ein paar unschöne Worte zurück,
Bettler sitzen in den Unterführungen und im Park, versuchen
den Leuten ihr hart verdientes Geld aus den Taschen zu ziehen,
Punks mit zahmen Ratten auf ihren Schultern und Obdachlose
mit ihren Hunden haben das gleiche Ziel, es ist nicht leicht,
da durchzukommen, ohne belästigt zu werden, wo ist die Polizei,
wenn man sie braucht?
Donnergrollen erfühlt die Stadt, rollt zwischen den Häusern
dahin, wird hin und her geworfen, wird immer lauter, schwarze
Wolken türmen sich auf, Blitze zucken, tauchen die grauen
Gebäude in ein unwirkliches Licht, Menschen hasten zu den
unterirdischen Straßenbahnhaltestellen, in die Kaufhäuser,
auf der Flucht vor dem unvermeidlichen Regen, herbeigesehnt,
aber er hätte warten können, bis man zuhause ist, nun fällt er,
dicke Tropfen, zuerst vereinzelt, dann immer dichter, bis die
Nässe alles gnadenlos einhüllt, Hagelkörner in Tischtennisball-
größe fallen zu Boden, kein Wunder bei der großen Hitze, die
am Tag geherrscht hat, hoffentlich bekommt das Auto keine
Beulen, Windböen beuteln die Sonnenschirme, reißen sie aus
den Verankerungen, doch so schnell, wie es gekommen ist, ver-
zieht sich das Gewitter, die Sonne kommt wieder heraus, es
wird unterträglich dämpfig, wo ist nur die Abkühlung, die
sich ein jeder herbeisehnt?
In der Dunkelheit lässt die Schwüle ein bisschen nach, aber
an Schlaf wird wieder nicht zu denken sein, die Wohnungen
sind aufgeheizt, die Luft steht in den Zimmern, kein Windhauch
lässt die Gardinen sich bewegen, die Menschen zieht es nach
draußen, in den Park, wo die Penner sich schon ihre Betten
auf den Bänken bereitet haben, sie sind froh, dass es immer
noch warm ist, der Winter mit den kalten Nächten kommt früh
genug, lachend sitzen ein paar von ihnen zusammen, lassen
die Weinflasche, die einer von ihnen am frühen Abend im
Supermarkt gestohlen hat, kreisen, das ist besser als das aus-
giebigste Essen, ein paar Meter weiter steht ein Mann, durch
ein Gebüsch verborgen, auf und zieht sich schnell und ve-
stohlen umschauend seine Hose hoch, ein letzter Blick auf die
auf dem Rasen liegende weinende Frau, deren Rock bis zur Taille
hochgeschoben ist, nein, er hat kein Mitleid, die wollte es
doch nicht anders, wieso sonst hat sie sich so aufreizend
angezogen?
Die Innenstadt quillt über vor Männern und Frauen, die nach
dem Besuch des Theaters, das leider schon zu Ende ist, noch auf
einen Absacker in die Kneipe oder zum Essen in ein Restaurant
gehen wollen, luftige Abendkleider und hohe Schuhe bestimmen
das Bild, bilden einen starken Kontrast zu den Besuchern mancher
In-Disco, die schrille Klamotten und bunte Haare tragen, aber
schön ist, was gefällt, man sollte tolerant sein, Gerüche der
verschiedenen Restaurants und Schnellimbisse vermischen sich
mit der feuchten Luft, werden von ihr in die Straßen getragen,
aus aller Welt kommen sie, ja, diese Stadt ist multikulti und
stolz darauf, wenn auch die Ausländer von einigen Weltfremden
verfolgt werden, aber das wird totgeschwiegen, wirft ja ein
schlechtes Licht auf alle Einwohner.
Auf der Rotlichtmeile tobt der Bär, bunte Lichter flackern
vor den Eingängen der Bordelle, Aufreißer bemühen sich um
Gäste, schneller Sex ist ein gutes Geschäft, gerade in der
Sommerzeit, doch aufgepasst, gleich um die Ecke ist der Fixer-
treff, da ist die Polizei nicht weit, wer will seiner Frau
schon erklären müssen, was er in dieser Gegend gemacht hat,
wo man doch eigentlich ganz woanders sein sollte, dunkle
Gestalten treiben sich auf dem Hinterhof herum, ein Kunde, der
nicht zahlen wollte, bezieht Prügel, blutend schleppt er sich
zur Straße, macht, dass er fortkommt, Anzeige wird er keine
erstatten, das ist zu gefährlich, er will nur weg, diese Gegend
wird ihn bestimmt nicht wiedersehen.
Der Mann geht schwankend nach Hause, das letzte Bier war wohl
doch eines zuviel, plötzlich wird er von mehreren Jugendlichen
umringt, die ihn in die Mitte nehmen, ihn hin und her schubsen,
sie lachen dabei, machen dumme Bemerkungen, er fällt der
Länge nach hin, schimpft lallend auf seine Peiniger, doch die
sind schon weitergezogen, lassen ihn in einer Pfütze, die noch
vom Gewitterregen zeugt, liegen, mühsam zieht er sich an einem
naheliegenden Zaun hoch, läuft weiter und stimmt ein Lied an,
er hat schon vergessen, was gerade geschehen ist.
Laute Worte hallen durch die Nacht, gefolgt von Angstschreien,
ein Streit ist im vollen Gange, es kommt zu Handgreiflich-
keiten, die von besorgten Nachbarn gerufene Polizei klopft
an die Tür, der Ehemann öffnet, nassgeschwitzt und mit wirrem
Blick, nein, nein, es sei alles in Ordnung, doch die Männer
in grün wollen sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass
die Frau des Mannes wohlauf ist, sie kommt, ein blaues Auge
ziert ihr Gesicht, aber sie sagt, sie sei gegen die Tür ge-
laufen, damit sind der Polizei die Hände gebunden, sie muss
unverrichterter Dinge wieder abziehen, aber nicht, ohne den
Mann zu ermahnen, dass sie ihn beim nächsten Einsatz mitnehmen
werden.
Dämmerung liegt über den mit Graffiti verzierten Häusern, den
Straßen und den Bäumen des Parks, Vogelgezwitscher erfüllt
die Luft, es ist die einzige Zeit am Tag, wo man diesen Ge-
sang hören kann, S-Bahnen und Busse fahren nach einer kurzen
Pause in der Nacht wieder, bringen die letzten Nachtschwärmer
nach Hause und die ersten Menschen zur Arbeit, denn diese
Stadt kommt nie zur Ruhe, sie ist nie mit sich allein......