Die Nacht des steinernen Reiters - Guido Dieckmann

  • Der Bamberger Dom, so wie wir ihn heute kennen, hat architektonisch und künstlerisch eine interessante Geschichte. Schriftlich belegt ist davon wenig, bis heute sind wir vor allem auf die Aussagen angewiesen, die die Steine des Bauwerks von sich geben. Der Umstand, daß man weder die Baumeister der verschiedenen Schulen, die am Dom gearbeitet haben, noch die Bildhauer namentlich kennt, hat vor allem ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, in der man verstärkt der individuellen, einzigartigen Leistung eines Künstlers huldigte, dazu geführt, daß die Bedeutung einiger Skulpturen mit den verschiedensten, nicht selten höchst geheimnisvollen Deutungen umwoben wurden. Eine der Figuren, die die Phantasie der BetrachterInnen am meisten angeregt hat, ist der sogenannte Bamberger Reiter.


    Die Skulptur dieses geradezu überirdisch schönen jungen Ideal-Mannes ist der Ausgangspunkt für diese Geschichte, die uns, abgesehen von einem Prolog 1208, in die Zeit von 1235 – 1237 führt. Ein Königsmord (Philip von Schwaben 1208 ), Staufermythos, Freie und Unfreie, Baumeister und Lehrlinge, Kaufleute, reich und arm, unwillige Bräute, betrogene Erben, alte Ehemänner und durchtriebene junge Ehefrauen, Köche und Mägde und (jetzt hätte ich doch fast geschrieben natürlich) eine jüdische Ärztin sind die Ingredienzien des jüngsten Romans von Guido Dieckmann. Und der Geschichte von Lukas und Justina.


    Es ist bunt und farbenprächtig, hin und wieder blutig, ordentlich gut und ordentlich böse, und vor allem SEHR rätselhaft. Es ist sogar spannend, denn jede und jeder der Auftretenden hat etwas zu verbergen und dabei handelt es sich in der Regel um Schwerwiegendes, Betrug, Fälschung, Mord oder zumindest mörderische Absichten. Die Entdeckung der Geheimnisse bzw. die Vermeidung der Entdeckung verleihen der Geschichte durchaus Dynamik.


    Wer also einmal mit einer Version des 21. Jahrhunderts für die Deutung des berühmten Reiters einige gemütliche Stunden auf der Couch verbringen will, ist hiermit gut bedient. Vielleicht sollte man sich etwas Gutes zum Essen dazustellen, denn die wahre Liebe des Autors – das ist offenbar sein Geheimnis – gilt der Küche und dem Inhalt mittelalterlicher Kochtöpfe und Pfannen.


    Was mir persönlich fehlte, war ein wenig Humor, zuweilen wirkt es eine Spur steif. Aber der historische Unterhaltungsroman in Deutschland ist eine ernsthafte Angelegenheit, gerade ich bin die Letzte, die das bestreitet.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Guten Morgen,


    ich kann nur bestätigen, dass dies Buch klasse ist. Da ich bisher alle Bücher von Guido Dieckmann gelesen habe (und schon auf das nächste gespannt warte :-)), musste ich dies natürlich auch sofort lesen. Es hat mich total begeistert, wie er sehr aktuelle Themen in seinen historischen Roman verwoben hat. Die Geschichte um den steinernen Reiter ist sehr spannend geschrieben und ich hatte es superschnell durch - ein tolles Buch für alle Fans von historischen Romanen!


    Bianca

  • Grüß Dich, Bianca,


    ich freue mich, daß Dir meine Bücher so gut gefallen und Du den "steinernen Reiter" spannend fandst.
    Es ist mir daher ein Vergnügen, Dir baldigen Nachschub anzukündigen. Im kommenden März erscheint mein Roman "Die Frau mit den Seidenaugen" im Buchhandel, eine - wie ich hoffe - ebenso spannende Geschichte über das Schicksal der letzten Prinzessin von Frankreich, der Tochter Königin Marie Antoinettes in den Wirren der Französischen Revolution.
    Ich bewege mich ja gern zwischen den Jahrhunderten hin und her. Nach dem Mittelalter fand ich nun eine Reise ins 18. Jahrhundert interessant.


    Liebe Grüße
    Guido :wave

  • Hallo Guido, :wave


    das sind super Neuigkeiten und bis März halte ich es ja sogar noch aus, das ist ja ganz bald. Auf deiner Homepage steht ja schon etwas zu dem Buch und ich muss es sagen, es klingt wieder sehr interessant! Schön auch, dass "Die Gewölbe des Doktor Hahnemann" außerhalb von Deutschland bekannt wird, dieses Buch habe ich verschlungen, auch wenn ich "Die Poetin" noch einen kleinen Tick besser fand :-)
    Nicht ganz so gut fand ich "Der Bader von St. Denis", aber deine restlichen Bücher sind alle klasse!


    Liebe Grüße von
    Bianca, die schon ganz gespannt auf März wartet

  • Ein nettes Buch, interessant recherchierter Hintergrund, klar gezeichnete Figuren, guter Spannungsaufbau, nichts bedeutendes, muß man nicht gelesen haben, aber eben nett, lest sich loker lesen, ärgert also auch nicht. Genuss ohne Reue für so einen schönen Frühsommertag beim Eiskaffee.

  • bis auf die seidenaugenfrau habe ich schon alle bücher von G. D. gelesen.
    daraus kann man ja bereits schliessen, dass mir der stil gefällt.
    beim steinernen reiter war es nicht anders.
    :wave

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

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