Das Echo der Moore – Nicole Wellemin

  • Produktinformation (Amazon):

    • Herausgeber ‏ : ‎ Piper (27. Februar 2025)
    • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
    • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 352 Seiten
    • ISBN-10 ‏ : ‎ 3492073352
    • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3492073356

    Kurzbeschreibung (Verlag):

    „Nicole Wellemins Texte sind so klar wie ein Bergsee und so präzise wie ein Scherenschnitt. Was für ein Lesevergnügen!Martina Bogdahn

    Von der Suche nach Versöhnung

    Nach vielen Jahren der Abwesenheit zieht Theresa aus der Stadt zurück in ihr kleines Heimatdorf. Der Umzug ist sowohl Neuanfang als auch Kapitulation, ein letzter Versuch, ihre Doktorarbeit über die Moore erfolgreich zu Ende zu bringen. Aber in der Umgebung ihrer Kindheit reißen alte Wunden wieder auf: Hier sind die schmerzlichen Erinnerungen an den Bruch mit ihrer Zwillingsschwester allgegenwärtig. Außerdem hadert Theresa nach wie vor mit einer schwerwiegenden Entscheidung, die sie nach dem frühen Tod ihres Bruders getroffen hat. In den unwirtlichen Mooren ihrer Heimat sucht sie Zuflucht und findet in der zaghaften Freundschaft mit ihrem jugendlichen Neffen neuen Mut. Doch die Konfrontation mit dem Unausgesprochenen hat längst etwas in Theresa losgetreten …

    Eine Schwesterngeschichte über die vielen Schattierungen von Wahrheit, so eindringlich wie Jarka Kubsova und so ergreifend wie Ewald Arenz.

    Zur Autorin (Verlag):

    Nicole Wellemin, Jahrgang 1979, absolvierte nach dem Abitur in England das Eastern and Central European Studies Programme an der Karlsuniversität, Prag, und studierte Kommunikation an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing in München. Dreizehn Jahre lang arbeitete sie in der Öffentlichkeitsarbeit einer Unternehmenstochter der Bavaria Film in München, ehe sie sich 2015 ganz dem Schreiben widmete.

    Meine Meinung:

    Theresa kehrt nach 15 Jahren in ihr Heimatdorf zurück. Allerdings nur notgedrungen, sie hat dort die Chance ihre Doktorarbeit zu Ende zu bringen. Dort holt sie dann aber auch die Vergangenheit wieder ein, ihre Schwester Chrissi, mit der sie sich zerstritten hat, lebt dort und gefühlt jeder hat eine Meinung zu ihr und ihrer Familie. Und doch ist es auch eine Chance für einen Neuanfang und Vergebung.


    Nicole Wellemin nimmt uns mit ins ländliche Niederbayern, in ein Dorf, in dem Chrissi und Theresa und schwierigen Umständen groß geworden sind. Theresa hat ihre Heimat in der Wissenschaft gefunden, Chrissi hat die „perfekte“ Familie gegründet. Nach und nach erfahren wir Details über die Jugend der beiden. In Rückblenden erzählt die Autorin die Geschichte der Frauen der Familie aus deren Perspektiven. Mutter Helen, die mit einem kranken Kind alleingelassen wird und die Kraft für ihre Zwillinge nicht auch noch aufbringen kann. Chrissi, die sich einsam und unsichtbar fühlt und alles tut um von irgendjemanden geliebt zu werden. Und Theresa, die in ihrer Lehrerin und der Wissenschaft den Halt findet, der ihr zu Hause nicht gegeben wird. Dabei verlieren sich die Schwestern und die erbliche Krankheit des Bruders tut ihr übriges dazu.


    Durch den Perspektivwechsel lernen wir die drei Frauen de Familie gut kennen und auch deren Gefühlswelt. Der Autorin gelingt es so, alle Protagonistinnen gut zu charakterisieren und man kann ihre Entwicklung besser verstehen. Mir war Theresa von den dreien am sympathischsten, allerdings hat mich Chrissis Entwicklung am meisten beeindruckt. Sie schafft es vom rebellischen Teenager zur gut organisierten Mutter zu reifen. Die Mutter bleibt in der Gegenwart eher im Hintergrund, aber die Rückblicke aus ihrer Sicht erklären vieles.

    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Die Charaktere sind widersprüchlich und man kann sich als Leser gut an ihnen reiben. Die Beschreibungen des Moors und des Alltags im Ort mit all seinen Gebräuchen lassen das Kopfkino laufen. Am besten gefallen hat mir Korbinian, der Sohn von Chrissi und Neffe von Theresa, der es schafft, dass die beiden wieder miteinander sprechen und sich schließlich annähern.


    Ich kann das Buch also nur empfehlen!


