Ein eigener Thread für politisches Geplauder.
Bundestagswahl 2025
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...den ich interessiert verfolgen werde und gleich eingangs eine Bitte an ALLE Diskutanten habe...
Es ist OK, unterschiedliche Meinungen zu haben, auch sehr unterschiedliche Meinungen. Nicht OK hingegen ist es, Nazis zu wählen. Aber ich hoffe inständig, da sind wir uns alle einig.
Bitte geht euch nicht gegenseitig an die Gurgel und bewahrt immer einen Umgangston, der es euch erlauben würde, euch auch morgen noch - zumindest hypothetisch - gemeinsam auf ein Bierchen (oder whatever) an einen Tisch zu setzen.
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Wer kennt denn z. B. einen guten Grund, warum sich die FDP als Partei mit Wirtschaftskompetenz brüstet?
Und warum darf sich auch Friedrich Merz so nennen, denn eigentlich ist er Jurist?
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Das Problem bei Wahlen ist, dass sich viele Menschen, die zur Wahl gehen, aufgrund von Persönlichkeiten und eher oberflächlicher Wahrnehmung des Geschehens bei ihren Entscheidungen leiten lassen. Nur sehr, sehr wenige befassen sich intensiv nicht nur mit den Parteiprogrammen, sondern auch mit den Geschehnissen dort unterhalb der obersten Gremien und Entscheidungsträger und -innen. Noch weniger Menschen befassen sich mit dem politischen Geschehen abseits der Schlagzeilen, der unmittelbaren Berichterstattung und der oft gelikten Social-Media-Feeds. Immerhin nutzen ein paar Leute etwas wie den "Wahl-O-Mat", aber eigentlich kommt auch das einem Hauskauf auf der Basis von Fotos gleich, die vor einigen Jahren aus großer Entfernung vom Objekt aufgenommen wurden, aber wenigstens irgendwo eine Fassade zeigen. Parteien sind weit mehr als das, und Politik ist auch weit mehr als das, was in den Schlagzeilen landet, was man auf das exponierte Personal reduzieren kann, was auf Werbeplakaten steht oder am Stammtisch gelallt wird. Noch schlimmer als das aber ist beinahe, dass kaum jemand nachhaltig wählt, also mit einer langfristigen Perspektive im Blick. Menschen neigen zu Egoismus und Bequemlichkeit, und den meisten ist irgendeine entferntere Zukunft entweder egal (denen klatschen wir dann noch Beifall für ihre "Ehrlichkeit", wenn sie das offen sagen) oder sie können sie nicht abstrahieren. Deshalb wählen sie dann Populisten oder andere Leute, die ihnen für demnächst irgendein kleines Heil versprechen.
Eine Wahl ist leider viel zu sehr ein Stimmungsbild von Leuten, die sich eigentlich kaum mit Politik befassen. Das ist eine Schwäche nicht nur unserer repräsentativen Demokratie, die dennoch vermutlich die beste Form der Herrschaftsorganisation ist. Trotzdem frustrieren mich ganz persönlich Wahlen, zu denen ich natürlich hingehe, weil ich mich dem Urteil von Leuten fügen muss, die aus schlechten Gründen oder auf Basis schlechter Information Parteien und Kandidaten oder -innen wählen.
Ich will deshalb nicht über Merz oder Lindner oder Scholz oder irgendeine Kuh reden, die gerade durch irgendein Dorf getrieben wird. Das sind nicht die Aspekte, die für unser Wahlverhalten relevant sein sollten.
Edit: Ich finde übrigens auch nicht, dass es grundsätzlich besser ist, wenn sehr viele oder möglichst sogar alle Menschen zur Wahl gehen. Mindestens die, die Nazis wählen, könnten gerne zu Hause bleiben.
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Wenn man sich mit dem möglichen neuen Kanzler Friedrich Merz beschäftigen möchte, gibt es zwei interessante Bücher über ihn, die seine Stärken und Schwächen zeigen.
Der Unbeugsame
ASIN/ISBN: 3784436420und in kürze erscheint:
Der Unvermeidbare
ASIN/ISBN: 3498007211 -
Ja, Tom. Grundsätzlich stimme ich Dir zu, aber ...
Ich will deshalb nicht über Merz oder Lindner oder Scholz oder irgendeine Kuh reden,
Sondern worüber?
Das sind nicht die Aspekte, die für unser Wahlverhalten relevant sein sollten.
Welche Aspekte sind aus Deiner Sicht relevant?
Die Welt und alle Themen sind halt komplex und die Zusammenhänge eigentlich für niemanden komplett transparent. Von daher rettet man sich auf ein paar Inseln wie die Frisur von x, den Anzug von y und irgendeine Aussage von z. Man kann aber auch schlecht erst einen Kompetenz- und Wissenstest vor der Wahlurne durchführen und nach dem Ergebnis das Wahlrecht zuteilen.
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Frisuren oder Anzüge sollten eigentlich nicht so eine große Rolle spielen wie Fähigkeiten oder Argumente.
Schade ist, wenn das Lachen eines Armin Laschet wahleintscheidend wird.
Dabei war er damals inhaltlich auch leer. Das hätte die Wahl entscheiden sollen, nicht ein Lachen im falschen Moment.
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Sondern worüber?
Über das, was wir für uns, für unsere Gesellschaft und für die Welt wollen. Nicht nur kurzfristig.
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Genau, Tom. Aber Wirtschaftskompetenz sollte doch auch genau das beinhalten. Eine wirtschaftlich positive Entwicklung für das eigene Land mit nur wenig negativen Auswirkungen für andere Länder. Genau das hatte ich im dritten Beitrag auf dieser Seite erfragt.
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Gegenfrage, xexos: Was ist denn "Wirtschaftskompetenz" Deiner Meinung nach genau? Die positive Entwicklung einer Wirtschaft kann man unter verschiedenen Gesichtspunkten sehen, in verschiedenen Zeiträumen, mit verschiedenen - auch langfristigen - Folgen. So absurd das klingt, aber ich unterstelle dem gelben, irren Donald tatsächlich eine gewisse Wirtschaftskompetenz. Er hat fraglos eine Idee davon, wie er der US-amerikanischen Wirtschaft Wachstumsimpulse verpassen kann, wie er die Macht und den Besitz der Unternehmen mehren kann, wie er die Börsen im Aufwind hält usw. usf. Das ist allerdings eine Form von Wirtschaftskompetenz, die ich mir nicht unbedingt wünsche, weder für dort, noch für hier. Und Wirtschaft ist auch nicht alles, kann, davon abgesehen, auf keinen Fall losgelöst betrachtet werden. Unsere Gesellschaften sind vielschichtiger. "Die Wirtschaft entscheidet alles" ist ein ideologischer Slogan.
Ich weiß nicht, ob Herr Merz, Herr Scholz, Herr Lindner, Herr Habeck oder irgendeiner von diesen armseligen AfD-Menschen in persona der oder die wirtschaftlich kompetentere Figur ist, nach allgemeiner Einschätzung, gemessen an irgendeiner genormten Skala (die es natürlich nicht gibt). Das ist mir aus vielen Gründen ein zu verengter Blick auf das ganze. Zumal ja keiner dieser Menschen alle Entscheidungen alleine trifft, wenn überhaupt. Eher im Gegenteil. Es auf die Fähigkeiten irgendeiner Person zu reduzieren, macht den Wahlkampf zwar einfacher, aber nicht die danach gelebte Realität.
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Was ist denn "Wirtschaftskompetenz"
Meiner Meinung nach ist das unter anderem die Fähigkeit, die Wirkung einzelner Maßnahmen auf die Veränderung bei verschiedenen wirtschaftlichen Parametern möglichst umfassend abzuschätzen. Wobei zu berücksichtigen ist, dass fast alles Interdependenzen hat und man nicht einzelne Änderungen nur ceteris paribus betrachten kann. Und die Wirtschaft folgt generell Gesetzmäßigkeiten, die sich jederzeit auch ändern können und nicht so stabil sind wie bspw. Naturgesetze.
Dies wäre meine erste Kritik an Maßnahmen von Trump. Er glaubt, er erhebt einfach nur Zölle und alles funktioniert danach weiterhin so wie vorher. Seine scheinbaren wirtschaftlichen Erfolge seiner ersten Amtszeit wurden bspw. durch eine erhöhte Staatsverschuldung erkauft. Die Zahlen sahen gut aus, Substanz wurde aber kaum geschaffen.
Ich würde sogar behaupten, dass es Wirtschaftswachstum über alles (über alle Generationen und weltweit betrachtet) gar nicht gibt, sondern alles lediglich eine Vermögensverschiebung ist. Was es jedoch gibt, ist technologischer Fortschritt und eine Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen. Aktuell erreichen wir dies oftmals jedoch nur, wenn wir die Lasten dafür anderen Generationen oder Ländern aufbürden.
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Früher (ca. 60er bis 80er Jahre) wurde in den Diskussionen immer vom magischen Viereck (Wikipedia) gesprochen. Maßnahmen sollten daraufhin geprüft werden, sodass die vier Kriterien
- Preisniveaustabilität,
- hoher Beschäftigungsstand,
- außenwirtschaftliches Gleichgewicht und
- stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum
möglichst im Einklang erfüllt werden können. Heutzutage hört man diesen Begriff eigentlich gar nicht mehr. Man müsste dies nun auch um ökologische Nachhaltigkeit und vielleicht ein paar andere Punkte ergänzen.
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Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Und es gibt in keiner Partei eine Einzelperson, die das alles im Blick hat. Oder haben müsste. Das ist die falsche Fragestellung, meiner Überzeugung nach.
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Ich hatte auch nichts von Lindner geschrieben, sondern Du. Ich schrieb ganz brav und vorbildlich "...warum sich die FDP als Partei ...".
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Ja, aber im nächsten Satz hast Du von Friedrich Merz gesprochen.
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Hallo xexos,
Du schreibst von Wirtschaftskompetenz. Geht es Dir nicht eigentlich um Volkswirtschaft? An diesem Punkt kommen wir tatsächlich zum Thema Weitblick, zu der Frage wie zukunftsfähig Deutschland ist und wo dringend investiert werden muss.
In den vergangenen Regierungen sind viele Aspekte wie Bildung und Wissenschaft, Gesundheit und Rente als auch Energiewirtschaftsumbau und Umwelt vernachlässigt worden. Es fehlen perspektivische Pläne und Visionen, die Deutschland voranbringen und nicht immer weiter ins Hintertreffen geraten lassen.
Beratergremien wie Sachverständigenrat für Wirtschaft, Weltwirtschaftsinstitut, Bundesbank usw. gibt es in Deutschland zur Genüge, mit Blick auf die aktuelle Regierung sehe ich allerdings eine gewisse Beratungsresistenz, Ideologiegetriebenheit und eien Vielzahl kleinteiliger Geschenke an die Wählerschaft, die auf wundersame Weise auf die Unterstützung durch die Opposition trifft.
Mit Blick auf die Reform des Bundeswahlgesetzes und die Verkleinerung des Bundestags im Zusammenhang mit den kurz vor Weihnachten beschlossenen Gesetzen lässt sich die Angst der Politiker vor dem Ausgang der nächsten Wahl nur erahnen.
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Ja, aber im nächsten Satz hast Du von Friedrich Merz gesprochen.
Genau, da ich das über ihn auch vor kurzem las und das über ihn permanent behauptet wird. Er war im Aufsichtsrat beim amerikanischen Investor Black Rock. Keine Ahnung, was er dort machte. Wahrscheinlich war er dort nur wegen seiner vielen Beziehungen und war vor allem als Lobbyist tätig. Von der Ausbildung ist er Jurist und Anwalt. Aber viele Vorstandspositionen werden von Juristen besetzt. Von daher ist das ja kein Makel. Olaf Scholz ist ebenfalls Jurist und Anwalt.
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Du schreibst von Wirtschaftskompetenz. Geht es Dir nicht eigentlich um Volkswirtschaft?
Eigentlich hatte ich dies alles oben nur als Fragen formuliert, um eine Diskussion in Gang zu bringen. Wohin uns die Diskussionen thematisch treiben, ist dabei völlig offen.
Volkswirtschaft ist nur ein Teilgebiet der Wirtschaftslehre. Es ist aber der Bereich, in dem von der Politik in der Regel die größten Rahmenbedingungen gesetzt werden. Die Betriebswirtschaft hätte als Pendant dann vielleicht Controlling-Themen wie Stückkostenoptimierung oder individuelle Standortwahl als Gegenstand. Die Politik greift dort manchmal über direkte Subventionen ein, dann wird die Diskussion aber sehr speziell.
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Hallo xexos,
nur zu. ich erweitere gern meinen Horizont, denn beide Gebiete betreffen mich als Mensch und Wählerin, und zwar jeden Tag, ob bei der Inflation im Supermarkt, an der Bushaltestelle wieder vergelblich auf den Bus wartend, weil ich dem Klimawandel trotzen will und nicht das Auto nehme oder mich in der telefonischen Dauerschleife beim Arzt befinde. Wenigstens die Baustelle Glasfaser ist erledigt, was sich als äußerst zäher Vorgang erwies.
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Wir leben aber nicht in einer Wirtschaft, auch nicht in einer Volkswirtschaft, sondern in einer Gesellschaft, die eng mit anderen Gesellschaften verflochten ist. Wirtschaft ist nicht alles, und Wirtschaft ist möglicherweise nicht einmal entscheidend, je nach Perspektive, Vision, Aspekten der Qualität u.v.a.m. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass es Leute gibt, die im Wahlkampf behaupten, eine wachsende, florierende Wirtschaft sei für alles andere nötig, aber dem kann man auch dann widersprechen, wenn man kein Sozialist ist. Wir klatschen den Planeten gerade komplett an die Wand, und zwar endgültig, jedenfalls aus Sicht des Menschengeschlechts. Ich mag Wohlstand auch, und ich mag es, mir über meine Existenz wenige Sorgen machen zu müssen. Das sind aber beides extrem egoistische und kurz gedachte Aspekte. Die man sich für die nächsten vier Jahre auf die Fahnen schreibt, und was danach kommt, das ist - wie immer bei Wahlen - jetzt gerade völlig egal.