Der Clan der Klauen von Jo Walton

  • Klapptext:
    In einem viktorianischen Zeitalter, einer Welt der Kirchenmänner und Könige, Ränkespiele und Intrigen: Nach dem Tod Agornins gerät die Familie in einen Erbschaftsstreit. Daverak, der mächtigste Magnat der Stadt, hat unrechtmäßig das Vermögen des Verstorbenen an sich gerissen und den Leichnam Agornins verspeist. Dessen Sohn Avan zieht Daverak vor Gericht und beschwört damit ein feuriges Duell herauf, das ihn und seine Familie in Lebensgefahr bringt – denn sie alle sind Drachen, bewehrt mit roten Fängen und Klauen …


    Ein ungewöhnlicher Roman, farbig und von feinem Humor – ausgezeichnet mit dem World Fantasy Award.


    Autor:
    Jo Walton, geboren 1964 in Wales, gewann 2002 den John W. Campbell Award als beste neue Autorin. Ihr Roman »Der Clan der Klauen« wird von Kritikern und Lesern als originellstes Fantasy-Werk der letzten Jahre gefeiert und wurde 2004 mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet, einem der wichtigsten Preise des Genres. Jo Walton lebt heute in Montreal.



    Ich habe das Buch mehr aus Zufall entdeckt, als ich mal wieder auf den Zug wartete. Der Klapptext machte mich neugierig, aber es dauerte dann dennoch drei weitere Zugfahrten, ehe ich mich entschloss, es zu kaufen. Bisher habe ich es nicht bereut und ich denke mal, dass die letzten Seiten dies auch nicht ändern werden. Gewöhnen musste ich mich zuallererst an den Gedanken, dass es hier ausschließlich um Drachen geht. Menschen spielen keine Rolle. Hier stehen die Drachen im Mittelpunkt und auch um deren Leben und deren soziale Struktur geht es. Es ist flott geschrieben, aber immer mit etwas Humor gewürzt und dabei spannend. Ich selbst fand die Geschichte recht farbig gestaltet.
    Derzeit halte ich jedenfalls schon mal Ausschau nach weiteren Werken der Autorin.


    EDIT:


    Ich habe das Buch nun fertig und bin nach wie vor begeistert. Wo bleibt der Nachschub ? :-]

  • Tanzmaus ,
    Dein Tip klang so eigentümlich, daß ich mir das Buch besorgt habe.
    Und Du hattest recht, es ist wirklich etwas, nun, anders.


    Es handelt sich hier tatsächlich um einen ‚viktorianischen’ Familienroman, angesiedelt zwischen Anthony Trollope und Galsworthys Forsyte Saga, mit Lords und Ladies, Pfarrern, Juristen und treuen Bedienten. Es gibt Dinnerparties, Aufenthalte auf dem Landsitz, die Saison in der Hauptstadt. Es geht, genau wie es sich im gutbürgerlichen Roman gehört, ums Geld, ums Recht (haben und bekommen) und um die Liebe.
    Erzählt wird alles, ebenfalls der Tradition entsprechend, von einem allwissenden Erzähler (oder einer Erzählerin?). Auch sprachlich wird in Wortwahl und Satzbau ziemlich streng nach dem viktorianischen Vorbild gearbeitet.
    Der einzige Unterschied besteht darin, daß alle auftretenden Personen Drachen sind.
    Drachenfans werden nicht in jedem Fall glücklich sein damit. Zwar sind die Drachen wirklich Drachen – sie haben Flügel (allerdings darf nicht jeder Stand sie benutzen!), spucken Feuer (aber nicht unter 40 Fuß Körperlänge!) und schlafen nicht in Federkissen, sondern auf ihrem goldenen Hort (den sie sich im Lauf der Jahre durch stetes Bemühen und fleißiges Streben erwerben sollen!), aber ihre Probleme sind, nun, menschlich.


    Es geht ums Fressen oder Gefressen werden, um die abhängige Stellung der Frau (Jungfrau oder Matrone, Berufstätigkeit ziemt sich nicht), um Glaubensfragen (billigt die Kirche Beichten auf dem Totenbett?), die Versorgung jüngerer Geschwister (wer schwach ist, wird gefressen, denn Drachenfleisch stärkt den Überlebenden) und unstandesgemäße Verbindungen.


    Es ist keine Parodie, auch wenn gelegentlich ein Funken Ironie hervorblitzt oder die Erzählung eine Spur satirisch wird. (Damenhafte Drachendamen lächeln stets mit geschlossener Schnauze!).


    Ich fand es originell und schön zu lesen, bin aber nicht sicher, ob das Ganze für eine Fortsetzung wirklich trägt.
    Jedenfalls ein guter Tip, wenn man mal etwas Vertrautes mit anderen Augen lesen will.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus