ZitatOriginal von Zefira
Unabhängig von dem Thema Ehe geht es aber in diesem Roman auch wieder um das ewige Thema, wie ein belesener, an Kunst und Literatur interessierter Mensch am Zwiespalt zwischen erträumter Kunstwelt und Wirklichkeit leidet. So gesehen ist Emma Bovary eine Schwester Don Quijotes, denn sie erwartet von Leben das, was ihr ihre Romane als "wirkliches Leben" vorspiegeln. Eine ähnliche Erfahrung dürften heutige Teenager machen, wenn sie meinen, ihr Leben müsste so aussehen wie in "Gute Zeiten - schlechte Zeiten", einschließlich ihres eigenen Aussehens und dem ihrer Boyfriends.
Ich bin gerade bei Mme Bovary, das seit meiner "Anna Karenina"-Lektüre auf meinem "Stapel-sofort-zu-lesender-Bücher" lag.
Bin ungefähr auf der Hälfte und fand die Darstellung der Sehnsucht von Emma nach einem anderen, scheinbar besseren Leben sehr eingängig.
Ich würde es übrigens gar nicht mal wie Zefira als Charakteristikum von kulturinteressierten Menschen sehen, dass sie sich in eine andere - reale - Welt träumen. Gerade Menschen, die viel lesen, müssten sich doch mit der Zeit bewusst werden, dass immer das Andere, Unbekannte als das Erstrebenswerte, Bessere scheint. Jeder Mensch hat - unabhängig von seinem Medien- oder Bücherkonsum - seinen Traum vom perfekten Leben. Glücklich und zufrieden wird man wahrscheinlich meist nur, wenn man erkennt, dass genau dieser Traum nie Realität werden wird.
Das Beziehungsleben postmoderner Menschen ist ein Paradebeispiel dafür: Viele geben immer wieder ihre Beziehungen auf, sobald kleine Makel oder Probleme auftauchen - in der Hoffnung, Mr. oder Mrs. Perfect zu finden.
Übrigens - auch wenn man Emma für diese Träumereien manchmal rütteln möchte: Flaubert beschreibt m. E. genau diese Sehnsüchte so perfekt, dass sie absolut nachfühlbar und nicht peinlich wirken. (Was bei solchen Szenen schnell der Fall sein kann.)