'Heumahd' - Seiten 071 - 165

  • Das Leben ist auch heute noch weniger idyllisch als es manchmal aussieht.

    Es geht weniger um idyllisch aber es ist schon toll, wenn man etwas aus eigener Arbeit erntet und viel mit der Natur und den Tieren zu tun hat. Ich kann mir das als eine sehr befriedigende Arbeit vorstellen. Vieles geht ja heute leichter durch Maschinen und andere Hilfsmöglichkeiten. Man muss sich natürlich drauf einlassen, dass die Sache mit Feierabend, Urlaub und Freizeit sich schwieriger gestaltet.

    Damals war das natürlich harte körperliche Arbeit. Aber mein Opa, der ja einen kleinen Bauernhof bewirtschaftet hat - sein Leben lang - der war ein sehr glücklicher Mensch und hat Urlaub und solchen "Schnickschnack" nicht vermisst. So etwas kannte man damals halt auch nicht. Da sind die seltsamen Städter mit ihren Wanderungen und ihren Leibesübungen schon exotisch gewesen. :)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • So, nun bin ich endgültig angekommen in der Geschichte ... ich bin fast ein wenig sprachlos ... 😮😮


    Was für eine Sprachgewalt mit der die Autorin Susanne Betz Bilder in meinen Kopf zaubert so dass ich mich fühle, als stünde ich selbst vor dem Graseggerhof, wäre selbst beim Melken und der Heumahd dabei und könnte Leibl beim Malen und seinen verrückten Leibesübungen zuschauen.


    Die verschiedenen Charaktere, ja selbst Josepha, sind mir inzwischen mehr als ans Herz gewachsen. Während sie immer noch grummelt, muss auch sie innerlich zugeben, dass sie mit jetzigen Situation gar nicht mehr ganz so unzufrieden ist. Ich fand es z. B. mehr als genial, wie sie die Bäuerin vor dem Sepp gewarnt hat.


    Ja und dann haben wir noch den Korbinian, der scheue Knecht, der sich gerne in einen Besen oder Holzstapel verwandelt um nicht aufzufallen. Mensch, sowas muss einem als Autorin erstmal einfallen. Überhaupt habe ich ständig das Bedürfnis schöne Sätze aus dem Roman zitieren zu wollen, ich bin begeistert.


    Und das Roserl, wie hingebungsvoll sich Vroni um sie kümmert. Wie Leibl so treffend bemerkt hat, geht es dein meisten "Idiotenkindern" (was für ein schlimmes Wort) viel, viel schlimmer! Aber es wird langsam eng für die Vroni ... das Trauerjahr ist vorbei und die Leute werden unruhig. Auf den Hof gehört ein Mann und die Bäuerin gehört zurück in ihre Schranken gewiesen ... ich mache mir Sorgen !!!!

  • Das Buch finde ich toll, es hat eine tolle Sprache die alles so schön rüberbringt. Man ist mit der Vroni und ihren Leuten direkt dabei. Ich komm mir wie ein unsichtbarer Zuschauer und Zuhörer vor.

    Ach, das sind ja fast meine eigenen Worte, die ich gerade geschrieben habe. Wie schön, dass es dir wir mir geht 🥰🤗


    Der Leibl ist mir sehr sympathisch. Die Brille war zur damaligen Zeit ein echter Luxus (bin Optikerin ) und das rechne ich ihm hoch an. Vor allem auch, daß er das überhaupt bemerkt hat mir ihrer Kurzsichtigkeit.

    Auch der Arzt, der Reginald, scheint ein netter Mann zu sein. Auch wenn er die Avancen vom Leibl wohl nicht so mag. Da wird der Herr Künstler wohl noch eine Enttäuschung erleben.

    Ja, der Leibl ist ein netter Kerl, das mit der Brille fand ich auch toll. Und gut gefallen hat mir auch, dass Vroni ihn, als er sich ein bisschen zu wohl zu fühlen scheint, ans Holz hacken bringt ... gut für beiden Seiten, er hat die Leibesübungen und sie das gehackte Holz ... sie ist schon eine Schlaue, die Vroni 😉


    Auf den Arzt bin ich auch gespannt ... wir werden ja sicher im nächsten Abschnitt mehr von ihm lesen ...

  • Oh ... wenn ich da an meinen doch sehr ausgeprägten Heuschnupfen denke, lass ich das mal lieber ... meine Augen fangen schon bei dem Gedanken an zu jucken und die Nase fängt an zu laufen ... oh, oh, oh ... 🤣🤣

    Oh ja, das verstehe ich nur zu gut, ich habe auch Heuschnupfen.

  • Ja, bei den "Idiotenkindern" zucke ich auch jedesmal zusammen.


    Könnt ihr euch noch an die Serie "Unser Walter" erinnern? Das lief in den 70ern und es ging um einen Jungen mit Down Syndrom. Zu der Zeit wurden diese Kinder ja auch noch "mongoloid" genannt, was schon ziemlich abwertend ist und damals gab es auch noch das Schimpfwort "Du Mongo!" Übel. Was bin ich froh, dass solche Begrifflichkeiten heutzutage kaum mehr (und wenn doch, dann nur noch von absoluten Vollhonks!) verwendet werden.


