'Die Farben der Schmetterlinge' - Seiten 093 - 181

  • In diesem Abschnitt zieht sich für mich die so untergeordnete Rolle der Frau wie ein roter Faden durch den gesamten Abschnitt. Mehr als einmal schwoll mir dabei der Kamm. :schlaeger



    Marias Äußerung gleich zu Beginn des Abschnitts, keine Kinder haben zu wollen, sorgt für Irritation. Das ist für eine Frau in dieser Zeit ein wahrhaft ungewöhnlicher (bis ungehöriger *ggg*) Satz.


    Immer wieder trifft sie auf ihrem Weg aber auch auf aufgeschlossene Frauen, z.T. Amélie, aber auch Frau von Stranz, die ihr mit auf den Weg gibt, dass es manchmal besser ist, zu schweigen. Ist das so? Wird sich etwas ändern, wenn man nur im Stillen versucht, Dinge zu bewegen? Ich denke, allein so wird es nicht funktionieren.


    Rebecca Michéle

    Hier habe ich eine Frage: auf den Seiten 98 ff. heißt es einmal „von Stranz“, dann wiederum nur „Stranz“. Ist das so beabsichtigt/üblich, adelige Familien nicht immer mit kompletter „Firmierung“ zu nennen?


    Spannend finde ich Marias Einladungen ins Schloß zur Großherzogin, die Interesse an ihr und ihren Fähigkeiten zeigt (und die ich jetzt schon zu ihren Unterstützern zähle).


    Laut Amélie spricht ja nichts dagegen, im Stillen für sich zu studieren und doch Ehefrau und Mutter zu sein. Vielen Frauen würde das genügen, aber nicht Maria. Das muss ja später auch Bertie erkennen. Der arme Kerl tut mir glatt ein wenig leid, als er sich auf ihr – ich nenne es mal so – Kindheitsversprechen verläßt und ihr einen Antrag macht. Hier hoffe ich mit Maria, dass nur sein Stolz, aber nicht seine Gefühle verletzt wurden, und beide zu einer Freundschaft zurückfinden können.


    Andererseits ist er aber auch doof zu glauben, er könne das bereits mit den Familien absprechen und Maria würde nur noch (dankbar? *ggg*) einwilligen. Da müsste er seine alte Freundin aber doch eigentlich besser kennen. Was ein Fideikommiss ist, das hier ja erwähnt wird, musste ich erst mal googeln, den Begriff hatte ich noch nie gehört. :gruebel


    Dass danach der Versuch gestartet wird, sie zu verkuppeln, war erwartbar. :grin Wie Maria das unterbindet, ist einfach genial. :lache Angesichts ihrer Reaktion darauf denke ich mir, dass ihre Mutter bestimmt auf ihrer Seite steht und sich auch von den Konventionen ge-/bedrängt fühlt.


    Dass der steife Onkel Karl und Tante Elli, die ihr ja nicht so am Herzen liegen, sich dafür stark machen, dass sie ihr Abitur machen darf und sich auch die Großherzogin von Baden für sie einsetzt, ist eine echte Überraschung. :thumbup:


    Die Durchwanderung des Schwarzwalds mit der Haushälterin Fränze hat mir gut gefallen und hält so manches unerwartete Abenteuer bereit, doch auch hier fallen sie als alleinreisende Frauen auf und sorgen für Getuschel. Es ist wirklich immer wieder erschreckend zu lesen, wie wenig Frauen so kurz vor der Jahrhundertwende noch gelten. Aber wie man anhand der Reisebekanntschaft Mirjam, die am Polytechnikum in Zürich studiert, wo Frauen willkommen sind, ist das nicht überall so.


