Benedikt XVI und der Exorzismus

  • Hallo, Ronja.


    Zitat

    Mein Glaube hat nichts mit dieser Institution zu tun.


    Das macht mich, wie gesagt, immer wieder baff. Und was genau glaubst Du dann?


    Jesus von Nazareth hat die Kirche initiiert, die ersten Gemeinden sind für das Jahr 35 n.Chr. nachgewiesen. Die Kirche ist immanent, was den Glauben anbetrifft, sie ist der Glaube. Das eine ohne das andere geht m.E. nicht.

  • Zitat

    Original von Tom
    Jesus von Nazareth hat die Kirche initiiert, die ersten Gemeinden sind für das Jahr 35 n.Chr. nachgewiesen. Die Kirche ist immanent, was den Glauben anbetrifft, sie ist der Glaube. Das eine ohne das andere geht m.E. nicht.


    Kirche ist nicht gleich Kirche.
    Ich nehme an, wir sprechen hier vor allem über die katholische Kirche, nicht?
    Denkst Du, es war die Absicht von Jesus, dass sich eine Institution entwickelt, die sich selbst Paläste baut? Die den Kirchengängern Götzenbildern hinstellt und ihnen sagt, dass sie sie anbeten sollen? Die Kriege unterstützt und den Soldaten die Absolution erteilt? Die Menschen jagt und verbrennt?


    Wenn man daran glaubt, dass es Jesus von Nazareth gegeben hat, dann müsste man diese Fragen ja mit "Nein" beantworten. Dann erübrigt sich auch die Frage, ob man als Christ eine Verbundenheit zu einer solchen Institution fühlen muss.

  • Zitat

    Original von Trugbild


    Kirche ist nicht gleich Kirche.


    Genauso ist es! :bruell

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hallo, Trugbild, hallo, Voltaire.


    Interessant. Demnach wäre dann auch - aus Sicht eines Gläubigen - alles andere abzulehnen, was die Kirche in Gottes bzw. Jesu Namen getan hat? Sehr bedenkenswert, scheint mir doch ein Gutteil des formulierten Glaubens eben jener (katholischen) Kirche zu entstammen. :gruebel



  • Das geht ganz einfach!


    Jesus hat "Gemeinden" initiiert, aber nicht die RKK! Er hat dazu beigetragen, dass Menschen sich versammeln und ihren Glauben zusammen leben und diskutieren. Und das ist nur natürlich, dass manche Menschen das Bedürfnis haben sich zusammenzuschließen um vielleicht zusammen zu beten, über ihren Glauben zu reden etc. Dieses Zusammenschließen gibt es aber auch bei Kleingartenvereine und Bücherforen.


    Ob Jesus eine Institution mit dem Aufbau der katholischen Kirche im Sinn hatte, weiß ich nicht. Ich glaube es aber nicht!


    Und: Die Kirche ist nicht der Glaube! Wie kann sie das sein? Wie soll das funktionieren? Sie ist eine Möglichkeit einer Gruppe von Christen. Wenn einem diese Gruppe mit ihren Regeln nicht gefällt, dann kann man zu einer anderen geben. Es gibt da ja mehr als genug Auswahl. Oder man kann einfach für sich glauben, ohne von Menschen vorgegeben Regeln. Man kann die Bibel für sich auslegen und man kann alleine beten ohne dazu ins "Vereinsheim" zu gehen.


    Die Vorlage für den christlichen Glauben bietet die Bibel. Die Grundlage ist für mich, dass man seinen Nächsten lieben soll. Der Rest der Bibel ist häufig eben Auslegungssache. Ob ich, wie oben schon erwähnt, an die Jungfrauengeburt glaube ist ebenso Auslegungssache, wie deine Erwähnung, dass Jesus Dämonen ausgetrieben und wie er das getan hat.


    Er könnte vielleicht einfach nur mit den Leuten geredet haben und sie zu "guten Menschen" gemacht haben, er könnte sie auch mit glühendem Eisen traktiert oder mit seinen Händen die Dämonen aus den Körpern gezogen haben. Mir erscheint eben Ersteres als am wahrscheinlichsten und deshalb würde ich alle anderen Methoden der Kirche als falsch ansehen, wenn sie schon meint es mit richtigen Dämonen zu tun zu haben.

