'Hey guten Morgen, wie geht es dir?' - Seiten 081 - 151

  • Nach diesem Abschnitt bin ich ziemlich zwiegespalten, einerseits gefällt mir das Buch richtig gut, ich kann mich prima in Juno hineinversetzen, ihre Einsamkeit, ihre Probleme mit dem Älter werden nachfühlenund ihre Unterhaltungen mit Bremu finde ich klasse, auch wenn ich finde, dass die in diesem Abschnitt etwas zu sehr in den Hintergrund geraten und das Tanzen von Juno doch sehr im Vordergrund steht (liegt wohl an mir, ich kann mit "Tanz" in welcher Form auch immer nix anfangen).

    Was mich stört, sind so einige Ungereimtheiten in der Geschichte, wie realistsich es ist, dass Jupiter pflegebedürftig ist und Juno, die ihn alleine versorgt, standig stundenlang unterwegs ist oder sogar über mehrere Tage wegfährt, kann ich nicht beurteilen. Dass jemand, der beim Essenskauf jeden Cent umdrehen muss, ständig zum tätowieren rennen kann, kommt mir auch sehr komisch vor.

    Am meisten stören mich aber die merkwürdigen und willkürlichen Zeitsprünge. Da stehen im September die Weihnachtssachen im Supermarkt und ein paar Sätze später ist es Frühling und die Wildbiene zieht ins Insektenhotel.

    Und auf Seite 128 ist es März 23, auf Seite 141 Februar 23, ich gehe mal von aus, dass das ein Druckfehler ist, trotzdem hatte ich beim Lesen nicht das Gefühl, dass auf den paar Seiten ein ganzes Jahr vergangen ist.

  • "Einsamkeit" ist auch für mich das große Thema des Buches. Vielleicht auch deshalb die Planten-/Gottheiten-Namen? Jede Figur zieht irgendwie einsam ihre/seine Kreise im großen Universum, in dem jedes Leben nur ein Mückenschiss ist. So empfinde ich irgendwie die Stimmung.


    Zwischen Juno und Jupiter ist doch noch eine Art Verbundenheit/Liebe/Zusammenhalt da. Das schimmert in diesem Abschnitt immer wieder durch. Jupiter ist durch die Umstände an die Wohnung gefesselt, aber er wirkt auf mich nicht nur aufgrund seiner Krankheit als Einzelgänger. Ich kann gar nicht genau festmachen, warum ich das denke.


    Juno war auch schon immer besonders. In diesem Abschnitt wird von ihrer Kindheit erzählt, von dem Wunsch zu tanzen und auch von den Schwierigkeiten. Sie scheint sich immer irgendwie durchzuschlagen. Ihr Leben wirkt auf mich diszipliniert, mühsam, aber auch gespickt mit erfüllenden Momenten, die sie auf der Bühne und mit ihren Partnern erlebt.


    Was mich stört, sind so einige Ungereimtheiten in der Geschichte, wie realistsich es ist, dass Jupiter pflegebedürftig ist und Juno, die ihn alleine versorgt, standig stundenlang unterwegs ist oder sogar über mehrere Tage wegfährt, kann ich nicht beurteilen. Dass jemand, der beim Essenskauf jeden Cent umdrehen muss, ständig zum tätowieren rennen kann, kommt mir auch sehr komisch vor.

    In der Szene mit der Dame vom Medizinischen Dienst kommt ja zur Sprache, dass Jupiter noch viele Dinge allein kann, wie Anziehen, Körperpflege... Das darf nur diese Dame nicht wissen, weil er sonst runtergestuft wird. Aber alle Verrichtungen des täglichen Lebens kosten ihn wohl sehr viel Kraft und Mühe, was ja nachvollziehbar ist. Ich kann mir schon vorstellen, dass Jupiter ein paar Tage allein klar kommen kann.