    Sprache verändert sich - zum Glück. Und mit der Sprache ändert sich hoffentlich auch bei vielen das Denken.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Interessant, liebe Batcat, die Sendung, bzw. die Serie habe ich damals nicht gesehen. Meine Eltern waren da iwi ziemlich streng, was wir gucken durften und was nicht.


    Aber du hast recht, "du Mongo" fand ich schon immer schlimm! Netter hingegen und für damalige Zeiten doch sehr fortschrittlich finde ich die "große mongolische Familie". Ich denke, dass die betroffenen in der Klinik von Reginalds Vater besonders für damalige Verhältnisse sehr gut aufgehoben waren.

  • Hmmm, ich komm immer noch nicht recht rein, ist wohl derzeit nicht mein Buch. Handwerklich top, aber der Lesefluss will sich nicht recht einstellen. Abbrechen werde ich zwar nicht, aber ich halt mich mit Rezensionen und Meinungen mal zurück, weil es eben keine objektiv faire Bewertung wäre. Der damalige Zeitgeist wird auf jeden Fall gut eingefangen.

  • Ich habe den Abschnitt jetzt auch durch, familiäre Engpässe durch Krankheiten die grassieren, halten mich vom lesen ab.

    Mir gefällt Vroni immer besser. Wie sie einfach die Reihefolge der Mahd ändert, was auch sinnvoll ist, die gute Wiese mit hohem Ertrag zuerst zu machen.

    Also die Füchsin hat das Reh geholt, ich hab mir bei euren Anmerkungen schon Gedanken gemacht was da passiert ist. Aber sowas ist natürliche Auslese im Tierreich, mit dem Beinchen war es ein leichtes Opfer.

  • Mir gefällt das Buch nach wie vor sehr gut, auch wenn es kein Buch ist, das mich "hineinzieht" und das ich möglichst schnell weiterlesen will. Dazu ist es zu realistisch. ;) Wobei mir gerade das auf der anderen Seite auch wieder gefällt. Hier geht es nicht um Romantisierung, sondern um die (mitunter) ungerechte Realität. Besonders toll finde ich aber Vronis langsame Annäherung an die Welt außerhalb ihres Dorfes :thumbup:hr Blick weitet sich.


    Interessant finde ich übrigens die Geschichte mit der Brille - das hat eine gewisse Symbolkraft (neben dem offensichtlichen Beheben der Fehlsichtigkeit). Der Städter bringt etwas in Vronis Welt, was ihr einen neuen, schärferen Blick auf ihre Umgebung ermöglicht.

    :knuddel1Das finde ich ist eine sehr treffende und schöne Beschreibung, Durch Leibl kann Vroni ganz neue, ungewohnte Erfahrungen machen - und sie lässt sich erfreulicherweise darauf ein! Für mich ist das ein zeitloses Thema: wir alle bekommen doch immer wieder durch andere Menschen oder durch Ereignisse einen anderen Blick auf die Weilt!


    Außerdem hat sie ENDLICH jemanden, mit dem sie reden kann! Das tut ihr ganz bestimmt sehr gut. Man merkt auch, wie viel Selbstbewusstsein Vroni dadurch bekommt. Jetzt kann sie bestimmt auftreten, als es z. B. darum geht, was zuerst gemäht wird.


    Die Josefa will es sich selber noch nicht eingestehen, aber eigentlich findet sie die Vroni gar nicht so schlecht. Vielleicht kommt sie ja noch raus aus ihrer Übellaunigkeit. :gruebel

    Josefas Entwicklung finde ich auch ganz wunderbar. Die beiden Frauen nähern sich an, auch hier langsam und behutsam, aber immerhin. Ich könnte mir gut vorstellen, dass der Bauer nicht nur seine Ehefrau, sondern auch sein Gesinde geschlagen hat.


    Es gibt einige wunderbare Szenen in diesem Abschnitt. Mir hat auch sehr gut gefallen, als Vroni erkennt, dass die missglückte Heuernte dem Bauern genauso passiert wäre und es gar nichts mit ihren Fähigkeiten zu tun hat. Und ihr Einfall mit dem Laub war ja wirklich brilliant!


    Würdet ihr gerne zu der Zeit und in der Situation leben? Ich schon, aber nur kurzfristig und mit Rückkehrmöglichkeit in die heutige Welt. :grin

    In die Zeit würde ich zumindest zeitweilig gerne reinschnuppern - in diese Situation definitiv nicht.


    Abbrechen werde ich zwar nicht, aber ich halt mich mit Rezensionen und Meinungen mal zurück, weil es eben keine objektiv faire Bewertung wäre.

    Nun ja, "objektiv" ist wohl keine unserer Meinungen. Und muss es ja nicht sein! Wir sind ja keine Literaturkritiker, sondern Leserinnen und Leser, die sich - sehr subjektiv - über den ganz eigenen, individuellen Eindruck vom Buch austauschen. Also lass dich doch bitte nicht aufhalten und diskutiere mit !

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021