Endstufe von Thor Kunkel

  • Inhaltsangabe (Klappentext)


    "Humanismus funktioniert nicht, weil der Mensch nicht human ist", ist die Devise von Karl Fußmann, einem ehrgeizigen Wissenschaftskarrieristen, dem es zu Beginn des Zweiten Weltkrieges gelingt, im SS-Hygieneinstitut Berlin eine Anstellung zu finden.


    Durch seinen Vorgesetzten Ferfried Graf Gessner, der seine Dienstreisen nach Nordafrika skrupellos nutzt, um fernab der Front in die eigene Tasche zu wirtschaften, verschlägt es Fußmann schnell in die zwielichtigen Kreise von "Eskapisten und Hinterlandssoldaten":


    Zwischen Halbweltabenteuern mit der geheimnisvollen Lotte und dem Alltag der Zweckforschung schmuggelt er Pornofilme im Namen der undurchsichtigen Sachsenwald Naturfilm GmbH.


    Als Fußmann schließlich mitten ins Kriegsgeschehen nach Nordafrika versetzt wird, schlägt der Schrecken des Krieges über ihm zusammen - wie in Berlin auch über diejenigen, für die vorher der Krieg noch unwirklich weit entfernt erschien.


    Über den Autor


    Thor Kunkel, 1963 geboren, lebte nach seinem Studium der bildenden Kunst in Frankfurt und San Francisco, Amsterdam und Hamburg. Sein Roman "Das Schwarzlicht-Terrarium" aus dem Jahre 2000 wurde mit dem Ernst-Willner-Preis ausgezeichnet. Derzeit lebt Thor Kunkel in Berlin.


    Eigene Wertung


    Über sein Buch schreibt Theo Kunkel folgendes: "Ich glaube, es ist wichtig, das Dritte Reich unter dem Aspekt der Verführung und Verblendung zu sehen. Ich benutze die Pornographie als poetische Metapher, um das Phänomen Drittes Reich vollständig zu erfassen. Ich zeige den Intimitätsverlust und die Perversion, die der Faschischmus beinhaltet."


    Dieses hehre Ziel umzusetzen gelingt Kinkel weder inhaltlich noch stilistisch. Der Roman zieht sich zäher als Kaugummi. Die Protagonisten blieben mir fremd, ihre Motive weitgehend im Dunkeln. Das einzige, was sich halbwegs nachvollziehen läßt, ist die Affinität Fußmanns zu der Tänzerin Lotte, der er hoffnungslos verfallen zu sein scheint. Ich las den Roman zwar zuende, jedoch bedurfte das einigen Durchhaltevermögens.
    Es gibt vielfach bessere Bücher, die sich mit dem Themenkreis faschistische Perversion beschäftigen. Urteil: Nur bedingt empfehlenswert.

  • Richtig, ich bin damals durch einen Focus-Artikel auf das Buch aufmerksam geworden. Dort war die Kritik auch schon vernichtend. Aber da Bücher mit schlechten Kritiken nicht auch zwangläufig nicht-lesenswerte Bücher sind, habe ich mich doch zur Anschaffung und Lektüre entschlossen. Diesmal war es ein Fehler. :-)

  • Titel: Endstufe
    Autor: Thor Kunkel
    Verlag: Eichborn Berlin
    Erschienen: April 2004
    Seitenzahl: 587
    ISBN-10: 3821807539
    ISBN-13: 978-3821807539
    Preis: Restexemplare 4.99 EUR


    Bezüglich des Inhaltes werden wir beim Klappentext vorstellig:


    "Humanismus funktioniert nicht, weil der Mensch nicht human ist", ist die Devise von Karl Fußmann, einem ehrgeizigen Wissenschaftskarrieristen, dem es zu Beginn des Zweiten Welt-kriegs gelingt, im SS-Hygieneinstitut Berlin eine Anstellung zu finden. Dort soll er zur Unterstützung des deutschen Nordafrikafeldzugs ein Mittel gegen die Malaria erfinden. Über seinen Vorgesetzten Ferfried Graf Gessner, der - wie fast alle Angestellten des Instituts - seine Stellung skrupellos nutzt, um fernab der Front in die eigene Tasche zu wirtschaften, verschlägt es Fußmann in zwielichtige Kreise. Der Graf, von allen Ferri genannt, produziert nämlich mit seiner Firma "Sachsenwald Naturfilm GmbH" heimlich Pornos, die er in Schweden gegen kriegswichtiges Eisenerz tauscht und mit denen er in Nordafrika viel Geld zu machen hofft. Blonde Frauen sind dort besonders gefragt ...