    Das Juno viel Geld für Tattoos zum Fenster raus wirft, in meinen Augen, habe ich auch gedacht. Ich habe das gerade heiß mit meiner Tochter diskutiert, die ganz anderer Meinung ist. Sie meint, dass die Tattoos für Juno überlebenswichtig sind, ein Zeichen, dass es sie noch gibt, dass sie etwas wert ist und sich dadurch wieder fühlt. Das große :fischbeschäftigt sich viel mit Tattoos.


    Mit den zeitlichen Sprüngen ist mir nicht aufgefallen, aber du hast recht. Wobei die Szene im Februar auch eine Art Abrechnung /Fazit eines Monats sein kann und somit aus der zeitlichen Abfolge der Handlung rausfallen kann.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das Juno viel Geld für Tattoos zum Fenster raus wirft, in meinen Augen, habe ich auch gedacht. Ich habe das gerade heiß mit meiner Tochter diskutiert, die ganz anderer Meinung ist. Sie meint, dass die Tattoos für Juno überlebenswichtig sind, ein Zeichen, dass es sie noch gibt, dass sie etwas wert ist und sich dadurch wieder fühlt. Das große :fischbeschäftigt sich viel mit Tattoos.

    Guter Gedanke von deiner Tochter. Ich denke da ist was dran.

  • Ich werde mit Juno nicht wirklich warm, dafür tut mir Jupiter immer mehr leid. Ich weiß, das rührt aus meiner eigenen Betroffenheit, vielleicht würde ich sonst den Roman ein wenig anders lesen. Ich habe mich auch ein bisschen über die Situation bzgl. des Gesprächs mit dem MDK aufgeregt. Normalerweise hat man, je nach Pflegegrad, Beratungsgespräche entweder einmal im Halbjahr oder einmal im Quartal, da geht es darum, was vielleicht in der Pflegesitutation verbessert werden könnte. Da kommt aber niemand vom MDK. Wir hatten jeweils jemanden von einem Pflegedienst da. Die Gespräche sind verpflichtend, haben aber nichts damit zu tun, dass der Pflegegrad aberkannt werden könnte. Dass Juno dabei auch noch lügt, hat mich schon ein bisschen aufgeregt. Jupiter muss im Grunde alles alleine machen. Sie kauft ein, okay, müsste sie aber sowieso auch für sich. Vielleicht putzt sie auch die Wohnung, beim Essen wird es ja schon problematisch.


    Dass sie sich von ihrem wenigen Geld dann auch noch dauernd Tattoos machen lässt …


    Den Gesprächen mit Benu kann ich auch nicht so viel abgewinnen. Interessant in diesem Abschnitt fand ich eher, dass sie viel rausgeht, tanzt, beruflich viel plant. Das sah im ersten Abschnitt für mich noch anders aus, als würde sie sich langweilen, das scheint jetzt weniger der Fall zu sein. Mittlerweile scheint auch klar, das viel Autobiografisches im Roman steckt.


    Bei Benu frage ich mich auch, ob er sich vielleicht doch gewisse Hoffnungen macht, immerhin hat sie ihm erzählt, sie würde alleine leben. Wüsste er, dass sie verheiratet ist, wäre er wahrscheinlich schon längst wieder weg.


    Tatsächlich hatte ich mir auch mehr Humor erhofft.

  • Ich kann zu der Einstufung in Pflegestufen gar nicht viel sagen, da ich selbst noch nie direkt damit zu tun hatte. Dafür bin ich sehr dankbar.

    Ich habe es nur in meinem Umfeld mitbekommen. Zum Beispiel hat die Schwester einer Freundin Pflegegrat 3, kann aber in ihrer Wohnung die täglichen Dinge allein bewältigen. Nur außerhalb der Wohnung braucht sie Hilfe, kann nicht mehr einkaufen, nicht mehr allein zum Arzt und solche Dinge. Dabei hilft meine Freundin bzw. es kommt eine Art Pflegedienst, der z.B. putzt.

