Eine Erzählung steht noch auf dem Buchdeckel, gleich unter dem Titel, und das sind diese knapp 90 Seiten auch. Eine Erzählung für Jugendliche, aber was für eine.
Obwohl es schon Anfang März ist, herrscht bitterkalter Winter. Das kleine sibirische Dorf Pilowo hungert. In den Wäldern, die das Dorf umgeben, hungern auch die Wölfe, so sehr, daß sie anfangen, das Dorf zu umlauern. Die Wachhunde sind die ersten Opfer, dann verschwindet ein Kind. Angst breitet sich aus. Häuser am Dorfrand werden von den hungrigen Wölfen aufgebrochen, bald ist es kaum noch möglich, auch nur die Straße zu überqueren, ohne irgendwo einen Wolf zu sehen. Die Dorfbewohner verschanzen sich in ihren Häusern, das Essen wird immer knapper, ebenso das Brennholz. Für Michail, seine Frau und die beiden fast erwachsenen Kinder Milan und Nadja geht es schließlich ums bloße Überleben. Die Wölfe studieren die Lebensgewohnheiten der Menschen immer genauer. Der Hunger regiert unerbittlich.
Die wachsende Bedrohung, die Furcht, die allmählich alle erfaßt, und die immer bedrückender werdende Enge, werden in einer bestechend einfachen, zuweilen fast sperrigen Sprache beschrieben und sind damit umso eindringlicher. Vieles wirkt zunächst skizzenhaft, seien es Charaktere, seien es Beschreibungen des Dorlebens, bis einen am Satzende plötzlich die Wucht des Gesagten trifft. Menschen werden getötet, Menschen begehen Selbstmord, andere werden verrückt. Die Wölfe schleichen sich nicht nur in Tiergestalt in die Häuser. Daß aus zwei Perspektiven erzählt wird, nämlich aus der Wölfe wie aus der der Dorfbewohner, verstärkt die Spannung noch.
Gelungen auch, daß der Autor einen Hauch Aberglaube mithineinträufelt.
Das Ende ist gut und schlecht zugleich. Das Dorf wird gerettet, aber nur die wenigsten, die wir kennengelernt haben, überleben.
Der Düsseldorfer Autor (1965 geboren) hat bisher vor allem Comics und Bilderbücher für kleine Kinder gezeichnet und geschrieben. Mit dieser Geschichte wendet er sich an ein älteres Publikum, mindestens 12 sollte man schon sein.
Sie eignet sich auch sehr gut zum Vorlesen. Die Schwarz-Weiß- Zeichnungen von Aljoscha Blau illustrieren nicht nur, sondern unterstreichen die Sperrigkeit der Sprache und die Seltsamkeit des Geschehens.
Am Anfang des Büchleins wird darauf hingewiesen, daß das Ganze auf ein tatsächliches Ereignis im Jahr 1927 zurückgeht. Ich glaube nicht, daß diese Information für die Geschichte wichtig ist.
Interessant und empfehlenswert.