Bundestagswahl 2025

  • Unsere Gesellschaft ist nunmal überwiegend männlich geprägt

    Alles andere wäre auch nach Jahrhunderten der patriarchalischen Kultur ein Wunder. Eine Kultur, die zum Beispiel in der katholischen Kirche (aber längst nicht nur dort) vorbei am für alle anderen geltenden Gesetz auch noch aktiv gelebt und auf diese Wiese in der Gesellschaft verfestigt werden darf.


    Ich bin in dieser Hinsicht wirklich vollständig bei Dir. Es ist allerdings auch eine Menge geschehen, und vieles geschieht noch (und manches davon schießt ein wenig übers Ziel hinaus). Es ist möglicherweise aber auch ein bisschen wie beim Doom-Scrolling: Wenn man das nicht mal aktiv beiseitelegt und auch Positives zulässt, steigert man sich da möglicherweise in eine Sicht hinein, die keinem guttut. Zuletzt einem selbst.

  • Tom, Du musst durchaus einräumen, dass Du in einer relativ jungen, aufgeschlossenen und flexiblen Branche arbeitest. Ich sehe das übrigens ähnlich im Arbeitsbereich meines Mannes. Die Freiheiten und Verdienstmöglichkeiten übetreffen vergleichsweise fast jede andere Branche. Es wird sich einfach nicht an Geschlechterdiskussionen, Gehaltsunterschieden uä. aufgehalten, weil umgesetzt wird und am Ende des Tages die Leistung zählt, die entsprechend honoriert wird.

    Wenn ich streifis Schilderungen verfolge, sehe ich Micromanagement, erahne unnötige Hierarchien und wenig Vertrauen in selbständige Mitarbeiter(-innen), was im Ergebnis zur Unzufriedenheit führt. Die Gründe hierfür mögen darin liegen, dass der Arbeitgeber auf eine langjährige Firmengründung zurückblicken kann, eine Konzerngröße aufweist und - das ist jetzt meine ganz persönliche Sicht - aus Süddeutschland stammt, wo man meines Erachtens immer noch auf tradierte Vorstellungen setzt. Möglich, dass ich zu nah an Dänemark lebe, wo die Gleichberechtigung inzwischen gelebt wird und eigentlich keinen Raum für Diskussionstoff mehr bietet.

  • Alles andere wäre auch nach Jahrhunderten der patriarchalischen Kultur ein Wunder. Eine Kultur, die zum Beispiel in der katholischen Kirche (aber längst nicht nur dort) vorbei am für alle anderen geltenden Gesetz auch noch aktiv gelebt und auf diese Wiese in der Gesellschaft verfestigt werden darf.


    Ich bin in dieser Hinsicht wirklich vollständig bei Dir. Es ist allerdings auch eine Menge geschehen, und vieles geschieht noch (und manches davon schießt ein wenig übers Ziel hinaus). Es ist möglicherweise aber auch ein bisschen wie beim Doom-Scrolling: Wenn man das nicht mal aktiv beiseitelegt und auch Positives zulässt, steigert man sich da möglicherweise in eine Sicht hinein, die keinem guttut. Zuletzt einem selbst.

    Das weiß ich doch und ich bin da auch nicht verhärmt. Es scheint wahrscheinlich auch hier oft so, als würde nichts Schönes zugelassen werden, aber das stimmt ja ( zumindest bei mir) gar nicht. 🙂


    Ich glaube auf der anderen Seite aber schon, dass es viele Frauen auch gar nicht mehr interessiert, woher unsere Rechte eigentlich herkommen und dass es noch nicht lange her ist, als wir nur mit Erlaubnis unseres Mannes einer bezahlten Arbeit nachgehen und ein eigenes Bankkonto besitzen durften. Es ist einfach wichtig, sich das ab und zu in Erinnerung zu rufen.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Tom, Du musst durchaus einräumen, dass Du in einer relativ jungen, aufgeschlossenen und flexiblen Branche arbeitest.

    Das stimmt nicht ganz. Ich arbeite zwar in der Softwarebranche, zugleich aber mit der Pflege und im geschäftlichen Umgang mit Dienstleistern, die relativ geringqualifiziertes Personal beschäftigen.


