Kirschen für den König - Marina Heilmeyer u.a

  • Hört man das Wort Potsdam, denkt man zuerst eher an Militärisches, an die Garnisonskirche etwa oder den Soldatenkönig. Der kleine Potsdamer Verlags vacat zeigt eine andere und ganz ungewohnte Seite in seiner Reihe Potsdamer Pomologische Geschichten.
    Pomologie ist die Lehre vom Obstbau, das Obst, um das es geht, wurde in den Gärten und Treibhäusern der brandenburgischen Kurfürsten und später der preußischen Könige gezogen. Dieser Bildband, der mit seinem Format von 14,5 x19 cm eher ein Bildbändchen ist, stellt die Kirsche vor.


    Die Aufmachung ist liebevoll bis ins letzte Detail. Ein Zweig mit grünen Blättern und reifen Kirschen lacht einem vom elfenbeinweißen Buchdeckel entgegen, auf dem Schmuckpapier der Innenseite tanzen große und kleine dunkelrote Kirschen, winzige helle Zwillingskirschen sitzen über jeder Seitenzahl.


    Erzählt wird die Geschichte der Süßkirsche und der Sauerkirsche, ihres Anbaus, ihrer kulturellen und symbolischen Bedeutung. Man liest von Kirschkernen aus dem 16. Jahrhundert, die mit geschnitzten Köpfen verziert waren, hört von der Funktionsweise der Treibhäuser, die selbst im 18. Jahrhundert erstaunlich produktiv und ‚modern’ funktionierten mit genauer Kontrolle von Temperatur, Feuchtigkeit und Dünger, erfährt von Gärtnern und Anbaumethoden und den vielen, vielen Sorten, die es heute oft nicht mehr gibt, Flamentiner oder Schöne von Rocmont, Büttners Rote Knorpel und Pfälzer Maikirsche.


    Erzählt wird auch von den Herren über die Kirschbäume, z.B. von Friedrich II., denn die Kirsche war seine bevorzugte Frucht. Er liebte sie so sehr, daß er auch außerhalb der Saison nicht auf sie verzichten wollte und seine Treibhäuser sie sogar im Winter produzierten. Der Anreiz für die Gärtner war beträchtlich, für jede einzelne reife Kirsche zwischen Dezember bis Mitte Januar zahlte der König zwei Taler. Das war viel in einer Zeit, in der man – der Taler zu 24 Groschen und der Groschen zu zwölf Pfennigen – ein Kilo gutes Roggenbrot schon für acht Pfennige bekam.
    Du wirst schmähen, daß gestern vohr 180 Taler Kirschen gegessen worden, ich werde mich eine liederliche reputation machen, schrieb Friedrich einmal an seinen Kammerdiener und Vertrauten Fredersdorf. (S. 46)
    Aber die "liederliche reputation" störte ihn nicht genug, daß er sein Laster aufgegeben hätte und mit dem vorliegenden Büchlein in Händen ist es für die LeserInnen von heute überhaupt nicht schwer, diese Lust an der Kirsche gleichfalls zu spüren.


    Keine Seite ist ohne Abbildung, von Kirschen und Bäumen, Gärtnern bei der Arbeit (in Kniehosen und Schnallenschuhen!), es gibt Stiche, Ausschnitte aus Gemälden, Abbildungen und Schautafeln aus Werken des Gartenbaus vom 17. bis zum späten 19. Jahrhundert, Wandmalereien, meist mehrfarbig. Der Text ist knapp, informativ, mit vielen Originalzitaten. Sprichwörter oder Bauernregeln zur Kirsche erscheinen alle paar Seiten in roter Schrift am Rand.
    Und natürlich gibt es Rezepte. Vielleicht nicht in jedem Fall zum Nachkochen, wie die mit Himbeeren gefüllten und dann kandierten Kirschen von 1682 oder die Kirschklöße von 1877. Verlockend klingen sie allemal.
    Träume von roten Kirschen bedeuten Glück, sagt eines der Sprichwörter.
    Der Besitz dieses kleinen Bildbands auch.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Weiters in der Reihe Potsdamer Pomologische Geschichten erschienen
    sind folgende Titel


    Beste Birnen bei Hofe


    Die Melonen des Monarchen



    für die ich leider keine Abbildung im Internet gefunden habe.



    Und das gleichfalls wunderschön aufgemachte


    Äpfel fürs Volk

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von magali ()

  • Im September 2005 erschienen ist der jüngste der Reihe:



    Bittere und süße Orangen. Südliche Träume für nördliche Gärten.


    Ich hatte ihn noch nicht in der Hand, aber ich freue mich schon darauf!

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Weil es so ein wunderschöner Kirschensommer ist, noch mal ein bißchen Werbung für dieses Büchlein.
    Vielleicht braucht jemand ein Geschenk?
    :grin


    Magali (Kirschkerne spuckend)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Pfui, Magali!


    Mußtest Du diesen Thread unbedingt wieder hochholen? Hätte der nicht im Nirwana bleiben können?


    Wegen DIR mußte ich mir die jetzt auf meine Amazonliste setzen! :fetch


    Wann soll ich das alles kaufen? Und lesen? *bitterlich wein* :cry



    :grin

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von magali
    Batty,
    Du sollst es verschenken


    Das wollte ich doch auch!


    Schließlich habe ich mir schon ganz lange nix mehr selbst geschenkt! :-]


    Zitat


    Hier, sind noch Kirschen da. Nimm ein paar.
    :wave


    *bedankt sich artig und hängt sich sofort Kirschpärchen an die Ohren*

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • ja, BJ, so siehst du mir aus. Und den Konjunktiv nehme ich Dir schon mal gar nicht ab!


    Batcat, Du hängst Dir auch noch die Kirschen an die Ohren?
    :lache


    Ich kann auch nie widerstehen.


    Aber nun sind sie weg!


    Die Bücher über die anderen Obstsorten sind auch schön....


    (nein, ich bekomme keine Prozente :grin)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Liebe magali,


    ich hänge mir nicht nur Kirschenohrringe an, ich gestehe, daß ich mir auch im fortgeschrittenen Alter noch diese "Ahornflügelchen" auf die Nase pappe. :grin


    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Batty
    Aber sonst geht's dir gut?! :grin


    Eigentlich gehört das in einen anderen Thread, aber dann oute ich mich auch mal.
    Ich rede mit Bäumen.
    Ich habe sogar einen Lieblingsbaum (nein kein Kirschbaum), mit dem ich regelmäßig äußerst interessante Gespräche führe. :wave

  • Batcat!!!


    Auf die Idee bin ich noch nie gekommen. Das ist die Folge einer strikt kleinbürgerlichen Erziehung, ich sag's ja!! :fetch


    Danke. Muß ich SOFORT ausprobieren.
    :rofl


    Wilma ?
    Mit Bäumen? Mit Bäumen???


    Na gut, ich hab auch was zu gestehen:
    Ich bin eine Eule.
    :grin

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus