Wir Mädchen sind bekannt dafür, dass wir es oft und in oftmals unpassenden Situationen tun: Nachdenken.
Wir denken darüber nach, ob wir Hose oder Rock anziehen; überlegen, uns im Unterricht zu melden oder lieber nicht; fragen uns, ob wir zuerst Deutsch- oder Mathehausaufgaben erledigen sollen. Das mag alles nicht schlimm sein, gravierend wird es jedoch, wenn wir beginnen, über Liebesangelegenheiten nachzudenken.
Beginnend bei elementaren Fragen wie „Ansprechen oder nicht ansprechen?“, „Wohin zum Date?“ und „In welchem Verhältnis stehen wir jetzt eigentlich zueinander?“ interpretieren wir sogar kleinste Wimpernzucker unserer Flirts. Ist „Wir sehen uns!“ in einer SMS nun gut oder schlecht? Will ER damit sagen „Hoffentlich sehen wir uns bald wieder!“ – oder soll das etwa heißen „Mach mal halblang, wir werden uns schon mal irgendwann wieder sehen…“? Und wenn ich darauf jetzt antworte, ist das dann aufdringlich? Und überhaupt, bedeutet ein Hdgdl mehr als ein Hdl? Ist „Träum süß“ besser als „Träum was Schönes“? Kommt ein Anruf besser als eine SMS? Und wenn ja, wann soll ich anrufen- und was zum Teufel soll ich sagen? – Fragen über Fragen.
Die Interpretation von Gestiken verlangt Ähnliches ab, wie zum Beispiel die hoch interessante Frage „Er hat mich zum Abschied nicht umarmt- was heißt das?“ Natürlich könnte man jetzt Sachen antworten wie „Er hat’s halt einfach vergessen.“ – aber das wäre viel zu einfach. Nein, in Wahrheit war das bestimmt ein Zeichen. Er mag mich nicht. Findet mich nicht attraktiv. Warum hat er mich dann letztes Mal umarmt? Und was bedeutet eine weggelassene Umarmung kombiniert mit einem „Hdgdl“ in einer SMS und einem mündlichen „Wir sehen uns!“ ??? Da sind wir wieder, mitten im mental- emotionalen Dilemma. Einerseits wollen wir uns nicht in alles hineinsteigern, andererseits wollen wir nicht als gleichgültig und gefühlskalt erscheinen.
Also denken wir über uns, über IHN, über uns beide, über identische Replikation als Bestandteil der Interphase nach, grübeln, überlegen, sezieren, analysieren- Stopp!
So kann das nicht weitergehen. Haben wir nicht alle schon bemerkt, wie dieses „Zerdenken“ die Beziehung zu ihm einschlafen lässt? Wir sollten viel weniger denken und viel öfter SMS schreiben über das, was wir fühlen und nicht nur denkbereinigtes, nichtssagendes Getippse abschicken. Wir sollten vielmehr überlegen, ob wir unser zaghaftes Handeln mit unserem Selbstbild abgleichen können, als so fürchten, dass uns jemand im Bus mit IHM gesehen hat und nun böse Gerüchte verbreitet.
Ja, wenn wir nicht mehr als der lebende Beweis für „Wenn Frauen zu viel denken“ gelten, wenn wir agieren statt zu stagnieren und wenn wir endlich aufhören, auf die Tipps aus Mädchenzeitschriften zu hören, dann, ja, dann könnte die ganze Geschichte noch was werden.
Zumindest rede ich mir das ein.