Schreibwettbewerb 01.12.2024 - 31.01.2025 Thema: "Brücke"

  • Vom 01.12.2024 bis 31.01.2025 23:59 Uhr könnt Ihr uns Eure Beiträge für den aktuellen Schreibwettbewerb zum Thema „Brücke“ per PN (Sprechblasensymbol, „Konversationen“) zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym am 01.02.2025 eingestellt.


    Wer mitschreiben möchte, sendet bitte eine PN an den Account SchreibwettbewerbOrg. Wir schicken euch dann die Zugangsdaten für den Account Schreibwettbewerb. Das Passwort bitte vertraulich behandeln! Ihr meldet euch als Schreibwettbewerb an und sendet euren Beitrag an SchreibwettbewerbOrg. Dadurch sind alle Beiträge anonym. Nach der Veröffentlichung (nach dem 31.01.2025) sendet bitte eine zweite PN mit dem Titel eures Beitrags und eurem Namen an SchreibwettbewerbOrg, damit wir die Beiträge zuordnen können. Das Orga-Team wird erst nach der eigenen Punktevergabe in diese Beiträge schauen.


    Regeln:

    - Die Grenze für die Beiträge ist bei 600 Wörtern.

    - Abgabeschluss ist um Mitternacht.

    - Mitschreiben darf, wer mindestens 50 buchrelevante Beiträge hat oder seit mehr als 6 Monaten Mitglied ist.

    - Abstimmen darf, wer mindestens 25 buchrelevante Beiträge hat oder seit mehr als 3 Monaten Mitglied ist.

    - Als Thema vorgegeben werden kann ein Wort, ein Satz oder ein (selbstgeknipstes/gezeichnetes) Bild (ihr müsst das Urheberrecht haben).


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 600 Wörter zu verwenden. Wir behalten uns vor, Beiträge mit mehr als 600 Wörtern nicht zum Wettbewerb zuzulassen!


    Und bitte keine Kommentare hier reinschreiben. Bis zur Auflösung ist dieser Thread nur für die Beiträge gedacht

  • Der Fluch

    von Inkslinger


    “Verdammt!”

    Fluchend ziehe ich meine Hand zurück und stecke den Zeigefinger in den Mund. Der Geschmack von Metall und Frust legt sich auf meine Zunge.

    Erschöpft sinke ich auf den Waldboden und starre die Tür vor mir böse an. Doch für Streitereien bleibt keine Zeit. Die Sonne versinkt schon hinter den Baumkronen. Bald wird es zu dunkel sein, um weiterzumachen.

    Ich rapple mich auf und gehe wieder an die Arbeit.

    Der Schließmechanismus der Rätselpforte besteht aus vier Reihen, die jeweils 36 Messingteile beinhalten. In jeder Reihe gibt es einen leeren Platz für ein Objekt, das vorher aus den Teilen zusammengesetzt werden muss. Unzählige Kombinationen habe ich in den letzten drei Monaten probiert. Doch es passiert nie etwas.

    Auch heute habe ich kein Glück. Die Tür bleibt zu.

    Plötzlich höre ich Schritte hinter mir. Ich drehe mich um.

    Mark lächelt schief. “Hey, Meister. Bist du bereit für den Abflug?”

    Ich seufze leise. “Nein. Aber ich werde mitkommen. Bevor du mich wieder in den Schwitzkasten nimmst.”

    Er grinst. “Braver Henrik.”

    Ich drehe mich noch ein letztes Mal zum Messingungetüm um und streiche sanft über die Puzzleteile, bevor ich meinem besten Freund zum Auto folge.

    Auf dem Heimweg reden wir kein Wort. Mark hat es sich angewöhnt, mich abzuholen, nachdem ich mich mal nachts im Wald verirrt habe und beinahe mit einem Wildschwein aneinandergeraten bin. Er versteht nicht, was mich jeden Tag dort raus treibt. Und ich weiß nicht, wie ich es ihm erklären soll. Wie kann man etwas erklären, das man selber nicht versteht?

    Ich weiß nur, dass ich das Rätsel knacken muss. Auch, wenn es mich meinen Verstand kostet.

    Aber es ist so frustrierend! Nicht nur wegen der abertausenden Möglichkeiten, die die vier Teile zusammengebaut werden können. Es kommt mir so vor, als hätte ich diese Zeichen schon mal gesehen. Aber ich komme ums Verrecken nicht drauf, wo! Geschweige denn, wie es mir helfen könnte.


