Wer aus dem Schatten tritt - Melanie Metzenthin

  • Klappentext (Amazon):


    Hamburg 1958: Voller Elan tritt die junge Ärztin Renate ihre erste Stelle in der Psychiatrie an. Sie merkt jedoch schnell, dass sie als Frau nicht mit offenen Armen empfangen wird. Durch einen Vorfall in der Klinik lernt sie den charmanten Matthias kennen, der am Anfang seiner Karriere als Profifußballer steht. Sie gehen miteinander aus, aber Renate zögert, sich auf ihn einzulassen.

    Allmählich kommen die beiden sich näher und Renate merkt, wie gern sie ihn hat. Ausgerechnet jetzt muss sie sich mehr denn je auf die Arbeit konzentrieren. Ihr Kollege Dr. Lehmann macht ihr das Leben schwer und schließlich droht sogar die Entlassung. Gelingt es ihr, sich zu behaupten?



    Meine Rezension:


    Fräulein Doktor


    Renate Schwarz ist mit Leidenschaft Ärztin im Allgemeinen Krankenhaus Ochsenzoll, einer Psychiatrischen Klinik in Hamburg. Aber das ist als junge Frau (Fräulein Doktor!) gar nicht so einfach im Jahre 1958, insbesondere, wenn man den Kollegen im Erdgeschoss gegen sich hat und erst recht nicht, wenn der leitende Oberarzt einen loswerden will (kindle, Pos, 3392). Wie Renate mit den Anfeindungen umgeht, welche Romanze sich entspinnt und warum auch noch ein Stück weit eines Krimis mit hereinspielt, das erzählt Melanie Metzenthin auf brillante Weise in diesem wunderbaren Roman.


    Erst geht es eher gemächlich dahin, erfahren wir von Renates Lebenslauf und ihren ersten Tagen in Ochsenzoll, dennoch spürt man gleich die Begeisterung der Ärztin für ihren Beruf und das große Fachwissen der Autorin, welche selbst Psychiaterin und Psychotherapeutin ist. Wer also anfangs meint, es handle sich vielleicht um einen oberflächlichen Roman mit einer piepsigen Dame als Hauptperson, der irrt gewaltig. Denn schnell stellt sich heraus, dass dieses Buch eine ganze Reihe von interessanten historisch belegten Details bereithält und ein phantastisches Bild seiner Zeit zeichnet. Dabei blickt Metzenthin tief hinter die Kulissen und beschreibt die einzelnen Szenen so bildhaft und realistisch, dass man sich ganz leicht verlieren kann im Geschehen und die 28 Kapitel in einem Rutsch hintereinander durchlesen möchte, ohne auf die Uhr zu sehen oder sich durch seine Umgebung ablenken zu lassen. Egal, ob es sich um das damalige Frauenbild handelt, als Mutter und am Herd, die Nachwirkungen des Nationalsozialismus oder eine aufkeimende Liebe, ja sogar um einen Kriminalfall – Melanie Metzenthin beherrscht ihr Metier und verknüpft alle Facetten dieses vielseitigen Romans perfekt zu einem lesenswerten Ganzen, das durch seine Lebendigkeit punktet. Die Charaktere sind derart lebhaft gezeichnet, dass man sich fast vor einer Leinwand wähnt, auf der dieser unterhaltsame Film abläuft. Während einige Figuren fest am Patriarchat festhalten, wenden sich andere der Zukunft zu und begegnen Frauen auf Augenhöhe, nicht zuletzt trägt Renate selbst dazu bei, sich ihren Platz zu erobern. Wenn sie demnächst ins Licht tritt, bin ich auf jeden Fall wieder mit dabei!


    Dieses Buch hat mich mit seiner Themenvielfalt und mit Metzenthins feinfühliger Schreibart so begeistert, dass ich „Im Lautlosen“ und „Die Stimmlosen“ sofort auf meine Wunschliste setze. Uneingeschränkte Leseempfehlung!