    Meine Freundin ist immer total aufgeregt, wenn der Medizinische Dienst kommt, ob ihre Schwester die Pflegestufe behält.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Den Gesprächen mit Benu kann ich auch nicht so viel abgewinnen. Interessant in diesem Abschnitt fand ich eher, dass sie viel rausgeht, tanzt, beruflich viel plant. Das sah im ersten Abschnitt für mich noch anders aus, als würde sie sich langweilen, das scheint jetzt weniger der Fall zu sein. Mittlerweile scheint auch klar, das viel Autobiografisches im Roman steckt.

    Ich finde die Gespräche mir Benu eigentlich am Schönsten. Er tut mir mittlerweile etwas leid, weil sich für mich anbahnt, dass Banu sich ernsthaft in Juno verliebt und sie ihn total abkanzelt.

    Ich denke auch, dass einige persönliche Erfahrungen der Autorin in dem Buch verarbeitet wurden. Deshalb vielleicht auch die "Kunstnamen", um sich davon abzugrenzen oder überhaupt darüber schreiben zu können.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Meine Freundin ist immer total aufgeregt, wenn der Medizinische Dienst kommt, ob ihre Schwester die Pflegestufe behält.

    Kann ich nicht nachvollziehen, es sei denn, es wurde von Anfang an vom MDK entschieden, dass der Pflegegrad nur für einen bestimmten Zeitraum gilt, und dann kontrolliert soll. weil es halt je nachdem ja möglich ist, dass sich etwas verbessert (bei den meisten ist das wohl eher nicht der Fall). Man darf auch den Beratungseinsatz nicht mit einer Kontrolle der Pflegebedürftigkeit verwechseln, er dient eher eher dazu die Pflege sicherzustellen, vielleicht sind Hilfsmittel notwendig, vielleicht braucht die Pflegeperson Hilfestellung, vielleicht sollte eine Höherstufung eingeleitet werden. Der Beratungseinsatz wird, wie schon gesagt, nicht von der Pflegekasse selbst vorgenommen, sondern z. B. von einem Pflegedienst, den man selbst darum bittet, die Einsätze sind halt Pflicht, und man muss selbst darauf schauen, sie durchführen zu lassen. Mein Mann hatte jahrelang Pflegegrad 3, ohne dass die Pflegekasse das in Frage stellte, erst als ich einen Höherstufungsantrag stellte, wurde man tätig, der MDK hat dann den dann nach Aktenlage sehr schnell positiv beschieden.


    In der Pflegegruppe, in der ich bin, habe ich auch nie etwas von regelmäßigen Kontrollen des MDK gehört, ich glaube, dafür haben die auch wenig Zeit. Nur bei Kindern wird oft regelmäßig kontrolliert, und natürlich, wenn es von Anfang an so beschieden wurde, wie oben schon erwähnt.



    Er tut mir mittlerweile etwas leid, weil sich für mich anbahnt, dass Banu sich ernsthaft in Juno verliebt und sie ihn total abkanzelt.

    Spannend, wie unterschiedlich wir das empfinden. Wie ich im nächsten Abschnitt geschrieben habe,

  • Ich hänge ein wenig hinterher, weil in den letzten Tagen viel zu tun war. Aber ich bin noch dabei :wave


    Es geht mir ähnlich wie PMelittaM, ich werde mit Juno einfach nicht warm. Mitgefühl mit Jupiter habe ich auch, es muss für ihn auch schrecklich sein, Juno kein wirklicher Partner mehr sein zu können.


    Was Bemu angeht, bin ich immer noch eher auf der zynischen Seite unterwegs. Ich glaube nicht, dass da der Wunsch nach echter Freundschaft oder gar Verliebtheit im Raum steht. Vielleicht beweist mir ja der letzte Abschnitt das Gegenteil.