    Zuhause falle ich sofort ins Bett. Natürlich träume ich wieder von ihr. Die wunderschöne Lichtgestalt, die mich verflucht hat.

    Jede Nacht sehe und spüre ich sie. Ihre Blicke sind wie Stromstöße direkt in mein Herz. Ihre Stimme die Heilung all meiner Narben.

    Sie nimmt meine Hand und führt mich durch das dichte Unterholz. Nur der Vollmond und das Leuchten ihrer Haut dienen uns als Lichtquelle. Trotzdem stolpern wir nicht, denn wir geben uns gegenseitig Halt. Nach einer Weile kommen wir an unserem Ziel an.

    Die Tür schaut auf uns herab. Auch auf dieser Seite ist sie ein unüberwindbares Hindernis.

    Ein wohliger Schauer rennt mir über den Rücken, als meine Traumfrau mich anspricht. “Liebster, wann kommst du zu mir? Ich warte schon eine Ewigkeit darauf, dich endlich in meinen Armen halten zu können.”

    “Bald, das verspreche ich dir. Ich versuche es jeden Tag und werde nicht aufgeben. Egal, wie lang es noch dauert.”

    Sie küsst mich, heiß und hungrig.


    Bei Sonnenaufgang bin ich wieder im Wald. Und zuversichtlicher als jemals zuvor. Denn der Traum letzte Nacht hat mir die Lösung geliefert. Bei der Tür auf der anderen Seite, wo meine Liebste wartet, sind die vier Schlüsselobjekte schon zusammengesetzt und platziert gewesen. Wenn ich das bei meiner Tür reproduzieren kann, habe ich es geschafft!

    Es kostet mich vier weitere Tage, aber dann ist es endlich so weit. Ich habe einen Rucksack dabei und einem irritierten Mark Lebewohl gesagt.

    Ich setze die Teile ein und das Schloss öffnet sich knirschend.

    Ich ziehe die Tür auf. Dahinter liegt ein Fluss mit einer kleinen Holzbrücke. Wo sie endet, kann ich nicht sehen, denn die andere Seite ist komplett in Nebel gehüllt.

    Ich atme noch einmal tief durch und gehe los.

  • Der halbe Graf

    von R. Bote


    Schnelles Hufgeklapper ließ Laurenz aufmerken. Obwohl es noch ein gutes Stück entfernt war, hörte er heraus, dass es mehrere Reiter waren, und sie näherten sich rasch. Er hatte eine Ahnung, wer es war, eigentlich kam es nicht überraschend.

    Laurenz versah die einsame Wache an der einzigen Brücke über den Fluss, der alte und neue Grafschaft trennte. Die Brücke war abgesperrt, und die Wachen hatten Anweisung, Durchbrüche auch mit dem Schwert zu verhindern.

    Vor nicht allzu langer Zeit war auf der Brücke noch reger Verkehr gewesen. Zu Graf Karls Lebzeiten hatte es nur eine Grafschaft gegeben, doch nach seinem Tod war alles anders geworden. Der rechtmäßige Erbe wäre sein ältester Sohn Philipp gewesen, der wie der Vater dafür stand, dass alle ihr Auskommen haben sollten. Der jüngere Sohn, Otto, hatte sich jedoch damit nicht abfinden wollen, und er hatte die Unterstützung der wohlhabenden Händler und der Kirchenmänner gehabt.

    Um eine blutige Fehde zu verhindern, hatte Philipp selbst den Lehnsherrn um die Teilung der Grafschaft gebeten. Otto hatte den aufgesetzten Vertrag zähneknirschend unterschrieben, weil er gewusst hatte, dass er gegen den Lehnsherrn nicht gewinnen konnte.

    Seitdem suchte er sein Reich mit allen Mitteln gegen Philipp abzuriegeln und hatte sämtliche Brücken über den Fluss abreißen lassen. Nur die eine hatte er auf Geheiß des Lehnsherrn stehen lassen müssen, und er durfte auch nur einen Soldaten dort wachen lassen. Die gesamte Umgebung abzusperren, sodass niemand überhaupt in die Nähe der Brücke kam, war schlicht unmöglich, so viele Soldaten hatte Otto gar nicht.

    So fanden zu seinem größten Verdruss weiterhin Nachrichten und Briefe den Weg über den Fluss. Schlimmer noch: Je strikter er gegen die heimlichen Kontakte vorging, desto mehr wuchs bei seinen Untertanen der Wunsch nach einer Wiedervereinigung der Grafschaft mit Philipp als Grafen.