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Doc.
    ...
    Jesus selbst hat exorziert: "Und er zog durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen und trieb die Dämonen aus."


    Dämonenbesessenheit und Exorzismus sind also Bestandteile des christlichen Glaubens (übrigens auch vieler anderer Religionen). Deines nicht?


    Ich hab ein Problem mit solchen enganliegenden Interpretation bzw. Interpretationsversuchen, was denn nun alles zum "wahren" (biblisch begründeten) Glaubensbild eines Christen gehören sollte.


    Die Bibel ist ein von Menschen zusammengetragenens Werk von Überlieferungen, die schwierig historisch einzuordnen sind. Menschen sind letztlich fehlbar, selbst wenn sie aus bestem Wissen und Gewissen heraus handeln.


    Ich respektiere die Leute, die die Bibel Wort für Wort so auslegen, wie es geschrieben steht, allerdings tue ich mich persönlich wesentlich schwerer mit sowas, obwohl ich die Bibel für einen unverzichtbaren Grundstein christlichen Glaubens halte und benutze. Anschaulicher: Für mich ist die Aussage der Bibel mit einem Gemälde vergleichbar, über das im Laufe der Jahrtausende unzählige unterschiedlich begabte Maler immer wieder mit dem Pinsel drübergegangen sind. Es ist also heutzutage relativ schwierig mit Gewissheit zu sagen, ob auf dem ursprünglichen Gemälde tatsächlich Jesus umhergegangen ist und Dämonen ausgetrieben hat (oder ob dies der überbordenen Phantasie eines glühenden Fans entsprungen ist). Die manchmal kaum zu erfüllende Aufgabe ist es also, zu versuchen das ursprüngliche Bild dahinter für sich selbst sichtbar zu machen.


    Es tut mir wirklich leid, wenn das alles so klingt, als ob ich mich zu keiner eindeutigen Aussage entschließen könnte, aber Glaube ist nun mal auch die immer wiederkehrende Auseinandersetzung mit Zweifeln, sei es den eigenen oder denen anderer Menschen.


    Abschließend noch ein Wort zum Thema Kirche und der Aussage "Ich glaube an Gott, nicht an die Institution."
    Das ursprüngliche Bedeutung des Wortes Kirche ist nichts anderes als Gemeinschaft. Christlicher Glaube funktioniert letztendlich nicht alleine im stillen Kämmerlein. Christsein bedeutet in Gemeinschaft mit anderen Christen zu sein und den Glauben innerhalb dieser Gemeinschaft zu leben (und zu feiern), aber auch immer wieder zu hinterfragen. Dieses Hinterfragen ist es mit dem sich die großen Kirchen (ob katholisch oder evangelisch spielt dabei keine Rolle) schwertun. Ob man deswegen die Kirchen verdammt und mit ihnen nichts zu tun haben möchte, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich habe mich für's bleiben und diskutieren entschieden.


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Tom
    Interessant. Demnach wäre dann auch - aus Sicht eines Gläubigen - alles andere abzulehnen, was die Kirche in Gottes bzw. Jesu Namen getan hat?


    Man kann niemals für alle Gläubigen sprechen. Es ging ja auch nur mal darum zu differenzieren und aufzuzeigen, dass Differenzieren durchaus Sinn macht. Ich persönlich lehne jedenfalls tatsächlich vieles ab, was die katholische Kirche in Gottes Namen getan hat. Dann nämlich, wenn es den überlieferten Evangelien widerspricht. Denn die Evangelien sind wichtiger als die Kirche.


    Zitat

    Sehr bedenkenswert, scheint mir doch ein Gutteil des formulierten Glaubens eben jener (katholischen) Kirche zu entstammen. :gruebel


    Es frustriert mich wenn ich mir überlege, welche Manipulationen möglicherweise in den letzten 2000 Jahren erfolgt sind. Das verkündete Wort der Evangelien halte ich aber hoch. Aber man kann mir nicht lehren, dass Toleranz und Gleichheit wichtig ist und dann erwarten, dass ich einer Institution folge, die diese Grundlagen mit Füssen tritt.