    Irritierend fand ich die Begegnung mit den beiden Fremden. Da habe ich Juno überhaupt nicht verstanden. Wenn mich jemand bereits nach Geld gefragt hat, gehe ich doch nicht mit denen in eine Kneipe und trinke da auch noch Alkohol. In diesem Fall ist ja alles gut gegangen, aber was hätte Juno machen wollen, wenn die beiden ihr einfach die Tasche geklaut hätten - zwei gegen einen und sie dann auch noch durch Alkohol im Nachteil?


    Alles in Allem strahlt Juno für mich eine gewisse Überheblichkeit aus, sie scheint fest davon überzeugt zu sein, dass sie clever genug ist, dass ihr nichts geschehen kann. Dabei begibt sie sich in unnötige Risikosituationen.

  • Alles in Allem strahlt Juno für mich eine gewisse Überheblichkeit aus, sie scheint fest davon überzeugt zu sein, dass sie clever genug ist, dass ihr nichts geschehen kann. Dabei begibt sie sich in unnötige Risikosituationen.

    Das finde ich gar nicht. Was kann ihr denn passieren? Erstens hat sie kein Geld, dass sie Benu schicken könnte. Zweitens kann er aufgrund der Währungsreform mit Geld eh nichts anfangen. Ich glaube kaum, dass Juno auch nur in Erwägung zieht, ihn nach Deutschland einzuladen und schon gar nicht, ihn in Afrika zu treffen.

    Ich empfinde das so, dass aus einem spaßigen Zeitvertreib eine Art Freundschaft wurde.


    Ich finde es richtig gut, dass wir die unterschiedlichen Wahrnehmungen austauschen. Das ist spannend.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Da hast du bestimmt recht und ich kenne mich zu wenig aus. Ich frage sie das nächste Mal, wenn ich sie sehe.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das finde ich gar nicht. Was kann ihr denn passieren? Erstens hat sie kein Geld, dass sie Benu schicken könnte. Zweitens kann er aufgrund der Währungsreform mit Geld eh nichts anfangen. Ich glaube kaum, dass Juno auch nur in Erwägung zieht, ihn nach Deutschland einzuladen und schon gar nicht, ihn in Afrika zu treffen.

    Ich empfinde das so, dass aus einem spaßigen Zeitvertreib eine Art Freundschaft wurde.


    Ich finde es richtig gut, dass wir die unterschiedlichen Wahrnehmungen austauschen. Das ist spannend.

    In der Situation mit den beiden Fremden hätten die irgendwann mit ihrer Tasche abhauen könnten. Ja, wahrscheinlich hatte sie wenig Geld drin, aber gerade wenn man am Limit kalkuliert, ist schon ein kleiner Betrag ein großer Verlust, dazu die Lauferei und Kosten, wenn man Ausweise und Karten ersetzen muss.

  • Das finde ich gar nicht. Was kann ihr denn passieren? Erstens hat sie kein Geld, dass sie Benu schicken könnte. Zweitens kann er aufgrund der Währungsreform mit Geld eh nichts anfangen. Ich glaube kaum, dass Juno auch nur in Erwägung zieht, ihn nach Deutschland einzuladen und schon gar nicht, ihn in Afrika zu treffen.

    Ich empfinde das so, dass aus einem spaßigen Zeitvertreib eine Art Freundschaft wurde.

    Grade weil die Landeswährung quasi nichts wert ist, könnte er doch Dollar oder Euro erst recht gut gebrauchen, ausländische Währungen sind in so einem Fall doch oft die besten Zahlungsmittel.

    ich empfinde es aber auch so, dass sich zwischen den Beiden eine Art freundschaft entwickelt hat mit der Zeit.

  • "Einsamkeit" ist auch für mich das große Thema des Buches. Vielleicht auch deshalb die Planten-/Gottheiten-Namen? Jede Figur zieht irgendwie einsam ihre/seine Kreise im großen Universum, in dem jedes Leben nur ein Mückenschiss ist. So empfinde ich irgendwie die Stimmung.

