Eure Lieblingsgedichte!!!

  • Also, was habt ihr für Lieblingsgedichte???Verzeiht mir, wenn es diesen Thread schon gab*fleh*!!! Hier sind meine:


    Vergangnen Maitag brachte meine Katze
    Zur Welt sechs allerliebste kleine Kätzchen,
    Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen.
    Fürwahr, es war ein zierlich Wochenbettchen!


    Die Köchin aber, Köchinnen sind grausam,
    Und Menschlichkeit wächst nicht in einer Küche -
    Die wollte von den sechsen fünf ertränken,
    Fünf weiße, schwarzgeschwänzte Maienkätzchen
    Ermorden wollte dies verruchte Weib.


    Ich half ihr heim! - Der Himmel segne
    Mir meine Menschlichkeit! Die lieben Kätzchen,
    Sie wuchsen auf und schritten binnen kurzem
    Erhobnen Schwanzes über Hof und Herd;
    Ja, wie die Köchin auch ingrimmig drein sah,
    Sie wuchsen auf, und nachts vor ihrem Fenster
    Probierten sie die allerliebsten Stimmchen.


    Ich aber, wie ich sie so wachsen sahe,
    ich preis mich selbst und meine Menschlichkeit.


    Ein Jahr ist um, und Katzen sind die Kätzchen,
    Und Maitag ist's! - Wie soll ich es beschreiben,
    Das Schauspiel, das sich jetzt vor mir entfaltet!


    Mein ganzes Haus, vom Keller bis zum Giebel,
    Ein jeder Winkel ist ein Wochenbettchen!


    Hier liegt das eine, dort das andre Kätzchen,
    In Schränken, Körben, unter Tisch und Treppen,
    Die Alte gar - nein, es ist unaussprechlich,
    Liegt in der Köchin jungfräulichem Bette!


    Und jede, von den sieben Katzen
    Hat sieben, denkt euch! sieben junge Kätzchen,
    Maikätzchen, alle weiß mit schwarzem Schwänzchen!


    Die Köchin rast, ich kann der blinden Wut
    Nicht Schranken setzen dieses Frauenzimmers;
    Ersäufen will sie alle neunundvierzig!


    Mir selber, ach, mir läuft der Kopf davon -
    O Menschlichkeit, wie soll ich dich bewahren!


    Was fang ich an mit sechsundfünfzig Katzen!


    Ich liebe dieses Gedicht. Aber es gibt noch zwei:


    Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält,
    ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe,
    und hinter tausend Stäben keine Welt.


    Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
    der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
    ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
    in der betäubt ein großer Wille steht.


    Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf
    -dann geht ein Bild hinein
    geht durch der Glieder angespannte Stille
    und hört im Herzen auf zu sein.


    Und noch das Katzen kann man alles sagen, aber ich will das jetzt nciht auch noch alles ins Gedächtnis rufen und aufschreiben, die beiden andern waren schlimm genug, sie waren alng



    Saphira

  • Hallo Saphira,
    du bist mir zwar zuvorgekommen, da dies auch mein Lieblingsgedicht ist, aber nichtsdestotrotz poste ich es nochmal etwas "ordentlicher" ;) (Nicht wieder an die Decke gehen bitte ;)).


    DER PANTHER
    Rainer Maria Rilke


    Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
    so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
    Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
    und hinter tausend Stäben keine Welt.


    Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
    der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
    ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
    in der betäubt ein großer Wille steht.


    Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
    sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
    geht durch der Glieder angespannte Stille -
    und hört im Herzen auf zu sein.

  • Und noch ein Lieblingsgedicht von mir.


    WESTWIND
    Marianne von Willemer


    Ach um deine feuchten Schwingen
    West wie sehr ich dich beneide,
    Denn du kannst ihm Kunde bringen,
    Was ich durch die Trennung leide.


    Die Bewegung deiner Flügel
    Weckt im Busen stilles Sehnen,
    Blumen, Augen, Wald und Hügel
    Stehn bei deinem Hauch in Thränen.


    Doch dein mildes sanftes Wehen
    Kühlt die wunden Augenlider;
    Ach, für Leid müßt ich vergehen,
    Hofft ich nicht, wir sehn uns wieder.


    Geh denn hin zu meinem Lieben,
    Spreche sanft zu seinem Herzen,
    Doch vermeid ihn zu betrüben
    Und verschweig ihm meine Schmerzen.


