Bundestagswahl 2025

  • xexos das es die Manipulation in den sozialen Medien gibt, ja klar. Aber wie kann das einen solchen Sog entwickeln?

    Wir leben hier alle zusammen gemeinsam, begegnen uns täglich, reden miteinander.

    Wie kann eine Manipulation über soziale Medien so viel stärker sein, als dieses tatsächliche Miteinander?

  • Es sind nicht nur die sozialen Medien, auch andere machen da mit. Wenn Du irgendwo etwas Schlechtes über die Ampel oder die Grünen lesen wolltest, fandest Du zig unterschiedliche Berichterstattungen. Wenn man das dann auf die Quellen analysierte, landete man fast immer bei Springer (Bild und Welt) und Burda (Focus).


    Zersetzung. Diese Organisationen haben damit über 70 oder 80 Jahre Erfahrung. Wissenschaftlich-psychologisch über Jahrzehnte optimiert. Guck Dir die Maßnahmen der Stasi an. Die haben Familien verunsichert und dadurch zerstört. In Wohnungen einbrechen, wenn keiner anwesend ist und einfach Sachen an andere Stellen legen. Irgendwann hatten die Opfer kein Selbstbewusstsein mehr und waren völlig verunsichert.


    Diese Verunsicherung haben wir seit Jahren auch. Migration, die über Belarus und Russland noch unterstützt wurde, Corona und weitere gravierende Einschnitte. Die Leute suchen dann Sicherheit und Bestätigung und finden diese dann in neuen Theorien und Glaubenssätzen. Für uns ist das alles wirr und unverständlich, für andere das neue Wissen.


    Verächtlichmachen tradierter Werte und Organisationen "Altparteien", permanente Wiederholung von Lügen "Merkel hat die Grenzen geöffnet" usw. usf.

  • Hallo xexos,


    in meinem obigen Beitrag hatte ich bereits erwähnt, mich in die Fachliteratur nicht eingelesen zu haben. Ich bin nicht kompetent in Sachen Schuldenbremse.

    Deinen Beitrag möchte ich dennoch nicht unbeantwortet lassen.

    Ja, auf den ersten Blick der Artikel 109 und 115 GG scheinen die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Schuldenbremse erfüllt sein.

    Es geht dabei allerdings nicht nur um die Notsituation wie es das Grundgesetz verlangt, sondern auch um Darlegungspflichten und Begründungen für die Schuldenaufnahme, es geht um aktuelle Einsparungen und zukünftige Einnahmen. Ich kenne die Details der Haushaltsplanung nicht und würde ich sie kennen, wäre ich inhaltlich nicht in der Lage, sie zu beurteilen. Ich habe mir jedoch die Entscheidung zum 2. Nachtragshaushaltsgesetz angesehen, in der die Verfassungsrichter sich noch einmal mit den Voraussetzungen für eine Aussetzung beschäftigt haben und die sich nicht anhand des reinen Wortlauts erkennen lässt.

    Ob der ehemalige Finanzminster Christian Lindner lediglich taktierte, als er erneute Schulden ablehnte oder ob er sich tatsächlich nicht in der Lage gesehen hat, eine Schuldenaufnahme inhaltlich und ausreichend zu begründen, die einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht standgehalten hätte, weiß ich nicht. Immerhin bestärkten einige Verfassungsrechtler Lindner darin, an der Schuldenbremse festzuhalten.

    Überzeugt bin ich jedoch davon, dass mit gutem Willen aller Koalitionspartner ein Weg gefunden worden wäre.

  • Salonlöwin

    Dass das kompliziert ist und nicht mit einem flüchtig formuliertem Dreizeiler zu erledigen ist, ist klar. Ich hatte es mir mit "glaubhaft darlegen" absichtlich einfach gemacht. ;)


    Bei Lindner bin ich mir allerdings recht sicher. Es war ein Wahlversprechen der FDP, die Schuldenbremse einzuhalten. Davon wollten die nicht abweichen.

  • xexos das es die Manipulation in den sozialen Medien gibt, ja klar. Aber wie kann das einen solchen Sog entwickeln?

    Wir leben hier alle zusammen gemeinsam, begegnen uns täglich, reden miteinander.

    Wie kann eine Manipulation über soziale Medien so viel stärker sein, als dieses tatsächliche Miteinander?

    Viele Menschen misstrauen mittlerweile dem ÖRR und den sogenannten Mainstream-Medien. Wenn aber Hinz und Kunz in den asozialen Medien Fake News verbreiten, glauben das viele Menschen eher, denn es sind ja "unabhängige" Medien. Das da sehr viele Lügen gezielt verbreitet werden wollen viele User gar nicht wahr haben.

    Ich habe das beste Beispiel in meiner Familie. Alte Leute, die sich aber im Internet auf diversen rechten Kanälen ihre vermeintlich unabhängigen Meldungen ansehen. Die sind mittlerweile völlig faktenresistend, wollen es auch nicht hören. Denn das was da im Internet so hübsch daherkommt muss ja stimmen, da nicht von Politikern der Altparteien vorgegeben. Ich diskutiere da aber auch nicht mehr, ist zwecklos.

    Es gibt weder moralische noch unmoralische Bücher. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben, sonst nichts.


    Oscar Wilde (1854 - 1900)

  • Zur Einordnung der Militärausgaben: Die USA geben 3,38% vom BIP aus und das ist eine Nation, die den Anspruch hat, vielerorts kontrollierend eingreifen zu können.

    Habecks Vorschlag liegt mit 3,5% da drüber (drüber in Relation zum BIP, in absoluten Zahlen natürlich nicht...)


    Ich persönlich sehe diese hohen Militärausgaben kritisch, insbesondere wenn gleichzeitig rechtsradikale Parteien gewählt werden und gleichzeitig der Staat seine Möglichkeiten Richtung Überwachungsstaat ausbauen möchte. Wenn wir selbst immer radikalere Regierungen wählen, haben wir irgendwann bereits unsere eigenen Putins hier sitzen...


    Militärisch wäre mir eine gemeinsame Anstrengung zB der EU wesentlich angenehmer, als dieser zunehmende Nationalismus. Aber das ist leider derzeit wohl die populäre Richtung.


    Edit: Um die Zahlen vielleicht deutlicher zu machen. Geplant sind 2025 53,3 Milliarden bei einem BIP von etwa 4400 Milliarden und einem Bundeshaushalt von etwa 489 Milliarden. Nicht darin eingerechnet sind die Sondervermögenausgaben und die Hilfen für die Ukraine. 2024 waren die Ausgaben inkl. dieser Sonderausgaben 90,6 Milliarden.

    Eine Anhebung auf 3,5% des BIP ist also eine Anhebung auf etwa 150 Milliarden, also einer Größenordnung von etwa 30% des aktuellen Bundeshaushalts.


    Edit2: Die Militärausgaben von Russland waren 2023 etwa 110 Milliarden US-Dollar. Ok, die Kaufkraft dahinter in Russland ist eine andere, dennoch gibt das eine Einschätzung...

    Es sind 5,89% des BIP von Russland 2023, in den Vorjahren lagen sie meist unter 4% des BIP.

    I never predict anything, and I never will. (Paul Gascoigne)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Maarten ()

  • Tja, nur dass Trump immer mehr fordern wird. In seiner ersten Regierungszeit hat er ja die 2 % gefordert, die ja auch das Nato-Ziel sind. Heute waren es dann 5%. Am Ende wird er immer mehr fordern, egal was tatsächlich passiert. Nur so kann er aus der Nato raus und so tun, als hätten ihn ja andere im Stich gelassen.



    Was passiert eigentlich, wenn ein Nato Mitglied ein anderes überfällt? Ist sowas in der Natosatzung überhaupt vorgesehen?

    :gruebel Ist es nicht ein Widerspruch in sich, wenn Trump von den NATO-Partnern höhere Militärausgaben fordert und gleichzeitig erklärt, dass er deren Souveränität nicht respektiert?

    Im Bündnisfall hätte er sich so stärkere Gegner selbst geschaffen. :nerv

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend MZB: Darkover-Universum

  • Ist nicht fast alles, was Trump sagt, widersprüchlich? Ist er nicht verurteilter Straftäter, nachgewiesenermaßen Rassist, Sexist und Riesenarschloch, und haben ihn die tumben, egoistischen, gierigen Spackos nicht trotzdem wiedergewählt? War es nicht Trump, der gesagt hat, er könne sich in Manhattan mitten auf die Straße stellen und jemanden erschießen - und die Leute würden ihn trotzdem wählen? Welchen Sinn hat es, über Trump zu sprechen?


    Am Rande, und ich hatte das schon angedeutet. Ja, die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas (zu dem das von Neofaschisten regierte Italien und das von Rechtspopulisten dominierte Ungarn gehören, nicht vergessen!) ist ein wichtiges Thema. Eines von vielen wichtigen Themen. Es ist ein Metathema, ein teilweise surreales Thema, weil es um What-If-Szenarien geht. Es ist ein Thema, das mit Alltagspolitik und gesellschaftlichem Umgang nur am Rande zu tun hat. Es gibt sehr viele Fragen, die uns beschäftigen sollten. Ob Merz eine Witzfigur ist oder Habeck weniger, gehört m.E. nur in den Bereich "Smalltalk". Aber ich wiederhole mich.

  • Eine Anhebung auf 3,5% des BIP ist also eine Anhebung auf etwa 150 Milliarden, also einer Größenordnung von etwa 30% des aktuellen Bundeshaushalts.

    Zu Zeiten, da ich in die Schule ging (also die 70er Jahre), hieß es im Geschichts- oder Wirtschaftskundeunterricht (das weiß ich nicht mehr genau), daß der Verteidigungsetat grundsätzlich der größte im Bundeshaushalt ist und etwa 30% umfaßt. Wäre man auch nur annähernd dabei geblieben, hätten wir viele der heutigen Probleme möglicherweise gar nicht.



    Den Thread habe ich bisher still mitgelesen, und das sind alles interessante Dinge. Aber was wird bei der Wahl herauskommen? Vermutlich nicht viel anderes als jetzt, nur mit anderen Vorzeichen - lies vermutlich eine Regierung unter Führung der Union* mit Koalitionspartner SPD und/oder Grüne und/oder FDP (falls die es in den Bundestag schafft). Was bedeutet, daß sich vermutlich grundsätzlich nicht viel ändern wird; Stichwort ungeregelte Migration, Stichwort Überregulierung und Manches andere.


    Interessant wird für mich dann die übernächste Bundestagswahl. Und da vermute ich bei einem solchen Szenario dann ganz stark, daß eine Regierungsbildung ohne die AfD/BSW nicht möglich sein wird. Egal, wie man sich dreht und wendet. Und dann konnte das natürlich niemand voraussehen ...






    * = Ob die Union wirklich, wie derzeit allüberall zu lesen, die stärkste Kraft wird, wissen wir erst am 23. Februar 2025 nach Schließung der Wahllokale. Bis dahin kann sich noch alles ändern.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ist nicht fast alles, was Trump sagt, widersprüchlich? Ist er nicht verurteilter Straftäter, nachgewiesenermaßen Rassist, Sexist und Riesenarschloch, und haben ihn die tumben, egoistischen, gierigen Spackos nicht trotzdem wiedergewählt? War es nicht Trump, der gesagt hat, er könne sich in Manhattan mitten auf die Straße stellen und jemanden erschießen - und die Leute würden ihn trotzdem wählen? Welchen Sinn hat es, über Trump zu sprechen?

    Ist nicht Trump gerade das Beispiel dafür, dass eine einzelne Person die Politik komplett auf den Kopf stellen kann? Dass eine einzelne Person eine Partei strukturell so ändern kann, dass es nicht mehr die Partei ist, die die Politik bestimmt, sondern diese eine Person?
    Dass es bei einer Partei nur noch darum geht, dieser Person zu gefallen, um nicht in Ungnade zu fallen?
    Dass eine Person das Justizsystem dahingehend ändern kann, dass ihr Immunität gewährt wird?
    Dass selbst die reichsten Menschen der Welt sich anpassen, um dieser Person zu gefallen?

    Welchen Sinn hat es, in einem Gespräch über Politik nicht über Trump zu sprechen? :gruebel

  • Zu Zeiten, da ich in die Schule ging (also die 70er Jahre), hieß es im Geschichts- oder Wirtschaftskundeunterricht (das weiß ich nicht mehr genau), daß der Verteidigungsetat grundsätzlich der größte im Bundeshaushalt ist und etwa 30% umfaßt. Wäre man auch nur annähernd dabei geblieben, hätten wir viele der heutigen Probleme möglicherweise gar nicht.