    Titel Wer aus dem Schatten tritt

    Autor Melanie Metzenthin

    ASIN B0DDY35K2P

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (315 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 14. Jänner 2025

    Verlag Tinte & Feder


    ASIN/ISBN: B0DDY35K2P

  • Meine Rezension:

    Renate Schwarz tritt ihre erste Stelle als Ärztin an: Die junge Frau beginnt in der bekannten Klinik Ochsenzoll als Psychiaterin. Doch sehr schnell stellt sie fest, dass die männlichen führenden Ärzte der Station anscheinend nicht gerade auf sie, eine junge Frau, gewartet haben. Wo sie nur können, werfen sie ihr Steine in den Weg und benehmen sich ihr gegenüber mehr als nur oberlehrerhaft.


    Doch zum Glück sind nicht alle so und es gelingt ihr, in der Arbeit Verbündete zu finden, die mit ihr an einem Strang ziehen. Auch privat findet sie Anschluss an ein Netzwerk akademischer Frauen.


    Als sie dann noch den jungen Fußballer Matthias kennenlernt, scheint alles gut zu sein. Doch sie unterschätzt, wie sehr einige ihrer Kollegen Frauen als Ärzte ablehnen und wie weit diese zu gehen scheinen wollen, nur um sich endlich ihrer zu entledigen.


    Mir hat dieser Roman aus der Feder Melanie Metzenthins, von der ich bislang noch kein Buch gelesen hatte (jetzt weiß ich natürlich auch, dass das ein Versäumnis ist!), ausgesprochen gut gefallen. Da die Autorin selbst „vom Fach“ ist, habe ich die psychologische Komponente des Buches natürlich mit besonderem Interesse gelesen. Diese Teile fand ich ebenso interessant wie lesenswert.


    Das Setting im Hamburg Ende der 50er Jahre fand ich ausgesprochen gelungen: der 2. Weltkrieg wirkt noch nach, der Wiederaufbau ist aber in vollem Gange. Über die Gräuel der Vergangenheit würde man am liebsten den Mantel des Schweigens legen und optimistisch nach vorne blicken. So einfach ist das aber nicht.


    Frauen stehen 1958 zwar schon viel mehr Türen offen als noch ein paar Jahrzehnte zuvor (nicht zuletzt hat der Krieg dazu beigetragen, als Frauen sich bewähren mussten, weil die Männer an der Front waren), dennoch ist es noch ein sehr langer Weg bis zur echten Gleichberechtigung. Dabei müssen Frauen nicht nur „gegen“ Männer bestehen, sondern ganz oft auch gegen ihre eigenen Geschlechtsgenossinnen, die den Vorurteilen der Männerwelt nach dem Mund reden. Ein Kampf gegen Windmühlen, möchte man meinen. Um so schöner, dass es Frauen wie Renate gibt, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen und sich behaupten.


    Gut gefallen hat mir hier auch der Hintergrund mit den psychiatrischen Fällen. Ich fand es hier sehr spannend, über die Schicksale der Patienten zu lesen und wie diese damals noch behandelt wurden. Man kann schon sehr froh sein, dass die Psychiatrie heute doch schon sehr viel weiter ist als zur damaligen Zeit, in der psychiatrische Kliniken manchmal doch eher Verwahranstalten für psychisch auffällige Menschen waren.


    Mein Fazit: ein ungemein lesenswerter Roman, der eine gut ausbalancierte Mischung aus Ernsthaftigkeit und leichten Momenten hat. Den Protagonisten – den meisten jedenfalls – würde man auch gerne wieder begegnen wollen. Auf einer Skala von 1-10 würde ich hier auf jeden Fall eine sehr gute 9 vergeben.


    Herzlichen Dank auch noch mal an die Autorin MelanieM für die intensive Begleitung der Leserunde. Bei einer Leserunde zum 2. Teil, der ja noch dieses Jahr erscheint, wäre ich auf jeden Fall auch dabei... und ich werde mich natürlich auch mal umgucken, was die Autorin sonst so für mich geschrieben hat.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • Ich bin schon seit einer Weile begeisterte Leserin der Romane von Melanie Metzenthin. Und auch dieses Buch hat mich wieder vollends überzeugt. Wir verfolgen die ersten Schritte im Berufsleben einer jungen Ärztin in der psychiatrischen Klinik Ochsenzoll in Hamburg im Jahr 1958.

    Diese Berufswahl wurde damals mit Misstrauen betrachtet und gerade im Kollegenkreis trifft Renate auf Ablehnung und Unverständnis. Aber die Autorin schildert hier nicht nur die Situation dieser einen Berufsanfängerin, sie beleuchtet vielmehr das Frauenbild der damaligen Zeit und dessen Konsequenzen für jene Frauen, die sich nicht mit einer Rolle als Hausfrau und Mutter zufrieden geben wollen, die ihnen vorgegeben ist.