    Um Seite 143 wollte ich dem Grafen Edmund zum wiederholten Male an die Gurgel „Es gibt gute Gründe, warum die Universitäten den Frauen verschlossen sind. … Wer sind wir denn, dass wir an der bestehenden Ordnung rütteln wollen?“ Na, die Gründe hätte ich aber gerne kennengelernt. :hau


    Zum Glück gibt es aber auch Menschen wie z.B. den Onkel Bebi, der Maria als Pionierin sieht, die aber als Wegbereiterin im eigenen Königreich agieren sollte und nicht den Umweg übers Ausland machen sollte.


    Die Auszeit bei Gabrieles Familie in Aussee hat mir gut gefallen. Hier herrscht eine Leichtigkeit und eine Unbeschwertheit, obwohl die Familie ja ebenfalls von Stand ist. Gabrieles Vater akzeptiert ihren Wissensdurst, aber auch der Hauslehrer Dr. Walzel und Rudolf von Bach heißen ihren Weg gut. Rudolf macht ihr ja sogar einen Antrag – und er würde ihren Weg unterstützen. Allerdings reist er erst einmal für einige Zeit nach Deutsch-Südwestafrika. Ich bin gespannt, was dort passiert, denn soweit ich gelesen habe, war sie ja nie verheiratet.


    Rebecca Michéle

    Ist Rudolf von Bach eigentlich eine echte Person oder ist dieser Teil Fiktion? :gruebel


    Ich gucke bei biographischen Romanen ja auch immer sehr gerne nach den realen Personen: so habe ich über Gabriela von Andrian-Werburg und Amélie von Spitzemberg nachgelesen. Die beiden haben ja auch später ihren Weg gemacht und waren nicht „nur“ Hausfrauen und Mütter. Gabriele wurde ja später als „Lebensfreundin“ von Maria im selben Grab bestattet. 8|

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Marias Äußerung gleich zu Beginn desAbschnitts, keine Kinder haben zu wollen, sorgt für Irritation. Das ist für eine Frau in dieser Zeit ein wahrhaft ungewöhnlicher (bis ungehöriger *ggg*) Satz.

    Und es impliziert ja auch, dass sie NICHT heiraten will, denn anders geht das ja offiziell schwer mit dem keine Kinder kriegen. Verhütung war schwierig, aus religiösen Gründen eigentlich nicht richtig und nicht zu heiraten war auch sehr sehr seltsam für eine Frau.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Hexenholzkrone 1 - Tad Williams



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich bin noch nicht durch mit diesem Abschnitt, aber als mir so richtig bewusst wurde, dass wir ja grad in Baden unterwegs sind ist mir eingefallen, dass ich da ja familiäre Bande habe. Und siehe da, der Großvater meiner Urgroßmutter August Lamey war zu der Zeit Präsident der zweiten Badischen Kammer….. Die Familie lebte allerdings in Mannheim… (und als wir letztens dort waren sind wir glatt an der nach ihm benannten Lamey Strasse vorbeigekommen :yikes ganz komisches Gefühl)

  • Oh ja mir auch. Umso bewundernswerter, dass Frauen wie Maria den Mut und die Kraft hatten gegen diese geballte Ignoranz anzukämpfen.

    Inzwischen neben ich das bei den Histos "fast" hin, dass es halt so war. Ich bin frustrierter, dass es weltweit ja noch vielerorts solche Zustände gibt, dass die Frauen als das "schwache" = "dumme" Geschlecht behandelt werden. Ich zürne manchmal auch mit der Evolution, die Frauen körperlich schwächer gemacht haben, denn noch immer gilt das Recht des Stärkeren. Umso faszinierender finde ich es, wie mein Sohn und meine Schwiegertochter versuchen, bei ihrer Tochter alles besser zu machen. So nach dem Motto "Wehret den Anfängen" und "Steter Tropfen" kann was verändern. Die machen sich viel mehr Gedanken darüber, als ich damals - oder meine Mutter. Und ich habe meine Söhne immer so behandelt, wie ich mutmaßlich auch Töchter behandelt hätte. Aber dennoch gab es Dinge (z.B. die Frage nach der Kinderklamottenfarbe), die mich mir nie gestellt habe.

