Eine Frau findet ihren Weg
Kurz vor ihrem 25. Hochzeitstag erfährt die ahnungslose Ehefrau von ihrer Schwägerin, dass ihr Mann eine Affäre hat. Kurz darauf erwischt sie ihn direkt in Fraganti und zieht die Konsequenzen. Zunächst fällt Elisabeth in ein tiefes tiefes Loch an Depression, Selbstzweifeln, Minderwertigkeitsgefühlen, Machtlosigkeit, Hilflosigkeit, Gefühl der Wertlosigkeit. Doch peu a peu, mit Hilfe der resoluten Schwägerin und ihrer Freunde, macht Elisabeth zunächst zaghafte Versuche, wieder an die Oberfläche zu kommen. Auf jeden Rückschlag aber macht sie auch einen großen Schritt nach vorne. Zugleich erkennen wir, die Lesenden, was für ein wertvoller, warmherziger, hilfsbereiter und selbstloser Mensch Elisabeth eigentlich ist. Gleichzeitig entdecken wir, wie manipulativ Wolf - Wolfgang eigentlich ist, wie er es fast 25 Jahre lang geschafft hat, seine Frau zu unterdrücken, ihr jede Eigeninitiative (außer wenn es ums Bügeln, Putzen oder Kochen ging) zu nehmen, ihr Selbstwertgefühl zu torpedieren. Ihre Hobbies - z.B., kunstvolle Pullover zu stricken, hat er auch kleingeredet, weil ihre Pullis zu sehr die Aufmerksamkeit der anderen von ihm abzog und auf seine Frau lenkten. Sogar ihre Mitarbeit und Einsatz in der Gemeinde wird nicht hinterfragt, wird als selbstverständlich hingenommen und löst Verwunderung aus, wenn sie sich einmal weigert, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Die einzige, die merkt, dass sie ausgenutzt wird und an ihre Grenzen stößt, ist eine alleinerziehende Mutter.
Dieses alles entwickelt sich im Laufe des Romans, der feinfühlig und einfühlsam schildert, wie sich Elisabeths Gefühle und Gedanken von der grauen Maus zu der selbstbewussten Frau emanzipieren. Elisabeths Empfindsamkeit und Mitgefühl bewirkt auch bei einigen der jungen Schutzbefohlenen der Schwägerin Gutes. Oder die Freude des älteren ehemaligen Nachbarn, der nun wieder einen Garten zu pflegen und hegen hat. Man kann einfach und nur mit ein paar Worten so vieles ändern, nur unterlassen wir es meistens. Trotz ihres Kummers aber kann Elisabeth so viel Positives und Schönes bewirken.
Bei einem Mann wie Wolfgang kann ein Rosenkrieg nicht ausbleiben, aber Elisabeth geht daraus heil und gestärkt hervor, nicht zuletzt auch wegen der tatkräftigen Unterstützung ihres Anwalts.
Immer wieder schmunzeln musste ich über die so entgegengesetzten Frauen: einerseits die brave, pedantische, Ordnung liebende angepasste Elisabeth (aber nicht für lange) und andererseits ihre Schwägerin, Anja, chaotisch, mit dem Herzen auf dem rechten Fleck und nicht auf den Mund gefallen, hilfsbereit und sozial sehr engagiert. Die beiden Frauen raufen sich zusammen, die eine liebt das Chaos, akzeptiert und versteht aber die Ordnung und Liebe zur Sauberkeit der anderen, um sich den Frust abzureagieren. (Unter uns, hätte Elisabeth nicht die Kurve gekriegt, ich war drauf und dran, ihr auch meine Wohnung anzubieten, zur freien Entfaltung…)
Schlussendlich von mir volle Punktzahl und klare Leseempfehlung. (Auch wenn ich nun selber putzen muss…)
ASIN/ISBN: 3963624361 |