Ist Unterhaltung wirklich alles?

  • Zitat

    Original von Historikus
    Das ist eine falsche Interpretation.
    Ich verallgemeine weder Ansprüche, noch will ich jemanden als dumm darstellen. Nichts liegt mir ferner, als zu diffamieren.Ich möchte nur meiner Sorge Ausruck verleihen, dass viele einfach zu gutgläubig sind, dass ist nicht dumm, sondern menschlich.


    Ok, das kann ich akzeptieren.


    Zitat

    Unterhaltung wird mit Glaubwürdigkeit gleichgesetzt.


    Was Du aber nur als Behauptung in den Raum stellst oder kommst Du wieder mit einer Statistik, die das augenscheinlich belegt?
    Man sollte einfach auch akzeptieren können, dass für viele Leser auch ein geringerer Anspruch genügt. Wenn dadurch ein allgemeiner Wissensverfall einhergehen würde, könnte ich Deine Bedenken ja nachvollziehen. Allerdings glaube ich kaum, dass die Leser ernsthaft aus einem historischen Roman Geschichtswissen beziehen wollen. Das ist doch genauso absurd, als wenn man glauben würde nur wenn es am Anfang eines Spielfilms heisst "nach einer wahren Begebenheit", dass man dann Realität präsentiert bekommt.


    Wer ernsthaft Interesse an Geschichte hat, wird wohl jede Menge anderer Informationsquellen auftun können und muss wahrlich nicht zum historischen Roman, als Gral des Wissens greifen. Soviel Verstand unterstelle ich dem Durchschnittsmenschen einfach mal.


    Zitat

    Keiner wird einen Historischen Roman anfassen, wenn er sich nicht für Geschichte interessiert.


    Ebenfalls eine Behauptung. Warum sollte dem so sein?
    Ich lese die SPQR-Reihe, weil mich das Ambiente fasziniert und ich es unterhaltsam finde, wie Decius Metellus zu Werke geht. Dabei interessiert mich es wirklich nicht, ob nun dieser oder jener erwähnte Staatsmann oder die beschriebenen Rituale und Bräuche historisch korrekt dargestellt sind oder nicht. Dafür besorge ich mir Material aus sachlicheren Quellen und davon gibt es jede Menge. Ich behaupte: jeder der sich für Geschichte interessiert muss wissen, dass ein Roman nicht eine wirklich ernsthafte Beschäftigung mit dem Thema ersetzen kann! Für alle anderen Leser ist es pure Unterhaltung, mehr nicht.


    Zitat

    Nur frage ich ich mich einfach, warum die Bücher mit den ärgsten Fehlern auf den Beststellerlisten stehen. Das ist alles. ;-)


    Weil es die meisten Leute nicht interessiert, ob es in einem Roman historisch korrekt zugeht.


    Zitat

    Ich will nicht die absolute Wahrheit. Ich habe nichts gegen wenige, kleine Fehler. Aber ich habe etwas gegen komplette Geschichtsverfälschung. Und dies betreibt zB Cross mit der "Päpstin".
    Ich bezeichne es jedenfalls als nicht klein, wenn die Rolle der Frau falsch dargestellt wird, oder etwas zu Essen vorgesetzt wird was es damals in Europa noch gar nicht gab.


    Wenn also die Päpstin unter dem Label (historische) Fantasy verkauft werden würde, hättest Du Deinen Seelenfrieden. Ist das so richtig?


    Zitat

    Und das müsste nicht sein, wenn wir den besagten Anspruch gemeinsam erheben würden.


    Dann bräuchten wir also gar nicht mehr Anspruch, sondern nur eine korrekteres Schubladendenken der Verlage. Die sollten einfach mehr Historiker als Lektoren einsetzen, alle Romane, die einer gewissen Mindest-Sachlichkeitsnorm nicht entsprechen aussortieren ("Ha, da hab ich wieder einen! Weg damit ins Fantasy-Genre!" ) und Alles ist wieder gut, weil der Leser dann ja sofort weiss: Aah igitt, die Päpstin ist ja Fantasy!! Das kauf' ich nicht. :-)


    Zitat

    Mindestens 3 User... ...sind weder dumm nicht anspruchslos, sondern Opfer des Kommerz geworden, ihnen wurde ein falscher geschichtlicher Hintergrund geliefert.


