Kein Grund, gleich so rumzuschreien - Martin Sutter / Benjamin von Stuckrad-Barre

  • Herausgeber ‏ : ‎ Diogenes; 2. Edition (27. November 2024)

    Taschenbuch ‏ : ‎ 320 Seiten

    ISBN-10 ‏ : ‎ 3257073216

    ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3257073218


    Kurzbeschreibung


    Nahe Familienmitglieder sterben, der Welt geht es auch nicht so gut, das letzte Glas Alkohol wird getrunken und die letzte Zigarette geraucht. Und doch färbt Martin Suter sich noch immer nicht die Haare. Wer auch in schwierigen Situationen und Kippmomenten des Lebens noch lacht, meint es wirklich ernst mit dem Humor.


    Autoren


    Martin Suter wurde 1948 in Zürich geboren. Seine Romane (darunter ›Melody‹ und ›Der letzte Weynfeldt‹) und die ›Business-Class‹-Geschichten sind auch international große Erfolge. Seit 2011 löst außerdem der Gentleman-Gauner Allmen in einer eigenen Krimiserie seine Fälle, derzeit liegen sieben Bände vor. 2022 feierte der Kinofilm von André Schäfer ›Alles über Martin Suter. Außer die Wahrheit‹ am Locarno Film Festival Premiere. Seit einigen Jahren betreibt der Autor die Website martin-suter.com. Er lebt mit seiner Tochter in Zürich.

    Benjamin von Stuckrad-Barre, geboren 1975 in Bremen, hat ein großes Publikum u. a. mit ›Soloalbum‹, ›Panikherz‹ und ›Noch wach?‹ erobert.


    Rezension


    Stell dir vor, du sitzt in einer gemütlichen Küche. Der Geruch von frischem Kaffee liegt in der Luft, und am Tisch sitzen zwei Männer, die du seit Jahren bewunderst. Sie plaudern, lachen, philosophieren, und du hörst gebannt zu. So fühlte es sich irgendwie an, als ich „Kein Grund, gleich so rumzuschreien“ anfing.


    Martin Suter sitzt da, entspannt, die Haare wie immer grau – er färbt sie nicht, das macht er im Buch auch deutlich. Neben ihm Benjamin von Stuckrad-Barre, ein Mann mit scharfem Witz und klugen Gedanken. Die beiden reden über alles: den Verlust naher Menschen, die letzten Zigaretten und der letzte Alkohol, über die großen und kleinen Brüche des Lebens. Sie streifen Melancholie, ohne darin zu versinken, und lachen dort, wo andere vielleicht den Kopf schütteln. Es ist nicht nur eine Unterhaltung. Es ist, als würde ich mittendrin sitzen, nicht als stiller Beobachter, sondern als Teil dieses Moments. Die Dialoge springen von heiteren Anekdoten zu tiefen Reflexionen, und ich ertappe mich dabei, wie ich zustimmend nicke, manchmal sogar laut auflache.


    Ich habe Stuckrad-Barres Werke immer geliebt. Sein Wortwitz, seine Schlagfertigkeit, diese Fähigkeit, ein Gespräch so lebendig zu machen, dass man sich ihm nicht entziehen kann. Aber hier, zusammen mit Martin Suter, wird es zu etwas Größerem. Es ist die perfekte Balance aus Humor und Ernst, zwischen unbeschwerter Plauderei und Momenten, die mich innehalten lassen. Manche Passagen fühlen sich an wie ein Spiegel. Was mache ich mit den Kippmomenten meines Lebens? Kann ich, wie sie, trotz allem lachen? Und dann ist da diese Leichtigkeit, die trotz allem in ihren Worten liegt. Eine Leichtigkeit, die Mut macht.


    Natürlich, wird das Buch ist nicht jedem gefallen. Wenn du die beiden nicht magst oder nichts mit ihrem Stil anfangen kannst, wirst du hier definitiv nicht fündig. Aber wenn du, wie ich, Fan von Stuckrad-Barre bist, wirst du dieses Buch verschlingen, ganz sicher.

    Der Kaffee ist inzwischen leer, und die beiden Männer stehen auf, verabschieden sich. Was bleibt, ist ein tolles Gefühl, zwei fantastischen Autoren gelauscht zu haben. Es fühlt sich an, als hätte ich etwas mitgenommen – nicht nur ihre Geschichten, sondern auch ein Stück ihrer Lebensart. Sicherlich kein gewöhnliches Buch, das dürfte klar sein, doch ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und hoffe, dass die beiden nachlegen werden.


    10/10 Leseempfehlung


    ASIN/ISBN: 3257073216

  • Coole Rezension.


    Ich bin damals (1998) von KiWi quasi in letzter Sekunde abgelehnt worden, als "Soloalbum" gerade vorbereitet wurde, und die Lektorin, mit der ich seinerzeit zu tun hatte, hat mir noch ein Vorabexemplar als Trostpflaster geschickt, verbunden mit dem möglicherweise nicht nur freundlich gemeinten Hinweis, dass "die junge deutsche Literatur ihrer Überzeugung nach in diese Richtung geht" (zu "junger Literatur" gehörte man da noch, wenn man unter 40 war, Stuckard-Barre war m.E. Mitte zwanzig).

    Ich habe das Buch verschlungen, fand die Komposition zum Niederknien, auch den dramaturgischen Ansatz und den Sprachwitz, bin allerdings mit den Figuren nicht so recht warm geworden, aber ich habe verstanden, was die Lektorin gemeint hatte. Danach gab es allerdings keinen längeren Text von BvSB, der mich auch nur ansatzweise berührt oder sonstwie gepackt hat, und er wurde aus meiner Sicht immer mehr zu einem Selbstdarsteller, der seine literarischen Fähigkeiten nutzt, um das zu forcieren. Was ich damit sagen will: Eigentlich ist BvSB m.E. ein schriftstellerisches One-Hit-Wonder, mit einer für dieses Phänomen ganz typischen Geschichte. Und die Literatur war eigentlich auch nur Trittbrett für eine ganz andere, eigene Art von Karriere, die sozusagen als Beifang auch eine literarische blieb, aber ihre Ursprünge nie wieder erreichte.

  • Coole Rezension.


    Ich bin damals (1998) von KiWi quasi in letzter Sekunde abgelehnt worden, als "Soloalbum" gerade vorbereitet wurde, und die Lektorin, mit der ich seinerzeit zu tun hatte, hat mir noch ein Vorabexemplar als Trostpflaster geschickt, verbunden mit dem möglicherweise nicht nur freundlich gemeinten Hinweis, dass "die junge deutsche Literatur ihrer Überzeugung nach in diese Richtung geht" (zu "junger Literatur" gehörte man da noch, wenn man unter 40 war, Stuckard-Barre war m.E. Mitte zwanzig).

    Ich habe das Buch verschlungen, fand die Komposition zum Niederknien, auch den dramaturgischen Ansatz und den Sprachwitz, bin allerdings mit den Figuren nicht so recht warm geworden, aber ich habe verstanden, was die Lektorin gemeint hatte. Danach gab es allerdings keinen längeren Text von BvSB, der mich auch nur ansatzweise berührt oder sonstwie gepackt hat, und er wurde aus meiner Sicht immer mehr zu einem Selbstdarsteller, der seine literarischen Fähigkeiten nutzt, um das zu forcieren. Was ich damit sagen will: Eigentlich ist BvSB m.E. ein schriftstellerisches One-Hit-Wonder, mit einer für dieses Phänomen ganz typischen Geschichte. Und die Literatur war eigentlich auch nur Trittbrett für eine ganz andere, eigene Art von Karriere, die sozusagen als Beifang auch eine literarische blieb, aber ihre Ursprünge nie wieder erreichte.

    Vielen Dank.


    Ich gebe dir insofern recht, dass Soloalbum durchaus das beste Buch von Stuckrad-Barre war. Dennoch konnten mich auch seine anderen Werke zumindest erreichen und sorgten für angenehme Lesestunden. Auch wenn diese vielleicht nicht mehr das Niveau seines Debütromans erreichten. Seine Karriere habe ich zwar verfolgt, allerdings habe ich viele seiner medialen Auftritte „verpasst“, da mich bestimmte Formate nicht interessieren. Insgesamt finde ich ihn aber recht sympathisch und mag seine Gedankengänge hin und wieder sehr gern.