    9 von 10 Punkte


    Herzlichen Dank auch an Nicole Wellemin an die engagierte Begleitung der Leserunde!


    ASIN/ISBN: 3492073352

  • Meine Rezension

    Theresa und Chrissi sind Zwillinge, doch so ähnlich sie äußerlich sind – ihre Wesen sind grundverschieden und zu Beginn der Handlung könnten sie einander kaum fremder sein.


    Zuviel ist seit der Geburt des kleinen Bruders geschehen. Seine schwere Krankheit stellt die Familie auf eine harte Probe - doch es gelingt ihnen nicht, diese schwere Krise gemeinsam zu meistern. Der Vater verläßt die Familie, die Mutter zerbricht an der Situation. Die beiden Mädchen, die selbst ganz dringend Hilfe bräuchten, sind auf sich alleine gestellt und gehen ganz unterschiedlich damit um. Das führt letztlich zu ihrem Zerwürfnis.


    Als Theresa nach vielen Jahren zurückkehrt, um ihre Promotion über die Moore ihrer Heimat zu schreiben, lässt es sich natürlich nicht vermeiden, ihrer Schwester wieder zu begegnen. Schon allein auch, weil deren Ältester den Kontakt zu ihr sucht.


    Es bleibt wohl nicht aus, nach all den Jahren endlich einmal ihr gemeinsames Leben zu ordnen. Ob ihnen das noch gelingen kann? Zu groß waren die Verletzungen, die sie einander absichtlich und unabsichtlich gegenseitig zugefügt hatten...


    Dieses Buch habe ich im Rahmen einer gemeinsamen Leserunde mit der Autorin gelesen. An dieser Stelle Danke für das Freiexemplar – das meine Meinung natürlich nicht beeinflusst! - und die engagierte Begleitung der Leserunde.


    Der Roman handelt davon, was ein Schicksalsschlag einer Familie antun kann. Es ist eine Geschichte vom Verlieren und vom Wiederfinden. Von Verletzungen und vom Heilen. Mir hat die Geschichte der beiden Schwestern – eingebettet in die bayerische Moorlandschaft – sehr gut gefallen. Die beiden Mädels haben mir sehr leid getan angesichts der Katastrophe, die über die Familie einbricht und sie langsam aber sicher zerstört. Man sieht das böse Ende kommen und möchte es aufhalten (vor allem, weil man als unbeteiligter Leser natürlich potentielle Lösungen sieht), aber es gelingt natürlich nicht. Und so muß jedes Familienmitglied seinen eigenen Weg finden, mit der Tragödie umzugehen. Nicht alle dieser Wege sind gut...


    Schön finde ich, dass das Buch ein „gutes“ Ende hat, aber dennoch kein Friede-Freude-Eierkuchen Happy End, dass den Beteiligten in den Schoss gefallen ist – es ist ein hart erarbeitetes, gutes Ende. Auch die Protagonisten fand ich sehr gut angelegt: man mag sie nicht alle und auch nicht immer. Man hadert mit ihnen und möchte sie auch gerne das eine oder andere mal schütteln – doch helfen kann man ihnen nicht, sie müssen ihren Weg selbst finden.


    Auch von mir 9 von 10 Punkten und eine klare Lese-Empfehlung.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Leserunden allgemein sind eine super Gelegenheit, neue Autoren und Autorinnen kennen zu lernen - vor allem wenn sie begleitet stattfinden. Ich hatte das Glück, mit Nicole Wellemin und ihrem neuen Buch "Das Echo der Moore" in intensive Lesestunden einzutauchen, ohne dass ich vorher zu genau auf das Buch geschaut habe oder sich Erwartungen eingestellt hätten.


    Hauptpersonal des Buches sind Theresa und Chrissi, zwei sehr unterschiedliche Zwillinge. Hauptsächlich begleiten wir Theresa, die im akademischen Mittelbau gefangen ist, sich von befristeter Stelle zu befristeter Stelle durchhangelt und mit der neuen Stelle die letzte Chance sieht, ihre Promotion noch beenden zu können. Diese Stelle hat einen großen Nachteil - sie kümmert sich um ein Moormuseum ganz in der Nähe ihres Heimatdorfes und kommt durch die Stelle wieder mit ihrer Heimat in Kontakt, die sie erfolgreich hinter sich gelassen hat. Sie kommt sehr schnell mit ihrem Neffen Korbi in Kontakt, der neugierig auf die unbekannte Tante Resi ist. Und dadurch natürlich auch mit ihrer Schwester Chrissi.


