Mein Katastrophenbericht

  • Ein großer Unglücksfall kann einem schlagartig die Stimmung in den Keller treiben, doch auch die Anhäufung kleiner Unannehmlichkeiten geht auf Dauer aufs Gemüt.


    Vor Montagabend ahnte ich noch nichts davon, dass mich mein Lebensmotto auf eine harte Probe stellen würde. Der Tag war so gut wie beendet und ich wollte ihn mit ein paar Zeilen beenden, als ich aus Versehen die falsche Diskette in das Fach schob. Ich bemerkte meinen Fehler, und entfernte die Diskette, jedoch etwas zu früh, denn der PC zeigte mir die Fehlermeldung an, dass keine Diskette im Laufwerk wäre. Ich schob also die neue Diskette hinein und klickte auf wiederholen. Und der PC wiederholte –nur leider den Inhalt der anderen Diskette. Ich entfernte die Diskette wieder und schob sie neu hinein, doch es änderte nichts –der PC zeigte mir den falschen Inhalt für die Diskette an. Mein Herz schlug bereits auf 180. Ich überlegte, ob es die falsche Diskette wäre, doch keine der anderen ergab den gewünschten Inhalt, und als ich schließlich versuchte die Datei zu öffnen, die mir angezeigt wurde, erschien die Meldung Pfad ungültig. Doch noch immer wollte ich mich nicht geschlagen geben und am nächsten Tag versuchen, ob ein anderer PC den richtigen Inhalt anzeigen würde, denn ich hatte es bereits einmal erlebt, dass nur mein PC den Inhalt einer Diskette nicht erkannte, nachdem er sie einmal falsch gelesen hatte.


    Dienstagmorgen schickte uns unsere Lehrerin in den Multimediaraum, damit wir dort weiter an der Ausarbeitung unserer Präsentation arbeiten könnten, was gleich zwei gute Nachrichten ergab. Die erste war, dass auch dieser PC den falschen Inhalt mit dem Verweis Pfad ungültig anzeigte. Damit war meine letzte Hoffnung gestorben. Ich überlegte krampfhaft, doch es half nichts, ich besaß keine weitere Sicherung von dieser Datei. Meine Stimmung war im Keller, ich hatte einen dicken Kloß im Hals und meine Augen brannten. 50 Seiten vernichtet. Dann kam das zweite hinzu. Meine Partnerin setzte mich davon in Kenntnis, dass sie unsere Aufzeichnungen nicht finden könne, die wir zwei Tage zuvor gemacht hatten. Verwundert schaute ich in meinen nach, mit demselben Resultat: Die Ordner waren alle leer geräumt. Nachfragen ergaben, dass die Inhalte wegen der Datenmenge mit Absprache gelöscht worden wären. Nur hatte diese Absprache die Löschung bereits viel früher angekündigt. Aber dank unseren liebreizenden Praktikanten, die ihre Zeit ja sinnvoller mit dem Surfen im Internet verbringen, hatten sie ihre Rundumlöschung für sämtliche Kurse bis besagtem Morgen aufgeschoben. –Und wie immer wurde nun von mir erwartet, dass ich allen ruhig sage, dass es kein Weltuntergang ist und meine Lösung parat habe. Dabei wollte ich nur meine Ruhe und meinen Verlust betrauern. Also atmete ich tief durch und begann aus dem Kopf meinen Text zusammenzuschustern anhand der Informationen, die ich vorher gesucht hatte, denn eine erneute Suche wäre sinnlos gewesen.


    Nun gut. Was nicht zu ändern war, war nicht zu ändern, und bereits gegen Abend hatte ich mir die einzelnen Szenen notiert und mich mit dem Gedanken angefreundet, die Neuaufzeichnung der Seiten als Chance zu sehen. Plott überarbeiten, Charakterprofile erstellen, und dann von vorne anfangen. Noch war ich nicht so weit, mich Negativieren zu lassen.


    Mittwoch und Donnerstag zogen an mir vorbei, und bis auf eine gewisse Trägheit und die Erkenntnis, dass ich dringend etwas an meinem Klausurenstil verändern musste, geschah nichts Besonderes. Doch dann kam Freitag und damit Chemie, Klappe die Erste:


    Chemie. Mein über alles geliebter Leistungskurs. Nein, nein, eigentlich mag ich ihn ja sehr. Super Lehrerin, super Mitfreaks und immer eine Forderung, oft eine Herausforderung und nicht selten eine Überforderung.


    Wir sollten experimentieren. Ich gebe zu, ich habe nicht immer eine Ahnung davon, wozu einzelne Experimente gut sind, was ich am Anfang der Woche bereits einmal gesagt hatte. Also begann meine Lehrerin mit den Worten „Wenn es auch euch so geht, dass ihr wie Jane nicht wisst, wozu wir hier etwas machen, dann sagt es.“ Autsch die erste.
    Mit Sorgfalt bereitete ich das Experiment vor und führte es mit meinem Partner streng nach Anweisung durch. Ich ging davon aus, wenn dasteht, bis 15 Milliliter, dann heißt das auch 15 Milliliter und wenn bei der Auswertung steht, Strömstärke messen, dann ist meine Aufgabe die Strömstärke bis zur Zugabe von 15 Millilitern zu messen. Wie erstaunt war ich, als meine Lehrerin mich zum Schluss fragte, bei wie viel Millilitern ich den meinen höchsten Wert erreicht hätte. „Bei 15“ antworte ich. Sie sah erstaunt aus –und als ich ihr dann erklärte, dass unsere Werte kontinuierlich gestiegen seien, schüttelte sie den Kopf und meinte „Wozu mache ich überhaupt die Experimente mit euch, wenn ihr nicht wisst, wozu.“ Autsch die zweite.


    Mein Freitag war für mich gelaufen, selbst mein Kunstkurs, bei dem ich mir die Hand gegen die Druckerplatte schlug, und so ging ich an die Decke, als mir meine Mutter gegen 21.30, als sie mich abholte, sagte, wir seien Sonntag bei der Familie ihres Freundes zum Essen eingeladen. –Denn wir waren bereits Samstag bei meiner Oma mütterlicherseits eingeladen. Super, ganz toll, die Zeit, an beiden Tagen zu Verwandten zu gehen, was mindestens jeweils 5 Stunden dauerte ohne Fahrt, hatte ich nicht, zumal ich Samstagabend weggehen wollte, da ich nach 4 Monaten die „Neue“ meines engsten Freundes wohl doch einmal kennen lernten sollte.
    Jetzt sollte ich mich also entscheiden. Haha. Welche Oma habe ich lieber. Haha. Samstag absagen konnte ich aber sowieso nicht, denn ich hatte mir vorgenommen, die Fotos zu sortieren, weil ich meiner Oma zu Weihnachten eine Nostalgieseite basteln wollte.


    So begann mein Samstag schon mit Grabeslaune, weil ich frühes Aufstehen am Wochenende überhaupt nicht schätze. Zu wenig Schlaf und negative Nachrichten vertragen sich bei mir nicht. 2 Tassen Kaffee, ½ Stunde Klavier meines 3jährigen Neffen und 100 Jahre Familiengeschichte später hatte ich übles Kopfweh. Da las ich auf dem Weg nach Hause die Nachricht, dass wir uns erst 20 Uhr treffen würden, um dann dorthin zu fahren, wo wir hinwollten. Besagter Freund wohnt aber zurzeit nicht in der Stadt und würde bei seiner Freundin schlafen. Ich beriet mich mit meinen Eltern. Doch Pustekuchen. Wieder einmal hatte ich zu ertragen, dass sie aufs Land gezogen waren. So lange aufbleiben würden sie nicht, mit Fahrrad in der Nacht übers Land könnte ich vergessen und Taxis fuhren hier ab 22 Uhr laut Erfahrung nicht mal, wenn man den Taxidienst anrief. Früher hätte ich bei meiner Oma schlafen können, doch wegen der Hausrenovierung war dort auch kein Platz. Fazit: Ich musste die Verabredung absagen. Was tat ich also mit meinem restlichen Tag: Ich schrieb mein Referat und ging um 23 Uhr ins Bett. Der Humor meiner Mutter, dass ich ja nun Zeit hätte, am nächsten Tag mitzukommen, tat sein übriges. Samstagabend war meine Grenze erreicht. Zu viele Kleinigkeiten, zu viel Arbeit und Nichterfüllung meiner sozialen Bedürfnisse.


    Das Ende? Nein, noch war die Pointe meiner ruhmreichen Woche nicht erreicht, denn es sollte noch Chemie, Klappe die zweite, am Montag folgen.


    Wieder begann meine Lehrerin mit den Worten: „Es tut mir ja leid, dir das nun das dritte Mal aufs Butterbrot zu schmieren, aber wenn ihr, wie Jane nicht wisst, wozu wir ein Experiment machen, dann sagt es, sonst können wir uns das sparen.“ Wir hatten es nämlich geschlossen als Kurs geschafft, das Experiment falsch aufzubauen, in dem wir das Unterputzkabel in jeder Gruppe weggelassen hatten.
    Eigentlich hatte ich das Thema ja verstanden, doch immer, wenn meine Lehrerin mich dran nahm, war mein Kopf wie leer gefegt und ich stammelte Dinge vor mich hin, die jedem Fachterminus spotteten. Einmal tief durchgeatmet, neuer Versuch. Ich las meine Gleichung vor. Meine Lehrerin nickte bei den Ausgangsprodukten, doch sie hielt erstaunt inne, als ich die Reaktionsprodukte vorlas. Ich stockte und dachte mir, dass ich vergessen hätte, dass es sich um einen Niederschlag handelte, also versuchte ich es nicht als Ionen, sondern als Feststoff zu sagen, was gründlich schief ging, aus ZnBr² machte ich Br²Zn. Sie fragte dann jemand anderen, wie es in Ionen-Form hieße. Empört fragte ich, warum ich es nicht in Ionen-Form hatte vorlesen dürfen, da schaute mich meine Lehrerin an und meinte, ich hätte ihr die Bromid-Ionen als Positive verkaufen wollen. Autsch. Nicht mal meine eigenen Aufzeichnungen konnte ich richtig ablesen.
    Dann ging es ans Experimentieren. Ich hatte zwar gemerkt, dass jemand unsere Lehrerin bereits etwas gefragt hatte, doch nicht angenommen, dass die Antwort uns alle betreffen könnte, wenn sie es nicht laut sagte. Also stellte ich dieselbe Frage noch einmal, zwar eigentlich nicht an sie, aber laut genug, dass sie es hörte, missbilligend schnalzte und mir die Antwort noch einmal sagte. Kurz darauf trat meine Partnerin zu mir und fragte mich, wo die Elektroden seien, ich erklärte ihr, dass sie hinten seien. Da drehte sich plötzlich meine Lehrerin um und meinte „Also, Jane, hörst du mir denn heute überhaupt nicht zu?“ Mir entgleisten die Gesichtszüge. Meine Partnerin wollte noch etwas einlenken, doch es war zu spät. „ICH HABE DOCH GAR NICHT GEFRAGT, DAS WAR STEFFIE!“, rief ich empört aus und schlug mit meiner Hand auf die Arbeitsplatte. Nur dumm, dass ich ein Becherglas mit Wasser in dieser hatte. Das Glas zerbrach –und platsch, ich, die Platte, der Boden waren nass. „Bei Glas ungünstig“, meinte meine Lehrerin trocken.



    Tja, Shit happens, Thats true life, oder wie man sonst so sagt.


    Mein Motto bleibt dennoch: Always look on the bright side of life *pfeif*



    Zum Trost lässt erwähnen, dass die misslungenen Experimente darauf zurückzuführen sind, dass bis auf ein einziges, alle Amperemeter die richtige Wertanzeige verweigerten.



    JAss :keks

  • Zitat

    Original von bogart
    ja ja, solche probleme möchte ich auch wieder haben...hach, war das eine schöne zeit!


    bo :knuddel1


    Schulzeit war schon eine "geile" Zeit. Leider ist sie nur schon so endlos lange vorbei. :-( :-( :-( Naja, jetzt bloß nicht noch sentimental werden. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.