    Inzwischen war er so weit, dass er persönlich Jagd auf die „Verräter“ machte. Regelmäßig ritt er mit einem kleinen, handverlesenen Gefolge die Umgebung der Brücke ab und ließ sich von der Wache Bericht erstatten.

    Laurenz sah die Reiter nahen und erwartete sie vor der Tür des kleinen Wachhäuschens stehend. Er nahm Haltung an und grüßte seinen Herrn, wie der es erwartete. „Ungewöhnliche Vorkommnisse?“, verlangte der Graf zu wissen. Laurenz schüttelte den Kopf. „Nein, Herr Graf!“, antwortete er fest. „Niemand war hier, das Tor ist verschlossen.“

    Der Graf ritt bis dicht ans Tor heran und rüttelte an den hölzernen Balken. „Man müsste alles zumauern!“, schimpfte er. „Die Wachen in der Stadt haben schon wieder Briefe beschlagnahmt!“

    Laurenz sagte nichts, er wusste, dass der Graf keine Antwort erwartete. Gleich darauf waren die Reiter auch schon wieder auf und davon, der Graf sichtlich aufgebracht und ratlos, weil die geheime Verbindung zu den Nachbaren unauffindbar blieb.

    Laurenz wartete, bis die Männer außer Sicht waren, und gab zur Sicherheit noch ein paar Augenblicke zu. „Ihr könnt rauskommen!“, sagte er dann leise in Richtung der Hütte.

    Die Tür öffnete sich, eine junge Frau schaute sichernd in die Runde und trat dann ins Freie. Eine zweite folgte ihr, genauso alt und mit einer unübersehbaren Familienähnlichkeit.

    Der Graf hätte es ahnen können, hätte er wenigstens einen Hauch von Nähe zu seinen Untertanen bewahrt. Weil er das nicht hatte, erkannte er in Laurenz nicht den Bauernjungen wieder, der vor Jahren seiner Tochter Amalia das Leben gerettet hatte: Sie war vom Pferd gefallen, hatte ihre Zunge verschluckt und wäre erstickt, wenn er nicht da gewesen wäre. Amalia hatte das nicht vergessen und war Laurenz in tiefer Freundschaft verbunden geblieben – genauso heimlich, wie sie sich jetzt während seiner Wache hinter dem Rücken des Vaters mit ihrer Base Theresa traf, um Neuigkeiten auszutauschen und Briefe zu übergeben.

  • Die verfluchte Brücke

    von Suzann


    „Um Himmels willen, was machen wir nur, Meister?“, lamentierte der italienische Geselle des Baumeisters. Nach über einem Jahrzehnt in der Herzogspfalz konnte er normalerweise seine Abstammung gut verbergen, aber als ihm die wachsende Panik den Atem in immer schnellerem Rhythmus aus der schmächtigen Brust presste, war der fremde Akzent wieder klar zu hören. „Man wird uns unter unserer eigenen Brücke ertränken, wenn die zwei nach der Überquerung tot vom Pferd fallen!“ Seine dunklen Augen huschten unstet über die Möbel der Kammer, als würde sich irgendwo zwischen Tisch und Regal ein Ausweg auftun.

    Als der Meister beim Bau der mächtigen Steinbrücke auf unüberwindbare Hindernisse gestoßen war, hatte er vor elf Jahren den Teufel beschworen. Dieser forderte für seine Unterstützung die ersten zwei Seelen, die über die neue Brücke kämen. Dank der unnatürlichen Hilfe konnte man alle Schwierigkeiten überwinden. Und die zwei Seelen, die der Pakt jetzt kosten sollte, würden die des Bischofs und des Herzogs sein. Diese hatten darauf bestanden, bei der feierlichen Eröffnung das beeindruckende Bauwerk als erste zu überqueren. Jeder Versuch, dieses Ereignis abzuwenden, war gescheitert. Der sonst so findige Baumeister wusste keinen Rat mehr und hatte sich in sein Schicksal ergeben.