    In den 70er waren wir mitten im kalten Krieg und es gab die Sowjetunion. Die Militärausgaben der Sowjetunion waren in den 70ern höher als die der USA:
    https://de.statista.com/statis…en-der-usa-und-der-udssr/

    Die Militärausgaben von Russland heutzutage sind damit überhaupt nicht vergleichbar:
    https://de.statista.com/statis…in%20jeweiligen%20Preisen).

    Wesentliche Teile der damaligen Sowjetunion sind jetzt in der EU, sind also auf der anderen Seite der Gleichung.

    Der Etat der Bundesrepublik in den 70ern lag bei etwa 3% des BIP, also geringer als jetzt von Habeck gefordert.
    https://de.statista.com/statis…en-am-bip-in-deutschland/

  • Zitat

    Ist nicht Trump gerade das Beispiel dafür, dass eine einzelne Person die Politik komplett auf den Kopf stellen kann?

    In gewisser Weise. Es gibt und gab auch andere, die dann Systemwechsel mit sich gebracht haben, gesellschaftliche Umwälzungen, Neuaufstellungen. Das steht aber hierzulande nicht an (obwohl die Pissnelkenpartei in den Umfragen bei 20 Prozent steht und die Schwesterpissnelken in Ösiland gerade die Regierung übernehmen). Merz, Scholz, Habeck sind keine Trumps, nicht einmal Thatchers.


    Wenn ich mich weigere, über diesen Mann zu reden, dann auch deshalb, weil ich diesen, mit Verlaub und bei allem Respekt vor Menschen, die erkrankt sind oder waren, Tumor von einem "Politiker" (er ist ja überhaupt keiner, er ist nur eine Persiflage) nicht auch noch durch gesteigerte Beachtung adeln möchte, was den natürlich nicht im geringsten schert (wobei ...), vor allem aber, weil es vollständig sinnlos ist. Trump ist wie ein Massencrash auf der Autobahn, alles ist voller Wrack- und möglicherweise Körperteile, die Szene ist in flackerndes Licht getaucht, Verletzte werden versorgt, Überlebende in Notdecken gehüllt, und auf der Gegenfahrbahn gegen die Leute in die Klötzer, um einen Blick auf das zu erhaschen, von dem sie glauben, es könne ihnen selbst nie passieren. Der Mann ist ein historischer Unfall, der dieser Tatsache begegnet, indem er schlicht das Gegenteil behauptet, was für alles gilt, und auch seine eigenen Behauptungen von gestern. Über ihn zu reden ändert nichts, bewegt nichts, bringt niemanden zum Umdenken. Eher im Gegenteil. Die dreißigjährigen Holzfällerhipster, die in Berlin-Neukölln in den Bars sitzen und hausgebrautes IPA schlucken, finden es inzwischen schick, MAGA-Basecaps zu tragen. Die vollkommen bescheuerten Amis haben diesen Asi trotz der Geschehnisse von vor vier Jahren wiedergewählt. Es ist komplett sinnlos. Wir könnten auch versuchen, mit Schmetterlingsnetzen dunkle Materie einzufangen (was vermutlich leichter ist).

  • Hallo Maarten ,


    korrigier mich bitte in politischer Geographie, wenn ich in meiner Auflistung von Fakten und meiner Flächenberechnung falsch liege. Vielleicht bist allerdings auch Du im Schreibschwung etwas übers Ziel hinausgeschossen. Wenn Du das Wort "wesentlich" durch strategisch ersetzen würdest, würde ich Dir durchaus zustimmen.


    Die UdSSR/ Sowjetunion wies eine Fläche von 22.400.000 Quadratkilometern auf; das heutige Russland gibt eine Fläche von 17.100.000 Quadratkilometern an, ist demnach knapp 24 Prozent kleiner.

    Lediglich Estland (45.335 Quadratkilometer), Lettland (64.589 Quadratkilometer) und Litauen (65.300 Quadratkilometer) gehören als ehemalige Sowjetrepubliken mit einer Gesamtfläche von 175.224 Quadratkilometern der EU an. Setzt man diese Fläche ins Verhältnis zum ehemaligen Staatsgebiet der UdSSR stellt sie lediglich 0,78 Prozent dar.

    Das Staatsgebiet der drei baltischen Staaten als einzige Sowjetrepubliken, die der EU beigetreten sind, dürfte somit einen Bruchteil des ehemaligen Staatsgebiets der Sowjetunion ausmachen und keineswegs wesentlich sein.


    Zu Estland gibt es unterschiedliche Angaben zur Staatsgröße, die sich um knapp 100 Quadratkilometer unterscheiden, im Ergebnis jedoch zu keinem anderen Schluss führen dürften.

  • korrigier mich bitte in politischer Geographie, wenn ich in meiner Auflistung von Fakten und meiner Flächenberechnung falsch liege. Vielleicht bist allerdings auch Du im Schreibschwung etwas übers Ziel hinausgeschossen. Wenn Du das Wort "wesentlich" durch strategisch ersetzen würdest, würde ich Dir durchaus zustimmen.

    Hast ja recht mit dem Schreibschwung...

    Mit wesentlich habe ich nie die Größe gemeint, aber auch nicht nur die baltischen Staaten, sondern auch die damaligen Satellitenstaaten der Sowjetunion. Sie sind heute nicht Teil der Bedrohung gegen die unsere Rüstung damals aufgebaut wurde.

  • Wir könnten auch versuchen, mit Schmetterlingsnetzen dunkle Materie einzufangen (was vermutlich leichter ist).

    Ja, das ist das wirklich erschreckende.
    Dennoch werden wir als Gesellschaft diese dunkle Materie irgendwie mit Schmetterlingsnetzen einfangen müssen.

  • Dennoch werden wir als Gesellschaft diese dunkle Materie irgendwie mit Schmetterlingsnetzen einfangen müssen.

    Es gibt in diesem Zusammenhang mehrere Aspekte. Für mich ist der relevanteste, wie der Trumpismus (nicht nur) die amerikanische Gesellschaft spaltet - eine Spaltung, die allerdings auch von der Linken vorangetrieben wird, wodurch eine echt bizarre Situation entstanden ist: Während gestandene und hochdekorierte Leute ihre Jobs aufgeben müssen, weil sie als Säugling irgendwas getan haben, das heute, also fünfhundert Jahre später, als rassistisch, sexistisch oder, Gott bewahre!, transphob gilt, wird der Staat von jemandem geführt, der das Sozialverhalten von vor fünfhundert Jahren ganz offen und an oberster Stelle pflegt. Jede "Seite" legt ständig noch einen drauf, und abgesehen von der widerwärtigen Bigotterie, mit der das einhergeht, führt derzeit offenbar kein noch so unscheinbarer Weg von dort in die Nähe von irgendwas, das man als Konsens bezeichnen könnte. Der zweite ist damit verbunden, nämlich ein Politikstil, der auf Drohung und Erpressung basiert, letztlich also auf politischer Piraterie. Statt zu fordern und zu verhandeln, wird in jeder Sache zuerst die Extremkeule angewendet, und während sich die auf der anderen Seite Betroffenen noch verschüchtert und erschrocken umschauen, werden Maximalforderungen, die sonst nie durchgekommen wären, zu einem Pseudokompromiss. Dieserart zwingt die PUSA-Apfelsine der ganzen Welt ihren Stil auf. Und drittens wird diese Enttabuisierung sowohl der Politik, als auch des zwischenmenschlichen Handelns, diese Pulverisierung sogar noch des Schein-Anstands dadurch weltweit und überall salonfähig, bis runter zu den sonnigen Trinkhallen im hintersten Thüringen, wo man sich angesichts dieser Entwicklungen tatsächlich zu recht fragt, warum man noch dafür gerügt wird, Nazis gewählt zu haben oder die DDR zu einem Märchenland zu verklären.

    Viertens, und das hat der unter viel Bimbes lautstark aus der SPD ausgetretene Göttinger Unternehmensberater Karl Adam heute sehr schön auf Facebook formuliert, haben nicht wenige von Trumps Ideen, die wir für komplett banane halten, zur Verblüffung aller tatsächlich ein visionäres Langzeitziel. An dieser Stelle muss ich meine Aussagen von weiter oben relativieren. Der Mann ist ein Verrückter und ein Arschloch und gehört ins Gefängnis. Aber er hat offenbar einen Plan.

    Den haben viele hierzulande eher nicht.

  • Aber er hat offenbar einen Plan.

    Eben. Und sowohl Xi Jinping als auch Putin haben einen solchen.

    Wir haben keinen.

    Welchen auch? Europa wird sich nicht mehr zu einer starken gemeinsam handelnden Kraft in der Welt entwickeln lassen, und Deutschland allein kann nur warten, was von ihm übrig bleibt, wenn die o. a. Herren ihren Plänen Taten folgen lassen. Der Pazifikkrieg um Taiwan steht ebenso in Kürze bevor (was Trump vermutlich zunächst daran hindern wird, in Kanada oder Grönland einzumarschieren) wie die blutige imperiale Ausdehnung des russischen Schreckensreiches in Europa.

    Wir machen uns etwas vor, wenn wir glauben, daran noch etwas ändern zu können. Dazu haben wir in ganz Europa viel zu lange geschlafen, lieber den Traum der Ahnungslosen geträumt und uns in den wenigen wachen Momenten lieber über lächerliche Themen gestritten.

    Es ist aussichtslos.

  • Lieber Didi,


    ich sehe das anders. Ich verstehe Deine Perspektive, und es ist möglich, dass Deine Befürchtungen zutreffen, aber Europa hat keineswegs nur über lächerliche Themen gestritten, während die elementar wichtige Verteidigung, die keine europäische Angelegenheit ist, verpennt wurde. Übrigens nicht nur von den Führungsmenschen - eine überwältigende Mehrheit - nämlich drei Viertel - der Europäer ist bis ins zweite Jahrzehnt dieses Jahrhunderts felsenfest davon ausgegangen, dass vom Osten keine Bedrohung ausgeht. Und man kann denen, die jetzt unken, durchaus den Vorwurf machen, dass sie am Sonntag damit angeben, die Lottozahlen zu kennen. ;)


    Europa hat in den letzten zwei Jahrzehnten eine Reihe weiterer Mitglieder dazubekommen, darunter Polen, was schnell vergessen wird, die Eurozone ist erweitert worden, der Euro ist in weiteren Ländern Zahlungsmittel geworden, der Green Deal ist auf den Weg gebracht worden und damit u.a. ein Emissionshandel, der auch ökologisch etwas bringt, die DSGVO setzt weltweit Maßstäbe, was den Umgang mit personenbezogenen Daten anbetrifft, und die EU ist die einzige multinationale Organisation, die Regelungen für den Umgang mit KI auf den Weg gebracht hat, die EU hat im Umgang mit Covid exzellent interagiert und im Jahr 2022 sehr geschlossen auf die Ukraine-Attacke reagiert, sie hat den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus eingeführt, und vieles, vieles, vieles andere mehr, darunter auch viele Dinge, die nur kleine Schritte darstellen und manch einem, der eher in kürzeren Zeiträumen denkt, albern vorkommen, die aber nötig sind, um ein Ziel zu erreichen, das es tatsächlich gibt. Diese Unkerei in Schlagzeilenformulierungen spielt nur jenen in die Hände, die damit Ratten fangen, dass sie genau das behaupten.

  • Der Etat der Bundesrepublik in den 70ern lag bei etwa 3% des BIP, also geringer als jetzt von Habeck gefordert.

    Ich habe jetzt nicht in alten Statistiken gewühlt bzw solche gesucht (danke für Deine Mühe). Aber soweit ich mich entsinne - und ich lasse mich korrigieren, wenn meine Erinnerung falsch ist - sprach man damals nicht von "% des BIP", sondern vom Anteil des Verteidigungsetats (oder des Sozialetats) am Gesamthaushalt. Und da kann ich mich an die von mir erwähnte Zahl recht gut erinnern, zumal das eine Zeit war, in der ich selbst noch politisch aktiv war.


    Wesentliche Teile der damaligen Sowjetunion sind jetzt in der EU, sind also auf der anderen Seite der Gleichung.

    Wobei ich mir nicht sicher bin, auf welcher Seite ich ehemalige Satellitenstaaten wie etwa Ungarn einordnen sollte. Auf jeden Fall NICHT eindeutig auf Seiten der EU.



    Dazu haben wir in ganz Europa viel zu lange geschlafen, lieber den Traum der Ahnungslosen geträumt und uns in den wenigen wachen Momenten lieber über lächerliche Themen gestritten.

    Es ist aussichtslos.

    Leider hast Du recht. In der WELT am Sonntag vom 17.11.2024 war ein Interview mit dem Historiker Karl Schlögel. Er sagte u. a. wörtlich: "Wir leben in einer Vorkriegszeit, und noch viel zu wenig Menschen machen sich klar, was das bedeutet.". (Nachzulesen auch online als WELT+ Artikel (also kostenpflichtig) hier auf welt.de .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")