  • Zitat

    Original von Tom
    Und das andere nicht? :wow


    ? Wieso sollte ich es ablehnen, wenn die Kirche was Gutes tut? Sowas sollte man auch als Atheist nicht ablehnen. Gut, prinzipiell könnte man den Evangelien natürlich nach irgendwelchen Doppeldeutigkeiten oder heiklen Sätzen durchforsten und dann in deren Namen handeln. Aber ich mein ja damit vor allem die Grundbotschaft und nicht jeder einzelne Satz - und die ist ja definitiv positiv.

  • Ein sehr kritischer Mensch, der mit dem katholischen Glauben nichts anfangen kann, beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen, nach Rom zu fahren und die konkrete Ausgestaltung von römisch katholischer Kirche näher unter die Lupe zu nehmen.


    Als er nach Wochen wieder heimkehrt, fragen ihn seine Freunde, zu welchen Erkenntnissen er gekommen sei. "Ich bin jetzt katholisch", antwortet er ihnen. Auf ihre überraschten und entsetzten Nachfragen erklärt er: "Eine Religion, die das alles aushält, muss die wahre sein..."


    ;-)


    Zu vielfältig ist die Diskussion an dieser Stelle, zu viele verschiedenen Fragen sind aufgeworfen, die nicht alle in einem posting behandelt werden können. Vielleicht wäre es sinnvoll, konkrete Einzelfragen in separaten Threads zu besprechen. Für mich ist es allerdings ein sehr interessantes Geheimnis, wie diese ach so schlimme katholische Kirche trotz aller menschlichen Schwächen sich über nahezu 2000 Jahre behaupten konnte.


    In meinen Augen ist das schon ein Zeichen dafür, dass diese Gemeinschaft letztendlich nicht allein ein Menschenwerk ist (ja, ich weiß, dass das in den Augen vieler reine Spekulation ist...ich nenne es Vertrauen)


    Und zum Thema "Glauben kann ich allein, da brauch ich keine Institution":
    Aus der Bibel meine ich ziemlich klar entnehmen zu können, dass Glauben an den einen Gott immer eine Sache von Gemeinschaft war. Jesu Auftrag an uns ("Tut dies zu meinem Gedächtnis") bedingt Gemeinschaft. Richtig ist natürlich, dass die konkrete Ausgestaltung dieser Gemeinschaft und ihrer Regeln in vielen Teilen diskutierbar bleiben muss (im Sinne der "ecclesia semper reformanda").

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

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  • Hallo, Trugbild.


    Zitat

    Wieso sollte ich es ablehnen, wenn die Kirche was Gutes tut?


    Was Du ablehnen sollst und was nicht, das ist Deine Sache. :-) Ich frage mich nur, wie man die Kirche teilweise ablehnen kann. Entweder spricht sie im Namen Gottes und für die Gläubigen, oder sie tut es nicht. Aus meiner Sicht ist da eine Differenzierung nicht möglich. Wenn man die Kirche annimmt - fundamental -, dann muß man sie in gänze annehmen. Man kann sich m.E. nicht die Rosinen rauspicken und den Rest einfach außenvor lassen. Jedenfalls widerspräche das meinem (!) Verständnis von der Kirche.

  • Zitat

    Original von Tom
    Ich frage mich nur, wie man die Kirche teilweise ablehnen kann.


    Gut. Formulieren wir es anders: Die Institution lehne ich ab, aber nicht alles, was sie tut.


    Zitat

    Entweder spricht sie im Namen Gottes und für die Gläubigen, oder sie tut es nicht.


    Sie gibt wohl vor, im Namen aller Katholiken zu sprechen. Aber es sind ja nicht alle Gläubigen Katholiken.


    Zitat

    Aus meiner Sicht ist da eine Differenzierung nicht möglich.


