Das Kind mit den stummen Augen - Lena Rohn

  • Klappentext (Amazon):


    Nachdem ihre Ehe an einem unerfüllten Kinderwunsch zerbrochen ist, stürzt sich Theresa Dormbach in die Arbeit im Teehandelshaus, das sie zusammen mit Mutter und Tante betreibt. Dort tritt der Journalist Jonas von Bergen in ihr Leben. Erst geht es nur um einen Artikel über die Geschichte des Teehauses. Doch bei der Recherche dafür findet Theresa Hinweise auf eine zweite Schwester ihrer Mutter, über die nie jemand gesprochen hat. In einem Kinderkurheim im Teutoburger Wald muss in den 60er Jahren Schreckliches passiert sein ...

    Ein berührende und spannende Geschichte über ein dunkles Kapitel der deutschen Nachkriegszeit.



    Meine Rezension:


    Alptraum


    Theresa führt mit ihrer Mutter Inga und ihrer Tante Martha das renommierte Teehandelshaus Drees, einen traditionellen Familienbetrieb in Emden. Allerdings bräuchte es dringend einiger Modernisierungen, möchte man nicht ewig nur auf den bestehenden Kundenstock bauen. Als Jonas von Bergen einen Zeitungsartikel über die Geschichte des Hauses verfassen soll, um neue Kunden anzulocken, stoßen Theresa und der eifrige Journalist auf Hinweise in Richtung eines Kinderkurheimes im nahen Teutoburger Wald. Dort soll Schreckliches passiert sein, ein Alptraum, der Inga und Martha bis heute verfolgt?


    Ein unheimliches Gedicht von Rainer Maria Rilke stimmt uns ein auf eine unfassbare Geschichte, und doch steckt so viel Wahrheit in diesem Roman, der uns schon beim Lesen Gänsehaut beschert. Aber von Anfang an: Wir lernen Theresa, Inga und Martha kennen und ihre Sorgen um das Teehaus, welches sich schon seit mehreren Generationen im Familienbesitz befindet. Beim Versuch, diesen an die heutige Zeit anzupassen, stößt Theresa vor allem bei ihrer Tante auf Ablehnung, aber auch ihre Mutter will lieber nach vorne blicken anstatt in der Vergangenheit zu wühlen. Warum, das erfahren wir mittels Rückblenden in den Winter 1964, in dem drei kleine Mädchen im Alter von vier, sechs und knapp neun Jahren aufbrechen in ein Kinderkurheim mit dem schönen Namen Waldesglück. Was sich dort zuträgt, ist heute zwar nichts Neues, erschüttert den Leser aber dennoch mit jeder einzelnen Zeile über menschenunwürdige Zustände und schlimmste Bestrafungen im Rahmen schwarzer Nachkriegspädagogik.


    Überaus lebendig schildert Lena Rohn die Geschehnisse auf beiden Zeitebenen, wobei natürlich die Vergangenheit noch viel eindrücklicher im Gedächtnis des Lesers hängen bleibt ob der Dramatik, die hier vorherrscht. Aber auch die Jetzt-Zeit mit Theresa hat ihre Berechtigung und bietet einen sehr schönen Rahmen, der schlussendlich Hoffnung gibt auf Versöhnung und Aufarbeitung, denn – wie schon im Buch erwähnt – hat es noch sehr lange gedauert, bis Gewalt an Kindern auch per Gesetz verboten worden ist.


    Ein berührendes und aufwühlendes Buch zum Thema Kinderheime in den 1960er-Jahren, das mit der Kulisse des Teehauses zu einem lesenswerten Ganzen verschmilzt und aufregende Lesemomente bereithält. Ich spreche eine Empfehlung aus für alle Interessierten, die sich auch mit schwierigen Szenen auseinandersetzen können und so den Kindern von damals eine Stimme verleihen.



    Titel Das Kind mit den stummen Augen

    Autor Lena Rohn

    ASIN B0D1HDSHWX

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (335 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 11. November 2024

    Verlag Aufbau


    ASIN/ISBN: B0D1HDSHWX

  • Kinderverschickung


    Lena Rohn hat für den Roman,

    Das Kind mit den stummen Augen, perfekt recherchiert. Das Thema

    Kinderverschickung war schon oft in der Presse.

    Kinder wurden gerne für sechs Wochen zur Kur geschickt, wenn sie etwas mager waren.

    Ich wurde selber im Alter von neun Jahren zu so einer Kur verschickt. Aber Gott sei Dank ging es bei uns human zu. Wir wurden nicht gequält. Das einzige was mir zu schaffen machte, war, das sechs Wochen ziemlich lang wurden.Die Protagonistin Ina wurde gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Schwestern verschickt. Karla ist erst vier Jahre alt. Wenn man da bedenkt, wenn Ina zusehen muss, wenn Karla misshandelt wird, das ist furchtbar.

    Die Autorin hat das ganze genau dargestellt. Die Kinder hatten da ein Trauma, das auch ihre Erwachsenzeit belastet.

    Die Träume kommen immer wieder.

    Das Buch hat mich sehr interessiert und mitgenommen. Ich hoffe das durch die Bekanntmachung dieser Zustände so etwas nicht mehr vorkommt.

    Es ist ein lesenswertes Buch.