    Sag ihm nur, doch sags bescheiden,
    Seine Liebe sei mein Leben,
    Freudiges Gefühl von beiden
    Wird mir seine Nähe geben.

  • Kleine Strophen von der Unsterblichkeit


    Dauer, Zeit und Raum
    Sind wie Brandungsschaum,
    Der verweht, indes die Flut sich wendet -
    Doch das kleinste Sein
    Schliesst ein Wesen ein,
    Das von Anfang ist und niemals endet.


    ..........
    ..........
    ..........usw. usf.


    Carl Zuckmayer


    (Quellenangabe: SO ODER SO IST DAS LEBEN Brigitte Horney/Eine unvergessliche Schauspielerin erzählt ihr Leben. Aufgezeichnet von Gerd Host Heyerdahl ISBN 3-502-18335-x)



    Edit: ganz schweren Herzens das Gedicht um ca. 3/4 massakriert

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    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

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  • Grisel


    dieses Gedicht von Hesse gehört auch zu meinen "Top Ten"...eine Perle deutscher Lyrik

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  • Der Panther ist klasse, und das von Hesse auch. :anbet
    Noch ein wunderschönes von Rilke, das entweder keinen Titel hat, oder dessen Titel nicht in meinem Gedichteband abgedruckt ist:


    Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten
    aus deinem Haar vergeßnen Sonnenschein.
    Schau, ich will nichts, als deine Hände halten
    und still und gut und voller Frieden sein.


    Da wächst die Seele mir, bis sie in Scherben
    den Alltag sprengt; sie wird so wunderweit:
    An ihren morgenroten Molen sterben
    die ersten Wellen der Unendlichkeit.


    Bist du so müd? Ich will dich leise leiten
    aus diesem Lärm, der längst auch mich verdroß.
    Wir werden wund im Zwange dieser Zeiten.
    Schau, hinterm Wald, in dem wir schauernd schreiten,
    harrt schon der Abend wie ein helles Schloß.


    Komm du mit mir. Es soll kein Morgen wissen,
    und deiner Schönheit lauscht kein Licht im Haus ...
    Dein Duft geht wie ein Frühling durch die Kissen:
    Der Tag hat alle Träume mir zerrissen, -
    du, winde wieder einen Kranz daraus.


    Und von Brecht:


    Die Liebenden


    Sieh jene Kraniche in großem Bogen!
    Die Wolken, welche ihnen beigegeben
    Zogen mit ihnen schon, als sie entflogen
    Aus einem Leben in ein andres Leben
    In gleicher Höhe und mit gleicher Eile
    Scheinen sie alle beide nur daneben.
    Dass so der Kranich mit der Wolke teile
    Den schönen Himmel, den sie kurz beifliegen
    Dass also keines länger hier verweile
    Und keines andres sehe als das Wiegen
    Des andern in dem Wind, den beide spüren
    Die jetzt im Fluge beieinander lieben
    So mag der Wind sie in das Nichts entführen
    Wenn sie nur nicht vergehen und sich bleiben
    So lange kann sie beide nichts berühren
    So lange kann man sie von jedem Ort vertreiben
    Wo Regen drohen oder Schüsse schallen.
    So unter Sonn und Monds wenig verschiedenen Scheiben
    Fliegen sie hin, einander ganz verfallen.
    Wohin ihr? – Nirgend hin. – Von wem davon? – Von allen.
    Ihr fragt, wie lange sind sie schon beisammen?
    Seit kurzem – Und wann werden sie sich trennen? – Bald.
    So scheint die Liebe Liebenden Halt.


    Eigentlich gibt es noch eines von Hesse, das für mich sein schönstes ist, aber ich kann es leider nicht ganz auswendig und Google findet nichts. ;-(

  • Brecht Berthold:
    Fragen eines lesenden Arbeiters
    Der Weg des Tao-te-king in die Emigration


    morgen vielleicht doch wieder was anderes, aber unter den TOP 10 sind die zwei immer.

  • Noch eines aus meinen Top Ten


    Stufen


    Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe.
    Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
    Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
    Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,


    ......................
    ......................
    ......................usw. usf.


    Hermann Hesse


    (Quellenangabe: STUFEN AUSGEWÄHLTE GEDICHTE
    Hermann Hesse ISBN 3-518-01342-4)

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  • Das Copyright lässt grüssen....


    Wir sollten wohl unbedingt die Quellenangabe beifügen...ich bin mir sowieso recht unsicher, ob wir überhaupt die ganzen Gedichte aufschreiben dürfen.... :gruebel :gruebel :gruebel


    Vielleicht wird uns ja noch jemand aufklären, der Bescheid weiss....

