Gustave Flaubert - Madame Bovary

  • Zitat

    Original von Zefira
    Unabhängig von dem Thema Ehe geht es aber in diesem Roman auch wieder um das ewige Thema, wie ein belesener, an Kunst und Literatur interessierter Mensch am Zwiespalt zwischen erträumter Kunstwelt und Wirklichkeit leidet. So gesehen ist Emma Bovary eine Schwester Don Quijotes, denn sie erwartet von Leben das, was ihr ihre Romane als "wirkliches Leben" vorspiegeln. Eine ähnliche Erfahrung dürften heutige Teenager machen, wenn sie meinen, ihr Leben müsste so aussehen wie in "Gute Zeiten - schlechte Zeiten", einschließlich ihres eigenen Aussehens und dem ihrer Boyfriends. :-]


    Ich bin gerade bei Mme Bovary, das seit meiner "Anna Karenina"-Lektüre auf meinem "Stapel-sofort-zu-lesender-Bücher" lag.
    Bin ungefähr auf der Hälfte und fand die Darstellung der Sehnsucht von Emma nach einem anderen, scheinbar besseren Leben sehr eingängig.
    Ich würde es übrigens gar nicht mal wie Zefira als Charakteristikum von kulturinteressierten Menschen sehen, dass sie sich in eine andere - reale - Welt träumen. Gerade Menschen, die viel lesen, müssten sich doch mit der Zeit bewusst werden, dass immer das Andere, Unbekannte als das Erstrebenswerte, Bessere scheint. Jeder Mensch hat - unabhängig von seinem Medien- oder Bücherkonsum - seinen Traum vom perfekten Leben. Glücklich und zufrieden wird man wahrscheinlich meist nur, wenn man erkennt, dass genau dieser Traum nie Realität werden wird.
    Das Beziehungsleben postmoderner Menschen ist ein Paradebeispiel dafür: Viele geben immer wieder ihre Beziehungen auf, sobald kleine Makel oder Probleme auftauchen - in der Hoffnung, Mr. oder Mrs. Perfect zu finden.


    Übrigens - auch wenn man Emma für diese Träumereien manchmal rütteln möchte: Flaubert beschreibt m. E. genau diese Sehnsüchte so perfekt, dass sie absolut nachfühlbar und nicht peinlich wirken. (Was bei solchen Szenen schnell der Fall sein kann.)

  • Ich habe Madame Bovary das erste mal als Teenager gelesen und vor kurzem (also 10 Jahre später) wieder und sehe das Buch jetzt anders.Für mich hat die Geschichte von Emma Bovary fiel mit Erwachsenwerden zu tun...nur dass sie sich umbringt sobald sie mit der Realität konfrontiert wird und eigentlich Verantwortung für ihr Tun auf sich nehmen müsste...sie wird also letztendlich nie erwachsen.
    Chabrols Verfilmung von Madame Bovary funktioniert für mich auch deshalb nicht weil Isabelle Huppert (obwohl eine fabelhafte Schauspielerin) mit 33 zu alt für die Rolle war.Wenn man sich aber vorstellt dass Emma Bovary als Teenager (mit entsprechendem Lebenshunger und Naivite) in den Roman eintritt und sich vielleicht mit 27 (nach meiner Schätzung ) umbringt hat man vielleicht mehr Verständnis für sie.Sie wird zwar durch die Gesellschaft dazu gezwungen,die verheiratete Ehefrau (eben Madame Bovary) zu spielen aber innerlich ist sie doch eher wie verlorenes Kind.Ich denke,als am Ende ihre ganze Traumwelt zusammenbricht hätte sie das als Gelegenheit nehmen müssen aus dieser Traumwelt in die wirkliche Welt überzugehen...und daran zu wachsen (mal abgesehen davon dass sie eine Romanfigur ist).Durch ihren frühen Freitod aber bleibt sie für immer das verwöhnte faule verträumte Kind.Ihr ganzer Charakter bleibt irgendwie fragmenthaft....Auf irgendeine Art mag ich sie trotzdem da sie dieses ganze Jugend und Adoleszenz -Chaos verkörpert...und das ist gerade heutzutage sehr aktuell.

  • Im Rahmen einer Leserunde kam ich endlich dazu "Madame Bovary" zu lesen. Gereizt hatte es mich immer mal wieder, jedoch nie genug um mich damit zu beschäftigen. Jetzt war es soweit, und ich war - leider - enttäuscht. Ich fand einfach keinen Zugang zu dem Buch, fand, das sich Gustave Flaubert stellenweise zu lange an diversen Beschreibungen aufhielt, welche kürzer genügt hätten. Dafür wurden andere Dinge so kurz abgehandelt, bei denen ich mir ein wenig mehr Ausführlichkeit gewünscht hatte. Insgesamt wirkte das Buch sprachlich auf mich hölzern und zog sich in die Länge, daher hab ich es schlußendlich abgebrochen. Vielleicht finde ich zu einer anderen Zeit Zugang...