Boss Level

  • "Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten"

    Georg Christoph Lichtenberg (1742 - 1799)



    Sorry Lichty , altes Haus, da befindest Du Dich im Irrtum!



    Das ein Finsterling mit Machete und Mordabsichten an seinem Bett steht, kann Roy bereits nicht mehr aus der Fassung bringen – der steht da jeden Morgen. So wie jeden Morgen der Hubschrauber vor dem Fenster schwebt, so wie viele andere unangenehme Zeitgenossen, die nur ein Ziel haben: Roy umzubringen, immer und immer wieder aus ihren Löchern gekrochen kommen.

    Inzwischen hat Roy eine gewisse Routine entwickelt einem Großteil der Mörder auszuweichen oder sich ihrer zu entledigen, doch schafft er es niemals weiter als bis in die Bar….. ….und alles geht von vorne los, denn Roy hängt in einer Zeitschleife fest. Ja, das drollige Tier aus der Familie der Sciuridae und der ihm gewidmete Tag stand hier natürlich Pate – diesem Vergleich kann sich kein Film mit dieser Thematik entziehen.

    (In einer Sequenz wird hier tatsächlich auch direkt auf den Paten Bezug genommen, als Roy sich in der Kunst des Schwertkampfes unterrichten lässt, und stetig Fortschritte macht während es für seine Lehrerin immer sein erster Tag ist – im Original beschließt Bill Murray Klavierunterricht zu nehmen. )

    Die Chancen, das ein solches Werk schlussendlich bloß ein actionüberfrachteter , schrottiger Ballerfilm wird, sind sehr, sehr hoch. Der Regisseur Joe Carnahan hatte allerdings offensichtlich von Anfang an – er war auch am Drehbuch beteiligt – ein klares visuelles Konzep und war sich dieses Risikos wohl bewusst.

    Ein Großteil des Films ist vermutlich bewusst an entsprechende Videospiele jeden Alters angelehnt, und entsprechend konsequent sind auch die Actionsequenzen umgesetzt. Die Art, wie Frank Grillo die Hauptrolle verkörpert, erinnert stark an so manchen Action-B-Film der 80er Jahre, als Coolness und Lässigkeit noch die Schauspielkunst ersetzte. Eine tiefere Reflektion des Charakters, seine Situation betreffend entfällt also, aber für soetwas ist auch keine Zeit – er kommt ja nicht einmal dazu, das Rätsel seiner Situation in Ruhe zu durchdenken. Ersteinmal gilt es das Handlungsmuster, dem seinen Gegner folgen, zu entschlüsseln und das eigene Verhalten diesen anzupassen, und es ist egal wie lange das dauert - man hat ja Zeit & Leben im ûberfluss.

    Filme dieser Art folgen fast zwangsläufig der Formel des Georg von Frundsberg, wenn es darum geht, den Heldenmut ihres Protagonisten zu etablieren, und das bleibt auch hier nicht aus. Doch wie der Titel des Films schon suggeriert, geht es auch darum, das „letzte Level“ zu erreichen, wo dann der letzte und stärkste Gegner wartet: In diesem Fall ist das Mel Gibson! Und er ist nicht einfach noch böser als alle anderen – er ist diabolisch! So mancher Bond-Film blickt nun voller Neid auf dieses einen guten Filmgeschmack obsolet machende Schundwerk und denkt sich: „ …….“

    Es sind die vielen gut gelungenen Einzelteile, welche diesen Film – für Genrefans! – zu einem echten Vergnügen machen, wobei wir natürlich gegen den Einwand, das alles sei Murks, oberflächliches Geballer und obendrein alles schon dutzendfach vorhanden, nichts wirklich vorzubringen haben.

    Außer vielleicht dieses schöne Zitat von Charles Baudelaire: „Es liegt etwas Berauschendes im schlechten Geschmack, nämlich das aristokratische Vergnügen zu missfallen!"



    ASIN/ISBN: B08SYL77LQ

  • Ich habe den durchgelurcht, als ich irgendwann im Frühjahr für ein paar Tage mit irgendwas Atemwegsdingsigem darniederlag und der Film (noch) kostenlos auf Prime Video zur Verfügung stand. Ich habe herzlichst gelacht (und dann gehustet), denn obwohl der leicht verwitterte Plot nicht vor Überraschungen glänzt, gibt es sehr, sehr coole Szenen, viel Witziges und echt originelle Formen von Gewalt, dazu sehr schöne Anspielungen und, ja, Mel Gibson in einer großartigen Nebenrolle. Hat mir wirklich Spaß gemacht.


    Und ich bin kein Genrefan.