    Und dann war es so weit, der große Tag war gekommen. Im Dom erschallten die herrlichsten Chorgesänge. Mit gottesfürchtiger Inbrunst wurde unter der Leitung des Bischofs um Gottes Segen für die erste Steinbrücke in baierischen Landen gebetet. Danach formte sich die Prozession hinter den Würdenträgern, in die sich auch der Baumeister in seinen besten Gewändern einreihte. In jeden der mächtigen Brückenpfeiler, die es zu überqueren galt, war ein Verbrecher eingemauert worden. Diese Opfer sollten die Flussgötter der Brücke wohlgesonnen machen, damit das Bauwerk auf tausend Jahre von zerstörerischen Fluten verschont bliebe. Es war nicht einfach gewesen diesen abergläubischen Brauch vor dem Bischof zu verbergen. „Angesichts der bevorstehenden Katastrophe, hätte er sich diese Mühen sparen können“, sinnierte der Baumeister, als er vergebens nach seinem Gesellen Ausschau hielt.

    Während sich die Menschenschlange langsam auf die Brücke zubewegte, vernahm der Baumeister entferntes Geheul und Geklapper von Hufen. Neugierig versuchte er über die Köpfe in die Gasse neben dem Brückenturm zu spähen. Von seiner Position aus konnte er aber nicht erkennen, was die Unruhe verursachte. Plötzlich begannen die Leute am nähesten zur Gasse schreiend zu flüchten. Eine in dunkle Fetzen gekleidete Gestalt mit schwarzem Gesicht und gebogenen Hörnern galoppierte auf einem massigen Pferd auf die versammelten Menschen zu. Der Reiter schwang kreischend eine brennende Peitsche und trieb damit eine Herde junger Bullen vor sich her. Der Baumeister machte hastig Platz, um nicht niedergetrampelt zu werden. In dem Durcheinander donnerten die Huftiere, gefolgt von dem Dämon auf seinem Teufelspferd, an der Prozession vorbei auf die Brücke. Die Reittiere der beiden Würdenträger bockten und versuchten sich der wilden Jagd anzuschließen. Ein Teil der Stadtwache bemühte sich darum, den Bischof und Herzog vor dem Sturz zu bewahren, während sich der Rest im Laufschritt an die Verfolgung machte. Die Stampede erreichte derweil das andere Ende und die teuflische Erscheinung verschwand in einer dunklen Wolke. Das Einzige, das von dem Spuk übrigblieb, als sich Staub und Aufregung gelegt hatten, waren zwei tote Tiere. Beim Anblick der Kadaver wisperten die Leute über einen Fluch, der über der Brücke liegen würde. Als der Baumeister das Brückenende erreichte, wehte aus dem Nichts eine eiskalte Böe über die Menge, aber nur ihm riss sie die Kappe vom Kopf.

    Nach diesen unheimlichen Begebenheiten hatte keine Seele den Brückenbauer und seinen Meistergesellen je mehr gesehen. Man erzählte sich, dass sie nach Italien gezogen wären, um in Pisa einen Turm zu bauen.

  • Schlussstrich

    von Breumel


    Der Blick nach unten lässt sie schwindeln. Das schnell fließende Wasser unter ihr ist grau, wild, chaotisch. Kalt. Aber ob sie das noch mitbekommt, wenn sie es berührt? Oder wird sie beim Aufprall direkt das Bewusstsein verlieren?


    Hoch ist es hier. Wie hoch – keine Ahnung, aber es sollte hoch genug sein. Obwohl sie gelesen hat, dass vier Prozent der Springer auf der Golden Gate Bridge überlebt haben, und das sind immerhin 67 Meter – die Höhe eines 25stöckigen Hochhauses.


    Sie will nicht überleben. Nicht mit Knochenbrüchen und inneren Verletzungen im Krankenhaus landen. Und auch nicht ertrinken. Aber hier wird sie niemandem zur Last fallen. Niemand muss ihren Körper aufsammeln, kein Zug hat Verspätung, kein Zuschauer wird traumatisiert. Und wenn sie abspringt, wird auch niemand sie aufhalten, ihr den Magen auspumpen und sie zur Therapie zwingen. Warum respektiert man nicht, wenn jemand nicht mehr will? Mein Leben – nein, mein Tod – meine Entscheidung!


    Wieder fällt ihr Blick aufs Wasser. Wie lange sie wohl fallen wird? Zwei Sekunden, drei? Unwillkürlich muss sie an den Freifallturm im Vergnügungspark denken. Das schwummrige Gefühl im Magen, wenn die Plattform herabstürzt. Der Wind im Gesicht während des Falls. Und die Schreie – erst erschrocken, dann juchzend. Hier wird niemand zum Schluss erleichtert auflachen. Am Ende erwartet sie nur Stille.


    Wieder betrachtet sie das Wasser. Bleigrau, wie der Himmel. Wie ihre Stimmung. Sie schaut zu den Wolken, die das Sonnenlicht zurückhalten. Eine feuchte, kalte Decke, die zwischen ihr und der Freude liegt. Und niemand vermag sie zurückzuziehen.


    Vögel spielen im Wind. Sind das Möwen? So weit von der Küste? Sieht so aus. Sich vom Wind tragen zu lassen, das würde ihr auch gefallen. Aber sie würde am Meer bleiben. An Tagen wie heute ist es wie eine wogende Masse flüssigen Metalls, immer in Bewegung, niemals zur Ruhe kommend.


    Ihre Gedanken kommen auch nicht zur Ruhe. Warum? Warum war sie nicht gut genug? Warum hatte sie ihm nicht gereicht? Was hätte sie noch tun können? Hätte sie noch etwas tun können? Lag es an ihr?


    Ein kalter Windstoß zieht an ihrer Jacke. Sie fröstelt. Bei dem Wetter wäre ein heißes Bad schön. Sie erinnert sich an das Buch, welches sie begonnen hatte. Wie es wohl ausgeht? Sie wird es nie erfahren. Nicht, wenn sie springt.


    Würde René um sie trauern? Das blonde Ding würde ihn sicher trösten. Und dann wäre alles seins, schließlich waren sie verheiratet. Er würde mit ihr auf ihrem Sofa sitzen, in ihrem Bett schlafen, in ihrer Küche kochen – wenn sie überhaupt kochen konnte, er konnte es jedenfalls nicht!


    Bei dem Gedanken daran, dass sein Flittchen ihre Sachen berührt, steigt Zorn in ihr auf. Es ist ihr Eigentum – ihres allein! Sie hatte hart dafür gearbeitet. Er wollte keine Kinder, also hatte sie ihr Einkommen in ihr gemeinsames Haus gesteckt. Hatte sich um ihn gekümmert, war für ihn da gewesen, als seine Firma nicht so gut lief, war immer die starke Frau an seiner Seite gewesen. Und wofür? Um jetzt gegen ein halb so altes Modell ausgetauscht zu werden?


    Aber nicht mit ihr! Warum sollte sie gehen? Er war schließlich der Mistkerl! Abrupt tritt sie vom Geländer zurück. Sie würde sich ein heißes Bad gönnen. Mit Buch, Duftkerze und Pralinen. Aber vorher hatte sie noch einen Anruf zu erledigen.


    „Hallo, spreche ich mit dem Schlüsseldienst? Ich möchte sämtliche Schlösser in meinem Haus austauschen. Wenn möglich sofort. Danke!“

  • Überwindung

    von Johanna


    Einst lagen sie sich gegenüber

    und niemand kam zum andren rüber.

    Zwei Länder, A und B,

    dazwischen ruht` ein langer See.


    Der eine kam zum andren nicht,

    sah niemals so ein fremd´s Gesicht.

    Was bewirkte dieses trennen?

    Sie lernten alle sich nicht kennen.


    Es glich sich nur das Denken an,

    die andren sind der „böse Mann“.

    Lang lebten sie so weit von sich entfernt

    Haben ewig nichts dazugelernt.


    Bis dann fiel in den See ein Kind,

    ward fortgeweht von starkem Wind.

    Ganz auf die andre Seite wurds getragen,

    ertrug das alles ohne Klagen.


    Am fremden Ufer mußt` es stranden,

    bis die Bewohner es dann fanden.

    Da wurde plötzlich laut geraunt,

    die Leute waren baß erstaunt:


    „Der sieht ja aus wie wir,

    und gar nicht wie ein wildes Tier.“

    Alsbald begann die Neugier dann zu steigen,

    sich gern den andren mal zu zeigen.


    Nun fehlte nur noch die Idee,

    zu überwinden diesen See.

    Sie grübelten und dachten nach,

    bis dann ein kluges Mädchen sprach:


    „Wir schließen einfach diese Lücke,

    indem wir bauen eine Brücke."

    Das taten sie mit großer Müh,

    erfreuten sich daran wie nie.


    Fortan sie lernten sich gut kennen,

    wollten sich auch nicht mehr trennen.

    So vereinigten sich beide Seiten.

    Ihr Horizont sich so ließ weiten.