Lilith - Christoph Marzi

  • Hallo Dany-Maus,


    diese zwei "Bücher im Buch" haben mich auch gestört. Diese Infos sind so was von unoriginell in die Geschichte eingebracht. Da hat man sich nicht die geringste Mühe gemacht, das dem Leser zu angebrachter Zeit und harmonisch in die Gesamtgeschichte eingebunden in kleine Häppchen zu präsentieren. Und noch dazu ist dieses Tagebuch in dieser Breite überhaupt nicht für die Geschichte wichtig. Wer Leseerfahrung hat, weiß zwar, was der Sinn dieser Riesenabschnitte ist, aber wer Leseerfahrung hat, der weiß auch, dass dies nicht in einer solchen Breite erzählt werden muss. Da hätte der Autor besser die London-Geschichte länger machen sollen - an der mich allerdings Wittgensteins vertrackte Erzählperspektive gestört hat. Ich schätze mal, er wollte so ein väterliches "Ich erzähle euch die Geschichte eines faszinierenden Kindes"-Feeling erwecken, aber das kommt einfach nicht an. Dieser Wittgenstein erzählt an vielen Stellen viel zu künstlich von sich und Emily. Das ist dann so ein blödes Dazwischen, das sowohl die konventionelle väterlich-auktoriale Atmosphäre kaputtmacht als auch die modernere personale Atmosphäre, wenn da irgendwann in Szenen mit Emily Wittgensteins Wörtchen "ich" wieder auftaucht.

  • Zitat

    Original von Annorra
    Hallo Dany-Maus,


    diese zwei "Bücher im Buch" haben mich auch gestört. Diese Infos sind so was von unoriginell in die Geschichte eingebracht. Da hat man sich nicht die geringste Mühe gemacht, das dem Leser zu angebrachter Zeit und harmonisch in die Gesamtgeschichte eingebunden in kleine Häppchen zu präsentieren. Und noch dazu ist dieses Tagebuch in dieser Breite überhaupt nicht für die Geschichte wichtig. Wer Leseerfahrung hat, weiß zwar, was der Sinn dieser Riesenabschnitte ist, aber wer Leseerfahrung hat, der weiß auch, dass dies nicht in einer solchen Breite erzählt werden muss. Da hätte der Autor besser die London-Geschichte länger machen sollen - an der mich allerdings Wittgensteins vertrackte Erzählperspektive gestört hat. Ich schätze mal, er wollte so ein väterliches "Ich erzähle euch die Geschichte eines faszinierenden Kindes"-Feeling erwecken, aber das kommt einfach nicht an. Dieser Wittgenstein erzählt an vielen Stellen viel zu künstlich von sich und Emily. Das ist dann so ein blödes Dazwischen, das sowohl die konventionelle väterlich-auktoriale Atmosphäre kaputtmacht als auch die modernere personale Atmosphäre, wenn da irgendwann in Szenen mit Emily Wittgensteins Wörtchen "ich" wieder auftaucht.


    Ich war auch froh, als ich Elizas Tagebücher durch hatte. Meine Schwester hingegen fand diesen Abschnitt total toll und spannend. :unverstanden
    Ich selbst liebe übrigens Wittgensteins Erzählstil über alle Maßen, gerade weil er so unkonventionell daher kommt!
    So verschieden sind nun mal Geschmäcker!

    "Man sagt, wenn man die Liebe seine Lebens trifft bleibt die Zeit stehen - und das stimmt. Aber was niemand sagt, ist, dass sie danach viel schneller vergeht - um die verlorene Zeit wieder aufzuholen." (Tim Burtons Big Fish)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Tess ()

  • Zitat

    Original von Tess
    Ich war auch froh, als ich Elizas Tagebücher durch hatte. Meine Schwester hingegen fand diesen Abschnitt total toll und spannend. :unverstanden
    Ich selbst liebe übrigens Wittgensteins Erzählstil über alle Maßen, gerade weil er so unkonventionell daher kommt!
    So verschieden sind nun mal Geschmäcker!


    Es ist schon interessant, wie unterschiedlich die Reaktionen auf diesen Abschnitt des Buches sind. Mir ging es ähnlich wie dir, ich war froh, als es mit der Geschichte in der Gegenwart weiterging.
    Einer Freundin von mir haben die Tagebücher fast besser gefallen, als die restliche Geschichte, :gruebel was ich gar nicht nachvollziehen kann.


    LG, Aurian

  • Jetzt habe ich das Buch auch durch und muss sagen, dass war eine außerordentlich spannende, schön zu lesende und unterhaltsame Lektüre.
    Die Abenteuer von Emily und ihrer besten Freundin Aurora sowie ihrem Mentor, dem etwas schrulligen Alchemisten Wittgenstein gehen weiter.


    Nachdem Lucifer in Lycidas vernichtet wurde, sucht eine schreckliche neue Bedrohung London heim: Widergänger jagen in den Schächten der Stadt und verwandeln ihre Opfer in blutgierige Ghule, die die Dunkelheit bevölkern. Und bald flüstert man es hinter vorgehaltener Hand: Gulchissar ist in die uralte Metropole gekommen. Ein finsteres Übel, das bis in die Zeit der ägyptischen Pharaonen zurückreicht und so alt ist wie die Menschheit.
    Und jeder aus Emilys Bekanntenkreis scheint irgendwie in die Geschichte verwickelt zu sein. Eliza, ihre Freundin aus dem Buchladen, gibt ihr ihr Tagebuch zu lesen, in dem beschrieben wird, wie Eliza einst zusammen mit ihrem Bruder genau dem gleichen Übel nachjagte - und welche Folgen es für sie hatte. Und auch Auroras Vergangenheit wird gelüftet...


    "Lilith" ist ein absolut tolles Buch - unheimlich spannend und teilweise sogar ungewohnt gruselig. Geschickt vermischt Marzi seine kunstvolle Märchenwelt Versatzstücken aus Mythos und Geschichte und macht seine Welt damit umso glaubwürdiger.
    Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Sprung zwischen den JETZT-Geschehnissen, die Wittgenstein erzählt und den sehr umfangreichen Tagebuch-Passagen, die viele Jahrzehnte zurückgehen und erzählen, wie Eliza und ihr Bruder bei den Ausgrabungen Carters im Tal der Könige das erste Mal auf das Dunkle Übel stoßen, dass man andernorts als Gulchissar kennt. Der Bruch ist etwas unglücklich, jedoch liest man sich nach einiger Zeit rein. Es dauert eine Zeitlang, bis diese Sub-Handlung in Schwung kommt, danach ist es aber ähnlich spannend wie der Hauptstrang.


    Sehr empfehlenswert!
    - Elena

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Vier Jahre sind vergangen, seit sich in der Uralten Metropole Londons die Hölle aufgetan hat. Vier Jahre ist es her, dass sich Lilith opferte, um ihren Geliebten zu retten. Vier Jahre, nachdem Emily Laing und Aurora Fitzrovia zum ersten Mal die Stadt unter der Stadt betreten haben. Doch jetzt droht London erneut Unheil: mehrere Tote haben die Aufmerksamkeit des Senats geweckt. Emilys Tricksterfähigkeiten sind gefragt. Noch ahnen weder sie noch ihr Mentor Wittgenstein, welche alten Mächte sich daran machen, London zum Umfangen. Dass sie nur Figuren auf einem Schachbrett sind, dessen Spieler sie nicht kennen. Und wie hoch die Preise sein werden, die sie zahlen werden …


    Nach „Lycidas“ entführt Christoph Marzi den Leser erneut in die Stadt unter Stadt, in die Uralte Metropole, zu Engeln, Göttern und Wesen, die noch weiter jenseits unserer Vorstellungskraft liegen. Emily, Aurora, Wittgenstein und Maurice Micklewhite werden wieder in große Ereignisse hineingezogen. Nach dem Sieg gegen den Nyx, dem Tod von Lilith und Lycidas, schickt sich eine neue Macht an, London zu durchdringen. Erneut überzeugt Marzi mit einer intensiven, fantastischen Geschichte, die soviel mehr als bloße Fantasy ist. Es ist eine Liebeserklärung an die phantastische Literatur (Stichwort: Stoker) ein Hohelied auf die unbegrenzten Möglichkeiten der Phantasie. Streitpunkt wird auch hier wie schon bei „Lycidas“ der Stil sein: er hebt sich von der Masse ab, ist unkonventionell, besonders – und genau deswegen Geschmacksache. Bei mir trifft der Autor damit genau den richtigen Nerv – seinen Charakteren, seiner Geschichte kann ich mich einfach nicht entziehen. Auch wenn die Bücher schon vergleichsweise lange auf dem Markt sind, ist Christoph Marzi für mich die Neuentdeckung des Jahres!


    10/10 Eulenpunkten

    SUB 220 (Start-SUB 2020: 215)


    :lesend Susanne Michl u. a. - Zwangsversetzt. Vom Elsass an die Berliner Charité. Die Aufzeichnungen des Chirurgen Adolphe Jung (1940 - 1945)

    :lesend Antonio Iturbe - Die Bibliothekarin von Auschwitz

    :lesend Anthony Doerr - Alles Licht das wir nicht sehen (Hörbuch)

  • Vier Jahre sind vergangen seit den Ereignissen aus „Lycidas“, wieder geht etwas Unheimliches vor in London und wieder erleben Emily Laing, Aurora Fitzrovia, Mortimer Wittgenstein und Maurice Micklewhite schier unglaubliche Abenteuer, die sie dieses Mal sogar nach Paris führen.


    Leider habe ich persönlich große Probleme mit Marzis Schreibstil, obwohl es mir vorkommt, als wären in diesem Band weniger Wiederholungen als noch im Vorgänger. Dafür ist „Lilith“ stellenweise ziemlich langweilig und größtenteils sehr wirr erzählt, wozu auch Marzis Vorliebe beiträgt, die Geschichte nicht linear zu erzählen. Zudem benutzt er oft eine recht altertümlich anmutende Sprache und Erzählweise. Wie schon in „Lycidas“ fungiert auch hier wieder Wittgenstein als Ich-Erzähler (obwohl er auch hier längst nicht bei allen Ereignissen dabei ist, zweimal werden seine Ausführungen von Eliza Hollands Aufzeichnungen unterbrochen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemandes Aufzeichnungen tatsächlich so aussehen, mit viel Blabla, bis ins kleinste unwichtige Detail und sogar wörtlicher Rede, hier wäre weniger mehr gewesen!. Und genau diese Aufzeichnungen sind es dann auch, die dem Buch enorm viele Längen und jede Menge Langeweile spendieren.


    Marzi hat wieder geschichtliche Ereignisse, Legenden und Mythen bunt gemischt, noch ein paar historische Persönlichkeiten und literarische Anspielungen dazu gemixt, doch leider ist kein prickelnder Cocktail dabei herausgekommen sondern ein trüber Mischmasch, der stellenweise durchaus interessant ist, im Ganzen aber enttäuscht. Themen sind u. a. Vampire und Echnatons Einführung des Monotheismus, der Leser trifft auf Howard Carter und Henri de Toulouse Lautrec und den einen oder anderen ägyptischen Gott. Vor allem die ägyptische Thematik ist recht interessant, dafür hätte man gut auf die Vampir-Storyline verzichten können.


    Das Ganze ist nicht nur wirr erzählt, ich kann auch nicht wirklich einen roten Faden erkennen, am Ende bleiben eine Menge Fragen offen und bei mir ein Eindruck von „Was sollte das?“. Viele Handlungselemente, die für mich echtes Potential hatten, sind am Ende regelrecht verpufft.


    Und auch in diesem Band kann ich wieder keinen rechten Zugang zu den Charakteren finden. Am ehesten funktioniert das noch bei Eliza Holland, eine neue Figur, die sich mit Emily angefreundet hat, einen großen Teil der Handlung trägt (sogar selbst erzählt) und die – natürlich – auch ihre Geheimnisse hat. Auch wenn ich ihre Aufzeichnungen, wie oben schon erwähnt, nicht wirklich gelungen finde, kommt man ihr durch diese recht nahe und lernt sie gut kennen. Hier klappt die Ich-Erzählung deutlich besser als bei Wittgenstein, der eben oft aus zweiter Hand erzählt.


    Auch „Lilith“ ist wieder sehr düster und Paris deutlich unheimlicher als London. Die Trilogie ist nicht für Kinder geschrieben, eher für ältere Jugendliche und Erwachsene, die auch die Anspielungen eher verstehen. Leider vermitteln die neuen Cover einen anderen Eindruck.


    Empfehlen kann ich auch dieses Buch nicht wirklich und da es mir noch weniger gefallen hat als „Lycidas“, mich am Ende sogar regelrecht enttäuscht hat, gibt es nur 5 Sterne.

  • Von diesem Buch war ich nicht ganz so begeistert wie vom ersten Teil. Ich fand es ein wenig mühsam, die Zeitlinie zu verfolgen. Aber die Ereignisse in den Karpaten und in Ägypten waren schon recht faszinierend.
    Und immer wieder schön, wenn man die Anspielungen entschlüsselt.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde