Nun, man kann auch überdramatisieren.
Tatsächlich ist es den Pissnelken - übrigens nicht nur hierzulande - gelungen, ihre Themen auf diversen Wegen äußerst erfolgreich in die letzte Ecke der Gesellschaft zu tragen, weshalb den anderen Parteien unterm Strich fast nichts übrig blieb, als sich dieser Themen eben auch anzunehmen, auch wenn das mit viel Unverhältnismäßigkeit einhergeht. Um es mal krass zu sagen: Wenn die Leute zu einem Gutteil, nun, vielleicht nicht dumm, aber doch mit einer vergleichsweise linearen Erwartungshaltung und eher unterdurchschnittlicher Mentalkompetenz ausgestattet sind, dann lässt sich das nicht ignorieren, wenn die Stimmen aller Menschen gleich viel zählen (was unbedingt eine Errungenschaft ist und um keinen Preis angetastet werden darf). Ich schrieb das weiter oben recht plakativ: Wenn Du erzählst, was eigentlich gemacht werden müsste, und was der Preis dafür wäre, dann wählen sie Dich einfach nicht. Wenn Du erzählst, dass ein Thema über alle Maßen aufgebauscht wird, das sich zugleich aber als lässige Lösung für eine Vielzahl von Problemen anzubieten scheint, dann wählen Sie Dich einfach nicht. Und das liegt bei aller Philanthropie an Aspekten wie Egoismus, Bedürfnis nach überschaubaren Strukturen, Manipulierbarkeit und - damit einhergehend - möglicherweise auch an schlichter, im Alltag gerade noch so beherrschbarer Dummheit. Populismus heißt nicht ohne Grund so. Aber selbst wenn das nicht stimmt - oder nur teilweise: Wenn man sich in einer Marketingkampagne (und Wahlkampf ist genau das) den Themen entzieht, die die anderen mit ihren Kampagnen in den Köpfen festgesetzt haben (wie hier ja auch festzustellen ist), dann erreicht man zwar vielleicht noch die richtigen Leute, manövriert sich aber technisch ins Abseits, weil die Richtigen eine Minderheit sind. Diesem Dilemma wird unterschiedlich gut begegnet, aber es ist m.E. falsch, hier die Ursachen und ihre Folgen zu verwechseln, oder als Schlussfolgerung die Linie, ab der man Nazis zu erkennen glaubt, immer weiter nach links zu verschieben.
Ich bin immer noch schockiert darüber, was Merz da gemacht hat, und ich verstehe das Manöver nicht wirklich, aber mit der Reaktion hierauf geht es mir beinahe ebenso. Dies nur am Rande.