    Aber, ja, da spielen viele Aspekte hinein, die das befördern. Tradiertes Verhalten, beschissene Erziehung, gerne auch die Kirche oder irgendeine "Unternehmenskultur", die seit fünf Jahrtausenden niemand mehr hinterfragt hat. Und ich bin auch dafür und dabei, das ständig zu hinterfragen. So, wie es ja auch tagein, tagaus vieltausendfach geschieht. Ich wäre vermutlich auch mehr als nur ein bisschen angepisst, wenn irgendwer auf die Idee käme, mir Zickigkeit zu unterstellen, und das nicht nur einmal und zudem unterschwellig als immanente Eigenschaft des Geschlechts, dem ich zufällig angehöre. Dagegen, dass das passiert (und übrigens längst nicht nur durch Männer!), müssen wir alle immer noch viel tun.

  • Warum sollte ich böse auf Dich sein?


    Sollte ich als Arbeitgeber auf die Idee kommen, meinen Mitarbeiterinnen eine solche Ansage wie die von Dir zitierte zu machen, stünde ich richtigerweise noch vor dem Ende des nächstens Atemzugs am Pranger. Ich weiß nicht, wo und beim wem Du arbeitest, aber die Unternehmen, in denen eine solche Kultur herrscht, dürfte man allmählich an sehr wenigen Händen abzählen können.

    Aber ich wiederhole mich.

    das was du zitiert hast, ist keine Beobachtung oder Erfahrung aus der Firma, eher so aus dem Leben aussen rum ;-)


    In der Firma habe ich her das Thema Gehaltsdiskussion. Und da habe ich gelernt, dass nicht nur mir immer wieder gesagt wurde, dass meine Arbeit nicht gut genug für eine Gehaltserhöhung ist, wäre andere teilweise in der gleichen Gehaltsgruppe eher die Eier schaukeln ;-)


    Und ja, ich bin mir bewusst, dass das auch ein Thema ist, bei dem Frauen nicht unschuldig sind. Wir neigen selten dazu selbstbewusst zu sagen: Das kann ich! Auch wenn ich es eben noch nicht so richtig kann. Eine Frau sagt da eher: Na mal schauen, ich probiers


    Dass das der falsche Ansatz ist habe ich schon erkannt.

    Rienchen hat es ja auch gesagt: Frauen müssen hier sich tatsächlich männliche Verhaltensweisen aneignen um das zu ändern


    Salonlöwin ja, ich arbeite in einer sehr großen Firma, Hauptsitz ist allerdings Berlin... Historisch gesehen aber ein eher männlich besetztes Technologie Unternehmen. Das mit den Hierarchien wird derzeit besser, die wirklich gruseligen Erfahrungen habe ich mit Chefs gemacht, die älter sind als ich. Meine derzeitigen Chefs fahren einen ganz anderen Führungsstil und sind auch immer entsetzt wenn sie solche Geschichten von uns Frauen hören.

    Es ändert sich was, das ist auch gut so.


    Wir haben mittlerweile in der Firma eine Gruppe Women in IT, wo es einfach um Vernetzung geht. Das wurde vom (männlichen) Vorstand angeregt. Ich habe leider nicht die Zeit mich so einzubringen wie ich das gerne würde, aber es ist schön immer wieder neue Kolleginnen kennen zu lernen.


    ICh bin gerade in einem Kurs "Führen ohne Macht" und merke doch gerade auch da sehr, wie unterschiedlich Männer und Frauen doch auch teilweise ticken.


    Aber das ist ein ganz anderes Thema ;-)


    Aber bei den Frauenrechten in der Welt wird es in den Jahren eher nen Rücksschritt geben. Wenn kleine Jungs in den USA ihren Mitschülerinnen auf dem Schulhof "Your Body , My Choice" hinterherrufen sehe ich schwarz für vieles....

  • Ein Geschäftsführer, den ich kenne, der sehr progressiv unterwegs ist - ohne das jetzt näher auszuführen - stellt nur ungern junge Frauen ein, weil die Belastung für die relativ kleine Firma zu groß ist, wenn sie in Erziehungsurlaub gehen.

  • Ein Geschäftsführer, den ich kenne, der sehr progressiv unterwegs ist - ohne das jetzt näher auszuführen - stellt nur ungern junge Frauen ein, weil die Belastung für die relativ kleine Firma zu groß ist, wenn sie in Erziehungsurlaub gehen.

    In meinem Beruf, der zu 98% weiblich ist, sagen so etwas auch ganz viele Frauen hinter noch nicht einmal vorgehaltener Hand. Da kommen absolut fiese Sprüche, die man so eigentlich ( und da stimme ich Tom zu, das ist schon eine gemeine, allerdings auch auf empirischen Erfahrungen gefußte Annahme) eher Männern zutraut. Das meine ich mit anerzogenen Strukturen.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Es ist allerdings auch eine große Belastung für kleinere Unternehmen. Nicht finanziell; das Arbeitsverhältnis ruht ja. Aber man muss Ersatz finden, der dann auch noch gut funktioniert, und nach dem Ende der Elternzeit muss man sich über den Ersatz und dessen Zukunft Gedanken machen.


    Wir haben das allerdings bislang immer recht gut hingekriegt. Ich habe aber ein gewisses Verständnis für den Gedanken. Wenn man sowieso mit dem Rücken zur Wand steht, kann das ein Killer sein, zumal kein Ersatz vom ersten Tag an die nötige Leistung bringen wird - das kann je nach Job Monate dauern.

    Ich habe allerdings wenig Verständnis für die Anwendung des Gedankens.


    Ist jetzt irgendwie ein Feminismus-Thread geworden, oder? Auch gut.

  • Ein Geschäftsführer, den ich kenne, der sehr progressiv unterwegs ist - ohne das jetzt näher auszuführen - stellt nur ungern junge Frauen ein, weil die Belastung für die relativ kleine Firma zu groß ist, wenn sie in Erziehungsurlaub gehen.

    Schönen Gruß an den Geschäftsführer und frag ihn bitte, was er von dem Gedanken hält, wenn seine Mitarbeiter als zukünftige Väter ein Jahr in Auszeit gehen ;).

    In meinem Freundes- und Bekanntenkreis sind bereits einige Männer auf den Geschmack gekommen. Eben jene sind so progressiv, sogar ihren Frauen in der Arbeitswelt den Vortritt zu lassen und können sich eine Verlängerung der Auszeit vorstellen.

  • In meinem Freundes- und Bekanntenkreis sind bereits einige Männer auf den Geschmack gekommen

    Das Verhältnis ist aber insgesamt relativ konstant bei zehn zu eins.


    Ich weiß nicht, ob es ein Ausdruck irgendeines Ismus' ist, wenn man festhält, dass es für Säuglinge vermutlich einen Ticken besser ist, wenn die Mutter die ersten Monate begleitet. Aber selbst wenn das irgendwie istisch wäre: Mir doch egal.

    Die Gesellschaft hat Vorkehrungen getroffen, damit das funktionieren kann. Theoretisch.

  • Es liegt nicht an der Einstellung des Geschäftsführers, als er in einer großen Firma gearbeitet hat, hat er es genau umgekehrt gehandhabt. (Ich erinnere mich an einen Fall, als er gegen den Willen aller Personaler einen junge Frau durchgeboxt hat, die in der Personalabteilung abgelehnt wurde mit den Worten 'Du willst wirklich das Kopftuch einstellen?' Das ist jetzt etwa 20 Jahre her, Firma mit Marktkapitalisierung heute etwa 300 Millionen, IT).


    Es spiegelt lediglich unsere Gesellschaft.

  • Es spiegelt lediglich unsere Gesellschaft.

    Es ist eine überaus komplexe Herausforderung, mit einem so gewaltigen Konstrukt wie einer zivilisierten, industrialisierten, sozialmarktwirtschaftlichen Gesellschaft umzugehen und in ihr Formen von Gleichbehandlung zu etablieren, die jeder Überprüfung aus jeder Perspektive standhalten. Es wird immer jemanden geben, der etwas findet, und es wird nie gleichzeitige, vollständige Gerechtigkeit für alle in allen Situationen geben. Das zu erwarten, ist eine Form von Naivität, die mit der Realität kein gemeinsames Fundament hat. Und das gilt vermutlich für jede denkbare Gesellschaftsform.


