Narrenturm von Andrzej Sapkowski

  • Kurzbeschreibung (aus Amazon):


    Schlesien, im Jahr des Herrn 1422: Reinmar von Bielau »hieb seinem Grauschimmel die Fersen in die Weichen, ritt im Galopp über die blühende Heide auf die waldbestandene Anhöhe zu, hinter der er segenbringende, ausgedehnte Wälder vermutete«. Der junge Medikus, von seinen Freunden auch Reynevan genannt, ist auf der Flucht vor seinen Häschern. Der Liebe wegen, genauer gesagt, weil er in flagranti erwischt wurde, mit der schönen Adele von Sterz, Eheweib des sich gerade auf einem Kreuzzug gegen die feindlichen Hussiten befindenden Gelfrad von Sterz. Doch auch die Inquisition könnte sich für ihn interessieren, denn was man im heimatlichen Öls nach seinem stürmischen Abgang bei ihm findet, ist neben medizinischen Schriften so manches, das zumindest den Verdacht auf Hexerei aufkommen lassen könnte. Der sündige Möchtegern-Lancelot hat also ernsthafte Probleme, vor allem, weil ihm Adele nicht aus dem Kopf gehen will. So durchquert er auf dem Weg nach Breslau das damalige Mittel-Europa, begegnet dabei allerlei Volk, und auch der Narrenturm der Inquisition bleibt ihm nicht erspart, von dessen Warte aus die Welt bis heute einem einzigen Hauen und Stechen gleicht. Doch halt: Hatten die Chiliasten nicht vorausgesagt, die Welt würde im Februar des Jahres 1420 untergehen?

    Meine Meinung:


    Gleich vorweg: der erste Band der Trilogie hat ein offenes Ende. Ich musste mich durch dieses Buch 'durchkämpfen', denn für mich persönlich war es sehr schwer zu lesen. Das lag zum einen an den vielen polnischen Namen und Ausdrücken, zum anderen an den sehr langen Sätzen, die sich teilweise über einen ganzen Abschnitt ziehen. Dem Leser werden zu fast jeder neu eingeführten Person Stammbaum und bisheriger Lebensweg nahegebracht, was in meinen Augen für eine gewisse Länge sorgt.


    Die Handlung wird durch die vielen Hintergrundinformationen eher schleppend vorangetrieben, ab der Mitte des Buchs fand ich es dann flüssiger zu lesen, da die Charaktere vertrauter wurden und ich mich an den Stil gewöhnt hatte.


    Mein Fazit: wer sich für polnische / deutsche / schlesische Geschichte interessiert, wird an diesem Buch Freude haben. Wer unterhaltsame Lektüre sucht, eher nicht :-)


    Allerdings sind die Rezensionen bei Amazon ausschließlich positiv, also nicht von meiner Rezension abschrecken lassen :-)


    Freue mich auf Eure Erfahrungen mit diesem Buch!


    Emma

  • Zitat

    Original von Kalypso


    Pelican ist ein paar Mal bei diesem Buch eingeschlafen :lache
    Vielleicht meldet sie sich ja hier noch einmal zu Wort.


    Viele Grüße
    Kalypso


    Nanu? So einschläfernd ?? Na, warten wir Pelicans Antwort mal ab :-)


    Noch habe ich es ja nicht und kann es wieder von meiner Wunschliste streichen .. oder will es jemand los werden ? :lache

  • Klappentext:
    Schlesien, im Jahr des Herrn 1422: Der junge Medikus Reinmar von Bielau, von seinen Freunden auch Reynevan genannt, ist auf der Flucht vor seinen Häschern. Der Liebe wegen, genauer gesagt, weil er in flagranti erwischt wurde, mit der schönen Adele von Sterz, Eheweib des sich gerade auf einem Kreuzzug gegen die feindlichen Hussiten befindenden Gelfrad von Sterz. Doch auch die Inquisition könnte sich für ihn interessieren, denn was man im heimatlichen Oels nach seinem stürmischen Abgang bei ihm findet, ist neben medizinischen Schriften so manches, das zumindest den Verdacht auf Hexerei aufkommen lassen könnte. Der sündige Möchtegern-Lancelot hat also ernsthafte Probleme, vor allem, weil ihm Adele nicht aus dem Kopf gehen will, und so durchquert er auf dem Weg nach Breslau das damalige Mittel-Europa, begegnet dabei alleilei Volk, und auch der Narrenturm der Inquisition bleibt ihm nicht erspart, von dessen Warte aus die Welt bis heute einem einzigen Hauen und Stechen gleicht. Doch halt: Hatten die Chiliasten nicht vorausgesagt, die Welt würde im Februar des Jahres 1420 untergehen?