    Wieso nicht? Wenn ich ein Buch gut finde - muss ich dann die Verfilmung ebenfalls gut finden? Auch wenn die Hälfte weggelassen und die andere Hälfte seltsam interpretiert wird? Und wenn ich ihn mies finde - muss ich dann alles mies finden? Inklusive aller Szenen?


    Zitat

    Wenn man die Kirche annimmt - fundamental -, dann muß man sie in gänze annehmen. Man kann sich m.E. nicht die Rosinen rauspicken und den Rest einfach außenvor lassen.


    Glaube ist nicht gleich Kirche. Kirche ist nicht gleich Katholische Kirche. Institution ist nicht gleich Taten der Institution.

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Trugbild.



    Was Du ablehnen sollst und was nicht, das ist Deine Sache. :-) Ich frage mich nur, wie man die Kirche teilweise ablehnen kann. Entweder spricht sie im Namen Gottes und für die Gläubigen, oder sie tut es nicht. Aus meiner Sicht ist da eine Differenzierung nicht möglich. Wenn man die Kirche annimmt - fundamental -, dann muß man sie in gänze annehmen. Man kann sich m.E. nicht die Rosinen rauspicken und den Rest einfach außenvor lassen. Jedenfalls widerspräche das meinem (!) Verständnis von der Kirche.



    Die Kirche - das sind Menschen und nicht Gott! Diese Menschen verhalten sich in manchen Dingen richtig und in manchen falsch. Manche bauen Kindergärten, manche treiben Dämonen aus. Alles der selbe Verein.



    Ich bin mir nur nicht so ganz sicher, wozu man tatsächlich die Gemeinschaft braucht. Manche Dinge sind zwar alleine nicht zu bewerktstelligen, aber zum Glauben und mich danach zu verhalten: Sichtwort: Nächstenliebe oder beten, brauche ich keine Gemeinschaft. Es hilft vielen, sich zu einer Gemeinschaft zusammenzuschließen, manche brauchen das aber auch nicht. Sie können auch so miteinander diskutieren und sich austauschen.


  • Könnte man das hier nicht so als Schlußwort stehen lassen? :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Könnte man das hier nicht so als Schlußwort stehen lassen?


    Zu welcher Diskussion genau? :grin


    Ich wollte nicht über die Fundamente des Glaubens diskutieren - das haben wir hier auch schon häufiger getan -, sondern über die augenscheinliche Entscheidung des aktuellen Pontifex, den Exorzismus wieder zu verstärken.

  • Hallo, Churchill.


    Zitat

    Aus der Bibel meine ich ziemlich klar entnehmen zu können, dass Glauben an den einen Gott immer eine Sache von Gemeinschaft war. Jesu Auftrag an uns ("Tut dies zu meinem Gedächtnis") bedingt Gemeinschaft. Richtig ist natürlich, dass die konkrete Ausgestaltung dieser Gemeinschaft und ihrer Regeln in vielen Teilen diskutierbar bleiben muss (im Sinne der "ecclesia semper reformanda").


    Oder, anders gesagt: Wo Christen sind, da ist Kirche. Nicht notwendigerweise die Kirche (also z.B. die römisch-katholische), sondern ohne Artikel?


    Übrigens: "Aus der Bibel meine ich ziemlich klar entnehmen zu können ..." - diese Formulierung gefiel mir sehr gut. Aber ich will's jetzt mal nicht übertreiben. :grin

  • Eine persönliche Anmerkung:
    Ich habe immer Schwierigkeiten damit, dieses Thema schriftlich zu diskutieren. Darüber redet es sich meiner Meinung nach in einem direkten persönlichen Gespräch besser, weil das Thema oder diesen Themenbereich unendlich komplex ist.


    Vielleicht ergibt sich ja mal die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch....... :wave :wave :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich komme mir vor wie ein Zaungast bei den Marburger Religionsgesprächen, ehrlich.




    Tom, ich hätte gerne eine ernstzunehmende Quelle (der Betreiber der zitierten Site ist ein Badener Kaplan, der schon im ORF für Heiterkeit gesorgt hat), am besten den Wortlaut der betreffenden Nota samt Bild.


    Ich erwarte halt auch hier, wie bei einer wissenschaftlichen oder politischen Sensation, daß die Grundlage der Diskussion etwas ist, was gewissermaßen beweistauglich ist, und nicht ausschließlich auf Zusammenfassungen und Interpretationen von Befürwortern oder/und Gegnern basiert.


    Vorher diskutiere ich nicht -- schon gar nicht über die Diskussionsfähigkeit der Diskutanten aufgrund mutmaßlicher weltanschaulicher Differenzen.




    Das Folgende mal zur Klärung des Sachverhaltes -- es gibt nicht meine Meinung wieder!


    Abgesehen von den lutherischen und calvinistischen Kirchen gibt es religionswissenschaftlich gesehen in allen (!) Religionen solche Methoden der "Gesundbeterei" durch Priester oder spirituell begabte/ausgebildete Angehörige und in den meisten ist das auch institutionalisiert. So auch in der RKK.


    In der RKK gibt es keine berufsmäßigen "Exorzisten" und es gibt keine Ausbildung; es handelt sich um geweihte Priester, die beim zuständigen Bischof um die Erlaubnis bitten müssen, eine solche Maßnahme durchführen zu dürfen. Grundlage der Erlaubnis ist der priesterliche Lebenswandel sowie die theologische und seelsorgerische Eignung des Bittstellers. Beileibe nicht jeder Bitte wird stattgegeben.
    Ein sogenannter "Kleiner Exorzismus" ist übrigens Bestandteil der Taufe, indem durch die Taufformel der Täufling von "bösen Mächten" losgesprochen wird; hingegen wir das, was in den Medien unter "Exorzismus" läuft, in der RKK als "Großer Exorzismus" bezeichnet.


    Gegenstand "Großer Exorzismen" sind nach katholischer Lehre Zustände der Besessenheit (Infestation), die ausdrücklich sowohl von religiöser Hysterie als auch von Geisteskrankheiten (darunter auch religiöse Wahnvorstellungen) unterschieden werden. Letztere sollen ausschließlich von Ärzten, Psychiatern und Psychologen behandelt werden. Von daher sind heutzutage auch psychologische und psychiatrische Gutachten Bestandteil der Prüfung auf Bewilligung eines solchen Ritus.


    Bestandteil "Großer Exorzismen" ist gelegentlich (keineswegs "routinemäßig") das Fasten. Verboten sind alle Formen körperlicher Gewalt, Beschimpfungen, Flüche (diese Handlungen gelten als "böse") und Fesselungen (abgesehen vom Gewaltaspekt des Fesselns wird die Ablehnung des Fesselns auf Bindezauber-Vorstellungen zurückgeführt, denn Personen, an denen der Ritus durchgeführt wird, tragen meist auch keine Gürtel u.ä.).


    Es war in der Presse die Rede davon, daß Exorzisten "rekrutiert" würden. Das ist Unsinn, da es keinen Berufsstand des Exorzisten gibt. Es ist die Bezeichnung für den Priester, der jeweils das Ritual durchführt. Da Exorzismen genauestens dokumentiert werden, wird derjenige Priester in den entsprechenden Dokumenten und Registern als "Exorzist" geführt. Eine Berufsbezeichnung ist das nicht.


    Johannes Paul II hat durchaus zu Exorzismen ermuntert und den Bischöfen nahegelegt, etwas entgegenkommender bei der Bewilligung von Exorzismen zu sein -- in den Industrienationen allerdings ohne den gewünschten Erfolg.


    Die meisten Exorzismen werden ohne Genehmigung und von Laien durchgezogen -- dieses Problem ist bekannt. Unerlaubter Exorzismus ist allerdings keine "läßliche Sünde", vor allem nicht, wenn Gewalt usw. im Spiel war und das Opfer zu Schaden kommt. Der Exorzist kann durchaus exkommuniziert werden. Solche Fälle werden der Justiz übergeben.
    So absurd es klingen mag: Es ist unzulässig, der RKK die unerlaubt durchgeführten Exorzismen anzulasten.


