"My name is Daniel Russel. I dream of dark water"
Man kann durchaus den Kleinstadt-Krimi als eigenes Genre innerhalb der Kriminalliteratur bezeichnen, ohne all zu viel Widerspruch zu erhalten, und in der Regel beginnen sie damit, das ein Mann in die Stadt kommt – ich bitte um Entschuldigung, meine Damen, aber so ist es nunmal. Das mag nicht allen gefallen, aber wer daran etwas ändern will, sollte eine eigenen Krimi schreiben. In einigen Fällen sind diese Männer nicht zum ersten Mal in der Stadt, sie kommen zurück, um ein an ihnen oder einem der ihrigen begangenes Unrecht zu sühnen und die Verantwortlichen von damals zur Rechenschaft zu ziehen. Auf den ersten Blick scheint es sich bei „Moon Lake“ um einfach einen weiteren Vertreter dieser Subgattung des Kriminalromans zu handeln, doch Joe wäre nicht Lansdale, würde er nicht von Anfang an einiges anders machen, die Story von ihrem Beginn an in seiner eigenen Version schildern. Auch wenn Joe Lansdale diese Geschichte so erzählt als wäre er der Erste, der die Handlung eines Kriminalromans in einer Kleinstadt ansiedelt bezieht er doch gleichzeitig alle anderen Kleinstadt-Krimis – und andere in kleinen Städten angesiedelten Romane, er beschränkt sich nicht unbedingt nur auf die Spannungsliteratur – mit ein. Sie bilden gleichzeitig Hintergrund und Inspiration für seinen Roman. Doch anstatt diese Vorbilder einfach zu kopieren, macht er sich diese Geschichten zu eigen, um seine ganz eigene Geschichte zu komponieren. Er verleugnet keinesfalls diese bereits bestehenden Geschichten noch seine Kenntnisse diese Geschichten betreffend – diese kann ich an diesem Punkt nur unterstellen, doch es scheint mir absurd anzunehmen, das ein Autor wie Lansdale schreibt wie er es tut ohne die geringste Kenntnis von diesen Geschichten zu haben – doch geht er immer seinen eigenen Weg. Ohne jedoch stereotyp im Gegensatz zu den bestehenden Klischees zu erzählen.
Joe Lansdale hat immer wieder betont das er nicht schreibt um dem Publikum zu gefallen, sondern wie es ihm gefällt. Es ist ihm schlichtweg egal, was wir Leser von seinen Wendungen in der Geschichte halten, ob wir seine Entscheidung, eine Person sterben zu lassen, gutheißen oder sie verdammen oder ob der Typ, der am Ende das Mädchen kriegt der ist, mit dem wir sie gesehen haben. Es ist diese erzählerische Integrität, die Joe Lansdales Werke so lesenswert machen: Sie sind die authentische Wiedergabe dessen, was der Autor als gute Geschichte ansieht, und erfüllen nicht stur die Erwartungen, die wir an die geschilderten Ereignisse haben – was vielleicht bequem für uns ist, uns allerdings auch unterstellen würde, mit den Herausforderungen einer Wendung in der Story nicht umgehen zu können. Natürlich ist es einfacher das aufzunehmen, von dem wir und wünschen das es passiert, oder was wir in diesem Punkt erwarten, weil es bisher – in all den anderen Romanen – immer so passiert ist. Es lullt uns ein, es enthebt uns von der Aufgabe – die meiner Ansicht nach jeder Leser hat – uns tatsächlich mit der Geschichte auseinanderzusetzen, sie in gewisser Weise kritisch zu lesen, ihr wirklich die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient, und sei es nur, um dem Autor den ihm zustehenden Respekt zu zollen. Joe Lansdale schreibt in einem direkten, erzählenden Stil, welcher in den Händen eines geringeren Autoren leicht ins Simple und Banale abgleiten kann, es bei Lansdale jedoch so gut wie nie tut, es sei denn er entscheidet sich bewusst, das geschehen zu lassen (Letzteres kann ich nur vermuten, aber alles andere hieße Joe Lansdale Nachlässigkeit zu unterstellen – wozu es keinerlei Anlass gibt.) Es mangelt Joe Lansdales Art zu erzählen keinesfalls an der notwendigen Kunstfertigkeit, und er hat sich für eine Erzählstil entschieden, welcher der Spontanität seiner Art zu schreiben am besten zu gute kommt. Und es ist diese Spontanität – Lansdale plottet nicht und plant nicht im Voraus, er folgt seiner Geschichte, wohin auch immer sie sich entwickelt – welche den Reiz einer Lansdale-Erzählung ausmacht, so auch in diesem Fall.
ASIN/ISBN: 398676030X |
ASIN/ISBN: 0316540641 |