Cleo Konrad - Deep Fake

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Mira ist fassungslos, als sie das Nacktvideo sieht, in dem sie ihr eigenes Gesicht, ihren eigenen Körper erkennt. Rasend schnell verbreitet sich das Deepfake im Netz und droht alles zu zerstören: ihre Karriere als Lehrerin, ihre Ehe, ihr Familienglück. Doch wer könnte einen Grund haben, sie auf so grausame Weise zu verleumden?

    Die Suche führt Mira zurück in das abgeschiedene Dorf ihrer Kindheit. Hier, inmitten der dunklen Wälder, muss sie sich endlich ihrer Vergangenheit stellen. Denn vor vielen Jahren hat auch Mira durch eine Lüge ein Leben zerstört. Nur ist sie nicht die Einzige, die sich damals schuldig gemacht hat. Als Mira in ihrem Heimatdorf eintrifft, wird sie bereits erwartet ...


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Cleo Konrad wurde Weihnachten 1981 im verschneiten Alpenvorland geboren. Heute lebt und schreibt sie in der schönen Stadt Nürnberg. Sie arbeitet als Wissenschaftsjournalistin in einem Forschungsinstitut und nutzt jede freie Minute, die ihr neben Arbeit und Familie bleibt, zum Schreiben von spannenden Geschichten.


    Allgemeines

    Erschienen bei Bastei Lübbe am 31. Januar 2025 als TB mit 528 Seiten

    Gliederung: Prolog – Roman in zwei Teilen, Kapitel jeweils mit dem Namen der Protagonistin überschrieben, - Epilog

    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Mira de Luca, Tagebucheinträge von Kat(harina von Hohenberg) als Ich-Erzählung

    Handlungsorte und -zeit: Berlin und Tannwinkel 2023, Rückblende: Tannwinkel 2003


    Inhalt

    Mira de Luca arbeitet als Lehrerin an einer Berliner Brennpunktschule und kümmert sich besonders engagiert um die verhaltensauffälligen „schwierigen“ Schüler. In ihrer Klasse hat sie sich einen gewissen Respekt erarbeitet, als eine Katastrophe eintritt: Im Internet kursiert ein Video, in dem Mira nackt zu sehen ist und obszönes Verhalten an den Tag legt. Trotz ihrer wiederholten Beteuerung, dass es sich bei dem Video um ein Fake handeln muss, glaubt man ihr nicht und suspendiert sie vom Dienst.

    Mira hat Grund zu der Annahme, dass die Verleumdungsaktion gegen sie ein Racheakt von jemandem aus ihrer Vergangenheit sein könnte, denn auch sie hat als Jugendliche Schuld auf sich geladen und eine Karriere und ein Leben zerstört. Widerwillig fährt sie – zum ersten Mal seit zwanzig Jahren - in ihr winziges bayerisches Heimatdorf Tannwinkel, um sich der unaufgearbeiteten Vergangenheit zu stellen…


    Beurteilung

    Die Handlung des Romans spielt sich auf zwei Zeitebenen ab und wird aus unterschiedlichen Perspektiven präsentiert. In der Gegenwart (2023) verfolgt der Leser die Versuche Miras, den für den Deepfake Verantwortlichen ausfindig zu machen, als unbeteiligter Zuschauer. Die Ereignisse des Sommers 2003 werden dagegen aus der Sicht von Kat(harina von Hohenberg) in Tagebuchform berichtet. Damals gab es in dem öden Dorf Tannwinkel eine Clique von fünf Jugendlichen, die immer zusammen war, bis eine Tragödie dem unbeschwerten Sommer ein Ende setzte.

    Die beiden Zeitebenen wechseln einander ab, durch die Informationen aus Kats Tagebuch ist der Leser Mira bei ihren „Ermittlungen“ knapp voraus, ohne allerdings die noch folgenden Wendungen der Geschichte voraussehen zu können.

    Es stellt sich heraus, dass nicht nur Mira, sondern auch ihre Jugendfreunde Anton und Joseph durch Deepfakes verleumdet wurden. Ebenso wie Mira nehmen die beiden an, dass Kat, die schon als Jugendliche ein Computernerd war, die Urheberin ist und sich rächen will. Als die drei ehemaligen Freunde Kats Haus, einen von einer KI namens DYA gesteuerten Glaspalast, aufsuchen, ist die Bewohnerin allerdings nirgends zu finden.

    Die Romanfiguren sind sehr gründlich und individuell ausgearbeitet, die Autorin verleiht jeder Figur einen unverwechselbaren Charakter. Die Charaktere erklären sich zu einem beachtlichen Teil aus ihrer persönlichen Geschichte und Familienkonstellation, hier wird ein sehr bedrückendes Bild eines 200 Seelen-Dorfs nahe der tschechischen Grenze gezeichnet. Die Dorfgemeinschaft ist von Vorurteilen, Tratschereien, familiärer Gewalt und sexueller Belästigung in der Dorfkneipe als „Kavaliersdelikt“ geprägt. Die Darstellung dieses für die jungen Leute einengenden Umfeldes ist sehr atmosphärisch.

    Geradezu beunruhigend ist die Schilderung der Möglichkeiten, die die KI bietet. Sie bringt nicht nur technischen Fortschritt, sondern kann auch von Cyberkriminellen missbraucht werden. Hier darf sich der Leser durchaus angesprochen fühlen, gut darauf zu achten, welche Fotos, Videos oder Stimmaufnahmen von ihm online gestellt werden – was einmal im Netz ist, kann unter Umständen nicht mehr kontrolliert oder endgültig gelöscht werden.

    Ein Nachwort zu Fakten und Fiktion über die derzeitigen Möglichkeiten der KI wäre für den technischen Laien eine wünschenswerte Ergänzung gewesen.


    Fazit

    Ein unglaublich spannender und wendungsreicher Pageturner, der angesichts der rasanten Fortschritte im Bereich der KI zum vorsichtigen Umgang mit persönlichen Daten im Internet anregt!

    9 Punkte

    ASIN/ISBN: 3757700821