    "Wäre es Kino, so handelte es sich um ein teures, mittelalterliches Road-Movie, das über viele Wege führt, auf denen dem Medikus zahlreiche Abenteuer begegnen. [...] Der Autor schreibt seinen "Narrenturm" voller Beredsamkeit und Humor und spielt mit seinen Lesern literarische Spielchen. Vom Narrenturm aus geht der Blick auf das im Chaos versinkende 15. Jahrhundert, aber auch auf die Gegenwart." Polityka


    Zum Autor: lt. Klapptentext
    Andzej Sapkowski, geboren 1948, ist Literaturkritiker und Schriftsteller. Sein Fantasy-Zyklus über den Hexer Gerald erreicht in Polen inzwischen Millionen-Auflagen und wurde 1998 mit dem Literaturpreis der wichtigsten polnischen Wochenzeitung "Polityka" ausgezeichnet. Die Fortsetzung von "Narrenturm", "Bozy bojownicy" (dt.: "Gottesstreiter"), erschien 2004, beide Bände landeten auf Anhieb auf der Bestsellerliste und wurden mehr als hunderttausend Mal verkauft.
    Andrzej Sapkowksi lebt in Lodz und arbeitet derzeit am dritten Band, "Lux perpetua".


    Meine Rezension bei Amazon:
    Einen sehr ungewöhnlichen historisch-fantastischen Roman präsentiert uns der Deutsche Taschenbuch Verlag. „Narrenturm“ ist der erste Band einer Trilogie des polnischen Schriftstellers und Literaturkritikers Andrzej Sapkowski, deren erster und zweiter Band in Polen bereits mit großem Erfolg auf den Markt gebracht wurde. Der erste Band wurde in Polen 1998 mit dem Literaturpreis der Wochenzeitung „Polityka“ ausgezeichnet.


    Reinmar von Bielau, genannt Reynevan, Medikus und Magier ist der Protagonist dieses Romans, dessen Handlung im Mittelschlesien des 15. Jahrhunderts angesiedelt ist. Wer nun Ähnlichkeiten zum Medikus von Noah Gordon oder Wolfgang Serno o. ä. sucht, wird diese nicht finden. Mit Andrzej Sapkowski und seinem Helden werden eher Erinnerungen an den Schelmenroman von Simplicissimus, über die spanischen Schelmenromane bis zum braven Soldaten Schwejk wach.


    Unser junger, oft naiver Held Reinmar von Bielau stürzt sich nach seinem Studium in Prag im Schlesien des 15. Jahrhunderts ins pralle Leben. Leider hat er mit seinen erotischen Eskapaden kein glückliches Händchen und muß erleben, daß es üble Folgen hat, einem Edelmann Hörner aufzusetzen, selbst wenn dieser gerade auf Kreuzzug gegen die Hussiten befindlich ist. Reinmar wird von den Brüdern des Gehörnten in flagranti mit der Edeldame erwischt und eine abenteuerliche Flucht durch Schlesien, eine wahre Odyssee, nimmt ihren Anfang, in deren Verlauf Reinmar sich zusätzlich den Zorn der Inquisition, mehrerer Raubritter und weiterer Edelmänner auf sich zieht. Leider beschert unserem Helden auch seine Verwandtschaft keine große Unterstützung. Reinmar ist zwar von adeliger Herkunft, aber auch seine Verwandten haben sich bereits den Zorn der Mächtigen zugezogen und so droht ein Netz aus Intrigen unseren jungen liebenswert-chaotischen Helden zu verschlingen. Glücklicherweise findet der tolpatschige Reinmar auch einige interessante Freunde, die ihn auf seiner Flucht mit Rat und Tat sowie Wort und Kraft unterstützen.


    Geheimnisvoll wird es, wenn die Mauerläufer ins Spiel kommen, die offenbar Boten einer geheimen Macht sind. Mit ihnen kommen Fantasy-Elemente ins Spiel, wobei sich Sapkowski zumindest in diesem ersten Band an Kreaturen orientiert, wie man sich diese im Volksmund auch nach dem Mittelalter in Fabeln und Legenden noch vorgestellt hat. Der Glaube an Hexen und Dämonen ist im 15. Jahrhundert noch tief verankert und so spielt der Autor regelrecht mit diversesten magisch-mystischen Quellen aus der Zeit bis zum Spätmittelalter und baut beispielsweise einen Hexensabbat in die Handlung ein.


    Deftig geht es zu in diesem historischen Roman. Sowohl sprachlich als auch szenisch ist Sapkowskis Roman dem Mittelalter zweifellos näher als viele andere historischen Romane um diese Zeit und seine Charaktere verhalten sich zeitgemäß. Sein Wissen über die politische Situation, Orte und Menschen der damaligen Zeit verpackt Sapkowski intelligent, daneben glänzt er aber nicht nur mit diesem Wissen sondern zeigt sich ausgesprochen witzig und geistreich. Gelegentliche Anachronismen werden vom Autor ganz bewusst eingesetzt, Bezüge zur heutigen Zeit lassen den Leser immer wieder Schmunzeln. Sapkowskis Roman ist, zum Vergnügen des Lesers, durchsetzt mit Überzeichnungen, Persiflagen, Situationskomik, Groteskem und Absurdem. So farbenprächtig, lebendig und beeindruckend Sapkowskis „Narrenturm“ geworden ist, so blaß blieb leider der Protagonist für mich.


    Leider tat ich mir beim Lesen des Romans trotz seiner Vorzüge aus zwei Gründen etwas schwer bzw. ich habe ihn immer mal wieder gerne aus der Hand gelegt. Die direkte Rede der verschiedenen Personen wird leider nicht mit Anführungszeichen gekennzeichnet, so daß jederzeit höchste Aufmerksamkeit beim Lesen gefordert ist, um immer möglichst schnell festzustellen, wer gerade spricht. Des weiteren habe ich die persönliche Eigenheit, daß mir das Typische eines Schelmenromans, das Aneinanderreihen von Episoden mit immer wieder abflachender Spannung zum Ende einer jeden Episode, leider nicht besonders liegt. Hilfreich ist für mich bei einem derartigen Aufbau, einfach immer nur ein oder zwei Kapitel am Stück zu lesen und das Buch wieder wegzulegen. Wem es genauso geht, dem kann ich diese Vorgehensweise nur empfehlen, denn es lohnt sich wirklich diesen äußerst intelligenten und witzigen Roman zu lesen und zu genießen.


    Die vielen lateinischen, französischen und z. T. sogar italienischen Zitate sowie einige Metaphern werden dem Leser in einem ausführlichen Anhang übersetzt und erklärt. Eine Karte im Einband hilft dem Leser sich im Schlesien des 15. Jahrhunderts zurechtzufinden.


    Schade ist, daß dieser erste Teil der Trilogie keinen befriedigenden Abschluß hat. Nach einer wilden Schlacht zwischen Hussiten und katholischem Adel, Reinmar ist natürlich mit dabei, ist der Roman plötzlich zu Ende. Der zweite Band wird aber angeblich in Kürze unter dem Titel „Gottesstreiter“ erscheinen und am dritten Band „Lux perpetua“ arbeitet Andrzej Sapkowski lt. Klappentext auch schon.


    Extra für die Eulen:
    Einige Eulen wissen ja, daß ich über dem Buch mehrfach eingeschlafen bin. Das liegt aber vor allem daran, daß mir Schelmenromane noch nie lagen. Meine Empfehlung an Euch: geht mit etwas Zeit in die Buchhandlung und lest es gründlich an. Mir hat das kapitelweise Lesen sehr geholfen, denn ich fand das Buch durchaus wert, sich durchzukämpfen.