Verlag: nonsolo, 2024
216 Seiten
OT: Ragazze perbene
Kurzbeschreibung:
In der süditalienischen Provinz ist das Leben einer Tochter aus gutem Haus von Anfang an vorbestimmt. Um sich dieser vorgefassten Zukunft zu entziehen, geht Clara nach London, wo sie reichen Menschen Italienischunterricht gibt und sich mit Online-Dating die Zeit vertreibt. Aber die Hochzeit ihrer wunderschönen Cousine Rossella, die die unzertrennliche Gefährtin ihrer Kindheit war und jetzt für Brautkleider modelt, holt sie zurück nach Caserta. So findet sich Clara genau in der Welt wieder, aus der sie geflüchtet ist: Beim Junggesellinnenabschied trifft sie ihre alten Schulfreundinnen wieder und in den folgenden Tagen auch Luca, den Bräutigam, mit dem sie früher eine geheime Freundschaft verbunden hat. Plötzlich jedoch verschwindet Rossella spurlos. Und Clara, die überzeugt ist, dass ihre Cousine etwas verschweigt, stößt in deren Tagebuch auf ein Geheimnis, das die strahlende Zukunft bedroht, welche Rossella stets verkörpert hat… Olga Campofreda lüftet den Schleier, der über dem Doppelleben und den verborgenen Sehnsüchten der “anständigen” Mädchen liegt. Dem traditionellen süditalienischen Frauenbild setzt Campofreda dieGeschichte einer jungen Frau entgegen, die sich gegen schon abgenutzte Träume und Gewohnheiten auflehnt, um einen neuen, ganz eigenen Weg zu gehen, den sie Tag für Tag ganz bewusst erringen muss.
Über die Autorin:
Olga Campofreda wurde 1987 in Caserta geboren und lebt in London, wo sie am Institut für Italian Studies des University College über Bildungsromane, Gegen- und Jugendkulturen forscht und mit dem Italienischen Kulturinstitut zusammenarbeitet. Parallel trainiert sie die englische Under 20-Nationalmannschaft im Fechten. Ihren Erstlingsroman "La confraternita di Elvis" (ARPANet) veröffentlichte sie 2009; ihre Erzählungen sind in Zeitschriften und Literaturblogs erschienen.
Über die Übersetzerin:
Verena von Koskull, Jahrgang 1970, studierte Italienisch und Englisch für Übersetzer sowie Kunstgeschichte in Berlin und Bologna. NSeit dem Jahr 2002 ist sie als Literaturübersetzerin selbstständig und übersetzt außerdem für die Wochenzeitung DIE ZEIT.
Im Jahr 2020 erhielt sie für ihre Übersetzung des Romans Die katholische Schule von Edoardo Albinati den Deutsch-italienischen Übersetzerpreis. Für das Frühjahr 2022 wurde sie von der Casa di Goethe in Rom als Stipendiatin ausgewählt, mit der Übersetzung des Romans La città dei vivi von Nicola Lagioia. Sie lebt mit ihrer Familie in der Brandenburger Ostprignitz am Ruppiner See.
Mein Eindruck:
Die diesjährige Frankfurter Buchmesse hat einen Blick auf die moderne, zeitgenössische italienische Literatur freigegeben und Olga Campofredas Roman Anständige Mädchen ist ein aufregendes Beispiel dafür.
Es ist ein gelungener, realistischer Roman, streckenweise auch mit bemerkenswerten Formulierungen.
Zur Handlung: Clara ist eine 30jährige Frau, die in London lebt und aus Anlaß der Hochzeit ihrer Cousine in ihre Heimat zurückkehrt: Caserta, eine Kleinstadt in Süditalien nahe Neapel. Dort ist Clara einst weggegangen, um den Zwängen und Erwartungen an ein konventionelles Leben zu entfliehen.
Jetzt zurück kommen ihr die Erinnerungen, wie sie aufgewachsen ist. Die Vergangenheit wechselt mit dem Gegenwartspart. Das ist gut von der Autorin gemacht und funktioniert erzählerisch. Claras Leben in London wird ebenfalls betrachtet und steht im Vergleich zu Caserta und zeigt die Frage, wer man sein soll und wer man sein will. Eine Identitätsentscheidung, die wichtig ist.
Die Autorin, die selbst in Caserta geboren wurde in London lebt, schafft eine glaubwürdige innere Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung.
Man kommt nahe an die Figur und ihren Gedanken und kann ihre Emotionen ein Stück weit nachvollziehen.
Für mich ein interessanter und lesenswerter Roman.
ASIN/ISBN: 3947767226 |