    Und mindestens diese drei User konnten gerettet werden. Ist doch auch ein schöner Tagesabschluss. Um den Rest der Welt wird sich halt morgen gekümmert. :-)


    Gruss,


    Doc


    "Es ist ein verdammt dreckiger Job, aber einer muss ihn ja tun." (Django, Superman, Spiderman und viele andere ungenannte Helden)

  • hallo zusammen,


    ich habe den thread die ganze zeit verfolgt und finde manche aussagen ziemlich arrogant.


    dann will ich mich hier mal als "durchschnittsleser" outen.
    ich habe von geschichte keine ahnung, in der schule konnte ich meine 4 gerade noch mit einem referat über den 2.WK aus dem Abschlusszeugnis bringen. (historikus, fall bitte nicht vom stuhl...)
    wenn ich zu einem historischen roman greife, dann nicht in erster linie um wirklich etwas über geschichte zu lernen, obwohl das ein angenehmer nebeneffekt sein kann, sondern um unterhalten zu werden.
    wenn ich mir sicher sein will, dass ich genaue und korrekte daten brauche, dann recherchiere ich oder lese sachbücher. von einem roman verlange ich keine korrekten daten.
    man sollte auch dem duchschnittsleser zutrauen, dass er nicht alles kommentarlos hinnimmt und felsenfest davon überzeugt ist, dass alles so passiert ist, wie es erzählt wird- selbst wenn er nur (wie ich) unterhalten werden will.
    ich verstehe schon, dass die gebildeteren sich aufregen, wenn die jahreszahlen nicht korrekt sind oder sonst irgendwelche fehler auftauchen.
    aber mir ist es schnurz, ob nun alles hundertprozentig der wahrheit entspricht oder nicht.
    ich bin froh, dass es eine riesige bücherauswahl gibt. also sollte für die experten, wie für die anderen etwas zu finden sein.
    und wie hier schon gesagt: lesen und lesen lassen. denn was gefällt, entscheidet der leser- zum glück- selbst. auch wenn einige leute manche bücher, die vielen gefallen als schrott bezeichenen.

  • Seufz,


    ich kann schreiben, schreiben, schreiben, aber es wird falsch verstanden und interpretiert, da muss es wohl an meinen Ausführungen liegen: ;-)


    Nocheinmal:


    Es geht nicht um Gebildete oder Laien, es geht nicht um Historiker und Nicht-Historiker, es geht nicht um die Interpretation "Was ist ein Historischer Roman", es geht nicht um Intelligenzbestien, es geht hier nicht um arrogante Ansichtsweisen, es geht jetzt nicht um die Bedeutung von Unterhaltung, es geht nun nicht um Kritikfähigkeit und Kritikunfähigkeit, es geht auch nicht um Gutgläubigkeit.


    Fakt ist nun einmal, dass in vielen Hist. Romanen historischer Unsinn verbreitet wird.
    Fakt ist auch, dass viele jenen Thesen in diesen Büchern Glauben schenken. Im Alltag begegne ich immer wieder diesen Irrtümern. Und so wird ein teilweise falsches, klischeehaftes Denken unbewusst vermittelt, dass sehr wohl gefährlich ist.


    Deshalb wünsche ich mir persönlich, dass sehr kritisch mit Literatur umgegangen wird, und Qualität mehr Beachtung geschenkt wird, sodass gut recherchierte Hist. Romane die wahren Gewinner in der Szene sind.


    Aufgrund dieser Thematik habe ich mir gedacht, die Frage aufzuwerfen, ob Unterhaltung ein Alleinkriterium für die Qualität von Büchern sein darf.


    Das ist alles, und nun hoffe ich, dass mein Standpunkt verstanden wurde. ;-)


    mfg

  • Zitat

    Original von Historikus
    Deshalb wünsche ich mir persönlich, dass sehr kritisch mit Literatur umgegangen wird, und Qualität mehr Beachtung geschenkt wird, sodass gut recherchierte Hist. Romane die wahren Gewinner in der Szene sind.


    Ich mach's kurz: siehe dazu mein Posting von heute um 12.24 Uhr.


    Gruss,


    Doc

  • Historikus
    aber das tun wir doch, indem wir eben nicht alles für bare münze nehmen, was in den romanen geschrieben steht? selbst ein leser wie ich hält es doch nicht stur für gesetz, was in "die pästin" oder wo auch immer geschrieben steht. deshalb fand ich das buch dennoch gut.
    ich hab verstanden, was du meinst, das hab ich doch schon in meiner antwort geschrieben. aber versteh du doch auch die, die eben nicht strikt gegen "solche" romane sind und denen diese bücher gefallen :), einfach nur weil sie spaß bereiten.
    ich lass es lieber, ich glaube ich drück mich da falsch aus.....

  • stimmt schon das in einigen büchern mist steht. erfunden, nicht rechaschiert. da versteh ich histo scho was wer sagen will.


    aber... bitte nicht erschlagen
    ich glaub nämlich irgendwo anders gelesen zu haben das so etwas wie eine päpstin wirklich gab. ich hab das buch selbst nicht gelesen. dazu kann ich also nichts sagen. ich weis jedoch jetzt auch nicht wo ich es gelesen haben könnte.

  • also ich lese fast ausschliesslich sogenannte historical romane, dabei will ich ganz einfach unterhalten werden, aber ob eine jahreszahl stimmt oder nicht, interessiert mich nicht.

  • ich lese nicht viele hist. Romane, aber den ein oder anderen habe ich auch gelesen (Gott sei Dank, nicht 'Die Päpstin', sondern eher den 'Medicus' :] ). Allerdings muß ich sagen, daß ich diese Bücher auch nicht gelesen habe, um etwas zu lernen, sondern um unterhalten zu werden. SPQR habe ich auch in meinem SUB liegen, aber eher weil es ein Krimi ist und sich spannend anhört.


    Außerdem bin ich auch in Geschichte eher eine Niete, dazu muß ich aber sagen, daß ich mir einfach keine Jahreszahlen und Namen merken kann. Ich würde also nicht merken, ob mir gequirlter Mist oder Fakten vorliegen.


    Ich finde es sehr viel spannender mir Dokumentationen im TV anzusehen. Da weiß ich zumindest, daß das nicht ganz falsch sein kann, und an bewegte Bilder kann ich mich besser erinnern, als an geschriebene Worte. Also lerne ich dabei doch mehr ;)


    Ich kann schon verstehen, daß man sich aufregt, wenn man grobe Fehler in solchen Romanen entdeckt. Ich ärgere mich auch in einem Krimi über unlogische Auflösungen z.B., aber ich würde dieses Buch als schlecht, oder unzufriedenstellend in eine Ecke stellen und nicht mehr anfassen.


    Historikus,


    nimm es mir nicht übel, aber man bekommt wirklich den Eindruck, daß Du Bücher wie die Päpstin und seine Leser verurteilst. Fast meint man, daß Du denkst, diese Bücher müßte man verbieten. Ich gehe genau wie Doc davon aus, daß Du zufrieden wärst, wenn diese Bücher als Fantasy verkauft würden.


    Deine Aussage


    Zitat

    Ich denke nicht, dass falsche naturwissenschaftliche Theorien und ein schlechtes Kochbuch genauso gefährlich sind wie die Verfälschung unserer Menschheitsgeschichte.


    hat mich allerdings etwas schockiert! ?(


    Du, als Historiker magst es gefährlicher sehen, daß die Geschichte verfälscht wird, aber was wurde ein Naturwissenschaftler dazu sagen??? Ich fände es schlimmer in einem Biologie Buch zu lesen, daß die Kinder vom Klapperstorch gebracht werden, als in einem Historischen Roman zu lesen, daß Hitler von Hansi Müller erschossen wurde. Was würden wir mit der Kinderflut machen???


    Außerdem geht es ja immer noch um Romane. Ich lese ein Buch eigentlich um mich vom Alltagsstreß zu erholen.


    Gruß
    Filti

  • Zitat

    Original von RATTENTOD


    aber... bitte nicht erschlagen
    ich glaub nämlich irgendwo anders gelesen zu haben das so etwas wie eine päpstin wirklich gab. ich hab das buch selbst nicht gelesen. dazu kann ich also nichts sagen. ich weis jedoch jetzt auch nicht wo ich es gelesen haben könnte.


    Ja das habe ich auch gehört und es gibt ja noch andere Schriftsteller die über die Päpstin geschrieben haben,z.B. die theologin Elisabeth Gössmann.auf jeden Fall ist das ein Mythos und bei Mythen muss die Geschichte nicht stimmen, kann aber trotzdem als historisch gelten, wie z. B. die Geschichte von der Wölfin die Romulus und Remus erzog und und und


    gruß orquidea

  • Hallo,


    Rattentod:


    Zitat

    ich glaub nämlich irgendwo anders gelesen zu haben das so etwas wie eine päpstin wirklich gab. ich hab das buch selbst nicht gelesen. dazu kann ich also nichts sagen. ich weis jedoch jetzt auch nicht wo ich es gelesen haben könnte.


    Johanna ist ein Mythos, eine Sage. Es ist kein Fakt. Wenn man bedenkt, wie streng die Maßnahmen im Vatikan waren und sind, ist es total unrealistisch, dass sich eine Frau als Papst einschmuggeln kann.


    Wenn man die Rituale und Begebenheiten kennt, ist es noch unrealistischer. Außer Johanna hat sich einfach so umoperieren lassen! :-) :-)


    Filti:


    Zitat

    Allerdings muß ich sagen, daß ich diese Bücher auch nicht gelesen habe, um etwas zu lernen, sondern um unterhalten zu werden. SPQR habe ich auch in meinem SUB liegen, aber eher weil es ein Krimi ist und sich spannend anhört.


    Aber du bekommst doch gleichzeitig mit dem Lesen einige Informationen, wie damals die Leute gelebt haben, mit. Ist dir das nicht angenehm?



    Zitat

    nimm es mir nicht übel, aber man bekommt wirklich den Eindruck, daß Du Bücher wie die Päpstin und seine Leser verurteilst. Fast meint man, daß Du denkst, diese Bücher müßte man verbieten. Ich gehe genau wie Doc davon aus, daß Du zufrieden wärst, wenn diese Bücher als Fantasy verkauft würden.


    Nun, ich darf doch in einem freien Land kritisieren? ;-)


    Und ich kritisiere und verurteile meinetwegen Bücher wie zB die "Päpstin". Natürlich kann und darf man sie nicht verbieten!


    Aber ich verurteile nicht deren Leser (oder will sie gar abwerten), sondern will einfach davor warnen, alles zu glauben was in Hist. Romanen drin steht. Es ist unglaublich aber wahr, aber die Päpstin-Geschichte wird mittlerweile von der breiten Masse genauso abgekauft wie es im Buch steht! Aber damals war die Zeit ja komplett anders, als es darin dargestellt wird. Und da liegt der Haken!


    Ja, und ich wäre zufrieden, wenn so etwas als Fantasy eingestuft werden würde. ;-)


    Zitat

    Außerdem geht es ja immer noch um Romane. Ich lese ein Buch eigentlich um mich vom Alltagsstreß zu erholen.


    Das mache ich ja auch. Aber man liest einen Hist. Roman, und erfährt dabei einiges automatisch. Wenn es ein schlecht recherchierter Inhalt ist, dann hat man leider Pech! ;-)


    Gute Nacht allerseits!


    mfg

  • also ich muss da mal eine lanze für historikus brechen. 'die päpstin' habe ich nicht gelesen, weil ich bis jetzt noch nicht so ein grosser historischer-roman-leser war, aber ich muss schon sagen, dass ich von einem historischen roman erwarte, dass er mir nicht totalen unsinn erzählt. die krimigeschichte aus der pharaonenzeit von rademacher, die wir hier gemeinsam gelesen haben, fand ich spannend - und genauso interessant, weil ich viel über das leben der leute in der damaligen zeit erfahren habe...und ich fange jetzt nicht an, in lexika oder sonstige sekundärliteratur nachzuschauen, ob das nun alles stimmt...


    natürlich lese ich solche bücher zur unterhaltung - sonst würde ich es nicht tun - und ich finde auch diverse gedankenexperimete wie 'vaterland' von harris ganz spannend. aber da weiss ich auch, dass dies fantasie ist...


    gerade als normaler (nicht vorgebildeter leser) lasse ich mich leicht auf's glatteis führen von der werbung! diese sachen wie 'nach einer wahren geschichte..' machen doch ehrlich gesagt jeden von uns neugierig...das heisst ja nicht, dass sich jeder dialog im einzelnen so zugetragen haben muss, aber die geschichte an für sich war mal so - und das hat einen anderen stellenwert als reine erfindung.


    für alle leute, die glauben, bei unterhaltung wäre der inhalt ohne belang, möchte ich diesen link an's herz legen: [URL=http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,294139,00.html]jeder zehnte brite hält hitler für eine erfindung[/URL]


    ob wir uns nur berieseln oder sonstwie unterhalten lassen - irgendwann glauben wir alles! also sind wir auch schon ein wenig auf die verantwortung von redakteuren und lektoren angewiesen...


    jeder hat einen anderen anspruche und besitzt seinen eigenen wissenshorizont. was dem einen als grosser fehler vorkommt, kann der andere vielleicht garnicht bemerkt haben - aber darin besteht auch eine gefahr! dass nämlich dinge, die der autor als künstlerisches mittel vielleicht bewusst einsetzt und darauf vertraut, dass dies als solches erkannt wird, auf blindes vertrauen stösst.... also sollten zumindest wie bei rademacher am ende des buches ein paar erklärungen dazu pflicht sein.


    bo

  • Zitat

    Original von Biloxi
    Jetzt kann man sich streiten - ist diesem Blondel zu trauen? Oder ist er ein Vertreter der Gattung : es kann nicht sein, was nicht sein darf?


    Also die Entscheidung liegt darin, Blondel gegenüber misstrauisch zu sein oder ihn gleich als frauenfeindlichen Chauvi abzustempeln? :chen
    Entschuldige die Wortklauberei. Ich konnte einfach nicht widerstehen. Es ist eine ziemlich verbreitete Methode, den Geschichtsschreibern immer das zu glauben, was ins eigene Weltbild passt, und misstrauisch zu werden, wenn Angaben dem zuwiderlaufen. Genau aus diesem Grund gibt es Quellenkunde und Quellenkritik. Und die findet zum Thema leider nichts außer zeitgenössischer Polemik und vagen Gerüchten aus späterer Zeit, die sich eindeutig auf diese Gerüchte zurückführen lassen.
    Die bereits erwähnte Skulptur ist übrigens nachweislich eine Mithrasstatue aus der Spätantike, eine Brunnenfigur, von denen es etliche in Roma gab, und um fast jede rankt sich mindestens eine Anekdote


    Zitat

    Fest steht bis heute: Es ist nicht erwiesen, dass es diese Frau nicht gab!


    Dann erkläre mir jemand PLAUSIBEL, wie eine Frau es über Jahrzehnte hinweg fertiggebracht haben soll, innerhalb einer rein männlichen Gruppe unerkannt zu leben.
    In ener Zeit, in der Nacktheit längst nicht so problematisch angesehen wurde als in der Neuzeit (ich sage nur gemeinsame Bäder, gemeinsame Latrinen, gemeinsame Schlafräume uswusf).
    Wenn beim geringsten Verdacht eine Leibesvisitation hätte durchgeführt werden können - und der Verdacht wäre sicherlich aufgekommen, bei jemandem, der über einen weiblichen Gesichtsschädel verfügt, weibliche Größe, weibliche Proportionen, eine weibliche Stimme, uswusf.


    Nichts für ungut, aber das Ganze Getue um "Päpstin Johanna" war seinerzeit eine Hetztirade zwischen Päpsten und ihren Gegenpäpsten, später Polemik der Reformatoren gegen den Vatikan. Heute ist es pures Wunschdenken von Frauen im Zeitalter der Emanzipation, dass es früher schon Frauen gegeben haben soll, die es den bösen Männern mal so richtig gezeigt haben. Und da reicht eine Bischöfin nun mal nicht, da muss es eben gleich eine Päpstin sein.
    Dass frau mit diesem Blödsinn nur frauenfeindlich zeternden Männern auf den Leim gegangen ist, das merkt dabei keine! :chen


    Donna Cross hat dieses Wunschdenken - vermutlich sogar im guten Glauben - aufgegriffen und daraus eine Geschichte gesponnen, der nicht einmal bei den Jahreszahlen einer genaueren Prüfung standhält. Selbst die wenigen Stellen, wo die Möglichkeit erwogen wird, schwanken um 100 Jahre. Klima, Geographie, Gesellschaft, Architektur und Religion sind komplett falsch wiedergegeben.
    Ich habe mich ernsthaft gefragt, ob Donna Cross sich über irgendwelche Sachbücher und die Suche nach den "Belegstellen" und Gerüchten hinaus mit dem frühen Mittelalter in Europa überhaupt beschäftigt hat - aber das geht mir leider bei den meisten amerikanischen Autoren so. :(


    Grüßlis!

  • Ich kriege langsam wirklich die Krise ... :bonk


    Wer "nur unterhalten" werden will, will erst gar nicht hören, dass er dabei beschummelt wird. Das interessiert ihn gar nicht. Schließlich steht Roman auf dem Buchdeckel. Das reicht. Da weiß man, dass es nicht die Wahrheit ist (sondern Schummel?). Schließlich wollen wir uns alle nur unterhalten. Und wer solche Bücher als schlecht bezeichnet, der macht damit gleich auch die Leser runter.
    Wie war das noch mit dem Überbringer schlechter Nachrichten? :chen


    Ja, ihr werdet beschummelt. Nach Strich und Faden. Das ist so. Das ist das Grundprinzip von Vermarktung. Je mehr man die Konsumenten wie unmündige Kleinkinder behandelt, desto freudiger fliegen sie auf die Ware. Da nehme ich mich überhaupt nicht aus!
    Das kann man erstmal akzeptieren und dann versuchen, kritischer zu werden, damit man in Zukunft nicht auf jeden Schummel reinfällt.
    Oder man akzeptiert es endgültig und sagt: "Ist ja gut. Das reicht mir auch. Mehr will ich gar nicht."
    Und wehe dem, der sagt, dass man beschummelt wird. Der ist arrogant und will allen nur den Spaß verderben. Logisch! :chen


    Grüßlis!

  • Zitat

    Original von Antiope
    Wer "nur unterhalten" werden will, will erst gar nicht hören, dass er dabei beschummelt wird.


    Was soll denn nun diese Polemik hier?
    Das ein Leser der Päpstin z. B. hier im Forum oder von mir aus auch anderweitig aufgeklärt wird, dass es sich dabei eben nicht um passierte Geschichte, sondern um reine Fiktion handelt ist doch ok und niemand hier hat doch irgendetwas Gegenteiliges gesagt oder sich darüber beschwert, oder?


    Zitat

    Und wer solche Bücher als schlecht bezeichnet, der macht damit gleich auch die Leser runter.


    Auch hier waren es m. E. eben einige unglückliche gewählte Formulierungen von Historikus, die diesen Eindruck erweckt haben. Das ist aber mittlerweile geklärt und das würdest Du auch wissen, wenn Du Dir diesen Thread aufmerksam durchgelesen hättest.


    Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass man einen Roman nicht gleich als schlecht bezeichnen kann, nur weil der Autor sich nicht an die tatsächliche Historie gehalten hat. Denn man kann der Päpstin sicherlich nicht vorwerfen, dass es vom schriftstellerischen Standpunkt aus schlecht geschrieben ist - was aber natürlich ein subjektiver Eindruck ist.
    Wie schon Historikus eingeräumt hat: wenn die Päpstin unter dem Label Fantasy verkauft werden würde, hätte er kein Problem damit. Also ist doch das Einzige, was man solchen Romanen vorwerfen kann, dass sie eben aus kommerziellen Gründen von den Verlagen eben lieber als historische Romane vermarktet werden und kein Hinweis, von mir aus als Nachwort, zu finden ist, dass es sich dabei um keine reellen Daten und Fakten handelt.


    Zitat

    ...versuchen, kritischer zu werden, damit man in Zukunft nicht auf jeden Schummel reinfällt.


    Und da wären wir wieder bei zig vorangegangen Postings. Du hast also ein Patentrezept, wie man einem Buch ohne es zu lesen ansehen kann, ob es Etikettenschwindel betreibt oder nicht. Nochmal: man muss doch die Päpstin erstmal gelesen haben und DANACH kann man Fragen stellen und das recherchieren anfangen, oder? Wer eben keine Fragen dazu stellt, den interessiert es eben zuwenig. Das kann man doch bitteschön nicht nur akzeptieren, sondern auch respektieren. Kann doch nicht so schwer sein.


    Zitat

    Und wehe dem, der sagt, dass man beschummelt wird. Der ist arrogant und will allen nur den Spaß verderben. Logisch!


    Wie so oft im Leben, macht nun mal der Ton die Musik. Und gerade hier in einem Forum ist es oftmals nicht leicht einzuschätzen, wie das Gegenüber die eine oder andere Formulierung nun tatsächlich gemeint hat. In einem persönlichen Gespräch lassen sich nun mal viel leichter bestimmte gesagte Dinge einordnen. Das vergessen nur manchmal einige Leute eben - vielleicht auch Du, wenn ich mir das so ansehe.


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von bogart
    leute!


    das ist ein forum - da tauscht man meinungen aus - und nicht vorwürfe! :knuddel1


    bo


    Hi Bogart,


    da hast Du vollkommen recht. Allerdings, wie Historikus schon treffend bemerkt hat, darf und muss auch Kritik geübt werden können.


    Und es sollte sich jeder vor Augen halten: wer austeilt, muss auch einstecken können.


    Die ganze Diskussion lässt sich m. E. auf den einzigen Punkt der "Falschetikettierung" durch Verlage (oder auch Autoren) reduzieren und hat nichts mit den tatsächlichen Qualitäten eines Romans zu tun.


    Und darüber müssen wir wahrscheinlich auch gar nicht streiten, denn da herrscht doch ein breiter Konsens. Ergo haben wir uns am Ende ja doch wieder alle lieb. :-)


    Gruss,


    Doc

  • Mich freut es sehr, dass ich so eine schöne Diskussion losgetreten habe.


    Emotionen können und müssen sein, und ich sehe weit und breit keinerlei Polemik oder Vorwürfe, nur diverse verschiedene Meinungen, unterschiedlich formuliert, sei es Ironie, Sarkasmus, oder normale Schreibweise.


    Nun, ohne arrogant wirken zu wollen, bin ich sehr stolz auf unser Forum. Das, was unser Forum auszeichnet, sind die vielen verschiedenen Meinungen.


    Es gibt nicht bedingungsloses Ja-Sagen, um nur die Leute in der Gruppe zufriedenstellen, sondern kritische Beiträge über Bücher. Das ist WAHRE Diskussion, und ich hoffe, dass es so beibehalten wird.


    Ich bin sehr froh, dass unser Forum nicht nur aus Büchervorstellungen besteht, sondern ernsthaft über die Leserszene, Qualität von Büchern usw. diskutiert wird. Da kann ich nur den Dank und meine Bewunderung allen Usern hier aussprechen, denn ihr macht dieses Forum schließlich aus.


    Nun genug der Lobhudelei, zurück zum höchst interessanten Thema:


    bogart :




    Zitat

    also ich muss da mal eine lanze für historikus brechen. 'die päpstin' habe ich nicht gelesen, weil ich bis jetzt noch nicht so ein grosser historischer-roman-leser war, aber ich muss schon sagen, dass ich von einem historischen roman erwarte, dass er mir nicht totalen unsinn erzählt.


    Nett, dass du für mich eine Lanze brichst, und du ein Leser bist, der sich nicht jeden Unsinn auftischen lassen will.


    Nun, ich kann mich nur wiederholen. Es gibt keinen Unterschied zwischen jemanden, der nur unterhalten werden will, und jemanden, der nebenbei etwas lernen will.


    Jeder liest den gleichen Inhalt, und kommt bewusst oder unbewusst die Informationen mit. Dann ist es halt schlecht, wenn einem wurscht ist, ob die Informationen stimmen. Trotzdem wird man sie vielleicht irgendwann anwenden, zB zur Meinungsbildung. Da liegt die Gefährlichkeit, und deshalb habe ich den Thread gestartet, um zu fragen, ob nicht mehr Anspruch und Vorsicht eingesetzt werden sollte. ;-)



    Zitat

    gerade als normaler (nicht vorgebildeter leser) lasse ich mich leicht auf's glatteis führen von der werbung! diese sachen wie 'nach einer wahren geschichte..' machen doch ehrlich gesagt jeden von uns neugierig...das heisst ja nicht, dass sich jeder dialog im einzelnen so zugetragen haben muss, aber die geschichte an für sich war mal so - und das hat einen anderen stellenwert als reine erfindung.


    Tja, und zB das Buch die "Päpstin" wurde und wird als wahre Geschichte vermarktet. Immer wo die Autorin auftaucht, sei es in der Presse oder sogar im Nachwort ihres Buches, besteht sie darauf, das ganz viel darin stimmt. Und das ist einfach eine reine - Verarschung - für meinen Teil lasse ich mir das nicht gefallen, nur weil das Buch anscheinend unterhaltsam ist.


    Zitat

    ob wir uns nur berieseln oder sonstwie unterhalten lassen - irgendwann glauben wir alles! also sind wir auch schon ein wenig auf die verantwortung von redakteuren und lektoren angewiesen...


    Dies ist meine größte Sorge. Eine Willenlosigkeit, völllig unkritisches Vertrauen zur vorgegebenen Information.
    Ich denke, wir sollten solche Bücher nicht stur hochloben, nur weil es unterhaltsam ist, sondern auch mal darüber nachdenken, was uns da vorgesetzt wird. Und leider habe ich nicht wenig den Eindruck, dass dies nicht gemacht wird.


    mfg

  • hallo historikus,
    du liest dich gerne selbst und damit du das möglichst oft kannst, wiederholst du dich ständig, ist echt eine reife oscar-verdächtige leistung oder eher doch reich-ranicki würdig.

  • Hallo Antiope,


    Zitat

    Es ist eine ziemlich verbreitete Methode, den Geschichtsschreibern immer das zu glauben, was ins eigene Weltbild passt, und misstrauisch zu werden, wenn Angaben dem zuwiderlaufen.


    Diesen klugen Satz kann ich nicht genug hervorstreichen. Da ich voll deiner Meinung!


    Zitat

    Dann erkläre mir jemand PLAUSIBEL, wie eine Frau es über Jahrzehnte hinweg fertiggebracht haben soll, innerhalb einer rein männlichen Gruppe unerkannt zu leben.


    :-)


    Na Johanna kann alles, die ist sogar so hyperintelligent, , sie ist die Gute, die anderen - die Männer sind die bösen und sind ja so dumm, die erkennen eh nicht eine Frau von einem Mann. So würde es wohl Cross erklären. ;-)


    Zitat

    Heute ist es pures Wunschdenken von Frauen im Zeitalter der Emanzipation, dass es früher schon Frauen gegeben haben soll, die es den bösen Männern mal so richtig gezeigt haben. Und da reicht eine Bischöfin nun mal nicht, da muss es eben gleich eine Päpstin sein.


    Genauso ist es. Befriedige ein Wunschdenken, gewürzt mit einer Prise Klischees - schon fertig ist der Bestseller!


    mfg

  • Hallo PT22,


    Zitat

    du liest dich gerne selbst und damit du das möglichst oft kannst, wiederholst du dich ständig, ist echt eine reife oscar-verdächtige leistung oder eher doch reich-ranicki würdig.


    ich weiß nicht was dein Beitrag zum Thema beizutragen hat, aber ich würde doch bitten, wirklich persönliche Kritik gegen Moderatoren zunächst per Mail zu senden.


    Ich bin gerne bereit, mit dir darüber zu sprechen. Aber im öffentlichem Forum muss das jetzt nicht sein, wenn jetzt gerade so eine hoch interessante Diskussion anläuft.


    Ich bitte wieder, zum Thema zurückzukommen.


    Danke!


    Freundliche Grüße
    Historikus