John Updike: Bech in Bedrängnis

  • Während mir der erste Band mit Stories über Updikes satirisches Alter Ego Henry Bech wenig behagte, habe ich diese neueste Bech-Anthologie mit sehr großem Vergnügen nahezu verschlungen. "Bech in Bedrängnis" ist eine wahnsinnig witzige, pointierte, detailreiche und informationsschwangere Abrechnung mit dem amerikanischen Literaturbetrieb, aus der Sicht eines Autors, der es sich leisten kann, Kollegen, Agenten, Verlage und Autorengruppen bloßzustellen; Updike "fehlt" schließlich nur noch der Literatur-Nobelpreis.


    Henry Bech hat in den Fünzigern einen Achtungserfolg erzielt, mit dem Beatnik-Roman "Travel Light" - eine Anlehnung an Kerouacs "On The Road". Danach mühte sich der Autor, den wechselnden Strömungen und insbesondere der Kritikerschar gerecht zu werden. Sein "Opus Magnum", "The Chosen", geriet zum Flop, während die nachgereichte, leichte Novelle "Think Big" die Bestsellerlisten anführte. Nach und nach zog sich Bech aus dem aktiven Literaturbetrieb zurück. Ein Autor, der eigentlich nie seinen eigenen Stil gefunden hat, seinen Erfolg auch nie verstand - und nicht erklären konnte -, aber mit wachem Auge jede Reaktion auf sein Schaffen zur Kenntnis nahm.


    "Bech in Bedrängnis" erzählt in fünf Geschichten, hauptsächlich in den Achtzigern/Neunzigern angesiedelt (bis auf die kurze Story "Bech bekennt" aus den Anfangszeiten des Autors), vom späten Bech, vom Sechziger, Siebziger, dessen Kontakt mit der "Branche" vornehmlich aus Parties, Festschriften, Kritikertodesanzeigen und einem anachronistischen Autorenclub namens "Die Vierzig" besteht. Mit mehr als einem Augenzwinkern begleitet Updike seinen wachsamen Helden durch die Niederungen des Biotops, in dem sich arrivierte Autoren wohlfühlen, zeigt das Balz- und Konkurrenzverhalten. Seinen Höhepunkt erreicht die Anthologie mit der vorletzten Geschichte, "Bech noir", in der der Autor fünfzig Jahren aufreibender Literatukritik gleichsam erliegt -
    und zum Mörder seiner Hauptkritiker wird.


    "Bech in Bedrängnis" hat mit dem jüngsten Updike, "Gegen Ende der Zeit", glücklicherweise nur gemeinsam, daß der Held das Pensionsalter erreicht hat, ansonsten ist diese Sammlung ein kompakter, brillanter Faustschlag in den Magen der kommerziellen Literatur. Empfehlenswert nicht nur für angehende Erfolgsautoren.

  • Zitat

    Original von Tom
    Updike "fehlt" schließlich nur noch der Literatur-Nobelpreis.


    Jedes Jahr soll er ja in der engeren Wahl sein, aber da weiß man halt nichts Genaues. Verdient hätte er ihn allemal.
    Aufgrund deiner Rezi habe ich mir das Buch dann mal bestellt, allerdings ist es bei Amazon nur noch gebraucht zu erwerben. Musste mich also schweren Herzens zu einem anderen Internetversand begeben. :-(

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Bech in Bedrängnis – John Updike
    Fast ein Roman


    Rowohlt Verlag, Reinbek 2000
    283 Seiten
    Originaltitel: Bech in Bay: A Quasi Novel
    Aus dem Amerikanischen von Helmut Frielinghaus.


    Kurzbeschreibung:
    Ein einziges Mal hat Henry Bech einen brillanten Roman geschrieben und fortan nur noch Mittelmaß produziert. Dennoch wuchs sein Ruhm. Gleichwohl bleibt Bech empfindlich bei Verrissen. Beim Warten auf die U-Bahn kann er endlich seinen alten Traum vom perfekten Mord ausleben. Das Opfer: sein schärfster Kritiker ...


    Über den Autor:
    John Updike wurde 1932 als Sohn eines Lehrers und Diakons in Reading/Pennsylvania geboren. 1950 erhielt er ein Stipendium zum Studium am Harvard College, Hauptfach Anglistik. 1953 heiratete er die Kunststudentin Mary Entwistle Pennington. Von 1955 bis 57 war Updike festangestellter Redakteur bei dem Magazin "The New Yorker", danach veröffentlichte er als freier Mitarbeiter Erzählungen sowie literarische Kritiken. 1957 zogen die Updikes nach Ipswich im neuenglischen Massachusetts, wo sich John Updike fortan ausschließlich dem Schriftstellerberuf widmete. Berühmt wurde Updike mit dem Roman "Rabbit, Run" (dt. Hasenherz), dem 1960 erschienenen ersten Band der Rabbit-Reihe. 1976 wurden Updike und Mary Pennington geschieden; 1977 heiratete er in zweiter Ehe Martha Bernhard in Georgetown (Massachusetts). Updike erhielt für seine Romane, Erzählungen, Essays, Gedichte zahllose Preise und Auszeichnungen, darunter den National Book Award, den American Book Award, den Commandeur de l'ordre des arts et des lettres und den Pulitzerpreis. John Updike starb im Januar 2009.


    Meine Meinung:
    Dieser relativ späte Roman von John Updike, im Original aus dem Jahr 1998 ist ein amüsantes und ironisches Spiel mit dem Literaturbetrieb. John Updike nimmt mit feiner Ironie das Geltungsbedürfnis von Kritikern und die Selbstbespiegelungen von Autoren aufs Korn. Auch die Leser bekommen ihr Fett weg, aber auf relativ moderate Weise, Updike ist hier nicht besonders scharf.


    „Fast ein Roman“ lautet der Untertitel des Buches, aber ich lese es durchaus als Roman. Seinen Helden Bech hat John Updike schon in vorherigen Romanen eingesetzt, aber ich lese zum ersten mal einen Bech-Roman. Es geht ziemlich gemächlich, die Handlung schleppt sich dahin.


    Da sein Protagonist Beck ein Schriftsteller im ungefähren Alter von John Updike selbst ist (also ein Alter Ego), kann man von einem guten Stück Selbstironie sprechen.
    Bech geht schließlich sogar so weit, die schärfsten Kritiker seines Werkes umzubringen.
    Dennoch ist das Problem, dass der Sarkasmus ziemlich mild ist, das nimmt den Text die Wut von vergleichbaren Autoren, die gnadenlos abrechnen. John Updike wirkt vergleichsweise zahm.
    Fairerweise muss man Updike lassen, dass er den Literaturkritikern durchaus begründete Verrisse zugesteht und den Literaturfans umfangreiche Kenntnisse zubilligt.
    Und wenn Bech zum Entsetzen seiner Kritiker dann auch noch den Literaturnobelpreis gewinnt, da sich die schwedische Jury nicht auf einen Autor einigen konnten und so Bech als Notnagel herhalten musste, macht der Roman einfach Spaß!