    Aber auch die Folgen des Krieges, des Nationalsozialismus und der schweren Nachkriegszeit mit Hunger und Elend sind in dem Buch deutlich spürbar. Die meisten Menschen würden die Vergangenheit gerne vergessen und sich auf eine hoffentlich bessere Zukunft konzentrieren. Aber die Folgen für die Seelen der Menschen, aber auch der Seele der Gesellschaft als Ganzes lassen sich nicht verdrängen - weshalb die Klinik Ochsenzoll als Setting für den Roman gelungen gewählt ist.

    Immer wieder lässt die Autorin auch ihr Fachwissen als Fachärztin für Psychiatrie, aber auch ihr Wissen über ihre Heimatstadt Hamburg einfließen.


    9/10 Punkten

    Ich freue mich jetzt schon auf Band 2, der im August herauskommt.

  • Renate tritt nach ihrem Studium ihre erste Stelle in der Psychiatrie an. Doch Ende der fünfziger Jahre sind immer noch viele Männer der Meinung, Frauen hätten in solch einem Beruf nichts zu suchen. Leider gehört Renates Chef auch dazu und so versucht er sie immer wieder kalt zu stellen. Und auch der Kollege lässt nichts unversucht, sich auf ihre Kosten zu profilieren.


    Doch Renate hat auch Unterstützer wie ihren Onkel und den Pfleger Karlsson an ihrer Seite und schafft es sich ein Netzwerk aufzubauen, mit dem sie allerlei Unannehmlichkeiten abwenden kann.


    Auch privat wendet sich vieles zum Guten. Sie tritt einem Netzwerk für Akademikerinnen bei und lernt über mehrere Ecken Matthias kennen, mit dem sie das große Glück zu finden scheint.


    Melanie Metzenthin nimmt uns wieder mit nach Hamburg, diesmal in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Und wie es so oft in ihren Büchern ist, treffen wir auch hier bekanntes Personal wieder. Besonders die Familie von Alfred „Fredi“ Studt spielt eine wichtige Rolle. Mich hat das sehr gefreut, mag ich es doch sehr, wenn man liebgewordenen Charakteren wieder begegnet und so erfährt, wie es mit ihnen weiterging.


    Wie in allen ihren Romanen, lässt die Autorin hier wieder eine Menge Erfahrung aus ihrem eigenen Berufseben einfließen, hat sie doch selbst am Ochsenzoll gearbeitet, genau wie Renate im Buch. Dabei kommt die Unterhaltung aber nicht zu kurz. Neben den psychiatrischen Fällen kommt auch das Leben zu Wort. Wir begleiten Renate unter anderen zum Fußball und treffen so auch Uwe Seeler am Beginn seiner Karriere.


    Mir hat das Buch wieder ausgesprochen gut gefallen. Es lies sich locker lesen und war durchgehend interessant und teilweise auch sehr spannend. Das Zeitbild, das hier vermittelt wird macht wieder einmal sehr deutlich, was sich seit dem alles verbessert hat, aber auch, wo es auch heute immer noch hakt.


    Ich mochte das Buch sehr gerne und freue mich auf Band 2, der im Sommer erscheinen wird.


    9 von 10 Punkte

  • Vielen lieben Dank für deine Rezension. Ich freue mich sehr. Übrigens habe ich jetzt auch die Zusage vom Verlag, dass es noch einen 3. und 4. Band geben wird. Wenn ihr mögt, können wir die hier dann auch gemeinsam lesen. Aber ich muss sie erst mal schreiben ;-)

    Das ist toll! Ich denke das mit den Leserunden machen wir auf jeden Fall wieder! Die sind immer toll.

  • Vielen lieben Dank für deine Rezension. Ich freue mich sehr. Übrigens habe ich jetzt auch die Zusage vom Verlag, dass es noch einen 3. und 4. Band geben wird. Wenn ihr mögt, können wir die hier dann auch gemeinsam lesen. Aber ich muss sie erst mal schreiben ;-)

    :freude:freude:freude


    Laß Dir Zeit. Wir laufen hier nicht davon. :lache

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)