    Das Echo der Moore handelt aus drei Perspektiven (Theresa, Chrissi und selten Helen, die Mutter) in unterschiedlichen Zeitebenen. Die Autorin versteht es dabei aber wunderbar, dass ich als Leser nie die Übersicht verloren habe und die Geschehnisse immer direkt passend zuordnen konnte, die Wechsel waren auch in der Regel sinnvoll und haben den Strang weitergeführt und erklärt, oder an einer Endstelle einen neuen Strang aufgemacht. Durch diese Perspektiven- und Zeitwechsel ist das Buch richtig lebendig, ich bekam Verständnis für alle Personen, konnte mich einfinden. Das war wirklich richtig gut.


    Emotionen wecken, das ist eine weitere Stärke des Buches. Besonders in der zweiten Hälfte des Buches fiel es mir schwer mich zu beteiligen, da mich manche Punkte aufgewühlt haben. Und auch ziemlich am Anfang habe ich auf einen Protagonisten eine richtige Wut empfunden.


    Als dritte Stärke möchte ich die Beschreibung des Moores und der Arbeit von Theresa hervorheben. Die Naturthemen und die Wissenschaft wirkt hier nicht aufgesetzt, um möglichst unterschiedliche Charaktere hinzubekommen, sondern wirkten elementar für die Geschichte. Im Moor gab es Ruhe, aber auch entscheidende Momente. Es ist nicht nur Arbeitsort, sondern ein wichtiger Lebensinhalt.


    Nicht so gut gefallen hat mir der Anfang, ich habe mich schwer getan mit dem Prolog und ersten + zweiten Kapitel. Das war irgendwie auch mehr Effekt, als das Buch aus meiner Meinung nach am Anfang benötigt hätte. Auch das Ende, was ich grundsätzlich gut gelungen und passend finde, war mir in einem bestimmten Punkt zu viel, da wäre weniger happy für mich passender gewesen.


    Alles in allem ist das Echo der Moore ein wirklich tolles Buch, was mir sehr gut gefallen hat und mich deutlich mehr beschäftigte und immer noch beschäftigt, als vorher gedacht.

  • Theresa kommt nach vielen Jahren aus der Stadt zurück in ihr Heimatdorf in Niederbayern. Es ist die letzte Chance, ihre Doktorarbeit über die Moore in ihrer Heimat erfolgreich zu abzuschließen. Sie kommt aber auch beladen mit einer Menge von schmerzhaften Erinnerungen. Mit ihrer Zwillingsschwester Chrissie ist sie im Streit auseinander gegangen. Doch als ihr Neffe Korbi dann vor ihrer Tür auftaucht, ist ein Zusammentreffen mit der Familie ist unausweichlich.


    Die Autorin Nicole Wellemin erzählt in diesem Roman eine Familiengeschichte, die tragisch ist und Verletzungen bei den Beteiligten hinterlassen hat. Die Perspektiven wechseln immer wieder und führen auch zurück in die Vergangenheit. So sind wir nahe an den Protagonistinnen und können so ihre Gedanken und ihr Handeln nachvollziehen.


    Auch die Ruhe, die das Moor in diese Geschichte bringt, hat mir gut gefallen.


    Die Zwillingsschwestern Chrissi und Theresa haben es in ihrer Kindheit nicht leicht gehabt. Ihr jüngerer Bruder Anselm war an Mukoviszidose erkrankt und beanspruchte die ganze Aufmerksamkeit der Mutter. Helen fühlte sich ständig überfordert, zumal sie nicht auf die Unterstützung ihres Mannes Basti bauen konnte, der immer wieder auf Montage ist. Die Zwillinge sind vier, als ihr Bruder geboren wird. Sie müssen schauen, wie sie zurechtkommen. Theresa ist die Vernünftigere der beiden und sorgt dafür, dass alles läuft. Aber ihnen fehlt auch die Zuwendung.


    Mit zunehmendem Alter interessiert sich Theresa immer mehr für die Natur um sie herum. In der Schule wird sie von ihrer Lehrerin gefördert. Chrissi dagegen fehlt der halt. Sie fühlt sich nicht gesehen. Ihre Suche nach Liebe wird ausgenutzt. Die Mädchen, die immer zusammengehalten haben, driften auseinander. Mir war Theresa näher, da mir die rebellische Art von Chrissi als Jugendliche nicht gefiel. Doch wie sie sich entwickelt hat, hat mir gut gefallen.


    Es ist aber nicht leicht, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, die Urteile über das Verhalten der anderen zu überdenken und sich einander anzunähern. Korbi trägt dazu mit seiner jugendlich unbeschwerten Art seinen Teil bei. Aber auch er muss eine Enttäuschung wegstecken.


    Mich hat dieser emotionale und nachdenklich stimmende Roman über eine Familie mit ihren Problemen gut unterhalten und ich kann ihn nur empfehlen.


    10/10