Erwin Kohl: Der doppelte Mord, 2003
Betzel Verlag, Bluebook/Krimi, 3-932069-22-6
Titelillustration von Xenia
ca. 220 Seiten, € 11.80
www.betzelverlag.de
Der ehemalige Boxer Berti Krüger rastet aus, als ein – in beiderlei Sinne des Wortes – windiger Unternehmer, dessen Firma in einer finanziellen Krise steckt, das Geld des Anlegers nicht zurückzahlen will. Als Berti wieder bei Verstand ist, liegt Dieter Kleinschmitt-Elbers reglos zu seinen Füßen. In Panik ergreift Krüger die Flucht, wird jedoch schon bald von dem Sensationsjournalisten ‚Camel’ aufgestöbert und anschließend in polizeilichen Gewahrsam genommen.
Der Fall scheint klar, aber es gibt einige Ungereimtheiten, die Hauptkommissar Heinrich Grimm stutzig machen. Kurz darauf ereignen sich weitere Delikte, die mit dem Mord in Verbindung stehen, und auf Grimm wird ein Anschlag verübt. Das überzeugt den Kommissar vollends, dass Krüger nicht der wahre Täter sein kann, sondern ein anderer nach ihm am Tatort war…
Der Krimi-Fan Erwin Kohl debütiert mit „Der doppelte Mord“ in der Bluebook-Reihe des Betzel Verlags. Der gebürtige Bayer wuchs am Niederrhein auf und siedelte die Handlung seines Romans in vertrauter Umgebung an, im Raum Wesel. In Folge agieren seine Protagonisten vor einer realen Kulisse und sprechen weitgehend, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.
Die Charaktere sind nicht unsympathisch, bleiben jedoch auf Distanz zum Leser. Der vertrauliche Kumpelton, dessen sie sich bedienen, ist nicht nach jedermanns Geschmack und passt auch nicht zu allen, schließlich entstammen sie unterschiedlicher sozialer Schichten. Die Nebenfiguren werden fast so ausführlich geschildert wie die Handlungsträger, dabei hätte man auf Informationen, die für die Geschichte nicht relevant sind, verzichten können zu Gunsten eines etwas dramatischeren und ausführlicheren Endes. Grimms Mutter, die für humorige Einlagen sorgen soll, ist schon fast zu viel des Guten, denn der legere Ton und die vielen Vergleiche reichen bereits aus, eine lockere Atmosphäre zu schaffen. Auch die keimende Romanze zwischen dem Kommissar und der Staatsanwältin trägt nicht viel zum Geschehen bei und wirkt in ihrer Steifheit deplaziert; sex sells nicht immer, und ein Krimi muss keine Ausflüge ins Genre der Liebesromane unternehmen.
Die Handlung ist logisch aufgebaut. Schon sehr früh streut der Autor den ersten Hinweis auf den wahren Täter ein, versucht danach, diese Spur wieder zu verschleiern, damit die Auflösung schlüssig und immer noch überraschend ist. Wie ein Mosaik fügen sich die Teile nach und nach zusammen, wobei sich die wichtigsten Erkenntnisse im letzten Drittel ballen. Das Ende selbst fällt zu gerafft aus, ein tragisches Opfer des Seitenlimits, und lässt die Frage offen, wie der wahre Täter genau zum richtigen Zeitpunkt an dem Ort des Geschehens hatte sein können, an dem der Tote nur ein Treffen vereinbart hatte…
Der Krimi ist unterhaltsam und spannend geschrieben und erfreut in erster Linie durch Lokalkolorit: Es bedarf keiner exotischen Kulisse - ein Verbrechen kann sich auch in vertrauter Umgebung abspielen und wirkt dadurch realistischer und perfider. Dem Autor ist es in seinem Erstlingswerk gelungen, die Handlung bis fast zum Schluss solide aufzubauen. Die genannten kleinen Schwächen wirken sich jedoch auf das Ende aus, das recht abrupt kommt und im Verhältnis zu dem vorher recht weitschweifigen Stil sehr knapp ausfällt. Wäre der Spielraum bei der Seitenvorgabe größer, hätten es die Autoren leichter – ein gedrängtes Finale ist leider die Schwäche vieler Romane.
Die richtige Bettlektüre!!
Grüßle Sielka