    Für mich seht auch die Einsamkeit Junos im Mittelpunkt des Buches, die Situation einer nicht mehr ganz so jungen, aber auch noch nicht alten Frau, die ihren Platz nicht (noch nicht oder nicht mehr???) findet und in ihrem Leben festhängt. Die love-scammer-Geschichte gehört zu dieser Einsamkeit, genauso wie die Erkrankung ihres Mannes. Wobei ich die Beziehung der beiden immer noch nicht einschätzen kann, zwischendurch gabs ja mal eine ganz kurze Annäherung, aber dann geht Juno doch wieder einsam in ihr Zimmer :(. Liebt sie ihn eigentlich oder bleibt sie nur aus Pflichtbewusstsein bei ihm?


    Inhaltlich finde ich das Buch toll, weil es eben einmal eine ganz andere Perspektive zeigt. Eine Perspektive, die für mich in der Gesellschaft viel zu wenig vorkommt. Und das nicht schön lesbar unterhaltsam verpackt, sondern schonungslos ehrlich. Auch die klare, abgehackte und wenig ausschweifende Sprache passt und gehört für mich dazu.


    ABER: die Stimmung sehe ich ähnlich wie Regenfisch in dem oben zitierten Post und das empfinde ich als sehr niederdrückend. Ich widerspreche meinen oberen Absatz zwar gerade selber, aber bei aller Ehrlichkeit würde ich mir etwas mehr Leichtigkeit oder eben den von PMelittaM angesprochenen Humor wünschen. Keine "rosa Wölkchen", aber ein paar Hoffnungsschimmer. Das beste Buch hilft mir wenig, wenn ich es nicht gerne lese und das ist hier leider der Fall. Klar lese ich weiter (zusammen mit euch geht das schon :knuddel1), aber "gefallen" tut es mir leider nicht - so sehr ich Inhalt und Sprache auch mag.


    Ein paar positive Momente gibt es, wenn es um Junos Arbeit geht, da hat sie ja scheinbar Erfolg und erhält Anerkennung. Schade, dass sie sich mit ihren Tanzkolleginnen nicht näher anfreundet - wäre das nicht eine Möglichkeit, ihrer Einsamkeit zu entfliehen?

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • In der Situation mit den beiden Fremden hätten die irgendwann mit ihrer Tasche abhauen könnten.

    Ich hab mir auch die ganze Zeit gedacht: pass auf deine Tasche auf, pass auf deine Tasche auf. Vor allem die Szene, als sie Juno "in die Zange nehmen" von rechts und links, fand ich sehr unangenehm.


    Für mich war dieser Kneipenbesuch mit den beiden ein verzweifelter Versuch Junos, irgendwie an eine Art sozialen Kontakt zu kommen. Einfach mal Gesprächspartner, ein Gegenüber haben. Aber natürlich sind zwei abgebrannte Durchreisende, denen es um Geld und einen Schlafplatz geht, die falsche Anlaufstelle dafür.

    Was kann ihr denn passieren?

    Ich sehe vielmehr die Gefahr, dass sie sich zu sehr auf Benu als Freund und Gesprächspartner stützt, sich vielleicht sogar verliebt und er dann plötzlich weg ist. Auch dass sie darüber reale Beziehungen vernachlässigt und wahrscheinlich auch, dass sie (auch durch ihre Lügengeschichten) sich in eine Art Phantasiewelt begibt und die Realität ausblendet.

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • Das mit März/Februar ist mir nicht aufgefallen, ich glaube auch nicht, dass in der Zwischenzeit ein Jahr vergangen ist. Sondern die Zeit eher stillhält. Den Septemberabschnitt habe ich mehr als eine Art "Vorgriff" gelesen, ein Blick in die Zukunft.