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  • Der Panther wurde ja schon genannt und dann noch dieses:


    An Anna Blume von Kurt Schwitter


    Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir!
    Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, ---- wir?
    Das gehört beiläufig nicht hierher!
    Wer bist Du, ungezähltes Frauenzimmer, Du bist, bist Du?
    Die Leute sagen, Du wärest.
    Laß sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht.
    Du trägst den Hut auf Deinen Füßen und wanderst auf die Hände,
    Auf den Händen wanderst Du.
    Halloh, Deine roten Kleider, in weiße Falten zersägt,
    Rot liebe ich Anna Blume, rot liebe ich Dir.
    Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, ----- wir?
    Das gehört beiläufig in die kalte Glut!
    Anna Blume, rote Anna Blume, wie sagen die Leute?
    Preisfrage:
    1. Anna Blume hat ein Vogel,
    2. Anna Blume ist rot.
    3. Welche Farbe hat der Vogel?
    Blau ist die Farbe Deines gelben Haares,
    Rot ist die Farbe Deines grünen Vogels.
    Du schlichtes Mädchen im Alltagskleid,
    Du liebes grünes Tier, ich liebe Dir!
    Du Deiner Dich Dir, ich Dir, Du mir, ---- wir!
    Das gehört beiläufig in die ---- Glutenkiste.
    Anna Blume, Anna, A----N----N----A!
    Ich träufle Deinen Namen.
    Dein Name tropft wie weiches Rindertalg.
    Weißt Du es Anna, weißt Du es schon,
    Man kann Dich auch von hinten lesen.
    Und Du, Du Herrlichste von allen,
    Du bist von hinten, wie von vorne:
    A------N------N------A.
    Rindertalg träufelt STREICHELN über meinen Rücken.
    Anna Blume,
    Du tropfes Tier,
    Ich-------liebe-------Dir!

  • Grisel


    Du hast beim Hesse-Gedicht ein Anmerkung geschrieben...


    ...dazu muss ich sagen: Hesse litt zeitweise an Depressionen und zudem auch an Sozialphobie.... (damals hatte diese SP noch keinen Namen)....


    Ich wage zu behaupten: wenn Hesse diese Krankheiten nicht gehabt hätte, dann wäre dieses Gedicht NEBELWANDERUNG nie entstanden....


    ...irgendwie auch wieder traurig.

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  • Joan :
    Ja, und nein. Denn wenn er es auf diese Weise geäußert hat, und dabei etwas geschaffen hat, was gleichermaßen traurig, wie schön ist, das ist doch auch etwas.
    Da fällt mir ein, das Gedicht aus dem Steppenwolf, das ich auch sehr mag (mir aber zu lang war zum Aufschreiben), stößt ja in eine ähnliche Richtung.

  • Betreffs des Urheberrechts:


    Bei Bildern: Wenn sie aus in einer Quelle stammen, die über vor über 70 Jahren publiziert worden ist. Sprich - du kannst ein und dasselbe Bild in einer Kunstbandausgabe von 1904 und 1970 haben. Du darfst nur die Bildkopie aus dem ersten Buch (1904) benutzen. Auch wenn Urheber und Motiv identisch sind.


    Bei Texten: Zitieren nur einen Bruchteil des Gesamttextes. Hier gibt es unterschiedliche Angaben (anders gesagt: ich weiß es nicht). Zumindest nicht mehr als ein Viertel.
    Und immer mit Quellenangabe.
    Gesamtzitate nur bei Texten, deren Autor schon über hundert Jahre tot ist.
    Immer mir Autorenverweis. Auch hier gilt sonst Plagiatsvorwurf.


    Sprich: Leute, bitte achtet doch mal drauf.

  • Mein Lieblingsgedicht dürfte "Der Knabe im Moor" von Annette Droste-Hülshoff sein. Ich fand das als Kind so herrlich schaurig, seitdem zieht es mich, mal eines Tages ein echtes Moor zu sehen.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Waldläufer


    Rilke, Fried, Hesse, Brecht, Zuckmayer...sind alle noch keine 100 Jahre tot...
    höchstens, wenn wir jetzt die Jahre von jedem zusammenzählen... :lache


    ...das würde dann heissen, wir müssten diese Gedichte um 3/4 kürzen


    Das fällt mir jetzt wirklich unheimlich schwer... :cry

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