    Der Autor:


    Thor Kunkel wurde 1963 geboren, lebte nach seinem Studium der bildenden Künste in Frankfurt in San Francisco und London, Amsterdam und Hamburg. Derzeit lebt der Autor in Berlin.


    Meine Meinung:


    Der Berliner TAGESSPIEGEL verstieg sich dazu diesen Roman als einen „....brisanten, hochinteressanten, literarischen Text“ zu bezeichnen. Ein weiterer Rezensent meinte, einige Passagen dieses Buches würden an Thomas Pynchons erinnern. Da scheint jemand sehr viel gelesen zu haben, aber sicher noch nichts von Thomas Pynchons. Thor Kunkel hat einen Roman geschrieben, den die Welt nun wirklich nicht gebraucht hat. Man gewinnt beim Lesen immer mehr den Eindruck, dass es dem Autor weniger um echtes Anliegen ging, sondern dass er (der Autor) versucht mit seinen eigenen sexuellen Phantasien klarzukommen. Literarischen Trash hat Kunkel hier abgeliefert, mehr leider nicht.
    Kunkel selbst sagte, dass er für dieses Buch sehr ausgiebig recherchiert habe. Das muss man allerdings dann doch bezweifeln. Bei einer ordentlichen Recherche hätten viele handwerkliche Fehler vermieden werden können. So gab es bei der Deutschen Wehrmacht niemals irgendwelche Feldjäger. Die Militärpolizei der Bundeswehr sind die Feldjäger, die Militärpolizei der Wehrmacht war die Feldgendarmerie. Und auch Rudolf Hess konnte 1942 nicht mit irgendwem in Berlin telefonieren, war er doch bereits 1941 von den Briten festgesetzt worden. Die Medaille Winterschlacht (1941/42 entworfen) wurde im Soldatenjargon „Gefrierfleischorden“ genannt, nicht aber wie von Kunkel geschrieben als „Gefrierschrankorden“ bezeichnet. Außerdem landeten die Alliierten nicht am 6. Juni 1943 in der Normandie, das war genau ein Jahr später am 6. Juni 1944.
    Sprachlich ist das Buch von Kunkel ein echtes Ärgernis. Er trifft so gut wie nie den richtigen Ton. Auch das Schreiben von „Gassenjargon“ will gelernt sein. Vielleicht hätte er da einfach mal bei Charles Bukowski oder auch bei Irvine Welsh einige Anleihen machen sollen.
    Bei Lesen des Buches bekommt man immer mehr das Gefühl, als wisse der Autor eigentlich gar nicht so richtig worüber er eigentlich schreibt. Ihm scheinen die Verhältnisse während des Dritten Reiches nicht sehr vertraut gewesen zu sein. Gute und intensive Recherche hätte hier Abhilfe schaffen können.
    Wer das Buch als die literarische Antwort auf die Quentin Tarantino oder David Lynch bezeichnet, der tut diesen beiden Männern sehr viel Unrecht. Tarantinos Filme sind sicher brutal, aber sie sind keinesfalls dümmlich-primitiv. Bei Kunkel findet der Leser einen schlimmen Brei aus Primitivität und Brutalität, alles ist fürchterlich oberflächlich und man fragt sich, was den Eichborn geritten hat ein solches Buch zu veröffentlichen.


    Ein echtes Schmankerl ist die Beurteilung dieses Buches durch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung:


    „Ein Roman der Dekadenz, der Wollust und der experimentellen, chemischen Weltverbesserungsfreuden, ein Roman von oft tarantinoartiger Grausamkeit, von Körperfreude, Körperekel und Witz am Rande des Weltuntergangs. Ein glänzend geschriebenes, ungeheuer interessantes Manuskript von einem der besten Autoren der jüngeren Gegenwart.“


    Da fragt man sich nur: Wie viele Promille muss man haben, um einen solchen Text zu verfassen?


    Fazit: Kunkel hat ein abgrundtief schwaches Buch geschrieben und man kann nur die bedauern, die für den Papierbedarf dieses Buches geopfert wurden. Kunkel zeigt die hässliche Seite der Literatur.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.