    Mit der täglichen Pflege von Jupiter hat sie ja an sich (außer Einkaufen, Begleitung bei Außerhaus-Terminen und gelegentlich Kochen) wenig zu tun, das wird ja nur der Dame vom MKD erzählt, um die Pflegestufe zu behalten. Ich denke auch, dass sie sich mehr als "Sicherheitsnetz" fühlt, das ist schon eine große Verantwortung, die aber in keiner Pflegetabelle erfasst wird. Deswegen kann sie für mich auch tagelang weg sein, Jupiter kann sich ja alleine versorgen, sofern genügend Einkäufe im Haus sind.

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • Ich denke auch, dass sie sich mehr als "Sicherheitsnetz" fühlt, das ist schon eine große Verantwortung, die aber in keiner Pflegetabelle erfasst wird. Deswegen kann sie für mich auch tagelang weg sein, Jupiter kann sich ja alleine versorgen, sofern genügend Einkäufe im Haus sind.

    Da hast du meiner Meinung nach so was von recht.:write

    Gerade die Menschen, die als "Sicherheitsnetz" fungieren (und oft doch auch viel übernehmen müssen) gehen irgendwie unter..........oder werden zu wenig geschätzt, auch von offizieller Seite.


    Ich denke, Jupiter ist sowas von froh, dass er noch eine Art Selbständigkeit in vielen Bereichen hat.

    Und er will sich diese, auch für Juno, so lange wie möglich erhalten.

  • Ich wollte noch zum Thema „Essen“ was schreiben, denn es hat mich sehr schockiert, dass sie gerade dort massiv sparen und es sich anscheinend nicht mal leisten, sich satt zu essen. Das ist für mich unvorstellbar und gerade mit dem soeben gewonnenen Preisgeld auch nicht nachvollziehbar. Dass die Tatoos für Juno extrem wichtig sind, ok. Aber warum rafft sie sich nicht auf und kocht zumindest immer wieder mal? Das wäre doch nicht nur deutlich gesünder, sondern auch viel günstiger als die dauernden Gebäckstückchen.

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • In der Situation mit den beiden Fremden hätten die irgendwann mit ihrer Tasche abhauen könnten. Ja, wahrscheinlich hatte sie wenig Geld drin, aber gerade wenn man am Limit kalkuliert, ist schon ein kleiner Betrag ein großer Verlust, dazu die Lauferei und Kosten, wenn man Ausweise und Karten ersetzen muss.

    Ja, in dieser Szene habe ich auch gedacht, erst gedacht, dass Juno unvorsichtig ist. Aber dann habe ich mich gefreut, dass sie mal einen Moment einfach genossen hat und das Leben hat laufen lassen. Und es ist gut gegangen. Das fand ich richtig schön.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich sehe vielmehr die Gefahr, dass sie sich zu sehr auf Benu als Freund und Gesprächspartner stützt, sich vielleicht sogar verliebt und er dann plötzlich weg ist. Auch dass sie darüber reale Beziehungen vernachlässigt und wahrscheinlich auch, dass sie (auch durch ihre Lügengeschichten) sich in eine Art Phantasiewelt begibt und die Realität ausblendet.

    Ich habe meinen allerbesten Freund auch im Internet kennengelernt und bin froh, dass ich damals alle Bedenken über Bord geworfen habe und einfach gemacht habe. Klar, es hätte auch schief gehen können. Aber dann hätte ich jetzt nicht diesen wunderbaren Menschen an meiner Seite.

    Durch die Pflegesituation ist es für Juno wahrscheinlich sehr schwierig, außerhalb des Hauses soziale Kontakte zu pflegen. Ich glaube auch, dass Hefter sich auf punktuelle Einblicke in den Alltag des Paares beschränkt, weil es nicht das Hauptthema des Buches ist. Ich kann mir aber vorstellen, das Junos ihre meiste Zeit darauf verwendet, den Alltag am Laufen zu halten. Also kann ich verstehen, dass sie im Internet diesen Kontakt pflegt, auch wenn das ursprünglich nicht der Plan war.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin