Freiheit - Angela Merkel

  • Ich lese ja gerade Angela Merkels Autobiografie. und scheinbar bin ich ja nicht die einzige, die das Buch hier liest oder hört.



    Vielleicht mögt ihr euch ja hier ein wenig mit mir austauschen? Ich will jetzt keine politische Debatte lostreten, also nicht über politische Entscheidungen und ob die richtig oder falsch waren diskutieren, sondern mich mehr über die Gedanken austauschen, die mir so beim Lesen des Buches gekommen sind.



    ASIN/ISBN: 3462005138

  • Was mir schon sehr auffällt ist, dass ja in den meist negativen Rezensionen immer wieder bemängelt wird, dass Frau Merkel ja keinerlei Einsicht zeigen würde, dass ihr Entscheidungen vielleicht nicht immer so richtig waren.

    Da kann ich nur sagen, dass ich genau das nicht so empfinde. Ich bin erst bei 30 Prozent, aber gerade bei Situationen aus ihrer beginnenden Zeit in der Bundesregierung gibt es ja durchaus einige Dinge, bei denen sie selbst schreibt, dass sie sich ungeschickt und auch falsch verhalten hat. Ich empfinde das durchaus als angenehm. Nur wenige Menschen können im Nachhinein zugeben, dass sie Dinge falsch gemacht haben indes vielleicht heute anders machen würden.


    Und auch die fehlende Bürgernähe wird ihr ja immer wieder vorgeworfen. Zumindestens in ihrer Anfangszeit hat sie ja durchaus ihre Bürgersprechstunden gehalten und sich auch mit Gegner ihrer Vorhaben auseinandergesetzt. Ich verstehe aber auch, dass das im Laufe ihrer Kanzlerschaft vielleicht einfach nicht mehr so möglich war. Und wer sich den ganzen Tag mit Putin und Trump rumschlagen muss hat vielleicht auch einfach nicht die Zeit sich mit Lieschen Müller über Politik zu unterhalten?


    Alles in allem finde ich es bis jetzt ein recht interessantes Buch. Vom Schreibstil her nicht sonderlich anspruchsvoll, aber hier geht es ja auch nicht um den Literaturnobelpreis…..

  • Zwar habe ich Merkel nie gewählt, aber finde sie ist überwiegend sympathisch.

    Das kommt auch im Buch und ihren Interviews zum Tragen.

    Den ersten Teil, der die Zeit in der DDR erzählt, konnte mich interessieren.


    Insgesamt wünschte ich mir, Merkel würde manchmal emotionaler schreiben.

  • Ich hab die Obama Biografie ja auch gelesen… Ist aber schon so lange her, dass ich mich nicht mehr so sehr dran erinnere…


    Allerdings sind ja die Rezis zu seinem Buch ungleich besser als bei Angelas…. Mit ihm wird bei weitem nicht so kritisch ins Gericht gegangen, obwohl ja auch seine Entscheidungen nicht immer nur positiv waren…..

  • stimmt, emotional kann man das sicher nicht nennen :-)

    Das würde auch nicht zu ihr passen. :grin

    Stammen die Bilder von Herlinde Koebl?

    Das wäre auch sofort meine Frage gewesen... :lache


    Ich bin noch hin- und hergerissen, ob das Buch mich interessiert. Politisch war ich nie Fan von ihr, aber ich finde, sie ist eine sehr interessante Person der Zeitgeschichte. :gruebel

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich finde der Einstieg wurde durch die einfache Sprache leicht gemacht und die Kindheit/Jugend lesen sich flüssig weg. Den Mauerfall und die Anfänge ihres politischen Engagements fand ich gut geschrieben, da merkte man, daß sie sich Herausforderungen stellt und bewältigt. Emotionen habe ich bis jetzt noch nicht groß bemerkt. Jetzt nach dem Einstieg in die Politik kommt mir alles tagebuchmäßig vor. Ich bin mal gespannt, ob sich das vielleicht nochmal ändert.