    Allgemein ist die Haltung zum Exorzismus in der katholischen Theologie gespalten. Der Ritus gehört zu den Heilriten wie auch Wallfahrten und Votivgaben. All diese sind essenzieller Bestandteil religiösen Lebens. Ihn aus dem Rituale Romanum zu streichen würde bedeuten, die Kontrolle über diesen Bestandteil religiösen Lebens aufzugeben.



    Noch was zu dem zitierten Satz: Den als "Ermunterung" zu lesen, ist m.A.n. willkürlich. Das Zitat betont ausdrücklich die Kontrollfunktion der Bischöfe ("unter der wachsamen Aufmerksamkeit ihrer Bischöfe"). Und die haben nun wahrhaftig kein Interesse an Exorzismus-Skandalen in Europa. Ich habe eher den Eindruck, sowohl Kirchengegner als auch Freunde des Exorzismus, interpretieren hier etwas hinein, was ihnen grad gut paßt.



    Ach ja, falls es jemanden interessieren sollte: Hier ist eine Übersetzung der Instruktion über Kriterien zur Berufungsklärung von Personen mit homosexuellen Tendenzen im Hinblick auf ihre Zulassung für das Priesterseminar und zu den Heiligen Weihen, formuliert von der Kongregation für das katholische Bildungswesen. Das Papier hat nur für Priesterseminare Gültigkeit und ist als Reaktion auf die Mißstände in St. Pölten nach langer Diskussion in der betreffenden Kongregation entstanden.

  • Zitat

    Tom, ich hätte gerne eine ernstzunehmende Quelle


    Komisch - wenn es um Bush geht, bist Du nie so heiß auf notariell bestätigte Quellen. Da genügt Hörensagen. Ich suche gerne die Threads raus. :grin


    Es gibt eine Vereinigung der Priester und Bischöfe innerhalb der römisch-katholischen Kirche, die Exorzismus betreiben, und diese Jungs hat Benedikt letztens empfangen. Sie haben in Rom Seminare zu Exorzismus und Satanismus veranstaltet, und die hat Benedikt durch hohe Vertreter geadelt - das hat seit 50 Jahren keiner seiner Vorgänger mehr getan. Und es gibt eine Note an die Diözesen, in denen Benedikt dazu ermuntert, Exorzisten zu bestellen.


    Deine Anmerkungen zu religiösen Ritualen in allen Ehren - mir sträuben sich die Haare, und zwar in erster Linie in Bezug auf die Diagnostik. Aber jut, lassen wir das. Ich hoffe nur, daß mir kein Exorzist über den Weg läuft, sollte mich mal - Gott behüte! - ein epileptischer Anfall ereilen.

  • Zitat

    Original von Ronja


    Die Vorlage für den christlichen Glauben bietet die Bibel. Die Grundlage ist für mich, dass man seinen Nächsten lieben soll. Der Rest der Bibel ist häufig eben Auslegungssache. Ob ich, wie oben schon erwähnt, an die Jungfrauengeburt glaube ist ebenso Auslegungssache, wie deine Erwähnung, dass Jesus Dämonen ausgetrieben und wie er das getan hat.


    Er könnte vielleicht einfach nur mit den Leuten geredet haben und sie zu "guten Menschen" gemacht haben, er könnte sie auch mit glühendem Eisen traktiert oder mit seinen Händen die Dämonen aus den Körpern gezogen haben. Mir erscheint eben Ersteres als am wahrscheinlichsten und deshalb würde ich alle anderen Methoden der Kirche als falsch ansehen, wenn sie schon meint es mit richtigen Dämonen zu tun zu haben.


    Weißt du wie hie heutige Exorzisten Dämonen austreiben? Vielleicht machen sie es genau so, wie du dir vorstellst, dass Jesus es gemacht haben könnte.


    zum Thema der homosexuellen Priester --> Ich kann die Aufregung darüber nicht verstehen. Die Kirche will doch nur, dass ihre Vertreter den Glauben nach Leben.