    Heute stößt es mir auch sauer auf, dass auf den bevorzugt rosa Klamotten der Mädchen gefühlt IMMER Einhörnchen, Herzchen, Sternchen und süße Tierchen drauf sind, während die blauen Teile mit Baggern, Autos, Mondraketen und Marvelhelden voll sind. :pille Da fängt der Wurm im Kopf an.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Hexenholzkrone 1 - Tad Williams



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Bei vielen Büchern, die in einer vergangenen Zeit spielen, kann ich das auch besser hinnehmen. Da denke ich mir dann einfach "zum Glück haben sich die Zeiten geändert". Darum kann ich auch heute noch so Bücher wie Nesthäkchen oder Trotzkopf lesen. Da wußte ich ja als Kind schon: das war halt mal so.


    In diesem Buch regt es mich aber immens auf, weil es eben gar so präsent ist. Maria hat ein Ziel, aber von allen Seiten werden ihr Steine in den Weg geworfen und sie wird schief angesehen, NUR weil sie eine Frau ist. Und das natürlich auch mit dem Hintergedanken, dass es auch heute noch viel zu viele Flecken auf der Weltkarte gibt, auf denen es Frauen immer noch - und sogar noch viel schlimmer - geht: über die wird nicht nur getratscht, die haben sogar Repressalien und Strafe zu befürchten, wenn sie so frivole Sachen tun wollen wie z.B. Auto fahren. *denk Dir an dieser Stelle hohen Blutdruck und kochendes Blut in den Adern* :fetch


    Die Kinderklamottenfarbe darf es natürlich geben - aber wie du auch sagst: auf den rosa Sachen sind quasi immer Einhörner und auf den blauen die Helden. Warum nicht auch pinke Helden und blaue Einhörner? Und warum sind die Abteilungen nach Mädchen und Jungs getrennt und nicht einfach nur eine Abteilung?


    Geht ja noch weiter: in "Mädchenratgebern" kriegst Du Tipps für Pickelentfernung und Flirten. In den "Jungsratgebern" lernst Du, wie man ein Zelt aufbaut und ein Lagerfeuer macht. Aber vielleicht wollen Jungs auch Pickel entfernen und Mädchen Zelte aufbauen? Warum nicht EIN Ratgeber, in dem einfach alles drinsteht? :bonk

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • Ich bin noch nicht durch mit diesem Abschnitt, aber als mir so richtig bewusst wurde, dass wir ja grad in Baden unterwegs sind ist mir eingefallen, dass ich da ja familiäre Bande habe. Und siehe da, der Großvater meiner Urgroßmutter August Lamey war zu der Zeit Präsident der zweiten Badischen Kammer….. Die Familie lebte allerdings in Mannheim… (und als wir letztens dort waren sind wir glatt an der nach ihm benannten Lamey Strasse vorbeigekommen :yikes ganz komisches Gefühl)

    Das ist echt spannend und gibt der Geschichte für dich bestimmt noch eine zusätzliche Gefühlsebene. :-)

  • In diesem Buch regt es mich aber immens auf, weil es eben gar so präsent ist. Maria hat ein Ziel, aber von allen Seiten werden ihr Steine in den Weg geworfen und sie wird schief angesehen, NUR weil sie eine Frau ist. Und das natürlich auch mit dem Hintergedanken, dass es auch heute noch viel zu viele Flecken auf der Weltkarte gibt, auf denen es Frauen immer noch - und sogar noch viel schlimmer - geht: über die wird nicht nur getratscht, die haben sogar Repressalien und Strafe zu befürchten, wenn sie so frivole Sachen tun wollen wie z.B. Auto fahren. *denk Dir an dieser Stelle hohen Blutdruck und kochendes Blut in den Adern* :fetch:bonk

    Es ist wirklich zum aus der Haut fahren. Für Maria war das ihr Weg und sie hat de facto ihr Leben dem Kampf, ihr Ziel zu erreichen, gewidmet. Ich bewundere sie, wie sie unerschütterlich einfach immer weitergemacht hat, obwohl es ihr so schwer gemacht wurde.