  • Sie hat allein in Deutschland jetzt schon 200000 Bücher verkauft. Dann kommt noch der riesige englischsprachige Buchmarkt dazu. Die Engländer wird das wohl nicht sonderlich interessieren, aber in den USA kam sie gut an.

    Der Verlag wird also den Vorschuss (angeblich zweistelliger Millionenbetrag) schnell wieder einspielen.

    Vielleicht wird sie ja auch noch Ehrenvorsitzende der AfD, wie Stefan Aust neulich meinte. :lache

    Also, für die Muddi läuft es richtig rund zur Zeit.

  • Vielleicht wird sie ja auch noch Ehrenvorsitzende der AfD, wie Stefan Aust neulich meinte.

    Das hat Aust gar nicht gesagt. In diesem würdelosen Interview mit Welt-TV sprach er nur von der Ehrenmitgliedschaft.


    Ich finde das originell, dass Leute kritisieren, Angela Merkel würde nicht genug Selbstkritik üben. Leute, die die Weisheit natürlich mit Riesenlöffeln gefressen haben und am Sonntag damit angeben, dass sie die Lottozahlen von gestern Abend kennen. Sie meinen nicht Selbstkritik, sondern eine Art Geständnis, die Ankerkenntnis des politischen Scheiterns, natürlich aus der Sicht der politischen Gegner. Das ist fast so würdelos wie dieses Aust-Interview. Oder die Unterstellung, Merkels "Wir schaffen das", was die perfekte Äußerung in der Situation war und auch heute noch wäre, hätte das Erstarken von Nazis wie Adolf Höcke und Josefine Weidel erst ermöglicht. Diese Verantwortung tragen ganz alleine die Egoisten, die diese Pissnelken wählen.


    Ich habe Angela Merkel, als sie gegen Ende ihrer Kanzlerschaft den CDU-Vorsitz niedergelegt hat, einen Brief geschrieben, mit dem ich meine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen versucht habe. Ich bin sonst wahrlich nicht der Typ für sowas, aber die Haltung von Frau Merkel, ihren Umgang, ihre Reaktion bzw. Nichtreaktion auf all die Stöckchen, über die da alle anderen gesprungen sind, das habe ich als sehr wohltuend, als Ausdruck von kluger Bedachtsamkeit und entschlossenem, eher leisem Handeln empfunden, und obwohl ich nicht mit jeder Entscheidung einverstanden war, war ich und bin ich dafür dankbar. Sie war, obwohl sie natürlich Fehler gemacht hat, weil wir das alle tun, wenn wir in Situationen, in denen wir noch nie waren, vernünftig zu sein versuchen, eine sehr, sehr gute Staatslenkerin, die nach meinem Eindruck jederzeit das Wohl aller über ihr eigenes gestellt hat. Sie hat mir übrigens handschriftlich und ziemlich ausführlich geantwortet.


    Das Buch lese ich allerdings nicht.

  • Sie hat mir menschlich immer sehr gut gefallen. Ich bin kein Fan ihrer Partei, aber ich mochte immer ihre Art. Allerdings ist in ihrer Regierungszeit einfach viel verschlafen worden, einfach weil der gemeinsame Nenner einfach immer kleiner wurde….

    Aber das ist ohne sie ja auch nicht besser geworden….

  • In Teil 2 des Buches wird die Wendezeit betrachtet.

    Es geht manchmal ungeordnet zu.

    Ich habe den Eindruck, dass Merkels Entwicklung zum Teil auch Zufall war.

    Es hätte auch ganz anders laufen können.

    Und ein Deutschland ohne Merkel wäre wohl vollokommen anders verlaufen.

  • Stimmt, ich habe das Interview nochmal gesehen. Also nur Ehrenmitglied der AfD, meinte Aust, nicht gleich Ehrenvorsitzende. „Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch.“ (Brecht). Es ist halt fatal: Nachdem es Jahrzehnte gelungen ist, die Angriffe rechtsradikaler Parteien (NPD, DVU, Republikaner) auf die Demokratie abzuwehren, sitzt nun eine solche Partei im Parlament und feiert riesige Wahlerfolge. Es gibt viele Gründe dafür, aber nicht nur für Aust ist Merkel nicht ganz unbeteiligt daran, so sehr es gewiss das Allerletzte ist, dass sie wollte.

    „Würdeloses Interview“ (Tom) - das ist süß, schließlich handelt es sich um eine – zum Glück! - lebendige, sehr intelligente Frau, die viel geleistet hat und deren Wort noch immer Gewicht hat, mitnichten um den Nachruf auf eine überdimensionale Gestalt, an der Kritik zu üben einer Gotteslästerung gleichkommt.

    Mich selbst interessiert die Problematik nicht sonderlich, und ich stecke auch nicht drin, wollte nur auf eine Biographie hinweisen, die Frau Merkels Wirken kritisch hinterfragt.


    ASIN/ISBN: 3958906370


    Dazu heißt es:

    „Frau Merkel führte Deutschland wie in einer Scheinwelt und ließ es ein ausgedehntes geopolitisches und wirtschaftliches Nickerchen genießen, aus dem es noch erwachen musss." ECONOMIST, 24. Oktober 2024

    "Angela Merkel hat Deutschland entpolitisiert. Politik in diesen Zeiten ist die Wahrnehmung von Interessen, nicht von Werten. Verantwortliche Politiker und Wirtschaftslenker von Volkswirtschaften, die eng mit der deutschen verbunden sind, tritt der kalte Angstschweiß auf die Stirn, wenn sie auf die Daten der größten Volkswirtschaft Europas schauen. Sie fürchten, mit in den Abgrund gerissen zu werden. All die Missstände, mit denen wir heute zu kämpfen haben – die desaströse Energiewende, die Abhängigkeit von Russland, die verfehlte Migrationspolitik, den Abbau von Demokratie, Freiheit, die Einschränkung der Bürgerrechte, das Leben von der Substanz ohne Werterhaltung, den Zusammenbruch des Gesundheitswesens, der öffentlichen Sicherheit und der Infrastruktur –, ihre Ursache liegt in der viel zu langen Kanzlerschaft Frau Merkels. Sie hinterließ ein niedergehendes und tief gespaltenes Land.
    Nach Merkels Ausstieg aus der Politik wurden ihre Fehler unter großem Propagandaaufwand in Heldentaten umgemünzt – Klaus-Rüdiger Mai setzt in seiner kritischen Biografie der Ex-Kanzlerin Fakten gegen Legenden und widmet sich der Frage: Warum handelte Angela Merkel, wie sie handelte? Dabei geht es ihm nicht um die Dämonisierung eines Menschen, nicht um Verschwörungstheorie oder das Walten dunkler Mächte, sondern um eine kühle und glasklare historische Analyse. Vor allem aber geht es um die große Leidenschaft der Angela Merkel: ihre Liebe zur Macht und darum, diese zu durchschauen und zu entzaubern. Denn erst wenn Deutschland seine innere Merkel überwunden hat, wird es wieder gesunden und zu seiner einstigen Stärke und Zukunftsfähigkeit zurückkehren können."


    "Die Eischränkung der Bürgerrechte" ist schlicht Unsinn. Das waren obligate Maßnahmen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Andere Länder haben viel härtere Maßnahmen gefahren.


    Vielleicht wäre die Biographie ja eine interessante Ergänzung für Interessierte und Leser ihrer Autobiographie, um sich ein Gesamtbild zu machen.

  • Ich finde es ja spannend, wenn Außenstehender erklären will, warum ein Mensch handelt wie er handelt. Am Ende weiß nur Frau Merkel, warum sie ihre Entscheidungen so getroffen hat und vermutlich ist es Nachhinein auch für sie genau schwierig zu sagen, warum sie eben genau so und nicht anders gehandelt hat.


    Das hat was von „Was wollte mir der Autor damit sagen“