    Es ist schwierig für sehr kleine Firmen mit qualitativ hochwertig besetzten Jobs, in dieser Situation durchzuhalten (das gilt auch für Langzeiterkrankungen und ähnliches). Die Gesellschaft hat schon sehr viel dafür getan, dass es trotzdem ginge, und möglicherweise ginge das auch noch ein bisschen besser, aber aus dieser Situation abzuleiten, dass die gesamte Gesellschaft scheiße ist, bedient eigentlich genau die Argumentation, über die Du Dich gestern beklagt hast (die von der selbsterfüllenden Prophezeiung).

  • Das Verhältnis ist aber insgesamt relativ konstant bei zehn zu eins.


    Ich weiß nicht, ob es ein Ausdruck irgendeines Ismus' ist, wenn man festhält, dass es für Säuglinge vermutlich einen Ticken besser ist, wenn die Mutter die ersten Monate begleitet. Aber selbst wenn das irgendwie istisch wäre: Mir doch egal.

    Die Gesellschaft hat Vorkehrungen getroffen, damit das funktionieren kann. Theoretisch.

    Bei unserem ersten Kind bin ich zuhause geblieben. Mir wurde damals vom Geschäftsführer meines wichtigsten Kunden gesagt, er habe gehört, ich würde mich auf's Altenteil zurückziehen. Genau so meinte er das auch.

    Finanziell war es eine vollkommen unsinnige Entscheidung und das wird meistens so sein, da in Beziehungen statistisch meist der Mann älter ist. Deswegen ist es finanziell meist sinnvoller, die Frau bleibt zuhause. Das wiederum führt zu einer Verstärkung des Effekts. (Und wenn es dann Statistiken gibt, die versuchen, diesen Effekt, der tatsächlich da ist, wieder rauszurechnen, ändert es nichts daran, dass er natürlich trotzdem wirkt.)

  • Es ist schwierig für sehr kleine Firmen mit qualitativ hochwertig besetzten Jobs, in dieser Situation durchzuhalten (das gilt auch für Langzeiterkrankungen und ähnliches). Die Gesellschaft hat schon sehr viel dafür getan, dass es trotzdem ginge, und möglicherweise ginge das auch noch ein bisschen besser, aber aus dieser Situation abzuleiten, dass die gesamte Gesellschaft scheiße ist, bedient eigentlich genau die Argumentation, über die Du Dich gestern beklagt hast (die von der selbsterfüllenden Prophezeiung).

    Tom, schlecht geschlafen heute Nacht?

    Wo habe ich abgeleitet, dass die gesamte Gesellschaft scheiße ist?

  • Das Verhältnis ist aber insgesamt relativ konstant bei zehn zu eins.


    Ich weiß nicht, ob es ein Ausdruck irgendeines Ismus' ist, wenn man festhält, dass es für Säuglinge vermutlich einen Ticken besser ist, wenn die Mutter die ersten Monate begleitet. Aber selbst wenn das irgendwie istisch wäre: Mir doch egal.

    Die Gesellschaft hat Vorkehrungen getroffen, damit das funktionieren kann. Theoretisch.

    Ich denke, dass Du der irrigen Annahme erliegst, dass entweder die Mutter oder der Vater beim Kind bleibt.

    In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es relativ viele Paare, in denen der eine in der IT-Branche arbeitet und der andere im Gesundheitswesen, sprich für die Frauen gilt ein Still-Beschäftigungsverbot, was einen relativ großen Spielraum bei der Ausgestaltung von Elternzeit bietet.

    Einige Paare sind nach der Geburt für ein Jahr mit dem Kind auf Reisen gegangen.

  • Ich habe exzellent geschlafen, mir geht's super und ich bin allerbester Dinge.


    Dann erklär doch bitte die Konnotation von "Es spiegelt lediglich unsere Gesellschaft". Danke!

    Das ist sehr einfach, dazu kann ich Dich zitieren:


    Es ist eine überaus komplexe Herausforderung, mit einem so gewaltigen Konstrukt wie einer zivilisierten, industrialisierten, sozialmarktwirtschaftlichen Gesellschaft umzugehen und in ihr Formen von Gleichbehandlung zu etablieren, die jeder Überprüfung aus jeder Perspektive standhalten.

    ...

    Es ist schwierig für sehr kleine Firmen mit qualitativ hochwertig besetzten Jobs, in dieser Situation durchzuhalten (das gilt auch für Langzeiterkrankungen und ähnliches).