    Von Bertie war ich ganz schön enttäuscht. Er kam als Kind anders rüber - viel offener und freundlicher. Nun ist er wohl in seiner Position, sowohl in der Wehr als auch in der Familie, gefangen und kann nicht aus seiner Haut raus. Kein Wunder, dass Maria seinen trockenen und herzlosen Antrag nicht angenommen hat.

    Ich hoffe, dass Rudolf Maria nicht auch noch enttäuscht. Ich finde es jedenfalls schön, dass gerade Maria, die sich selbst für immun gegen das Verliebtsein hielt, auch Mal Schmetterlinge im Bauch erleben kann. :-] Wehe, Rudolf tut ihr weh.... :schlaeger

    Die Kinderklamottenfarbe darf es natürlich geben - aber wie du auch sagst: auf den rosa Sachen sind quasi immer Einhörner und auf den blauen die Helden. Warum nicht auch pinke Helden und blaue Einhörner? Und warum sind die Abteilungen nach Mädchen und Jungs getrennt und nicht einfach nur eine Abteilung?:bonk

    Ich bin dankbar, dass ich noch anders aufgewachsen bin. Wir haben auch schon Mal Klamotten von den älteren Jungs nachgetragen. Allerdings war ich schon so richtig "Mädchen", wobei meine Freundin da ganz anders war. Sie wollte nie mit Barbies spielen und auch sonst war sie immer, wenn ich die Mutter mit dem Puppenkind war, der Vater, der als Förster gearbeitet hat. Es war eine sehr schöne und unbeschwerte Zeit und wir haben nicht darüber nachgedacht, was es bedeutet Mädchen oder Junge zu sein. Jeder konnte das sein, was er möchte... :-]

  • Von Bertie war ich ganz schön enttäuscht. Er kam als Kind anders rüber - viel offener und freundlicher. Nun ist er wohl in seiner Position, sowohl in der Wehr als auch in der Familie, gefangen und kann nicht aus seiner Haut raus. Kein Wunder, dass Maria seinen trockenen und herzlosen Antrag nicht angenommen hat.

    Das sehe ich ein wenig anders... er kam für die damalige Zeit Maria ja schon ein großes Stück weit entgegen, war aber eben andererseits noch gefangen in den Traditionen. Ich glaube auch, dass er sie aufrichtig gerne mochte und unter anderen Umständen hätte diese Ehe - wie so viele andere dieser Zeit, die keine Liebesheiraten waren - durchaus gut gehen und vielleicht sogar glücklich sein können.


    Aber ich verstehe auch, dass das Maria nicht ausgereicht hat.


    Ich habe ihn im Prinzip als keinen schlechten Kerl eingeschätzt, aber halt noch nicht so weit wie Maria, noch zu wenig modern in seinem Denken. So habe ich das auch für mich eingeordnet, dass er zuerst mit der Familie gesprochen hat, bevor er Maria gesprochen hat. Es war damals eben einfach so... ihr NEIN kam sicher für ihn - auch aufgrund des Kindheitsversprechen - ziemlich unerwartet. :grin Marias Mutter hingegen hat vermutlich damit gerechnet.


    Ich bin gespannt, ob wir Berthie noch mal im Buch begegnen werden und wenn ja, auf welche Art.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Möglicherweise sehe ich die Sache mit Berthie einfach zu emotional. :gruebel Auch wenn ich enttäuscht bin, sehe ich ihn auch nicht als schlechten Kerl. Er tut mir sogar ein bisschen leid, da er in den damaligen Konventionen gefangen ist. Er hätte sich von Maria mitreißen lassen sollen. Ich würde ihm jedenfalls auch ein echtes Eheglück gönnen und nicht nur eine Zweckheirat.