Originaltitel: “I, Claudius”/”Claudius the God”
Übersetzer: Hans Rothe
Zum Buch
Diese köstliche Chronique scandaleuse der Claudier, diese herrlich ehrfurchtslos geschriebene und glossierte Geschichte römischer Cäsarenherrschaft gilt als das klassische Meisterwerk des amüsant-ironischen Romans über eine antike Gestalt. Seine eminente Doppelbegabung als Erzähler und Historiker befähigt Ranke-Graves, in dieser fingierten Autobiographie des Kaisers Claudius die ganze bunte und abenteuerliche Welt des römischen Imperiums vor unseren Augen entstehen zu lassen.
Claudius (10 v. Chr.– 54 n. Chr.), jener Kaiser wider Willen, der im Herzen ein überzeugter Demokrat geblieben ist, der Gatte der berüchtigten Messalina, die er wegen Teilnahme an einer gegen ihn gerichteten Verschwörung hinrichten ließ, der schließlich – von seiner vierten Frau Agrippina, der Mutter Neros, vergiftet – seinem Schicksal nicht entging: dieser Herrscher ist im Urteil der Zeitgenossen wie der Geschichtsforscher meist schlecht weggekommen. Graves unternimmt mit seinem Werk eine Art historischer Ehrenrettung. Er würdigt ihn als den besonnenen, klugen Monarchen, der aus einer Laune heraus auf den Thron gesetzt, regieren musste und konnte.
Ein berühmt gewordenes, in 16 Sprachen übersetztes Buch, dessen Lektüre einen rasch vergessen lässt, dass man Geschichte etwa schon in der Schule nicht mochte und „einschlägigen” Wälzern seither geflissentlich aus dem Wege ging.
Zum Autor
Robert von Ranke-Graves, geb. 26.7.1895 in Wimbledon/London, war ein englischer Lyriker, Erzähler und Essayist. Nach dem Krieg studierte Graves in Oxford englische Literaturwissenschaft. 1926 wurde er auf den Lehrstuhl für englische Literatur nach Kairo berufen. Nach nur einem Jahr kehrte er nach England zurück und wohnte seit 1929 bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs in Deyá auf Mallorca. In dieser Zeit entstand auch das vorgestellte Buch.
Graves Bibliographie umfasst insgesamt etwa 140 Bücher. 1954 wurde er Mitglied des Royal Anthropological Institute. Von 1961 bis 1966 lehrte er als Professor für Poetik in Oxford. Neben seiner Arbeit als Romancier veröffentlichte Graves auch Fachbücher, besonders bekannt ist das Buch „Die Götter Griechenlands“.
Graves trat nur in deutschsprachigen Übersetzungen seiner Werke unter dem Namen von Ranke-Graves auf. Seine Mutter, Amalie von Ranke, war eine Großnichte des deutschen Historikers Leopold von Ranke. Sein Vater P. Graves war Schulrat und Schriftsteller. Graves starb am 7.12.1985 auf Mallorca.
Zum Buch
Claudius’ Lebensbericht ist zum Glück kein selbstgefälliges Geseiere – ich bin da ja inzwischen misstrauisch - sondern eine sehr ironische Erzählung, die mir diesen Abschnitt der Römischen Geschichte auf unterhaltsame Weise näher gebracht hat. Claudius schreibt eigentlich gar nicht so viel über sich, sondern stellt seine etwas skurrile Familie ausführlich vor, zu der solche Gestalten wie Augustus, Tiberius, Caligula und Nero gehören. Dadurch hab ich endlich mal Ordnung in die ganzen Namen bringen können. Sonstige Berühmtheiten der Zeit kommen auch nicht zu kurz. Die Krönung war ein Abschnitt über Jesus aus zeitgenössischer Sicht geschrieben und aus heutiger Sicht gelesen.
Leider ist die deutsche Ausgabe etwa die Hälfte des Umfanges gekürzt, und es gibt auch keine ungekürzte deutsche Übersetzung. Die Kürzungen wurden vom Autor selbst vorgenommen, der durch „diese Straffung der deutschen Ausgabe die eigentliche Geschichte des Claudius noch klarer und wirksamer geben“ wollte. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann hat der Autor im englischen Original die dem Claudius eigene ausschweifende Schreibweise imitiert, die dann in der Übersetzung verloren gegangen ist. Ob das gut oder schlecht ist, kann ich nicht beurteilen. Die Übersetzung ist auf jeden Fall auch so sehr gelungen und lesenswert. Wenn man dem Vorwort glauben kann, hat der Autor eng mit dem Übersetzer zusammengearbeitet und ich hatte beim Lesen auch nicht das Gefühl, das irgendetwas fehlt.
Der Autor hat moderne Ausdrücke für alle politischen und militärischen Begriffe verwendet, und zwar nicht, weil er es nicht besser wusste, sondern weil er "dadurch hoffte, eine Barriere zu durchtrennen, die diejenigen, die keine Ahnung von römischer Geschichte haben, gemeinhin von solchen Stoffen trennt." So bezeichnet er zum Beispiel eine „Legion“ als „Regiment“. Normalerweise ärgern mich solche Anachronismen, vor allem, wenn dann aus einem Varus ganz schnell mal der „Gouverneur von Deutschland“ wird. Da der Autor diese Entscheidung allerdings bewusst getroffen hat, sehe ich ihm das noch mal nach und muss zugeben, dass sich das Buch dadurch wirklich einfach und flüssig lesen lässt, auch mit meinen eher rudimentären Kenntnissen der römischen Geschichte.
Meine gebundene Ausgabe von List enthält außerdem eine Karte über das Römische Reich zu Zeiten des Augustus und einen Stammbaum, der sehr hilfreich ist, weil die julisch-claudischen Familienmitglieder wie wild untereinander geheiratet und sich adoptiert haben. Von Blutschande ganz zu schweigen. Der Stammbaum ist lustigerweise ebenfalls in der Ich-Form erstellt – zum Beispiel steht dann da „Agrippina, verheiratet mit meinem Bruder Germanicus“. Leider ist beides in der Taschenbuchausgabe von Dtv nicht enthalten.
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